Kommen wir getz im Fääahnsehn? 😉

Als Kind und Jugendliche fand ich die Idee faszinierend, berühmt zu sein. An die Nachteile dessen dachte ich ja nicht. Auch nicht daran, dass meine Begabungen nicht ganz so publikumsträchtig seien. Ich spiele recht gut Klavier, wenn ich im Training bin, aber ich bin nicht Lang Lang. Ich spreche sehr gut Englisch, mein Französisch ist auch nicht schlecht, wenn ich diese Sprache regelmäßig spreche, und auf Italienisch kann ich mich ebenso verständigen – obwohl auch hier Training dringend nottäte. Sogar auf Niederländisch könnte ich im Restaurant bestellen und mich einigermaßen verständigen, und auf Schwedisch könnte ich erklären, dass ich Ali heiße und mein Gegenüber fragen, wie sein Name sei. Auf Polnisch erklären, dass die Katze Milch trinke und der Elefant Plätzchen esse – einige reizende Anfängersätze. Aber ich kann mich wunderbar entschuldigen, und das mit richtig viel Verve, zerknirschtem Gesicht und wunderbarem gerolltem Zungenspitzen-R: „Stokrotnie przepraszam!“ – „Ich bitte vielmals um Entschuldigung!“  

Ich kann einige Dialekte nachahmen. Ich bin als Dozentin gut gewesen und gelte, obwohl ich selbst sehr gern spreche, auch bisweilen und gar nicht einmal selten als verständnisvolle Zuhörerin und durchaus hilfsbereit. Ich kann jedoch nicht durch brennende Reifen springen, Ungerechtigkeit macht mich sehr zornig, und – abgesehen von der Dozententätigkeit – Geduld ist ein Fremdwort für mich.

Und: Ich fahre ungern rückwärts Abhänge hinab. Noch dazu mit einem mir noch relativ fremden Wagen.

Wie ich jetzt auf etwas derart Absurdes komme? Nun, so absurd ist das gar nicht. Das kann jederzeit passieren. 😉

Gestern fuhr ich am Vormittag mit dem kleinen Monty gen D. zu meinen Eltern. Sie können ja beide alters- und gesundheitsbedingt nicht mehr Auto fahren, und so habe ich mich bereiterklärt, mit ihnen zum Einkaufen zu fahren und weitere Dinge dieser Art. Da der kleine Monty innen etwas „sparsam“ konzipiert ist und man eine überdimensionale Saugglocke aus dem Geburtshilfebereich brauchen könnte, den jeweils hinten Sitzenden einigermaßen zügig aus dem „Geburtskanal“ zu „saugen“, fahren wir nun mit dem Wagen meiner Eltern, denn speziell in sehr fortgeschrittenem Alter kann es ohne dieses Hilfsmittel beim kleinen Monty schon weit mehr als nur wenige Minuten dauern – und beherztes Zugreifen kann notwendig werden. 😉

Gestern fuhr ich sehr dynamisch, wenn auch umsichtig in die Straße, in der mein Elternhaus steht und blieb mit leicht quietschenden Reifen vor diesem stehen. Zu meinem Schrecken hatte ich gesehen, dass die Haustür bereits geöffnet war – und meine Mutter hatte um 12 Uhr einen Friseurtermin… Sie stand bereits in der geöffneten Tür… 😉 Ich warf einen hektischen Blick auf mein Handy, auf dem 11:30 h kund und zu wissen gegeben wurde. Ich war also pünktlich.

Schnell stieg ich aus, um einige Umrüstarbeiten vorzunehmen, denn im Beifahrer-Fußraum befand sich ein Luftentfeuchter-Equipment, das ich meiner Mutter nicht zumuten wollte – sie sollte ja bequem sitzen. Ich stellte es rasch in den ohnehin nicht benötigten Rücksitz-Fußraum, als sie mir schon zurief: „Donnerwetter – du bist ja pünktlich! Sollen wir es so machen, dass du mich erst mit deinem Wagen zum Friseur bringst?“ – „Ja, das dachte ich mir jetzt gerade so, und deswegen stehe ich ja auch hier vor dem Haus. Du kannst direkt einsteigen. Soll ich dir helfen?“ – „Sehe ich aus, als brauchte ich Hilfe?“ – „Aber nein! Nimm einfach Platz, und dann fahren wir gleich los!“

Das taten wir auch, und als wir gerade um die erste Ecke waren, meinte meine Mutter: „Ach, jetzt haben wir Papa gar nicht gesagt, dass wir schon mit deinem Auto zum Friseur fahren!“ – „Und ich fahre jetzt auch nicht zurück, um das Ganze aufzuklären. Ich fahre dich jetzt zum Friseur, und dann fahre ich hierher zurück, und Papa und ich holen dich dann mit Mister Duck-Butt ab und fahren von dort zum Einkaufen nach Hervest. Das erscheint mir am pragmatischsten. Keine Widerrede! Wo soll ich dich absetzen und dann mit Papa abholen?“

Ich setzte sie schließlich in der Tiefgarage eines vor kurzer Zeit dauerhaft geschlossenen Einkaufszentrums in D. ab, die netterweise als Parkraum bis zur weiteren Nutzung unentgeltlich genutzt werden darf, und fuhr dann zu meinem Elternhaus zurück, wo mein Vater mir erzählte, er habe es nicht sehr schön gefunden, dass wir ohne ihn losgefahren wären. „Papa, es musste schnell gehen, und jetzt bin ich ja hier. Und wir beide fahren gleich, wenn Mama anruft, mit Mister Duck-Butt los, holen sie ab und fahren zum Einkaufen!“ – „Ach, so.“ – „Genau.“ – „Wer ist Mister Duck-Butt?“ – „Euer Auto.“ – „Wieso nennst du es so?“ – „Weil es, wenn es in der Garage steht, immer so aussieht, als wäre es etwas untersetzt und hätte einen extradicken Hintern. Wie eine Ente halt. So, dass damit ungeübte Fahrer wie ich sich davor fürchten, es aus der Garage herauszufahren.“ – „Ach, so. Aber das ist Unsinn, Alilein – du kannst den Wagen da wunderbar herausfahren! Immerhin habe ich ihn bei unserer letzten Einkaufsfahrt hineingefahren, und er steht ganz gerade darin.“ – „Okay, verstehe. Ja, dann fahre ich ihn auch hinaus. Vielleicht sollten wir bzw. ich ihn jetzt sofort hinaussetzen, noch bevor Mama anruft. Wer weiß schon, wie lange ich dafür brauche…“

Es hat übrigens wunderbar geklappt, wenn mich auch die ungewohnten akustischen Signale, die vor befürchteter Kollision warnen sollen, fast in den Wahnsinn trieben. Relativ zügig stand Duck-Butt vor der Garage, mein Vater stieg ein, und er betätigte stolz den Garagentorantrieb, während ich vorsichtshalber noch etwas zurücksetzte. Und da rief meine Mutter auch schon an! 😉 Und wir fuhren los.

Sie stand in der Tiefgarage relativ am Anfang bzw. nahe der Einfahrt und feixte, als sie sah, dass ich, obwohl ich es zu vermeiden trachtete, mit dem erheblich größeren Wagen als meinem mit dem rechten Hinterrad über einen Bordstein fuhr, weil ich nicht weit genug ausgeholt hatte. Ich bremste und schaltete vorsichtshalber die Warnblinkanlage ein, bis sie saß. Und ich sagte: „Ja, es ist gut – ich bin über den Bordstein gefahren. Ich habe es dann auch gemerkt. Können wir jetzt ohne Schmähreden diese Tiefgarage verlassen und zum Einkaufen fahren?“

Man muss dazusagen, dass meine Mutter die wohl beste Fahrerin meiner Familie ist – sie hat immer ein Händchen oder Füßchen fürs Fahren gehabt, war stets eine dynamische und hervorragende Fahrerin, und ich kann sogar verstehen, dass es sie ankotzt, dass sie nun nicht mehr fahren kann. Aber Häme sollte sie sich verkneifen – finde ich jedenfalls. 😉 Immerhin fahre ich sie treu und brav und war gestern mit diesem Auto erst zum vierten Mal unterwegs. Mit Monty war ich eine Stunde zuvor ganz ohne Kollisionen und Bordsteinüberfahren schwungvoll dort unterwegs gewesen. 😉

Sie schien es einzusehen und sagte: „Ali, du musst jetzt nicht noch einmal ganz durch die Tiefgarage und nicht rundherum. Dort hinten – das habe ich während der Wartezeit schon gesehen – kannst du an der Rückseite hinausfahren. Das ist obendrein noch eine Abkürzung auf dem Weg nach Hervest.“

Ich vertraue meiner Mutter, fuhr eine halbe Runde und rief: „Ah, da – ich sehe es schon! Da, wo die Schranken offen sind.“ – „Genau!“

Und schon fuhren wir ohne Kontakt zum Bordstein links oder rechts durch die Schranke zur hinterwärtigen Ausfahrt und die recht steile Auffahrt hinauf. Mein Vater meinte noch: „Du solltest etwas mehr Gas geben, Ali.“ Das tat ich, wir fuhren eine erstaunlich langgezogene Kurve ohne Kollisionen mit jedwedem Bordstein – und fuhren auf ein verschlossenes Tor am Gipfel der steilen Auffahrt zu…

Gut, ich hätte früher bremsen und anhalten können – aber das hätte wenig Unterschied gemacht, denn: zu ist zu! Und steile – und kurvige – Auffahrt ist steile und kurvige Auffahrt… Aus meiner Perspektive in jenem Moment allerdings eher steile und kurvige Abfahrt, denn von hier aus ging es nur noch bergab. Und das im reverse mode – ergo rückwärts. Mit einem Auto, an das man noch nicht bis zum Letzten gewöhnt ist. 😉 Ich trat die Bremse durch, zog die Handbremse an und stellte den Wählhebel auf P, indem ich erstaunlich sachlich sagte: „Das Tor ist zu!“ (Dabei litt ich unter spontaner Tachykardie, ergo Herzrasen, welches erstaunlich rasch einsetzte, nachdem ich das brachiale und verschlossene Tor gesehen hatte… 😉 )

Gern hätte ich im Nachhinein mein Gesicht gesehen, zumal ich zunächst den Eindruck gehabt hatte, meine Eltern hätten den Ernst der Lage noch nicht so recht erkannt. Und ich sagte: „Was auch immer passieren mag: Ich fahre diesen Wagen hier nicht rückwärts hinunter! Meinen ja. Den kenne ich ja auch. Den hier nicht.“

Meine Mutter rief aus dem Fond: „Das verstehe ich nicht – wieso sind unten die Schranken offen, wenn hier oben das Tor verschlossen ist?“ Ich rief zurück: „Das verstehe ich auch nicht – aber das ist in dieser Situation auch völlig irrelevant und nicht diskussionswürdig, denn es ist einfach so!“ Hinter mir lag eine sehr langgezogene, enge Kurve, ich fuhr den Wagen erst zum vierten Mal und hatte den kalten Schweiß im Genick und sonstwo.

Da kam der große Einsatz meines Vaters, der sicherlich gern auch bis zu seinem Hundertsten noch selber mit dem Auto unterwegs wäre, den recht stressigen Alltagsverkehr aber wohl nicht mehr so gewandt bewältigen würde. Aber hier – auf der Auffahrt? Da ich echtes Muffensausen und wenig Übung mit diesem recht großen Automatikwagen hatte? Er würde sicherlich als Einziger von uns dreien die notwendige Ruhe haben.

Ich stieg – zugegeben: mit nicht allzu gutem Gefühl – aus, mein Vater nahm den Platz links vorne ein, und ich, die ich – wusste ich vorher auch nicht – offenbar eine recht gute Einweiserin bin, begab mich mit Sicherheitsabstand hinter das Auto. Und er machte das richtig gut, und mit einigem Rangieren seiner- und Gestikulieren und Schreien meinerseits schaffte er es bis nach unten, schwenkte jenseits der Schranken rückwärts auf zwei freie Parkplätze, und dann übernahm ich wieder. In meinem Gedächtnis vermerkte ich: „Dringend kurvige Rückwärtsfahrten bergab mit Duck-Butt üben!“ Mit Monty hätte ich da erheblich weniger Bedenken gehabt. Aber der ist ja auch viel kleiner und wendiger.

Als wir gerade unten standen, bog eine Frau mit ihrem Auto in die linke Einfahrt ein und wollte ihrerseits hochfahren. Ich rannte hin und gestikulierte wild und abwehrend. Die arme Frau glaubte wohl zunächst an einen Überfall, so erschrocken sah sie aus. Aber sie fuhr dann doch das Fenster an der Beifahrerseite hinunter, und ich rief atemlos: „Fahren Sie da nicht hoch – das Tor oben ist verschlossen, und man kommt nicht hinaus. Wir haben es gerade von ganz oben mit viel Mühe rückwärts wieder hierher geschafft!“ – „Danke! Danke, dass Sie mich gewarnt haben! Wieso sind aber hier die Schranken offen? Ich wäre nie rückwärts hinuntergekommen! Wahrscheinlich hätte ich die Feuerwehr rufen müssen.“ – „Keine Ahnung, warum die Schranken offen sind, aber fahren Sie bloß nicht nach oben – Sie können da nicht wenden!“ Schnell setzte die Frau zurück und fuhr fast noch einem Pärchen aus Augsburg ins Auto, das auch den Weg nach oben nehmen wollte. Die beiden warnte ich auch noch, und der Fahrer war der Einzige, der fragte, ob wir denn Hilfe brauchten. „Aber nein, wir sind ja schon wieder unten – aber vielen Dank! Sie sind der Erste, der fragt.“ – „Des isch abrrr doch selbschtverrschtändlich!“ – „Hier nicht unbedingt. Darf ich Sie etwas fragen? Was führt Sie aus dem schönen Augschburrg hierher?“ Die beiden lachten und erklärten, sie würden bald hierherziehen. Ich meinte: „Eindeutig ein Gewinn! Vielleicht nicht für Sie, aber für die Leute hier! Fahren Sie trotzdem nicht da rauf!“ Die beiden lachten, und die Beifahrerin meinte: „Isch es so schlimm hier?“ – „Nicht immer, aber ich bin sehr bayernaffin, aus familiären Gründen.“ – „Des isch nett!“ Und sie gaben der Hoffnung Ausdruck, einander vielleicht öfter zu begegnen.

Hoffentlich nicht in dieser Tiefgarage! 😉

Immerhin war der Einkaufsvorgang dann erstaunlich wenig stressig. Aber mir war die ganze Zeit etwas schlecht: Ich war immerhin längere Zeit auf abschüssigem Grund hinter einem Diesel hergetänzelt, -gesprungen und -gelaufen. Mir war zuvor nicht in diesem Ausmaß bewusst gewesen, wie sehr Dieselöl stinkt, wenn es verbrannt wird. Ich kannte den Geruch bis dato nur von der Tankstelle, wenn neben meinem Benziner ein Diesel betankt wurde. Das ist bereits gewöhnungsbedürftig. Noch schlimmer, wenn es verbrannt wird und man sich nicht allzu weit dahinter befindet…

 Meine einzige Hoffnung: Hoffentlich wurden wir nicht von irgendwelchen Überwachungskameras gefilmt! Nicht auszudenken, wenn das Ganze im Internet viral gehen sollte! Wahrscheinlich unter dem Titel: „Wenn Totalausfälle in der Tiefgarage eine Abkürzung nehmen wollen“! 😉

Ich hoffe auf eine komplett ereignislose Einkaufsfahrt nächste Woche… 😉

Von Warnhinweisen und sonstigen Absonderlichkeiten

Ich schwöre, ich war niemals wieder derart verstört wie nach dem Hinweis einer früheren Kollegin aus Aachen, die mir erklärte, ihre kleine Tochter dürfe keine Harry-Potter-Bücher lesen, da dort Magie und Zauberei thematisiert werde. Ich wusste, die ehemalige Kollegin und ihre Familie sind Mitglieder einer speziellen Glaubensgemeinschaft, aber da ich mit Kirche an sich nichts am Kopp habe, zumal ohnehin völlig ungläubig, war ich recht irritiert: Das Kind durfte bei Kindern und auch Erwachsenen beliebte Bücher nicht lesen, weil … nein, nicht wirklich, oder?

Ich gebe zu, ich bin nie ein Harry-Potter-Fan gewesen, aber ich habe zwei Bücher gelesen und fand sie einfach für mich nicht interessant. Fall erledigt. Meine ganz und damit ureigene Entscheidung. Dass ein kleines Mädchen, mit dem laut Mutter lautstarke Diskussionen nötig waren, es davon zu „überzeugen“, „solch schädliche Literatur“ nicht „lesen zu wollen“, nicht lesen durfte, was es offenbar lesen wollte, erschien mir krank. Oder zumindest absonderlich und nicht akzeptabel aus meiner Perspektive. Aber das äußerte ich nicht laut. Nur die Frage, was die Kleine dazu sage – immerhin habe sie ja auch Rechte und Ansprüche und orientiere sich, wie Kinder das stets gemacht hätten, an ihrer peer-group.

Die Kindsmutter sagte dazu nur: „Nicht in unserem Haus!“ Okay. Oder auch nicht. Wie ich vor einiger Zeit erfuhr, hat das inzwischen volljährige Kind in lebensentscheidenden Fragen keinen Kontakt mehr zu seinen Eltern. Das ist zwar einerseits nicht allzu erfreulich, aber ich applaudierte innerlich – gut gemacht, Nina! Ich weiß, dass sie ihre Eltern sehr liebt, aber einen eigenen Willen hat, und das ist gut so. Mit manchen Menschen kann man eben nur noch übers Wetter sprechen. Zumindest so lange, bis diese Menschen begreifen, dass man ein ganz eigener Mensch mit ganz eigenen Vorstellungen ist. Viel Glück, Nina! 😉

Heute las ich in einem sozialen Medium ähnlich Erschreckendes: Eine mittelenglische und eine schottische Universität haben für Anglistikstudenten, -studierende oder -student*innen Listen erstellt, in denen klassische Werke von Autor*innen wie Charles Dickens, Jane Austen, den Brontë-Schwestern, William Shakespeare und weiteren – ergo klassischen anglistiklastigen – Schriftstellern mit „Warnhinweisen“ versehen wurden, weil die Inhalte dieser klassischen Literatur die Studis „verstören“ könnten, und das unter anderem aus „sexistischen“ Gründen! Hallo? Jemand zu Hause? Das sind Klassiker, die in früheren Zeiten geschrieben wurden! Und niemand hindert die Lesenden daran, sich vor dem Hintergrund heutiger Werte damit auseinanderzusetzen – und daran und damit zu lernen. Oder?

Ich habe Anfang der 90er Germinal von Émile Zola gelesen, im Rahmen meines zweiten Studiennebenfachs, und ich erinnere mich an eine ziemlich grauenhafte Szene, die mich wirklich entsetzte. Ich wusste jedoch: „Zola war Naturalist. Die Szene ist erschreckend, und ich habe ein sehr plastisches Vorstellungsvermögen. Das hier ist wirklich widerlich, und das wirst du auch so schnell nicht vergessen, aber das ist Bestandteil deines Studiums, und du musst es im historischen Kontext sehen. Solch grässliche Dinge sind zu Zolas Zeiten passiert, und er wollte uns damit etwas sagen: Nie wieder!“ Das war damals der etwas hilflose Ansatz, nachdem ich die wirklich ekelhafte Szene gelesen hatte. Ich dachte folgerichtig: „Nie wieder darf so etwas vorkommen!“ Ich hatte keine Alpträume danach, habe es aber auch nie vergessen. Und ich hatte gelernt, es literaturwissenschaftlich zu be- und zu verarbeiten.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass man inzwischen bereits erheblich zahmere Werke mit Warnhinweisen versieht, frage ich mich natürlich, ob ich meine Alma Mater oder zumindest den Fachbereich, der mein zweites Nebenfach ausmachte, nicht verklagen sollte. 😉 Und schon zuvor meine Englisch-LK-Lehrerin, die jedoch – leider! – schon seit Jahren verstorben ist. Die hat uns allen Ernstes ohne Warnhinweise Julius Caesar von William Shakespeare lesen und bearbeiten lassen, obwohl da Gewalt, Mord und Totschlag vorkommt! Und zum Teil waren wir nicht einmal volljährig! 😉

Nachdem ich die Nachricht in dem sozialen Medium gelesen hatte, schlug ich mir wiederholt mit der Hand gegen die Stirn, und ich dachte: „Es geht drastisch bergab mit der Kultur.“ Und ich fragte mich, warum „Kinder“, die offenbar nicht in der Lage sind, die Realität zu ertragen, Anglistik oder Vergleichbares zu studieren, so etwas studieren wollen. Bis dato hörte ich immer, Geisteswissenschaften seien nur für Weicheier gemacht. Das ist offenbar falsch. 😉

Gut, ich wusste das immer schon. Nur aus anderen Gründen. Und die haben nichts mit dem zu tun, was heutzutage wohl zu gelten scheint. 😉

Der nächste Supermarktbesuch kann kommen – mit völlig neuem Fahrgefühl…

Nein, ich habe diesen noch nicht hinter mir, bin aber immerhin recht gewappnet, was An- und Abfahrt – Fahrt generell – anbelangt. Der nächste Supermarktbesuch zu dritt steht noch bevor – kann aber kommen.

Silvester habe ich bei meinen Eltern verbracht, und das war nett. Ich hatte eigens einen Nudelsalat angefertigt und zum Kaffee einen Gewürzkuchen gebacken. Ersteren gab es abends zusammen mit anderen Speisen, von meiner Mutter zubereitet, und beiden Elternteilen schmeckte der Salat. Auch der Kuchen zuvor.

Am Neujahrsmorgen zum Frühstück sagte mein Vater: „Ali – eine Bitte habe ich an dich…“ Ich bin mit derlei Ansprachen von klein auf vertraut – meist verbirgt sich wenig Erfreuliches dahinter. 😉 Und so sagte ich: „Ja? Was? Nur heraus damit.“

Es stellte sich heraus, dass man vorgesehen hatte, dass ich eine Probefahrt mit dem recht großen Wagen meiner Eltern absolvieren sollte. Tapfer sagte ich: „Gut. Ich mache mich nur eben fertig – bevor der Wagen mich fertigmacht.“ Denn er ist um einiges größer als der kleine Monty.

Meine Devise ist ja immer: Schnell machen, bevor sich Angstgefühle oder sonstige Hemmungen einstellen. 😉 Und so war ich nur etwa zehn Minuten später abfahrbereit. Nervöses Reizdarm-Syndrom, das ich eigentlich nur von meinen früheren Reitstunden kannte, inklusive. Allerdings ist das sofort beendet, sobald man im Sattel sitzt – das würde hier sicher genauso sein. 😉 Aus der Garage herausfahren musste mein Vater das Wunderwerk der Technik allerdings selber. Es ist wirklich breit, und die Garage wirkt so schmal…

Dann setzte ich mich auf den Fahrersitz – o Gott, wie groß war das Monster denn! Kein Vergleich zu meinem kleinen Fiesta! Aber es musste sein, und so stellte ich rasch Sitz, Spiegel und Lenkrad ein.

Mein Vater hatte den Motor abgestellt, und schon erklärte er mir: „Hier ist der Startbutton, und da das ein Automatikwagen ist, musst du…“ – „Jaaa – auf die Bremse treten und dann von P auf R schalten, weil wir ja zurücksetzen müssen. Dann, wenn wir auf der Straße stehen, auf die Bremse treten und auf D schalten… Papa, ich kann mit Automatikwagen hervorragend umgehen! Mir graut eher vor den größeren Dimensionen! Das ist ja hier wie im Ballsaal im Vergleich zur Abstellkammer, die mein Auto darstellt!“ Mein Vater lachte.

Mit Todesverachtung trat ich das Bremspedal durch und drückte den Startknopf – der Motor startete mit einem tiefen Brummen. Rasch drehte ich meinen Kopf wackeldackelmäßig in Richtung sämtlicher Spiegel, in die ich hineinstarrte, als gäbe es Geld dafür, dann über meine Schulter – hinter uns kam keiner. Klar. Neujahrsmorgen – alle anderen schliefen sicher noch ihren Rausch aus, während ich eine Hemmschwelle abbauen musste. Wer mich kennt, kennt auch mein Verhältnis zum Autofahren. Mit „Monty“ fahre ich gern, aber jedwede Umstellung hinsichtlich des Fahrzeugs kostet erneut Überwindung. 😉

Da die Straße völlig unbelebt war, setzte ich mutig in einer geschmeidigen Kurve zurück, denn neben der Garageneinfahrt meiner Eltern hatte ein Nachbar einen Teil seines „Fuhrparks“ abgestellt. Klappte doch alles prima! Und schon trat ich erneut aufs Bremspedal und setzte den Wählhebel auf D wie „Drive“. Und schon fuhren wir los.

Wir fuhren etliche Kilometer und durch die mehr oder minder nähere Umgebung des Wohnortes meiner Eltern. Einparken musste ich auch noch – diese Fähigkeit braucht man bei Supermarktbesuchen besonders. 😉

Zurück waren wir, als das Mittagessen fertig war. Und nachdem wir gegessen hatten, sagte ich todesmutig, offenbar angefixt, da ich sehr gern mit Automatikwagen fahre: „Nach dem Mittagessen können wir, wenn ihr wollt, noch einmal zu dritt losfahren!“ Huch! Was war mit mir los? Kaum nach Jahren mal wieder mit einer Getriebeautomatik umgegangen, war ich bereits süchtig?

Meine Eltern waren ratz-fatz in ihren Straßenschuhen und -klamotten! Es war fast unheimlich. Aber – wie schon erwähnt – sie kommen, seit sie selber nicht mehr fahren können, nur noch selten wirklich mal vor die Haustür. Zumindest nicht weiter als bis zu dem kleinen Supermarkt, den sie mit Rollator auch noch erreichen können.

Und schon fuhren wir los und über Land – davon gibt es in der Umgebung meines Elternhauses eine ganze Menge. Orte, in denen ich seit meiner Kindheit kaum noch gewesen war. 😉 Und es machte richtig Spaß! Auch wenn ich manchmal erschrak, wenn ich auf den schmalen Alleen in beide Außenspiegel sah und zwischen Wagen und Fahrbahnmarkierungen zur Rechten und zur Linken nur so wenig Platz war – ganz anders als bei meinem im Vergleich putzigen Schaltwagen. „Einfach fahren, nicht gucken!“ dachte ich, und so klappte alles prima. Wie gesagt: Was Autofahren anbelangt, bin ich leider durch sehr unglückliche Umstände, an denen mich keinerlei Schuld traf, vorbelastet.

Wir fuhren so lange, und es gefiel mir so gut, dass ich am liebsten danach den kleinen Monty in die Garage meiner Eltern gefahren hätte und mit ihrem Wagen zurück an meinen Wohnort gefahren wäre. 😉 Ich muss ohnehin diese Woche wieder nach D., da meine Eltern einkaufen müssen. Aber irgendwie hängen meine Eltern so sehr an ihrem Wagen, dass sie ihn nah bei sich wissen wollen. An meiner Fahrweise kann es unmöglich gelegen haben, denn es war wirklich prima. Ich hätte ihnen nur nicht von meiner Stellplatznachbarin in G. erzählen sollen, die oft nur wenig Platz lässt… 😉

Auf der Heimfahrt bockte der kleine Monty einmal – ob er eifersüchtig war? 😉 Fast hätte ich gesagt: „Du weißt doch, dass ich dich niemals abgeben oder eintauschen würde!“ Zum Glück verkniff ich es mir noch – das ist ein Auto! 😉

Immerhin bin ich nun aber für die nächste Supermarktfahrt gewappnet. Hoffentlich bekommen wir einen Rand-Parkplatz… 😉

Euch ein frohes neues Jahr! 😊