Endlich…

Nicht mehr lange, dann geht es los gen Allgäu. Morgens um 7:15 h fährt mein Zug hier vom Hauptbahnhof ab, und ich kann gar nicht in Worte fassen, wie froh ich bin, einen kurzen Tapetenwechsel mitzumachen, denn mir fällt hier ungelogen fast die Decke auf den Kopf.

Eigentlich wollte ich ja in Polen sein, aber jetzt wird es das Allgäu. Und „schon“ gegen 16:20 h werde ich am Samstag dort sein. Ein bisschen graut mir vor der langen Zugfahrt – über 7 Stunden bis Augsburg, dann noch einmal knapp 2 Stunden bis Oberstdorf.

Wir haben fast Ende September, und vor etwa fünf Tagen bemühte ich eine Wetter-App, um herauszufinden, wie das Wetter dort im Allgäu sei, denn man muss ja wissen, wie die dortigen Temperaturen seien, um zu entscheiden, was man kleidungstechnisch so einpacken sollte. Kaum hatte die App die Resultate ausgespien, rannte ich auch schon an meinen Kleiderschrank, raffte diverse warme Pullover an mich und rannte mit diesen und anderer anstehender 30-Grad-Wäsche in den Waschkeller, um die Waschmaschine anzuwerfen, die beim Start immer so eine reizende Melodie von sich gibt, um unter Beweis zu stellen, dass sie auch wirklich funktionsfähig sei.

Nicht nur das. Sie wiegt die jeweilige Wäscheladung auch vor jedem Waschgang sehr sorgfältig, aber ich habe noch nie darauf gewartet, dass sie mir das Ergebnis kundtue, denn sie gibt dabei so schräge Geräusche von sich, dass ich nicht unbedingt Zeuge der daraus resultierenden Erkenntnis werden muss. Hauptsache, das Ding macht, wozu es angeschafft wurde – und das tut es. 😉

Soeben habe ich auch meinen „Irish sweater“ aus dem Schrank geholt – einen originalirischen Pullover aus Schafwolle, vor Jahren in Galway erworben, in dem man sich immer fühlt, als wäre man hineingeschweißt worden, da die Schafwolle ein wenig sperrig ist, und das trotz stets liebevoller Handwäsche. Der unglaubliche Vorteil: Dieser Pullover in meiner Lieblingsfarbe Blau ist der wärmste, den ich überhaupt besitze, und nachdem ich heute erneut las (ich hatte gehofft, es werde sich etwas an der vor fünf Tagen eruierten Wettervorhersage ändern …), dass an meinem Anreisetag vor Ort 3 Grad Celsius herrschen würden, hielt ich die Mitnahme dieses Monstrums für nicht unangebracht. Die App tröstete mich jedoch damit, dass die de facto 3 Grad über Null sich anfühlen würden wie 4 Grad über Null. Da atmet man doch gleich erleichtert auf, denn zwischen de facto 3 Grad über Null und gefühlten 4 Grad über Null besteht ein wirklich erheblicher Unterschied. 😉

Gerade habe ich noch wetter-kein-problem.com konsultiert – ich hoffe offenbar noch immer auf ein Wunder. Dort zu lesen für den Tag meiner Ankunft:

In Oberstdorf schneit es den gesamten Morgen bei Temperaturen von 0°C. Am Mittag bleibt der Himmel grau, und Regen stellt sich ein. Die Temperaturen erreichen maximal 5 °C. Am Abend ist in Oberstdorf der Himmel bedeckt, und die Temperatur liegt bei 0 °C. In der Nacht kommt es zu Schneefällen bei Tiefsttemperaturen von -1 °C. Böen können Geschwindigkeiten zwischen 14 und 27 km/h erreichen.

Die Sonne ist fast nicht zu sehen.

Sogleich begann ich zu jubeln: 5 Grad über Null! Also richtig warm! 😊 Warum wird man mit 3 Grad erschreckt, die sich wie 4 Grad Celsius anfühlen, wenn dann doch warme 5 Grad auf den Plan treten! Und im Vergleich zum Morgen fällt immerhin kein Schnee, sondern Regen – das ist richtig toll! 😉 Gleich fügte ich dem morgen zu packenden großen Trolley ein stabiles „Rrreegedach“ bei.

Die 16-Tage-Vorschau enthüllte bereits bei Erstbetrachtung vor fünf Tagen, dass die Niederschlagswahrscheinlichkeit bis auf wenige Ausnahmen bei 90 Prozent liege. Und da mein Anreisetag der einzige mit derart niedrigen Temperaturen ist, scheint es sich bei dem Niederschlag der Folgetage um massiven Regen zu handeln. Die Sonne scheint sich außerdem stets durchgängig beschämt im Hintergrund zu halten. Erst an meinem Abreisetag soll sie wieder scheinen – danke, Allgäu! 😉

Heute rief meine Schwester an, mit der ich den Urlaub verbringen werde. Auf meine Frage, ob sie sich mal die Wettervorhersage fürs Allgäu angesehen hätte, meinte sie nur: „Nein. Warum?“ Ich berichtete von den drei, vier, fünf Grad am Anreisetag, aber sie reagierte unbegeistert – davon wollte sie wohl lieber nichts wissen, was ich durchaus verstehen konnte. Ich verschwieg daher diplomatisch den vorhergesagten Dauerregen. 😉

Da es hier derzeit recht warm ist, stehe ich nun vor der berechtigten Frage, was ich auf der endlos scheinenden Zugfahrt anziehen soll. Ich kann doch nicht bei hier recht warmen bis moderaten Temperaturen in Skiunterwäsche und einer Winterjacke losmarschieren.

Als ich gerade darüber nachdachte, fiel mir mein früherer Chorkollege Peter aus dem Zweiten Bass ein, der im Chor stets halblinks hinter mir saß oder stand. Aus meiner Perspektive. Aus dem Publikum halbrechts. 😉 Peter war Maschinenbauingenieur, und für gewöhnlich wirkte er relativ normal. Niemand hätte ihm etwas Schräges zugetraut.

Bis zu jenem Chorkonzert in der Passionszeit, also vor Ostern, das in Essen-Kray stattfinden sollte und von uns, einem Aachener Chor, zusammen mit vier Solisten, also Profi-Sängern, und einem Streicher-Ensemble in einer Krayer Kirche gestaltet werden sollte.

Wir – der Aachener Chor – reisten mit der Bahn an, und meine Alt-Kollegin Ute und ich saßen mit zwei Bass-Kollegen in einem Vierer-Sitzbereich und fuhren über Aachen-Rothe Erde, Köln und weitere Städte bis Essen Hauptbahnhof.

Kaum hatte der Zug den Bahnhof AC-Rothe Erde verlassen, entschuldigte Peter sich und verschwand auf der Toilette. Zurück kam er schließlich mit etwas Giftgrünem, eindeutig textiler Natur, in der Hand, das er – für einen Bass erstaunlich theatralisch – fein säuberlich in eine Plastiktüte und diese dann in seine Tasche packte, während sein Bass-Kollege, Ute und ich zusahen und uns fragten, was es damit wohl auf sich habe.

Ute fasste sich ein Herz und fragte ihn: „Was ist das, Peter?“ Peter sah uns verschwörerisch und auch ein wenig stolz an, und dann verkündete er: „Das ist eine lange Unterhose. Genauer: meine wärmste lange Unterhose [o Gott – er besaß mehrere davon!]. Draußen ist es kalt, aber hier im Zug ist es ja warm. Meine Mutter hat mir die zu Weihnachten geschenkt. Sie hat öfter eine Blasenentzündung, und sie meinte, man könne sich so leicht verkühlen.“ (Ich Naivling! Bis dato war ich der festen Überzeugung gewesen, dass Schlips-Oberhemd-Socken das grauenhafteste Geschenk sei, das man Männern im Allgemeinen machen könne… Es ging offenbar noch schlimmer, wenn ich auch die mütterliche Sorge im Prinzip durchaus rührend fand – Peter wohl noch mehr.)

Ute und ich wagten kaum, einander anzusehen, denn die Gefahr, dass wir beide in einen apokalyptischen Lachanfall ausbrechen würden, war nicht gering. Ute war ohnehin unfähig, etwas zu sagen, während ich hervorwürgte: „Donnerwetter – ich wusste gar nicht, dass es lange Unterhosen auch in so peppigen Farben gibt!“, was mir einen Ellbogencheck seitens Ute einbrachte. Ich drehte mich zu ihr und meinte: „Ja, was?! Wusstest du, dass es lange Unterhosen in solch coolen Farben gibt?“ Sie sah mich an, Tränen des unterdrückten Lachens in den Augen, und ihr Blick flehte mich förmlich an, den Mund zu halten. Ich tat ihr den Gefallen, denn ich mochte Ute sehr.

Zwei Stationen vor Essen Hauptbahnhof verschwand Peter wieder in der Zugtoilette, nachdem er das giftgrüne Etwas erneut aus der Tasche gezogen hatte. Ute raunte mir zu: „Peter ist doch eigentlich ein ziemlich attraktiver und netter Typ. Jetzt stell dir bitte mal vor, du lernst den irgendwo auf einer Party oder sonstwo kennen, ihr verabredet euch ein paarmal, und dann gehst du mit ihm nach Hause. Und dann soll es zur Sache gehen, und er reißt sich vor deinen Augen die Klamotten vom Leib, oder du tust das, und dann steht er da in einer giftgrünen langen Unterhose und preist Mama, weil die ihn vor einer Blasenentzündung bewahren will! Ein Alptraum!“

Das war zu viel! Da konnte ich dann auch nicht mehr an mich halten, und ein lauter Lachanfall überwältigte mich. Ute fiel ein, und Peters Bass-Kollege lachte ebenfalls und meinte: „Ich bin zwar keine Frau, aber ich kann absolut verstehen, was euch umtreibt. Ich hatte große Mühe, als er das mit seiner Mutter erzählte.“ Ich riss mich zusammen und meinte: „Aber irgendwie ist es ja auch lieb, dass er das Geschenk so wertschätzt – ich habe als Kind schon diese ätzenden dicken Strumpfhosen gehasst, die ich damals immer im Herbst und Winter anziehen musste. Ganz schlimm mit Kleidern oder Röcken!“ – „Ja, die Scheißdinger rutschten immer!“ schrie Ute angewidert, und ich fügte hinzu: „Und manche kratzten obendrein!“ – „Und es gab welche für Sonn- und Feiertage und welche für alltags!“ – „Und ich bin grundsätzlich immer mit denen sofort hingeflogen, die für Sonn- und Feiertage waren!“ rief ich. Das stimmte. Erstaunlicherweise waren es auch just immer die Sonn- und Feiertagsstrumpfhosen in Weiß oder Beige, die am meisten kratzten und die meistgehassten waren.

Da kam Peter zurück, und er strahlte und sagte: „So, wieder gerüstet fürs feindliche Leben!“ Da fuhr der Zug glücklicherweise in Essen Hauptbahnhof ein, und es entstand geschäftiges Treiben.

Die Generalprobe in der Kirche musste dann auch einmal unterbrochen werden, da ein Zweiter Bassist sich rasch seiner warmen Unterhose entledigen musste – er hatte die Temperaturen im gut geheizten Gotteshaus eindeutig unterschätzt. Er hatte auch keinerlei Scheu, für alle hörbar zu verkünden, dass er schnell mal seine lange Unterhose ausziehen müsse, da es wärmer sei, als er erwartet habe. Und so bekamen auch noch die Chorkollegen, die während der Zugfahrt nicht in unserer Nähe gesessen hatten, mit, dass Bassist Peter offenbar ein Fan giftgrüner langer Unterhosen war, denn er brachte sie aus der Sakristei wieder mit und deponierte sie stolz hinter dem Altar. Es hätte mich allerdings nicht gewundert, hätte er sie mitten darauf gelegt und noch einmal liebevoll gestreichelt. 😉

Vielleicht sollte ich auf der langen Zugfahrt ja auch so vorgehen und kurz vor Augsburg, wo ich den EC verlassen muss, um umzusteigen, auf der Zugtoilette eine lange Unterhose anziehen. Oder?

Ach, Mist – ich besitze so etwas gar nicht! Ob ich morgen noch einmal einkaufen gehen sollte? 😉

Über Schutz- und Warnsysteme

Seit vielen Jahren schon wollte ich mich gegen Grippe – also Influenza – impfen lassen, seit ich erstmalig von dieser wirklich abschreckenden Krankheit heimgesucht worden war: mitten in meiner Examensvorbereitung. Von jetzt auf gleich ohne allzu schlimme Vorboten mit „40 Fieber“ hingerafft zu werden, ist ziemlich beeindruckend. Vor allem dann, wenn man zwar ein Fieberthermometer besitzt, aber – nach Feststellung der Temperatur spätabends – keinen Fiebersenker im Hause hat, sondern die ganze Nacht über wankenden Fußes Wadenwickel machen muss und sich morgens gegen 6 freut, wenn die Temperatur auf 39,5 gesunken ist. Eine Temperatur, die man unter anderen Voraussetzungen morgens um 6 mit großer Sorge betrachtet hätte. Ich erinnere mich noch heute an die Gardinenpredigt meiner damaligen Hausärztin, die – ihrer sonstigen Natur zuwider – sehr laut und impulsiv rief: „Ja, bist du denn bescheuert? Warum hast du mich nicht gleich gerufen? ‚40 Fieber‘ ist kein Witz – das ist wirklich ernst!“

Immerhin – ich habe das Ganze überlebt und mein Examen gut abgelegt. 😉 Dennoch hatte ich danach zweimal noch eine echte Virusgrippe, und das ist wirklich kein Spaß. Spaßig jedoch immer, dass ich mich im Verlaufe verschiedener Jahre impfen lassen wollte, ungelogen aber jedes Jahr irgendeine doofe Erkältung hatte, weswegen der jeweilige Arzt sich weigerte, mich zu impfen. Verständlich zwar, aber irgendwann gab ich auf und mich dem Risiko hin, Influenza No. 4 zu erleiden, denn ungelogen litt ich stets bei Impftermin unter irgendeinem blöden Infekt.

Dieses Jahr war alles anders, und inzwischen bin ich gegen Grippe geimpft. Aber die letzten Tage waren ein schweres Los. Letzten Montag war ich anderer Gründe wegen bei meinem Gyn, und wenn ich doch schon einmal dort war, konnte ich mich doch gleich gegen Influenza impfen lassen, was der Gyn auch anbietet, mir dieses Jahr sogar dazu riet, was er bis dato nie getan hatte. Erfreulicherweise war ich absolut fit, und ich zuckte nicht einmal mit der Wimper, als mir die Arzthelferin die Kanüle der niedlichen, kleinen Anti-Influenza-Impfspritze in den linken Oberarm jagte. Und anders als bei der Tetanus-Impfung blieb ich auch fit. Zumindest an diesem Abend.

In der Nacht darauf verfluchte ich nicht nur mich selber, sondern auch meinen Gyn und den Rest des Universums. Denn offenbar hatte mein Immunsystem eine Ladehemmung gehabt und reagierte erst recht spät auf die Impfung, das dafür aber etwas heftiger. Denn ich bekam nachts kein Auge zu, sondern rang mit Grippesymptomen. Fieber, massive Gliederschmerzen – alles tat weh, und an Schlaf war nicht zu denken, obwohl ich eher vor mich hin „vegetierte“.

Morgens ging es erheblich besser, und das Fieber war auch weg. Sehr erfreulich. Ich fuhr zur Arbeit, denn ich hatte viel zu tun. Und erst gegen Mittag holten mich die Gliederschmerzen und der Rest wieder ein. Meine Temperatur habe ich nicht gemessen, da ich eher selten mit einem Fieberthermometer zur Arbeit fahre. Es war mir aber auch egal, da es mir en tout bescheiden ging. Woher kannte ich das nur? Ach, ja! Von der echten Grippe! Die ersten Tage stets durchgängig grauenhaft, ab Tag 4 dann morgens ein Lichtblick, und das so sehr, dass man schon glaubt, man könne etwa zwei Tage später wieder zur Arbeit gehen. Und pünktlich gegen 13 Uhr kommt der Typ mit dem Baseballschläger, und dann weiß man wieder, worin der Unterschied zwischen einer schnöden Erkältung und Grippe besteht. Und das kann etwa zwei, drei Wochen so gehen …

Und so war es die ganzen letzten Tage. Offenbar leidet mein Immunsystem unter einer Art Ladehemmung. 😉 Seit heute ging es aber erheblich besser und wieder recht gut. Zumindest im Vergleich zu den vorausgegangenen Tagen.

Mal abgesehen davon, dass ich heute den Tag hatte, der stets das Grauen ist, denn es war der letzte Arbeitstag vor dem Urlaub. Warum auch immer das so ist, aber der letzte Arbeitstag vor dem Urlaub ist immer das Grauen – und heute war es besonders scheußlich, denn obwohl ich mir einen sehr präzisen Plan gemacht hatte – wider besseres Wissen -, ereigneten sich Dinge, die sich im ganzen Jahr sonst nicht auftun. Dinge, die nicht einkalkulierbar waren, meist Petitessen, die einen dennoch aufs Zünftigste aufhalten.

Nach der Arbeit war ich etwa eine halbe Stunde beim Einkaufen und dann auch schon gegen 20 Uhr zu Hause … 😉

Aber wieso sollte an meinem letzten Arbeitstag vor dem Urlaub alles glattgehen, wenn doch gestern schon der bundesweite „Warntag“, seit geraumer Zeit großspurig angekündigt und seit noch „geraumerer“ Zeit vorbereitet, ein echtes Fiasko gewesen zu sein scheint? 😉

Gestern telefonierte ich in meiner Home-Office-Schicht dienstlich mit einer Kollegin an einem anderen Standort so, wie wir es immer tun: sehr produktiv, aber bisweilen ins Private abdriftend. Eigentlich immer produktiv – möglich, dass es auch am Privaten liegt. Zumindest lagen wir bis dato mit unseren Entscheidungen immer richtig. 😉 Irgendwann rief sie: „Gleich geht es los!“ – „Was geht los?“ – „Na, der ‚Warntag‘! Was meinst du – muss ich dann aus dem Büro rennen und zum Sammelplatz laufen?“ – „Nee, ist doch keine Evakuierungsübung. Das ist nur ein allgemeiner Probealarm. Da werden die Sirenen getestet – so wie früher in der Schule. Und zusätzlich sollen die Warn-Apps getestet werden und Lautsprecherwagen von der Polizei und Ansagen in Radio und TV stattfinden. Niemand muss irgendwo hinausrennen!“ So sagte ich im Brustton der Überzeugung, überzeugt, dass alles hervorragend klappen würde. 😉

Eine halbe Stunde später war ich recht irritiert: Ich hatte zwar zwei Sirenen heulen hören, aber erstaunlich leise. Und Lautsprecherwagen? Der einzige Wagen, der mit Lautsprecher durch die Gegend kurvte, war der von „Il Gelataio Francesco“, dem lokalen Eisverkäufer, der mit einem Lautsprecher straßenweit die Leute aufscheucht, die dann gleich auf die Straße rennen, um Eis bei ihm zu kaufen.

Das kannte ich aus meiner Kindheit anders – da war ich zweimal mitten in der Nacht von Sirenengeheul aus den zwei angrenzenden Orten wachgeworden. Feueralarm. Und gestern hier, obwohl zwei Sirenen gar nicht so weit entfernt sind? Das war recht mau. Und da hatte sich Kollegin Angelika um ihre Katze Sorgen gemacht! Die hatte sicherlich selig weitergeschnarcht und vom bundesweiten „Warntag“ gar nix gemerkt. 😉 Anders als Angelika und ich, die wir dagesessen und gewartet hatten, als würden wir gleich ins All geschossen. 😉

Nachdem es Entwarnung gegeben hatte – oder auch nicht -, rief Angelika mich wieder an und rief: „Was war das denn für ein lahmer Zock?“ – „Ich warte auch darauf, dass es endlich losgeht“ – „Ali, da geht nix los – das war es schon.“ – „Ja, das befürchte ich auch. Das also ist Katastrophenschutz. Die einzige Katastrophe scheint mir im Grunde dieser ‚Warntag‘ zu sein.  Oder hat deine Katastrophen-App sich irgendwie gemeldet?“ – „Nee!“ – „Nicht einmal mehr Probealarm funktioniert noch! Wenn ich da an meine Schulzeit denke!“ – „Ja, das war wirklich beeindruckend!“ rief Angelika. Offenbar hatten wir dieselbe Art von Schulzeit durchgemacht. 😉

Ich tat doch gut daran, mein Smartphone und dessen Akku nicht mit einer dieser „Katastrophen-Warn-Apps“ zu belasten. Stattdessen dachte ich an meine Schulzeit zurück. Auf dem Dach des Schulgebäudes, das das Gymnasium beherbergte, das ich – gemäß dem Willen meiner Eltern – letzten Endes mit Erfolg besuchte, prangte unübersehbar eine Sirene. Und zweimal im Jahr – einmal im frühen Frühjahr, einmal im frühen Herbst, wurden wir von einem Probealarm „überrascht“. Immer um 10 Uhr eine Minute durchgehender „Entwarnungs“-Heulton, kurz darauf auf- und abschwellender Heulton, der uns als Warnung der Bevölkerung verkauft wurde, den mein Vater, der als kleiner Junge den Zweiten Weltkrieg miterlebt hatte, als Fliegeralarm definierte. Und mein damaliger Klassenlehrer, etwa der gleiche Jahrgang wie mein Vater, der auch als Kind den Krieg erlebt hatte, fing immer zu zittern an, wenn er den auf- und abschwellenden Alarm hörte. Das tat mir leid – so etwas wird man wohl nicht mehr los. Ab 10:20 Uhr konnte er sich aber wieder beruhigen, denn da kam wieder eine Minute „Entwarnung“ und durchgehender Heulton.

Nur etwas laut war es halt, wenn man eine Sirene direkt über dem Kopf hatte, und obwohl wir es doch besser wussten, zogen wir immer unsere Köpfe ein, sobald die Sirene über die ersten kehlig klingenden und tiefen Laute dann zu voller „Schönheit“ erblühte. Sensiblere Gemüter hielten sich dann die Ohren zu, aber ich schwöre, wir alle haben bei den ersten hohen und gellenden Tönen unseren Kopf eingezogen. 😉

Der „Warntag“ gestern war eher eine Art Enttäuschung für eingeschworene „Probealarm“-Kinder. Auf der anderen Seite hätten Angelika und ich wohl gute Chancen, zu überleben, weil es zu unserer Schulzeit noch hinreichend Sirenen gab und wir deren Signale noch verstehen. Ansonsten wäre es wohl besser, sich einen „Sirenenverstärker“ anzuschaffen. 😉 Ergo einen Hund, der sofort mitzuheulen beginnt, wenn die erste Sirene loslegt, und sei diese auch leiser. Sogar mein Dackel früher schmiss den Kopp immer in den Nacken und fühlte sich wohl wie ein Wolf, wenn eine Sirene heulte und er glaubte, er müsse mitheulen.

Nur klang im direkten Vergleich sogar die Sirene angenehmer, aber das hätte der Hund niemals zugegeben. 😉

Das Arsenal des Grauens

Ich staune ja immer wieder, was manche Mitmenschen an Geld ausgeben, um Dinge anzuschaffen, die ich eigentlich eher im Profi-Bereich verorten würde. Nicht selten sind diese Dinge im Bereich von Hof- und Gartenarbeiten anzutreffen – das aber wahrscheinlich auch nur, weil man nicht weiß, was sich in der jeweiligen „Behausung“, sprich: Haus oder Wohnung dieser Menschen noch so alles befindet. 😉

Im Grunde habe ich weder etwas dagegen, noch geht es mich etwas an, zumal auch ich bisweilen Geld für Dinge ausgebe, über die andere sicherlich das weise Haupt schütteln würden. Obwohl mein letzter Kauf durchaus sinnvoll war, da ich ins Allgäu zu reisen gedenke, wo ich nicht nur auf dem Hotelzimmer sitzen oder durch den Ort tingeln möchte. Kurz: Ich habe mir Wanderschuhe gekauft. Ich! Wanderschuhe! 😊 Aber nicht so doofe Schluffen – nee, die sehen für Wanderschuhe richtig gut aus, sind bequem, stützen sowohl Fuß, als auch Knöchel und sind von einem bekannten Outdoor-Hersteller. Dabei waren sie recht günstig – Sommerschlussverkauf oder, wie es heute bisweilen heißt, „Summer Sale“.

Also eine durchaus vernünftige Investition. Auch – und wahrscheinlich gerade – für Nicht-Profis. 😉

Letztes Jahr staunte ein Nachbar darüber, dass ich allen Ernstes mittels eines ausrangierten Küchenmessers dem Unkraut auf meinem Miet-Stellplatz zu Leibe gerückt war, und er meinte, dafür sähe es aber ziemlich gut aus. Wie lange ich denn dafür gebraucht hätte? Ich antwortete, indem ich mich ausgiebig streckte und meine Arme und Beine ausschüttelte – leises Knacken von meinen Halswirbeln erklang -, es habe mich etwa eine Stunde in gebückter Haltung gekostet. Er lachte und meinte: „Ich kippe da ja immer Unkraut-Tod drüber!“ Und er nannte mir das von ihm genutzte Präparat. Glyphosat in Reinkultur – nein, danke. Ein anderer Nachbar schwärmte mir vor, er fackle nicht lange, sondern das Unkraut immer ab und präsentierte mir voller Stolz die dafür genutzte Abfackel-Gerätschaft. Er nannte auch den Preis. Ich pries daraufhin im Geiste mein ausrangiertes Küchenmesser.

Dieses Jahr rückte ich dem Unkraut mit einem Präparat auf den dreisten Leib, das – auf Milchsäurebasis – relativ günstig zu bekommen ist. Ungünstig jedoch, wenn der Wind nicht günstig steht, denn mehrfach wehte mir der ebenfalls „ungünstige“ Geruch der Brühe in die empfindliche Nase. Keine Frage – das Zeug wirkt schnell und ist nicht umweltschädlich. Es sei denn, man sieht sich selber als Umwelt, denn mich würgte es mehrfach. Milch- wie auch Buttersäure haben einen durchaus ein- wie auch aufdringlichen Geruch. Das ist ein Euphemismus, denn: Es stinkt zum Himmel! 😉 Inzwischen ist eine praktikable und angenehme Lösung gefunden, doch dazu später.

Zurück zum anderen Hof- und Gartenarsenal. Bis vor einigen Jahren glaubte ich allen Ernstes, der sogenannte Rasenkantentrimmer, der die widerborstigen Rasenkanten, die der Mäher nicht erreicht hat, mittels einer rotierenden Schnur brutal kappt, sei das schlimmste Instrument, das man im Garten benutzen könne, da es ein lautes und widerliches Geräusch macht. Ähnlich wie die Zweiräder, die mein Ex Henrik immer als „Zwiebacksäge“ bezeichnete, da sie so ein infernalisch lautes und kreischendes Motorengeräusch absondern.  

Aber diese Art Rasenkantentrimmer ist im Grunde nur das zweitschlimmste Instrument für Freunde der Gartenarbeit.

Mein absoluter Favorit ist … der Laubbläser! 😊

Es ist ja durchaus einleuchtend, dass diese Gerätschaft von Städten bzw. Kommunen genutzt wird, um Wege, Parkanlagen und sonstig eher weitläufige Areale von Laub zu befreien oder dieses auf diese Art zusammenzutragen, so dass man es bequem an einem Ort verklappen kann. Und da nervt das penetrante Geräusch schon, ist aber noch einigermaßen zu ertragen, da die Notwendigkeit einleuchtet.

Gruselig, wenn Privatleute glauben, für ihre jeweils handtuchschmalen und -großen Rasenflächen, Mini-Terrassen oder -Höfe auch so etwas haben zu müssen. Ich merke erst seit der Home-Office-Zeit – jeden zweiten Tag -, wie schön es im Büro ist! (Es sei denn, die Wiese neben meinem Büro wird gemäht – und mit ihr die Rasenkanten …) 😉

Denn in den letzten drei Wochen erlebte ich im Home-Office diverse Einsätze mit – und jeder einzelne dauerte mehr oder minder weit über eine halbe Stunde. Kürzlich gab es sogar zwei Einsätze innerhalb dreier Tage. Mindestens zwei Einsätze, denn ich weiß ja nicht, ob an den Tagen, an denen ich im erholsamen Büro war, nicht auch laubgeblasen wurde.

Ich gebe zu, es mag sein, dass ich besonders geräuschempfindlich bin, aber aus Interesse habe ich mal gegoogelt und herausgefunden, dass offenbar das Gros der Menschen dieses Geräusch hasse. Und damit dieses Gerät. Wie schön – ich bin offenbar nicht die Einzige, bei der der Adrenalinspiegel drastisch steigt, sobald das Mistding gestartet wird. 😉

Besonders interessant fand ich kürzlich das Phänomen, das ich bei Freunden miterlebte: Kaum hatte deren direkter Nachbar seinen Laubbläser gestartet, um seine übersichtliche Rasenfläche und die kleine Terrasse von dem wenigen Laub zu befreien, das darauf lag, starteten kurz darauf noch weitere Laubbläser in der Nachbarschaft. Meine Bekannten rollten mit den Augen und äußerten ihr Missfallen – ich pflichtete ihnen bei und fand es auch grauenhaft. Jeder Benzin-Rasenmäher erschien wie eine Wohltat dagegen.

Immerhin entspannte sich die Lage wieder, als ich meinte – eher: schrie, um gegen den Laubbläser-Lärm anzukommen -, das erinnere mich an die Kommunikationsart von Weißstörchen: Fange einer zu klappern an, klapperten alle zurück. Ja, so verständigen sich Störche. 😉

Meine Freundin brüllte gegen den Lärm an: „Ich glaube eher, wir haben es eher mit dem ‚Meiner ist größer als deiner‘-Phänomen zu tun!“ Ich schrie zurück: „Das wollte ich jetzt nicht so sagen, aber ich vermute das Gleiche!“ Und dann lachten wir schallend, was Außenstehende jedoch nur an unserer Mimik und Körperhaltung erkannt hätten, denn die mehrstimmigen Laubbläser übertönten alles. 😉

Mein Miet-Stellplatz wird übrigens künftig vom Gärtner der Wohnanlage hier gegen einen kleinen Obulus von Unkraut befreit. Der ist Profi und verfügt aufgrund dessen über das für Profis, nicht für Amateure, notwendige Instrumentarium. 😉