Seit vielen Jahren schon wollte ich mich gegen Grippe – also Influenza – impfen lassen, seit ich erstmalig von dieser wirklich abschreckenden Krankheit heimgesucht worden war: mitten in meiner Examensvorbereitung. Von jetzt auf gleich ohne allzu schlimme Vorboten mit „40 Fieber“ hingerafft zu werden, ist ziemlich beeindruckend. Vor allem dann, wenn man zwar ein Fieberthermometer besitzt, aber – nach Feststellung der Temperatur spätabends – keinen Fiebersenker im Hause hat, sondern die ganze Nacht über wankenden Fußes Wadenwickel machen muss und sich morgens gegen 6 freut, wenn die Temperatur auf 39,5 gesunken ist. Eine Temperatur, die man unter anderen Voraussetzungen morgens um 6 mit großer Sorge betrachtet hätte. Ich erinnere mich noch heute an die Gardinenpredigt meiner damaligen Hausärztin, die – ihrer sonstigen Natur zuwider – sehr laut und impulsiv rief: „Ja, bist du denn bescheuert? Warum hast du mich nicht gleich gerufen? ‚40 Fieber‘ ist kein Witz – das ist wirklich ernst!“
Immerhin – ich habe das Ganze überlebt und mein Examen gut abgelegt. 😉 Dennoch hatte ich danach zweimal noch eine echte Virusgrippe, und das ist wirklich kein Spaß. Spaßig jedoch immer, dass ich mich im Verlaufe verschiedener Jahre impfen lassen wollte, ungelogen aber jedes Jahr irgendeine doofe Erkältung hatte, weswegen der jeweilige Arzt sich weigerte, mich zu impfen. Verständlich zwar, aber irgendwann gab ich auf und mich dem Risiko hin, Influenza No. 4 zu erleiden, denn ungelogen litt ich stets bei Impftermin unter irgendeinem blöden Infekt.
Dieses Jahr war alles anders, und inzwischen bin ich gegen Grippe geimpft. Aber die letzten Tage waren ein schweres Los. Letzten Montag war ich anderer Gründe wegen bei meinem Gyn, und wenn ich doch schon einmal dort war, konnte ich mich doch gleich gegen Influenza impfen lassen, was der Gyn auch anbietet, mir dieses Jahr sogar dazu riet, was er bis dato nie getan hatte. Erfreulicherweise war ich absolut fit, und ich zuckte nicht einmal mit der Wimper, als mir die Arzthelferin die Kanüle der niedlichen, kleinen Anti-Influenza-Impfspritze in den linken Oberarm jagte. Und anders als bei der Tetanus-Impfung blieb ich auch fit. Zumindest an diesem Abend.
In der Nacht darauf verfluchte ich nicht nur mich selber, sondern auch meinen Gyn und den Rest des Universums. Denn offenbar hatte mein Immunsystem eine Ladehemmung gehabt und reagierte erst recht spät auf die Impfung, das dafür aber etwas heftiger. Denn ich bekam nachts kein Auge zu, sondern rang mit Grippesymptomen. Fieber, massive Gliederschmerzen – alles tat weh, und an Schlaf war nicht zu denken, obwohl ich eher vor mich hin „vegetierte“.
Morgens ging es erheblich besser, und das Fieber war auch weg. Sehr erfreulich. Ich fuhr zur Arbeit, denn ich hatte viel zu tun. Und erst gegen Mittag holten mich die Gliederschmerzen und der Rest wieder ein. Meine Temperatur habe ich nicht gemessen, da ich eher selten mit einem Fieberthermometer zur Arbeit fahre. Es war mir aber auch egal, da es mir en tout bescheiden ging. Woher kannte ich das nur? Ach, ja! Von der echten Grippe! Die ersten Tage stets durchgängig grauenhaft, ab Tag 4 dann morgens ein Lichtblick, und das so sehr, dass man schon glaubt, man könne etwa zwei Tage später wieder zur Arbeit gehen. Und pünktlich gegen 13 Uhr kommt der Typ mit dem Baseballschläger, und dann weiß man wieder, worin der Unterschied zwischen einer schnöden Erkältung und Grippe besteht. Und das kann etwa zwei, drei Wochen so gehen …
Und so war es die ganzen letzten Tage. Offenbar leidet mein Immunsystem unter einer Art Ladehemmung. 😉 Seit heute ging es aber erheblich besser und wieder recht gut. Zumindest im Vergleich zu den vorausgegangenen Tagen.
Mal abgesehen davon, dass ich heute den Tag hatte, der stets das Grauen ist, denn es war der letzte Arbeitstag vor dem Urlaub. Warum auch immer das so ist, aber der letzte Arbeitstag vor dem Urlaub ist immer das Grauen – und heute war es besonders scheußlich, denn obwohl ich mir einen sehr präzisen Plan gemacht hatte – wider besseres Wissen -, ereigneten sich Dinge, die sich im ganzen Jahr sonst nicht auftun. Dinge, die nicht einkalkulierbar waren, meist Petitessen, die einen dennoch aufs Zünftigste aufhalten.
Nach der Arbeit war ich etwa eine halbe Stunde beim Einkaufen und dann auch schon gegen 20 Uhr zu Hause … 😉
Aber wieso sollte an meinem letzten Arbeitstag vor dem Urlaub alles glattgehen, wenn doch gestern schon der bundesweite „Warntag“, seit geraumer Zeit großspurig angekündigt und seit noch „geraumerer“ Zeit vorbereitet, ein echtes Fiasko gewesen zu sein scheint? 😉
Gestern telefonierte ich in meiner Home-Office-Schicht dienstlich mit einer Kollegin an einem anderen Standort so, wie wir es immer tun: sehr produktiv, aber bisweilen ins Private abdriftend. Eigentlich immer produktiv – möglich, dass es auch am Privaten liegt. Zumindest lagen wir bis dato mit unseren Entscheidungen immer richtig. 😉 Irgendwann rief sie: „Gleich geht es los!“ – „Was geht los?“ – „Na, der ‚Warntag‘! Was meinst du – muss ich dann aus dem Büro rennen und zum Sammelplatz laufen?“ – „Nee, ist doch keine Evakuierungsübung. Das ist nur ein allgemeiner Probealarm. Da werden die Sirenen getestet – so wie früher in der Schule. Und zusätzlich sollen die Warn-Apps getestet werden und Lautsprecherwagen von der Polizei und Ansagen in Radio und TV stattfinden. Niemand muss irgendwo hinausrennen!“ So sagte ich im Brustton der Überzeugung, überzeugt, dass alles hervorragend klappen würde. 😉
Eine halbe Stunde später war ich recht irritiert: Ich hatte zwar zwei Sirenen heulen hören, aber erstaunlich leise. Und Lautsprecherwagen? Der einzige Wagen, der mit Lautsprecher durch die Gegend kurvte, war der von „Il Gelataio Francesco“, dem lokalen Eisverkäufer, der mit einem Lautsprecher straßenweit die Leute aufscheucht, die dann gleich auf die Straße rennen, um Eis bei ihm zu kaufen.
Das kannte ich aus meiner Kindheit anders – da war ich zweimal mitten in der Nacht von Sirenengeheul aus den zwei angrenzenden Orten wachgeworden. Feueralarm. Und gestern hier, obwohl zwei Sirenen gar nicht so weit entfernt sind? Das war recht mau. Und da hatte sich Kollegin Angelika um ihre Katze Sorgen gemacht! Die hatte sicherlich selig weitergeschnarcht und vom bundesweiten „Warntag“ gar nix gemerkt. 😉 Anders als Angelika und ich, die wir dagesessen und gewartet hatten, als würden wir gleich ins All geschossen. 😉
Nachdem es Entwarnung gegeben hatte – oder auch nicht -, rief Angelika mich wieder an und rief: „Was war das denn für ein lahmer Zock?“ – „Ich warte auch darauf, dass es endlich losgeht“ – „Ali, da geht nix los – das war es schon.“ – „Ja, das befürchte ich auch. Das also ist Katastrophenschutz. Die einzige Katastrophe scheint mir im Grunde dieser ‚Warntag‘ zu sein. Oder hat deine Katastrophen-App sich irgendwie gemeldet?“ – „Nee!“ – „Nicht einmal mehr Probealarm funktioniert noch! Wenn ich da an meine Schulzeit denke!“ – „Ja, das war wirklich beeindruckend!“ rief Angelika. Offenbar hatten wir dieselbe Art von Schulzeit durchgemacht. 😉
Ich tat doch gut daran, mein Smartphone und dessen Akku nicht mit einer dieser „Katastrophen-Warn-Apps“ zu belasten. Stattdessen dachte ich an meine Schulzeit zurück. Auf dem Dach des Schulgebäudes, das das Gymnasium beherbergte, das ich – gemäß dem Willen meiner Eltern – letzten Endes mit Erfolg besuchte, prangte unübersehbar eine Sirene. Und zweimal im Jahr – einmal im frühen Frühjahr, einmal im frühen Herbst, wurden wir von einem Probealarm „überrascht“. Immer um 10 Uhr eine Minute durchgehender „Entwarnungs“-Heulton, kurz darauf auf- und abschwellender Heulton, der uns als Warnung der Bevölkerung verkauft wurde, den mein Vater, der als kleiner Junge den Zweiten Weltkrieg miterlebt hatte, als Fliegeralarm definierte. Und mein damaliger Klassenlehrer, etwa der gleiche Jahrgang wie mein Vater, der auch als Kind den Krieg erlebt hatte, fing immer zu zittern an, wenn er den auf- und abschwellenden Alarm hörte. Das tat mir leid – so etwas wird man wohl nicht mehr los. Ab 10:20 Uhr konnte er sich aber wieder beruhigen, denn da kam wieder eine Minute „Entwarnung“ und durchgehender Heulton.
Nur etwas laut war es halt, wenn man eine Sirene direkt über dem Kopf hatte, und obwohl wir es doch besser wussten, zogen wir immer unsere Köpfe ein, sobald die Sirene über die ersten kehlig klingenden und tiefen Laute dann zu voller „Schönheit“ erblühte. Sensiblere Gemüter hielten sich dann die Ohren zu, aber ich schwöre, wir alle haben bei den ersten hohen und gellenden Tönen unseren Kopf eingezogen. 😉
Der „Warntag“ gestern war eher eine Art Enttäuschung für eingeschworene „Probealarm“-Kinder. Auf der anderen Seite hätten Angelika und ich wohl gute Chancen, zu überleben, weil es zu unserer Schulzeit noch hinreichend Sirenen gab und wir deren Signale noch verstehen. Ansonsten wäre es wohl besser, sich einen „Sirenenverstärker“ anzuschaffen. 😉 Ergo einen Hund, der sofort mitzuheulen beginnt, wenn die erste Sirene loslegt, und sei diese auch leiser. Sogar mein Dackel früher schmiss den Kopp immer in den Nacken und fühlte sich wohl wie ein Wolf, wenn eine Sirene heulte und er glaubte, er müsse mitheulen.
Nur klang im direkten Vergleich sogar die Sirene angenehmer, aber das hätte der Hund niemals zugegeben. 😉