Nachdem seitens einer Gewerkschaft einmal mehr zum Ausstand, vulgo: Streik einer bestimmten Airlines-Kooperation aufgerufen wurde, bin ich schon vorgestern etwas nervös geworden, denn am kommenden Montag gedachte oder -denke ich, gen NUE zu fliegen, wie das Kürzel des entsprechenden Flughafens so hübsch lautet.
Ja, klar, ich hätte auch klimaschonend mit der Deutschen Bahn fahren können, aber das ist – ungelogen – fast doppelt so teuer und dauert mehr als doppelt so lange. Mindestens. (Und ich heiße nicht Krösus. Oder Krösa – wenn man denn besonders genderaffin ist. 😉 )
So berichteten zumindest nicht nur meine Eltern, sondern auch noch diverse andere Menschen, die sich guten Willens auf den Weg im Bahn-Fernverkehr begaben, um das Klima zu schonen, und dabei interessante Erfahrungen machten, auf die sie strenggenommen auch hätten verzichten können, wie sie unisono und trotz unterschiedlicher Toleranzgrenzbereiche verkündeten.
Da war ein Bekannter, der von Amrum im äußeren Norden dieses Landes in die mittelfränkische Peripherie – ausgehend von Nürnberg – zurückreisen wollte, nachdem er drei Wochen auf dieser Insel in Nordfriesland verbracht und sich hervorragend erholt hatte. Im Vertrauen: Die Erholung war dahin, nachdem er die Rückfahrt mit der Bahn endlich überstanden hatte, die ihn auf Umwegen – offenbar sehr beliebt bei der Bahn – sogar über Luxemburg geführt hatte!
Anderen Bekannten erging es ähnlich, und als meine Eltern sich Anfang Oktober gen Franken aufmachten – die Heimat meiner Mutter -, frotzelten sie noch und meinten, so ein Mist könne unmöglich in größerer Häufung geschehen. Ganz falsch!
Zwar durchfuhren sie nicht Luxemburg, kurvten aber auf erstaunliche Weise kreuz und quer und von Süd gen Nord, dann wieder West und Ost und sogar Nordnordwest et al. durch Deutschland, obwohl sie doch eigentlich nur auf kürzestem Wege von Bamberg ins Ruhrgebiet zurückfahren wollten, erster Klasse und nicht wirklich preisgünstig. Zwei unfreiwillige Taxifahrten waren auch noch dabei, da auf der Hinfahrt der ICE unerwartet – und unangekündigt! – eine größere und ungeplante Schleife fuhr und schließlich in SEV mündete. Schienenersatzverkehr. Erfurt stand eigentlich per se nicht auf dem Plan, noch weniger jedoch der schleppende Bus-Ersatzverkehr, während dem meine Eltern viele neue Orte mit spannenden Ortsnamen wie Zimmernsupra kennenlernten. Man fragt sich, wie solche Ortsnamen entstanden seien … Da lachten meine Eltern immerhin noch.
Die Rückfahrt – womit keiner nach dem doofen Einstand auf der schließlich neuneinhalb (statt viereinhalb) Stunden andauernden Hinfahrt gerechnet hatte – war ähnlich blöd, da erneut unerwartete Schleifen und Umwege gefahren, gar mehrere Bahnhöfe angesteuert wurden, die fern der eigentlichen Strecke lagen. Ich vermute, es handle sich um ein besonderes Angebot der Bahn: „Lerne dein Land und die angrenzenden Länder besser kennen!“ Oder so etwas in der Art.
Meine Eltern brauchten zurück jedenfalls auch über acht Stunden, nachdem ihr ICE, der eigentlich bis Dortmund fahren sollte, außerplanmäßig in Düsseldorf endete. Wegen der eklatanten Verspätung – wohl entstanden durch die „Schleifen“ und Umwege, die man gefahren war -, wie man den Reisenden bei Einfahrt ins Düsseldorfer Gleis völlig überraschend mitteilte, die noch ganz gemütlich in den Sitzen lehnten und wähnten, dies auch noch ein wenig länger tun zu können. Meine Mutter meinte zynisch: „Ich weiß zumindest inzwischen, dass außer den ehemaligen Metropolen-Bahnhöfen auch noch ganz viele andere Bahnhöfe, die ich nie kennenlernen wollte, zumal nicht an der Strecke liegend, Kopfbahnhöfe sind. Es wurde einem schon ganz schwindlig bei dem ewigen Richtungswechsel!“
Es tat mir leid, das zu hören. Ich war und bin Kummer gewohnt, aber mehr im ÖPNV. Dass es im Fernverkehr der Bahn inzwischen genauso bescheiden zu sein scheint, war mir nicht bekannt, denn ich versuche, und das aufgrund meiner gruseligen ÖPNV-Erfahrungen, Bahnfahrten nach Möglichkeit per se zu vermeiden.
Daher auch meine schändliche Angewohnheit, von DUS nach NUE zu fliegen, obwohl ich sicherlich Flugscham empfinden sollte. Tue ich aber nicht, solange die Bahn es nicht schafft, die ureigenen Gegebenheiten anständig und kundenfreundlich darzubieten. Und ich sehe partout nicht ein, neuneinhalb Stunden zu fahren, um von A nach B zu kommen, die lächerliche 500 Kilometer voneinander entfernt sind (ja, reißt mir nur den Kopp ab! 😉 ). Und das für einen derart hohen Preis. Monetär. Von den Nerven wollen wir gar nicht erst sprechen. 😉
Aus diesem Grunde buchte ich Anfang des Monats auch ein Ticket – hin und rück – bei einer bekannten Airline, die eine Tochter einer noch viel bekannteren Airline, der deutschen Airline, ist. Dem europäischen Gedanken angelehnt ist ihr Name, obwohl es noch eine weitere Tochtergesellschaft gibt, deren Name ähnlich klingt, aber eher national begrenzt. 😉
Letztere wird am Montag in Streik treten, wie heute bekanntgegeben wurde. Mit einiger Nervosität hatte ich die Kundgebung der Flugbegleiter-Gewerkschaft erwartet, und ich jubelte zwar nicht, als ich hörte, dass nur „Avio German“ betroffen sei, war aber dennoch etwas erleichtert. Es ist doof, kurz vor Toresschluss mitgeteilt zu bekommen, dass man dann doch auf die Bahn umbuchen müsse, die um diese Jahreszeit auch voll ausgebucht sein dürfte und in der man noch von Glück sagen kann, wenn man durch Zufall einen Sitzplatz bekommt – und sei es auf der Zugtoilette! (Wenn man nicht gleich im Einstiegsbereich auf dem Fußboden kampieren muss, dicht an dicht mit anderen Reisenden, was ich als Studentin öfter erlebte, ohne dass dies in den Medien veröffentlicht oder eine von uns „Ölsardinen“ bemitleidet wurde …)
Dann fiel mir ein, dass „Avio German“ ein Drittel der Flüge der anderen, europäisch „benamsten“, Airline durchführt – und da wurde mir kurz noch einmal ganz anders. Bis ich meine Buchungsbescheinigung sichtete, die sich in den Tiefen meiner in Riga gekauften großen Tasche nach einiger Recherche wiederfand (kauft nie große Taschen, wenn es auch praktischer erscheint – man findet darin nichts so schnell wieder!): Operated by LGW stand da! Das bedeutete wohl, dass mein Flug wirklich nichts mit „Avio German“ zu tun habe. Sicherheitshalber aber fragte ich auf der Seite der Airline auf einem bekannten Sozialen Medium noch einmal nach, auf der sich zwei Servicemitarbeiter der Airline gerade von wildgewordenen Kunden verbal die Köppe einschlagen lassen mussten, obwohl sie wieder und wieder beteuerten, ihr Arbeitgeber könne nichts dafür und wolle diesen Streik auch nicht. Man bestätigte mir, mein Flug sei nicht betroffen, und ich wünschte allen Anwesenden, speziell aber den Servicemitarbeitern, nur das Allerbeste und zog mich zurück. Beruhigt.
Ich werde am Montag fliegen. Und hoffentlich am Samstag darauf wieder zurück. Ansonsten bleibe ich einfach in Franken. In einen Zug bekommen mich keine zehn Pferde, auch wenn es sicherlich reizvoll ist, auch noch Abstecher nach Österreich, Luxemburg, Belgien, die Niederlande oder Frankreich zu machen oder alle Kopfbahnhöfe Deutschlands kennenzulernen … 😉