Warum es manchmal gut ist, Latein gelernt zu haben …

Zugegeben, es war kein Vergnügen, diese „tote“ Sprache zu lernen, aber ihre Kenntnis war mir bisher ausschließlich von Nutzen, wenn man davon absieht, dass ich in der Oberstufe in der jeweiligen Doppelstunde Latein-GK (eine Einzel- und eine Doppelstunde in der Woche) stets Mühe hatte, nicht einzuschlafen, woran mich jedoch der spezielle und sehr sarkastische Humor Herrn Feldbergs hinderte. Und so langweilig ich diese Sprache auch fand, war mir doch bewusst, dass die Kenntnis sicherlich nicht verkehrt war. Speziell dann, wenn man einen Vater hat, der sehr gern lateinische Zitate von sich gibt, wenn man mal wieder aufgrund einer gewissen Unbesonnenheit Schiffbruch erleidet. Der sagt dann nämlich: „Quidquid agis, prudenter agas et respice finem!“ Heißt soviel wie: „Was auch immer du tust, handle klug und bedenke das Ende!“ Es geht also um vorausschauendes Handeln, und bei mir als Kind und Jugendlicher war dieser Hinweis manchmal durchaus nicht ganz unangebracht. 😉

Und schaffte ich trotz besten Willens etwas nicht so, wie ich es hatte schaffen wollen und ärgerte mich darüber, hieß es: „Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas.“ Das bedeutet: „Wenn auch die Kräfte fehlen, so ist der gute Wille doch zu loben.“ (In Arbeitszeugnissen kann man dazu lesen: „Er/Sie hat sich stets bemüht …“ 😉 ) Vielleicht dachte mein Vater sich damals, dass Kritik in einer kuriosen „Geheimsprache“ besser herüberkomme als ein markiges deutsches: „Siehste, das kommt davon, wenn man impulsiv handelt. Erst den Kopp einschalten!“ Oder: „Sieh doch einfach ein, dass Tennis nicht dein Ding ist.“ Nur als Beispiel. 😉

Eines hat er immerhin erreicht: Ich wollte diese „Geheimsprache“, vulgo: Latein, auch lernen. 😉 Und als ich darin schon fortgeschritten war und er wieder mal mit: „Ut desint vires …“ ankam, konterte ich stets: „Per aspera ad astra!“ Dann lachte er und meinte: „Sehr gut. Nie aufgeben – da hast du schon recht.“ (Und doch gab ich in aussichtslosen Fällen irgendwann auf. Aber man musste es zumindest versuchen.) Übrigens wollte mein Vater mich mit diesem Zitat keineswegs entmutigen. Wohl eher im Gegenteil – ich habe einen sehr lieben Vater. 😊

Diejenigen, die keinerlei Nutzen im Erlernen der lateinischen Sprache sehen und von „tote Sprache, wozu braucht man die“ sprechen, scheinen keinerlei Ahnung von deren immensem Nutzen zu haben. Nicht nur, dass man es, hat man die lateinische Grammatik und auch deren Vokabular verinnerlicht, erheblich leichter hat, viele Sprachen zu lernen, vor allem romanische wie zum Beispiel Spanisch, Französisch, Italienisch oder Rumänisch, aber auch die germanischen wie Schwedisch, Norwegisch, Dänisch und andere. Und Englisch, eine wunderbare Mischung aus germanischen und romanischen Elementen. Nein, auch die eigene Muttersprache und deren Grammatik wirkt gleich viel fluffiger und besser nachvollziehbar. 😉 Und auch viele Fremdwörter sind plötzlich kein Buch mit sieben Siegeln mehr, begegnet man ihnen dann im Lateinunterricht. Echte Aha-Erlebnisse tun sich da auf! 😉

So helfen Kenntnisse in dieser Sprache auch im Alltag oft weiter. Erst heute durfte ich das einmal mehr feststellen.

Ich habe derzeit Urlaub und hatte heute um 12:15 Uhr einen Termin bei meinem Hautarzt zwecks Hautkrebsscreenings. Ich musste insgesamt eine Stunde nutzlos herumsitzen, trotz Termins. Dann endlich kam eine Ärztin zu mir. Um 13:10 Uhr, als ich schon langsam unleidlich wurde. Normalerweise werde ich nicht unleidlich in dieser Praxis, da ich weiß, dass ich längere Wartezeiten in Kauf nehmen muss. Aber ich habe vor zwei Wochen mit Intervallfasten begonnen, und ich durfte um 13 Uhr meine allererste Mahlzeit des Tages zu mir nehmen, war also mit extrem nüchternem Magen eingetroffen. Mein Blutzuckerspiegel also eher niedrig, und wer sich etwas mit der Materie auskennt, weiß, dass mit sinkendem Blutzuckerspiegel der Adrenalinspiegel steigt, was auch Menschen, die im Grunde friedliebend und freundlich sind, etwas ungeduldiger und gereizter werden lässt. Doch keine Sorge: Ich hatte mich im Griff. 😉

Ich bin nun schon seit sechs Jahren Patientin in dieser Praxis und trotzdem immer wieder erstaunt, dass ich manchen Ärztinnen (denn es gibt hauptsächlich Ärztinnen in dieser Praxis, obwohl der Inhaber ein männlicher Arzt ist) nur zwei- oder dreimal begegne und dann immer neue, mir unbekannte Ärztinnen da sind. Auch heute erschien erneut eine mir völlig fremde Ärztin. Sie war Asiatin, und nachdem sie gehört hatte, was der Grund für mein Erscheinen in der Praxis war, sagte sie: „Alle ausßiehen!“ Ich sah mich um: Wo waren die anderen, die sich mit mir zusammen ausziehen sollten? Doch ich riss mich schnell zusammen und mir die Klamotten vom Leib, bis auf die Unterwäsche. Dann wurde ich in sehr genauen Augenschein genommen, und das nicht nur mit bloßem Auge, sondern auch mit einem Dermatoskop an heikleren Stellen. Manchmal rief die sehr sachliche, aber nette asiatische Ärztin: „Achtung, wild kalt!“ Und sie sprühte mir ein alkoholhaltiges Desinfektionsmittel auf eine bestimmte Stelle und presste dann das Dermatoskop darauf, auf dieses wiederum eines ihrer Augen. Und so zog sie die gesamte Fleischbeschau durch. 😉

Doch dann fiel ihr ein, dass sie etwas vergessen hatte, und sie rief: „Sseige Planta!“ Ich stutzte. Bitte, was sollte ich ihr zeigen? Ich habe doch kein Händchen für Pflanzen und auch keine Plantage! Doch dann fiel der Groschen recht schnell, und ich danke Herrn Feldberg noch heute für die gründliche Unterweisung im Fach Latein! 😉 Sie wollte meine Fußsohlen sehen! Planta ist die Fußsohle. Das Gegenstück, die Handinnenfläche, heißt palma. (Da hätte ich auch unverzüglich reagiert, da das Ganze im Englischen palm heißt.) Klingt alles sehr pflanzlich. Kein Wunder, dass ich da nur mit Verzögerung reagiere – ich habe einfach keine Begabung für Pflanzen. 😉

Sie war sowohl mit der rechten als auch der linken Planta zufrieden und gebot mir dann: „Mache Mund auf!“ Schnell schluckte ich das Kaugummi hinunter, das ich in meiner Intervallfasten-Verzweiflung gekaut hatte, und riss meinen Mund auf. „Ah, ssieht gut aus, alles okay!“ So die Ärztin, während ich aufgrund der überhasteten Schlucktätigkeit ein Problem mit meinem Zwerchfell bekam. Kurz: Ich erlitt einen Schluckauf. Aber egal … Es war immerhin alles okay.

Rasch zog ich mich wieder an und wurde sehr freundlich verabschiedet: „Schüss! Bis ssu nächste Mal!“ – „Herzlichen Dank und einen schönen Tag!“ – „Helzliche Dank! Und ist alles in Oldnung, fleut mich. Schüss!“ Und schon verließ sie U2. Das ist kein U-Boot, nur das Untersuchungszimmer, in dem ich mich befunden und Planta links und Planta rechts vorgezeigt hatte. Und ich dachte: „Du meine Güte! Ich hielt es immer für ein Klischee, dass manche Asiaten kein R sprechen können!“

Immerhin hatte ich fast alles verstanden. Das ist nicht immer einfach bei einem sehr starken Akzent wie einigen asiatischen. Ich habe einmal zwischen chinesischen Kongressteilnehmern und meinem damaligen Chef drei Tage gedolmetscht – ich konnte eine ganze Woche darauf kaum ein Auge zubekommen, weil ich derart unter Adrenalin stand, dass ich wie aufgezogen und unter Spannung gesetzt war, denn ich hatte wie ein Schießhund aufpassen und mich konzentrieren müssen – das ist echt anstrengend. Und ich bin ja keine durchtrainierte Dolmetscherin.

Eines habe ich heute aber einmal mehr gelernt: Egal, welche Sprache ihr sprecht, ist Latein doch immer total hilfreich. Bei einer Prophylaxeuntersuchung in puncto Hautkrebs hatte ich damit allerdings auch nicht zwingend gerechnet. 😉

Danke, Herr Feldberg – ohne Sie und Ihr penetrantes Beharren darauf, dass Latein auch heute noch superwichtig sei, hätte ich heute wie ein Knalldepp dagestanden. Und das im wahrsten Sinne, denn ich hätte ohne Ihr Beharren darauf, wie wichtig Lateinkenntnisse seien, nicht einen Fuß gehoben! 😉

Gegen babylonische Sprachverwirrung hilft also nur eines: Latein! 😉

Euch einen schönen Abend! 😊

Prüfung bestanden! :-)

Gestern musste der kleine Monty, mein heißgeliebter kleiner Ford Fiesta, erstmalig zum TÜV. Drei Jahre alt ist er nur, und doch war ich etwas aufgeregt. Wusste der Henker, ob ich ihm nicht Schaden zugefügt hatte in diesen drei Jahren … Schäden, die nun unweigerlich zutage treten würden. 😉

Vorgestern fuhr ich ihn noch durch die Waschstraße, denn er sah verboten aus. Das wechselnde Wetter sowie infolgedessen frühzeitig ausgeklinkte Birkenpollen hatten ihre Spuren hinterlassen, und speziell an den Flanken bzw. Kotflügeln sah er grauenhaft aus. Fast so, als wäre er in eine Jauchegrube gefallen. So konnte ich unmöglich damit in die Werkstatt, befand ich, obwohl ich diesbezüglich ansonsten recht schmerzfrei bin.

Aber weiß man, ob sich TÜV-Prüfer nicht doch ganz unwillkürlich durch die bloße Optik eines Gefährts beeinflussen lassen? 😉

Und so leerte ich nicht nur meinen Kofferraum, sondern spendierte meinem Wagen auch noch eine Premium-Wäsche mit Triple-Pflegeschaum, nachdem ich mit Mühe die Antenne vom Dach abmontiert hatte. Ich bin sogar für meinen kleinen Fiesta eindeutig zu klein bzw. habe zu kurze Arme und werde künftig wohl eine Fußbank in den Kofferraum packen müssen … 😉 Wie gut, dass ich kein SUV-Fan bin und mir solcherlei Gefährt nicht leisten kann – da wäre wohl ein Kran für mich vonnöten …

Gestern früh, viel früher als sonst, verließ ich das Haus und fuhr gen Vertragswerkstatt. Dort parkte ich schwungvoll ein (zum Glück waren viel mehr Stellplätze als sonst frei) und gab nicht nur Fahrzeugschein und Schlüssel, sondern auch die gesamte Verantwortung für mein KFZ ab. Am Vortag hatte ich noch sämtliche Beleuchtungselemente getestet – funktionierte alles. Die Handbremse desgleichen. Ich prüfte alles, was ich selber prüfen konnte. Ich hasse Prüfungen wie die Pest – und das offenbar auch, wenn sie nicht mich selber, sondern von mir abhängige unbelebte Gegenstände betreffen. Und auch belebte „Objekte“, denn mir graute vor jedem Tierarztbesuch, den ich mit meinen bisherigen Tieren absolvieren musste, jedes Mal: Würden mir gleich die Ohren abgerissen werden, weil ich mit den mir anvertrauten Wesen etwas falsch gemacht hatte? Ein Grund dazu war wohl nie vorhanden. Im Gegenteil: Ich wurde stets gelobt, und mein ehemaliger Tierarzt bemerkte stets, dass meine Tiere mir sehr am Herzen lagen und mir darob vertrauten. Aber irgendwie sitzt das wohl drin. Das Gefühl, nicht hinreichend Sorge getragen zu haben, dass es allen gut gehe. Und das trotz gegenteiliger Urteile. Woran mag es liegen? 😉

Nach Abgabe des Fahrzeugs und Aufgabe jeglicher Verantwortung fuhr ich mit Bussen und Bahnen zur Arbeit, wo ich meinen Aufgaben nachkam. Der Herr in der Werkstatt, der mein Auto, Fahrzeugschein und Schlüssel an sich genommen hatte, hatte mir zugesagt, selber angeboten, mich anzurufen, sobald der Wagen „fertig“ sei. Allein, es erging kein Anruf. Und obwohl es absolut unwahrscheinlich war, dass ein drei Jahre altes Auto den TÜV nicht überstanden habe, wurde ich nervös. Diese ewigen Selbstzweifel! Woher kommt das nur? 😉

Und vor meinem geistigen Auge – einem sehr, sehr lebhaften solchen! – entspann sich folgendes Szenario: Ali fährt mit dem 42er Bus, der direkt bei ihrem Arbeitgeber abfährt und quasi vor der Werkstatt eine seiner Haltestellen hat, um 16:23 h los und kommt fast fahrplanmäßig – Verspätungen sind an der Tagesordnung und müssen einkalkuliert werden – an der Werkstatt an. Betritt den Verkaufsraum, und sogleich springen zwei besonders belastbare und kräftige männliche Mitarbeiter auf, rennen auf sie zu, packen sie an den Armen und reden beruhigend auf sie ein, während sie sie zu einer Sitzgruppe führen: „Liebe Frau B. – wie geht es Ihnen? Kommen Sie, setzen Sie sich erst einmal hin. Möchten Sie ein Wasser? Oder lieber gleich einen Schnaps?“ Und dann rücken sie mit der grauenhaften Nachricht heraus: „Sorry, aber Ihr Auto ist außerplanmäßig von der Hebebühne gestürzt.“ Oder: „Es kommt wohl so ein bisschen und einiges auf Sie zu: Wir konnten uns auch nicht erklären, warum ein gerade einmal drei Jahre altes Fahrzeug so viele Schäden habe! Zum Glück ist ja noch Garantie darauf. Aber mal im Ernst, Frau B.: Wo haben Sie Ihren Führerschein gemacht?“

Derlei Dinge hielten sich in meinem stets misstrauischen Hinterkopf auf, als ich bei der Arbeit saß … Und um 16:23 h, als der Bus total pünktlich losfuhr, saß ich gespannt wie ein Flitzebogen auf meinem Sitz. Ich hätte ja zuvor in der Werkstatt anrufen können, wollte aber nicht wie eine Helikopter-PKW-Mami wirken. Und man lässt sich ja doch gern überraschen.

Als ich den Verkaufsraum betrat, stürmten zwei Männer auf mich zu. Einer davon der Werkstatt-Mitarbeiter, dem ich die Verantwortung für mein KFZ übergeben hatte, Stunden zuvor. Den anderen kannte ich nicht, aber sicherlich würden sie mich gleich bei den Armen packen und zur Leder-Sitzgruppe geleiten …

Doch sie liefen an mir vorbei, während ich schon den Kopf senkte, wobei der Werkstatt-Mitarbeiter mir noch fröhlich zuwinkte! Sollte mehr oder minder unerwartet doch alles in Ordnung sein? Die kleine Bedenkenträgerin vermochte es kaum zu glauben. 😉

Aber sie bekam kurz darauf ihren Autoschlüssel und Fahrzeugschein ausgehändigt, nachdem sie die Rechnung beglichen hatte, ebenso das „Zeugnis“ von der DEKRA und die Bescheinigung über die AU. Im Fahrzeugschein prangte ein Stempel: Nächste HU: April 2021. (Und am Hintern bzw. auf dem hinteren Nummernschild des kleinen Monty eine gelbe Plakette – weit hübscher als das orangebraune Ding zuvor.)

Ja. Eigentlich war es zu erwarten gewesen und mehr als wahrscheinlich. Aber kleine Bedenkenträger tragen halt Bedenken und haben oft ein schlechtes Gefühl. 😉

Immerhin hatte es einen Mangel gegeben, wie im DEKRA-Protokoll steht: „Feststellbremse Betätigungseinrichtung Hebelweg/Pedalweg zu groß“. Es steht aber auch drin, dass dieser Mangel zwar um 08:27 h festgestellt worden, jedoch um 08:39 h schon behoben war. Cool.

Ich gebe zu, ich starrte auf diesen völlig unerwarteten Mangel und verstand diese bürokratische Sprache zunächst nicht. Nicht beim ersten Lesen. Beim zweiten Lesen dann schon: „Ach, die Handbremse! War wohl zu durchlässig. Na, gut, ist ja behoben.“

Dann fuhr ich vom Hof und zum Einkaufen. Mein Wagen war auf dem Werkstattgelände mit gelöster Handbremse geparkt gewesen, nur mit eingelegtem Rückwärtsgang. So merkte ich zunächst gar nicht, was sich nun geändert habe. Erst als ich auf dem riesigen Parkplatz des Einkaufsmarktes meiner Wahl parkte und die Hand-, Verzeihung: Feststellbremse, betätigte, merkte ich den Unterschied deutlich. Sehr, sehr deutlich, und mein rechter Arm nebst Schulter und Impingement-Syndrom bedanken sich sehr herzlich: Die Feststellbremse reagierte, als wäre sie einbetoniert und war extrem schwer zu betätigen. So schwer, dass ich am liebsten zur Werkstatt zurückgefahren wäre, um anzufragen, was der Unsinn solle! 😉

So schwergängig und „straff“ war diese Bremse selbst kurz nach dem Kauf des damaligen Neuwagens nicht! So straff, dass ich wünschte, mein Hintern würde es ihr gleichtun! 😉

Aber bald. Denn ich faste in Intervallen und betätige mich sportlicher als sonst. Mein neuestes Motto: „Sei wie deine Feststellbremse! Es muss im Grunde nur der Hebelweg verringert werden!“ 😉

Euch schon einmal frohe Ostern und schöne Feiertage von einer Bedenkenträgerin, die sich wider besseres Wissen Gedanken macht.  😊

Was habe ich mir denn da wieder ins Haus geholt …

Erstmalig in meinem Leben hier in meiner in der Tat eigenen Wohnung, die über einen Balkon verfügt, habe ich mir Balkonpflanzen bzw. -blumen gekauft. Irgendwie war mir danach, obwohl ich beileibe keinen grünen, sondern eher einen schwarzen Daumen habe. Und obwohl ich gern unabhängig bin. Aber so ein paar schöne Geranien und Fuchsien … Die könnten doch nicht schaden – im Gegenteil! Zumal ich bereits im letzten Jahr drei Blumenkästen aus dem Angebot eines Discounters mitgebracht habe – bis dato ungenutzt …

Dazu noch ein reizendes Margeritenstämmchen, das bereits in seinen ersten Tagen auf meinem Südwest-Balkon dadurch auffiel, dass es recht anspruchsvoll ist. Dabei hatte es doch beim Ankauf geheißen, es handle sich um ein pflegeleicht-bequemes Gewächs. Sonst hätte ich es doch nie gekauft! 😉

Doch nein! Kaum wandte ich dem bis dato kraftstrotzenden Wesen, das all seine kleinen Zweige leuchtend grün und energisch in alle Richtungen reckte, einige gutgelaunt wirkende Blüten dazwischen, den Rücken, schien es sich einsam zu fühlen. Denn wenn ich kurz darauf stolzgeschwellter Brust meinen Blick auf das fröhlich wirkende Gewächs richtete, kam es mir vor, als hingen die bis zum Endpunkt meiner ungeteilten Aufmerksamkeit kräftigen Zweiglein leicht depressiv in der Gegend herum. Auch die Blüten wirkten ein wenig niedergedrückt. Und schon fing ich an, mir Sorgen um das offenkundig sensible Lebewesen zu machen … Wahrscheinlich hatte ich mit sicherer Hand das einzig neurotische Margeritenstämmchen aus der großen Zahl seiner Geschwister ausgewählt! 😉

Ich habe ein Händchen für so etwas. Ich habe in meinem bisherigen Leben vier Wellensittiche besessen. Ein rein männliches und ein gemischtes Pärchen. Das eingeschlechtliche Pärchen bestand zunächst aus einem Einzelvogel, der während des ersten Tages in meiner Obhut zunächst kummervoll in seinem Käfig saß und ab und an ebenso kummervoll tschilpte.

Ich nahm mir viel Zeit für den neuen Mitbewohner, sprach Worte voller Liebe und Zuneigung zu ihm, und dies in einer Stimmlage, die für mich im Grunde völlig untypisch ist – viel zu hoch. Aber ich passte sie wohl intuitiv der Stimmqualität des kleinen, blauweißen Vogels an, den ich aus einer großen Zahl männlicher Sittiche ausgewählt hatte, weil er der einzige war, der sich in dieser großen Gruppe nicht recht behaupten konnte, keinen Sitzplatz fand und dauernd hektisch durch die Volière flatterte. Was blieb ihm auch übrig, wenn die anderen ihn immer verscheuchten und sich besonders breit machten, damit er keinen Platz fände!

Vormittags war er eingezogen, und am späteren Abend tschilpte er schon viel fröhlicher! Dennoch kam mir der Gedanke, dass der kleine Wendelin, wie ich ihn getauft hatte, als Einzelvogel sicherlich unglücklich sein würde. Mit diesem Gedanken begab ich mich, nachdem ich ein Tuch über des fröhlich zwitschernden Wendelins Gehäuse gelegt hatte, zu Bett.

Am nächsten Tag war ich wildentschlossen, einen Kumpel für den kleinen Wicht zu kaufen. Da Weihnachten nahte, meinte eine Freundin zu mir, sie wolle mir diesen schenken. Und zu zweit zogen wir los, nachdem der kleine Wendelin mich morgens schon ganz heiter begrüßt hatte und gar nicht mehr fremdelte. Offenbar hatte er sich nicht nur mit mir abgefunden, sondern mochte mich sogar! 😉

Sonja und ich standen erneut vor der Volière, und die Qual der Wahl stand mir erneut bevor. Und ich kann leider nicht aus meiner Haut heraus, und so wählte ich einen grasgrünen Sittich, der aus der Masse hervorstach, weil er wie angestochen und nervös auf seiner Sitzstange von links nach rechts und retour seittrabte …  Ein offenbar nervöser Geselle, der mich an meinen damaligen Ex-Freund Richie erinnerte. Der war auch immer etwas nervös gewesen – und die Trennung lag noch nicht lange zurück. Ganz im Gegenteil. 😉

So kam Konrad ins Haus und zu Wendelin in den Käfig. Der freute sich zunächst. Aber die Freude war nur von kurzer Dauer … Denn Konrad entpuppte sich als autoritäres und dominantes Arschloch. Sorry, anders kann man das kaum sagen. 😉 Wendelin hatte nicht mehr viel zu melden, aber er war in jeder Hinsicht ein liebenswerter kleiner Geselle und passte sich an. So kamen die beiden auch miteinander klar, auch wenn mir das dominante Gebaren Konrads nicht gefiel. Wahrscheinlich habe ich mich mit dem kleinen Wendelin identifiziert, und so betrachtete ich Konrad bisweilen mit einem gewissen Zorn, auch wenn ich niemals zugelassen hätte, dass jemand ihm etwas zuleide fügte. 😉

Beim zweiten Pärchen Jahre später wollte ich weit umsichtiger vorgehen. Außerdem dachte ich, die Gefahr einer derartigen Dominanz wäre geringer, würde ich ein gemischtes Pärchen nehmen.  Wie falsch man doch bisweilen liegen kann! 😉

Ich stand beim Händler und starrte in die Volière. Es saßen nur sieben Sittiche darin: fünf Hähne, zwei Hennen. Sechs Sittiche saßen auf einer Stange nebeneinander, niedlich aneinandergeschmiegt. Nur einer der Hähne saß entfernt auf einer anderen Stange. Jeder rational agierende Mensch hätte gedacht: „Irgendetwas stimmt hier nicht – nimm nicht den türkisgelben Einzelsittich!“ Auch mir schoss dieser Gedanke durch den Kopf, doch schon hörte ich mich sagen: „Ich nehme zum einen den türkisgelben Sittich da rechts!“ Und schon griff der Händler in die Volière, und der Sittich, der noch am selben Abend auf den Namen Julius getauft wurde, ließ sich ohne Gegenwehr einfangen. (Auch das hätte mir zu denken geben sollen … 😉 )

Auf der anderen, weitaus mehr belebten, Stange war eine gewisse Unruhe entstanden, und die dort sitzenden Sittiche flatterten und tschilpten aufgeregt. Der Händler meinte: „Und welcher soll dazukommen?“ – „Nun, ein Weibchen, bitte schön.“ – „Da hätten wir das blassgelbe da und das blauweiße.“

Manchmal habe ich hinterher überlegt, ob das blassgelbe Weibchen vielleicht besser zu Julius  gepasst hätte, denn es blickte ein wenig blass-lethargisch in die Gegend, nachdem die erste Aufregung sich gelegt hatte … Ich wählte das blauweiße, das mich von seiner Optik ein wenig an den kleinen Wendelin erinnerte, obwohl der von hellerem Blau gewesen war …

Der Händler – ich bewundere ihn noch heute! – griff unerschrocken in die Volière und in Richtung des blauweißen Weibchens. Was für ein Aufruhr, und was für ein Geschrei! Es dauerte weit länger, bis er den kleinen Vogel, dessen Wellen bis zur Wachshaut oben am Schnabel reichten – ein noch sehr junger Vogel – in der Hand hielt. Der kleine Vogel wehrte sich mit Schnabel und Klauen, und nur mit Mühe unterdrückte der Händler offenbar wilde Flüche. 😉 Rasch steckte er das erbittert kämpfende Geflügel in eine Schachtel, die er – zusammen mit der anderen Schachtel, die da so still stand und den türkisgelben Sittich enthielt – rasch zur Kasse trug, wo die Händlersfrau dann einspringen musste, da der Händler selber seine Verletzungen, zwei blutige Scharten, verarzten musste, die das wehrhafte Weibchen flinken Schnabels in zwei seiner Finger geschreddert hatte …

Beide Schachteln befanden sich neben der Kasse, und während aus der einen kein Laut zu hören war, entwickelte die andere ein Eigenleben: Sie hüpfte zornentbrannt auf den Rand des Tresens zu, während wütendes – und sehr lautes – Gekreisch herausdrang.

„O Gott! Welcher der beiden ist das?“ fragte ich die Händlerfrau. Die blickte nicht einmal in die Schachtel, griff diese nur, bevor sie vom Tresen stürzen konnte, und meinte: „Das ist das Weibchen. Die sind im Allgemeinen viel energischer.“ – „Ach so,“, sagte ich arglos lachend.

Und so, wie ich sie kaufte, blieben sie auch: Julius immer ein wenig feige, Jakobine, wie ich die kleine Giftnudel nannte, immer eine kleine Xanthippe. Aber auch sehr beeindruckend, denn sie war absolut unerschrocken, zäh und hatte einen sehr starken Willen. Den zeigte sie auch, als sie, fast vierzehnjährig, physisch nicht mehr konnte und mehrfach von der Stange fiel. Geistig war sie aber total fit, und so brachte ich die Sitzstangen halt etwas niedriger an, damit sie es schaffte, wieder hochzuklettern. Als aber auch diese Maßnahmen eines Tages nicht mehr halfen, musste ich sie zum Tierarzt bringen, der meinte, sie sei in Ehren sehr alt geworden, aber sie würde sich künftig nur noch quälen. Ich musste sie einschläfern lassen – das einzige meiner Tiere, das mit mir in meine jetzige Wohnung umgezogen war und sich als Einzelvogel nach dem Ableben ihres ohnehin nicht sonderlich geliebten Partners offenbar durchaus nicht unwohl gefühlt hatte – sie lebte förmlich auf.

Ich habe offenbar wirklich ein Händchen dafür, immer irgendwelche Neurotiker ins Haus zu holen – zumindest bei Tieren. Anscheinend aber auch bei Pflanzen …

Denn als ich vorhin den Wetterbericht sah, nahm ich mit Schrecken wahr, dass es wieder richtig kalt werden solle! Und das Margeritenstämmchen, dem ich ohnehin schon täglich gut zurede, stand draußen auf dem Balkon! Und das nicht mehr allein, denn es hatten sich sieben weitere Pflanzen hinzugesellt: fünf Geranien und zwei Fuchsien! Rasch googelte ich, inwieweit diese Gesellen winterhart seien, fand jedoch recht widersprüchliche Aussagen. Man riet unter anderem, die empfindlichen Wesen mit Blisterfolie abzudecken. Klar – habe ich immer laufenden Meters im Hause …

Besorgt starrte ich die pflanzliche Gesellschaft an, und sofort ließ das Margeritenstämmchen, das zuvor noch so hemdsärmelig ausgesehen hatte, die Ohren hängen …

Nun stehen sie alle in der Wohnung. Sieben in der Küche, das Margeritenstämmchen im Wohnzimmer. Es reckt fröhlich sämtliche Zweige in alle Richtungen, und soeben sehe ich, dass eine Knospe erblüht ist, die vorhin auf dem Balkon noch geschlossen war! Ha! Gesiegt! Ich habe mich durchgesetzt! Ich bin in der Wohnung – sie hat mich hereingeholt! So zumindest sieht aus, was die Margerite derzeit darstellt – aufgeblüht.

Was habe ich mir da nur wieder ins Haus geholt! Und das derzeit im doppelten Sinne … Erpresser, wie es aussieht. Und Dominanz in Reinform … 😉

„Aber nicht von einem metallenen Löffel!“

Letzte Woche musste ich mal wieder zu meinem Orthopäden, bei dem ich seit Jahren Patientin bin. Eher unregelmäßig, aber zuverlässig.

Mein erster Besuch in dieser Praxis trug sich anno 2006 zu, und dies im Zuge des sogenannten Sommermärchens. Genauer: der Fußball-WM 2006, die bekanntermaßen hier in Deutschland stattfand. Umstritten, wie es dazu kam, aber darum geht es hier nicht. Und: Nein, ich hatte nicht mitgespielt. Ich war nur auf sandigem Untergrund massiv umgeknickt, als wir damals in Düsseldorf direkt am Rhein ein Spiel unter freiem Himmel ansahen, auch als „Public Viewing“ bezeichnet, wenngleich jeder, der die englische Sprache genauer kennt, ganz andere Assoziationen bei dieser Bezeichnung hat, was aber inzwischen hinlänglich bekannt ist.

Ich hatte nur zur Toilette gewollt, knickte aber – meine Fußknöchel sind keine meiner Stärken, waren das auch noch nie – im rechten Knöchel um, der durch einen vor vielen Jahren stattgehabten Unfall noch schwächer ist als sein schon per naturam nicht ganz so kräftiger linker Kollege. Ich knickte derart heftig um, dass ich mich nicht mehr abfangen konnte und auf beiden Knien landete. Das war aber nicht das Schlimmste, zumal die Verletzung nicht lebensbedrohlich war. Und ich bin ja auch nicht aus Porzellan. 😉

An jenem Abend bewegte ich mich nur noch humpelnd fort, verlor aber die gute Laune nicht, und als mein damaliger Freund und ich in seiner Wohnung ankamen, gab es gleich einen kalten Umschlag auf den geschwollenen Knöchel.

Als ich anderntags früh aufwachte – wir mussten ja zur Arbeit -, traf mich fast der Schlag, als ich meinen Knöchel erstmalig sah, und instinktiv schloss ich gleich meine Augen und ließ mich zurück in die Kissen sinken, denn mir war ganz flau geworden bei dem Anblick. Es brauchte etwa fünf Minuten, bis ich bereit war, dem Elend erneut ins Auge zu blicken: Mein Knöchel etwa zweieinhalbmal so dick wie normal – und rabenschwarz! Als wäre das Gewebe bereits abgestorben! Ich schluckte heftig, als ich das Grauen sah, zwang mich jedoch, weiter hinzusehen. Und ich stand sogar auf, wenn ich mich jedoch eher hüpfend fortbewegte, als ich mich Richtung Bad aufmachte, mich dann anzog und wir beide zur Arbeit fuhren, wo ich auch durch eine eher originelle Fortbewegungsart auffiel.

Mein damaliger Chef schimpfte mich aus, als er erfuhr, was Anlass dazu sei. Er verstand nicht, warum ich überhaupt zur Arbeit gekommen sei – das sei nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Und so machte ich einen Termin beim Orthopäden, zu dem eine Teilzeit-Kollegin mich dann fuhr, da die Praxis eh an ihrem Heimweg lag. Und danach hatte ich nicht nur die Auskunft, dass ich einen heftigen Bluterguss im Gelenk hätte – daher die ungesunde schwarze Verfärbung -, sondern erst einen Zinkleimverband, dann eine Aircast-Schiene und die Gewissheit, dass eine Bänderdehnung, wie ich sie erlitten hatte, weit unangenehmer sei als ein glatter Bänderriss. Und es stimmt: Jedes Mal, wenn sich das Wetter von sonnig zu regnerisch und feucht ändert, ziept es in meinem rechten Fußgelenk … 😉

Diesmal aber war ich wegen Schultern und Armen da. Wegen dieser Sache, die mir letztes Jahr Physiotherapie bescherte. Ich war eines Morgens aufgewacht, und es dauerte fünf Minuten, bis ich mich dem Bett enthoben hatte. Heben ist überhaupt ein tolles Stichwort! Denn ich konnte meine Arme nur bis maximal Schulterhöhe heben, und selbst das nur unter Schmerzen. Alles, was darüber hinausging, bereitete mir Sorge angesichts der Tatsache, dass ja manchmal Leute einen quer von der Seite anreden. Ich hatte Schmerzen, dass ich in solchem Falle sicherlich das Bedürfnis verspürt hätte, dem Verursacher eins auf die Zwölf zu geben …

Allerdings belief es sich nur auf das Bedürfnis. Zum einen weiß ich mich sehr wohl mit Worten zu wehren. Zum anderen hätte ich meine Arme gar nicht so bewegen und heben können, wie es für Schläge auf die Zwölf vonnöten wäre. 😉 Ja, ich hatte sogar Mühe, meine Jacke anzuziehen, denn ich stellte fest, dass nicht nur das Heben der Arme problematisch sei, sondern eigentlich die meisten Bewegungen, die mit Torsion und Rotation zu tun haben, auch die, die man machen muss, will man sich eine Jacke anziehen. Und auch das Autofahren machte richtig Spaß! 😉

Nachdem ich zwei Nächte so gut wie gar nicht geschlafen hatte, stürmte ich die Orthopädenpraxis.

Dort bekam ich zwei Spritzen mit einem Muskelrelaxans in den Nacken-Schulterbereich. Und man verschrieb mir ein Schmerzmittel, das laut Arzt etwas besser vertragen würde als die Genossen Ibuprofen, Diclofenac und Novalgin. Alles Gestalten, die ich aufgrund ihres Wirkstoffes nicht vertrage, und das in einem Maße, dass mir sogar die Schmerzen, die sie bekämpfen sollen, attraktiver erscheinen.

Kaum aus der Praxis heraus, googelte ich das etwas besser verträgliche Schmerzmittel. Surprise, surprise! Es enthält exakt den Wirkstoff, den ich auch bei seinen „Geschwistern“ nicht vertrage … Was dachte sich dieser Arzt? Niemand hat gern jemanden um sich, der in hohem Bogen speit, lieber Dr. H.! 😉

Aber irgendwie müssen ja diese Schmerzen beseitigt werden – dass ich wohl an dem leide, was sich Impingement-Syndrom nennt, hatte mir der Arzt einmal mehr gesagt. Und er drohte mit einer OP, wenn die Symptome nicht nachließen. Ich war eindeutig verzweifelt, zumindest in der Nähe dieses Zustandes. 😉

Ein guter Freund gab mir dann einen Tipp: „Probier es mit Luffa!“ – „Wie – Luffa? Meinst Du diesen komischen Kürbisschwamm, den manche unter der Dusche benutzen?“ – „Ja, das ist das mechanisch wirksame Produkt. Ich meinte aber die entsprechenden Tropfen.“ – „Wie – davon gibt es Tropfen? Das klingt irgendwie nach Hokuspokus. Und das soll helfen?“ – „Mir hat es geholfen. Ich habe auch nicht daran geglaubt, aber es hat geholfen. Und meinem Schwager auch. Der ist Chirurg und steht nicht so auf Homöopathie. Zumindest dann nicht, wenn das Ganze so sektiererisch gepriesen wird und die Fundamentalisten unter den Homöopathen glauben machen wollen, dass man damit – und damit allein – alles heilen könne.“

Mein guter Freund ist ein bodenständiger Ingenieur und steht im Grunde nur auf messbare Ergebnisse, räumt aber auch dem Placebo-Effekt Wirksamkeit ein. Wenn ihm das geholfen hatte und dem ebenfalls zweifelnden Chirurgen-Schwager auch, so überlegte ich, sollte ich dem Ganzen zumindest eine Chance geben.

Und im Zuge meines Einkaufs in einem großen Einkaufsmarkt am gestrigen Abend betrat ich die ebenfalls dort befindliche Apotheke und verlangte auf Anfrage dann: „Luffa – Synergon Nr. 70“.

Der junge Apotheker sah mich an, als wäre ich eine fundamentalistische Impfgegnerin. Dann checkte er, ob das Präparat vorrätig sei und beschied mir, das müsse er bestellen. „Ist das okay?“ – „Ja, klar – bestellen Sie, ich hole es ab, wenn es da ist,“, rief ich fröhlich, mir die linke Schulter massierend, die gerade besonders fies schmerzte.

„Ich muss Sie allerdings darauf aufmerksam machen, dass es sich um ein homöopathisches Präparat handelt.“ So der Apotheker. Ich gab fröhlich zurück: „Ja, das ist mir bekannt.“ – „Wenn Sie meinen – ich habe ja so meine Zweifel …“

Ich brach in lautes Gelächter aus und sagte: „Keine Sorge, das weiß ich. Und Sie haben hier beileibe auch keine fundamentalistische Homöopathieverfechterin vor sich, sondern einen Menschen mit Humor. Aber einen Versuch ist es doch wert. Oder nicht?“ Und ich berichtete von den beiden höchst weltlichen und naturwissenschaftlich tätigen Menschen, die mir den Tipp gegeben hätten. Beide weder Esoteriker, noch Anthroposophen, sondern total bodenständig. Ansonsten stünde ich doch gar nicht mit dem Bedürfnis in dieser Apotheke! 😉

Da lachte der Apotheker auch beruhigt auf und meinte: „Ich bestelle es sofort!“

Heute habe ich das Wundergebräu abgeholt. Die Dame, die mich heute bediente, war sehr aufgeschlossen, als ich bezahlte, und sie meinte: „Benutzen Sie zur Einnahme aber immer einen Löffel aus Horn!“ – „Wie bitte?“ – „Benutzen Sie keineswegs einen Löffel aus Metall! Es wirkt sonst nicht!“ – „Ich habe keine hörnernen Löffel. Und auch keine Kaviarlöffel aus Schildpatt. Liegt wohl daran, dass ich mir echten Kaviar nicht leisten kann. Und ich frage mich auch gerade, warum ein metallener Löffel die Wirkung des Mittels verhindern solle.“ – „Es ist so,“, bekam ich zur Antwort.

Und da konnte ich mir nicht verkneifen, zu fragen, ob ich denn vor Einnahme noch rasch frisch geraspelte Hufspäne jungfräulicher Ziegen bei Neumond an der Nordseite meines Hauses vergraben, wobei ich dreimal gegen den Uhrzeigersinn um die eigene Achse rotieren und dazu: „Alle guten Geister loben Gott!“ deklamieren müsse. Alles Dinge, die mir extrem fernliegen. 😉

Ich erschrak selbst über mich, aber es hatte mich mitsamt meiner losen Zunge einfach überkommen. Und ich befürchte, ich sollte mich in dieser Apotheke in der nächsten Zeit nicht blicken lassen, denn die Dame reagierte so wie das, was ich heute in der verzweifelten Hoffnung auf Schmerzabschaltung allen Ernstes kaufte, auf metallene Löffel reagieren würde: unverträglich. 😉

Morgen früh nehme ich fünf Tropfen. Von einem Eierlöffel aus Kunststoff. Und wenn es hilft: prima. Völlig wurscht, ob es sich dabei um den Placebo-Effekt handelt. 😉

Sollte ich mir dann doch wieder einmal …

… einen Hund zulegen, wird es sich um eine ganz bestimmte Rasse handeln.

Ja, ich bin ein Fan mancher großen Hunderasse. Aber auch ein Fan von Dackeln. Doch es ist weder ein Dackel, noch eine hochgewachsene Rasse, die auf meiner Wunschliste ganz oben steht …

Als ich heute am späten Nachmittag, kurz vor Feierabend, aus dem Bürofenster blickte, sah ich einmal mehr ein „Gespann“, bestehend aus einem Hund und seinem Halter bzw. seiner Halterin. Halter/Halterin ist ganz richtig, denn immerhin halten sie das obere Ende der Leine, an deren unterem der Hund befestigt ist. 😉 Und da jenseits des Bürofensters eine große Wiese mit einem Weg mitten hindurch gelegen ist, sieht man öfter – manchmal sogar mehrmals täglich dieselben – „Gespanne“ aus Hunden und Haltern.

Kurz vor Feierabend – ich telefonierte gerade – schweifte mein Blick erneut gen Westen aus dem Fenster. Und da sah ich diese Hundehalterin, die ich nicht ganz so oft sehe wie den Herrn mit den drei Windhunden, einem Greyhound, einem Whippet und einem Italienischen Windspiel, die bis vor einigen Tagen noch Hundemäntel umgeschnallt hatten, weil sie nicht nur höchstselbst dünn sind, sondern auch ihr Fell diese Charaktereigenschaft innehat – keine Unterwolle, denn damit rennt es sich nicht so schnell. 😉  Diese Hundehalterin geht wohl nicht immer diese Hunderunde, sondern bisweilen auch andere Wege mit ihrem Hund.

Ein kleinerer Hund ist es. Einer, der mir bis zur Mitte des Unterschenkels reicht. Ein Terrier. Genauer: ein Foxterrier. Aber kein Drahthaar-, sondern ein Glatthaar-Fox. Ich sah den aufmerksam, überaus eifrig dahintrippelnden kleinen Foxterrier, und mein Herz ging auf. 😊

Erinnerungen kamen zurück, denn ein solcher Glatthaar-Fox hat mich diverse Jahre meines Lebens begleitet. Nicht mein Hund, leider, aber der meiner langjährigen besten Schulfreundin Bea – was fast genauso gut war -, bei der ich längere Zeit ein- und ausging, als gehörte ich zur Familie. Ich war in der Tat so etwas wie ein Familienmitglied, nicht zuletzt anerkannt von Queenie, einem der (mir) liebsten Hunde, die ich je kennengelernt habe. 😊

Ich lernte die kleine Queenie kennen, als sie gerade 12 Wochen alt war. Ihr Name war irgendwie kitschig, aber sie entstammte einem Q-Wurf, einem Wurf von Welpen, deren Namen alle mit Q begannen, und so hießen ihre kleinen Geschwister Quarta, Quinta, Quintus und Quirin. So ein Q-Wurf ist namenstechnisch wirklich undankbar, und was sie, die Kleinste aus dem Wurf, anbelangte, fiel dem Züchter nur noch Queenie ein. Wie gut, dass es nur fünf Welpen waren – weiß der Henker, was sonst noch dabei herausgekommen wäre! 😉

Queenie war nicht nur die Kleinste des Wurfs, nein. Sie wurde auch noch erheblich günstiger verkauft als ihre makellosen Geschwisterchen, da sie – wie der Züchter wohl sagte – zur Zucht nicht tauge, denn sie hatte ein Merkmal, das bei Züchtern wohl ein Zeichen dafür ist, einen solchen Welpen als „Ausschuss“ zu verkaufen: Im Gegensatz zu den strengen Rassevorgaben war nur eines ihrer Öhrchen rassetypisch abgeknickt – man nennt das Knopfohr -, während das andere permanent in die Höhe stand. Ich fand das besonders reizend, weil – so fand ich und hatte auch noch recht – charaktervoll, aber ich mag ja auch Ecken und Kanten. 😉

Queenie sollte, so Beas Familie, ihren Züchternamen weiter tragen, und sie trug ihn auch zu Recht: eine kleine Königin war sie. Ein auffallend intelligentes Tier, charmant dazu und hilfsbereit. Als sie schon ausgewachsen war, kamen Bea und ich auf die Idee, sie mal zu testen. Ich sollte vermeintlich kollabieren und regungslos liegenbleiben. Wir wollten sehen, wie Queenie reagierte.

Sie reagierte unverzüglich! Sie kam sofort angerannt, stupste mich mit der Nase an, wieder und wieder, leckte mir, wohl in der Absicht, mich zu „reanimieren“, wiederholt über die Hände, zwickte mich gar in die Hand, als nichts half. Und als ich trotz aller Rettungsversuche nicht reagierte, fing sie sofort laut und alarmierend zu bellen an, rannte zu Bea, rannte zu Beas Mutter, rannte zu Beas Bruder, der im Garten saß: „Hilfe! Kann denn nicht jemand helfen? Schnell! Es ist etwas Furchtbares passiert!“

Bea und ich mussten ob ihres rührenden Eifers lachen. Doch Queenie, voller Sorge, war gerade zurückgekommen und bekam mit, dass ich keineswegs in Not war. Da baute sie sich vor mir auf und bellte mich empört und vorwurfsvoll an! Zu Recht. Es war gemein gewesen, dieses so freundliche und hilfsbereite Tier zu verarschen, und so meinte ich: „Ach, Queenie, komm mal her!“ Aber sie zog es vor, mich zunächst noch vorwurfsvoll anzukläffen, empört zu schnaufen, und dann ging sie erst einmal weg. Richtig so! Ich nahm es ihr keineswegs übel, sondern schämte mich ein wenig. Was war uns nur in den Sinn gekommen? Auch Bea meinte: „O je! Ich glaube, die ist sauer!“ – „Zu Recht! Das mache ich nie wieder! Ich hoffe, sie vergisst es wieder!“

Sie vergaß sicherlich nicht, war aber so großmütig, dass sie zu uns zurückkam. (Vielleicht war ihr klar, dass wir blöde, pubertierende Gören waren … 😉 ) Und da meinte ich: „Komm mal her, Süße! Es tut mir leid – das war gemein!“ Und da kam sie an, leckte mir über die Nase und ließ sich knuddeln. Alles war wieder gut, das aber nur dank Queenies großzügiger und nachsichtiger Art. 😊

Einmal waren Bea und ich mit ihr am Lippedamm spazieren. Sie trippelte zunächst wie ein aufgezogenes Spielzeug vor uns her, hatte rechts, links, vor und hinter uns alles im Blick, und jenseits der Straßen und schon auf dem Lippedamm ließen wir sie von der Leine. Gleich preschte sie los! Aber sie kam immer wieder zurück, um zu sehen, wo wir lahmen Trinen denn blieben. 😉 Die „lahmen Trinen“, mitten in der Pubertät, hatten einiges zu beratschen, zumal abends Beas Bruder eine Party veranstaltete, derentwegen ich auch bei Bea übernachten sollte … Wir waren komplett abgelenkt, und ein großer Teil unserer wichtigen Unterhaltung handelte von… Jungs! 😉

Da machte es plötzlich Platsch! Und wir blickten auf und sahen einen kleinen, braunweißen Hund vom Ufer der Lippe weggetrieben werden! Und laut schrien wir: „Queenie! QUEENIE!“

Das war kein Spaß, denn der Fluss verfügt just an dieser Stelle über eine starke Strömung. Und Queenie war klein!

Und schon rannten wir ohne Rücksicht auf Verluste zum Flussufer hinunter, laut „QUEENIIIIIEEEE!“ schreiend. Nicht auszudenken, würde sie verlorengehen! Und wer wusste, wo sie herauskommen würde … Bea und ich sprangen am Ufer auf und ab, zwei pubertierende Mädels, die mit schrillen, annähernd überschnappenden Stimmen des Hundes Namen schrien. Ich schrie: „QUEENIE! HIERHER! SCHWIMM! DU SCHAFFST DAS!“ Bea schrie: „QUEENIE! BEI FUSS!“

Die kleine Terrierhündin legte sich ins Zeug, paddelte, was das Zeug hielt, wurde zunächst weiter in die Mitte des Flusses gezogen. Ich schrie so laut, dass ich hinterher heiser war, während Bea in Tränen ausbrach. Ich schrie sie auch gleich an, denn ich war in Übung: „Nicht! Wir müssen sie anfeuern! Sonst schafft sie das nicht!“ Und wir schrien, als stünden wir in Flammen! 😉

Und in der Tat: Anfeuern hilft. Queenie paddelte gleich viel kräftiger, und sie schaffte es bis in die Nähe des Ufers. Bea schmiss sich auf den Bauch und robbte bis an den Uferrand vor. Da ihre Haltung wenig stabil war, schmiss ich mich als Gegengewicht auf sie, und gemeinsam schafften wir es, den kleinen „Seehund“ aus dem Wasser zu bergen, als er sich besonders ins Zeug legte und nahe genug ans Ufer paddelte. Bea packte die Kleine am Geschirr, und zunächst verharrten wir in der Stellung, bis alles stabilisiert war. Ich nahm Bea den Griff ins Geschirr ab und zerrte Queenie an Land. Dann half ich Bea auf, und wir fielen einander in die Arme, während die kleine Queenie zunächst hechelte, als würde sie dafür bezahlt, wobei ihre Zunge fast bis zum Boden reichte, uns, einigermaßen erholt, dann nassschüttelte und uns zum guten Schluss die Hände leckte. Die Kleine hatte genau verstanden, dass es hart auf hart gewesen war. Wir auch. Wir gingen kleinlaut nach Hause zurück, während der Hund schon wieder fröhlich war.

Danach war das kleine Tier auch mir gegenüber noch anhänglicher. Jedes Mal, wenn ich zu Besuch kam und an der Tür des Zweifamilienhauses klingelte, hörte ich aus dem Inneren schon das für jedwede Art von Terriern typische Gebell. Dann wurde die Außentür per Türöffner geöffnet, und ich trat ein, während die Tür zur Wohnung im Parterre aufging. Stets stürmte ein kleines, braunweißes Wesen freudig bellend hervor und sprang vor mir so hoch, dass wir auf Augenhöhe waren, ganz so, als hätte es Sprungfedern unter den Sohlen. 😊 Und die Begrüßungszeremonie verlangte, dass ich es dann in meinen Armen auffing und knuddelte, während es begeisterte Laute von sich gab und mir über die Nase leckte. Das normale Begrüßungsprozedere und einfach nur rührend. 😊

Dann ging Beas und meine Freundschaft zwar nicht auseinander, ruhte allerdings einige Zeit. Erst, als wir zusammen Abi machten, waren wir wieder im gewohnten Kontakt, wenn auch nur in der Schule. Und als ich schon zwei Monate lang in Aachen studierte, ein echtes Erstsemester, war ich nach einigen Jahren erstmalig wieder in ihrem Elternhaus. Bea hat Mitte Dezember Geburtstag, und sie hatte mich eingeladen, mit ihr und einer anderen Mitschülerin einen netten Nachmittag zum Teetrinken und Quatschen zu verbringen.

Ich klingelte an der Außentür. Von innen ertönte lautes und schrilles Terriergebell. Der Türöffner summte, und ich drückte die Tür auf, betrat den Hausflur. Die Innentür öffnete sich, und ein braunweißes Tier schoss auf mich zu, laut bellend und eindeutig fremdelnd. Ich durfte die Wohnung betreten, und ich sprach auf das Tier ein, das jedoch weiterhin laut bellte.

Beas Mutter war in der Küche, und ich wollte sie begrüßen, zumal wir einander lange nicht gesehen hatten. Sie freute sich, und wir unterhielten uns, während die kleine Queenie misstrauisch dabei saß und mich argwöhnisch betrachtete. Einmal fing sie erneut an, mich anzubellen, und da meinte Beas Mutter: „Aber Queenie! Das ist doch Ali! Die kennst du doch! Deine Ali! Die kannst du doch nicht so anbellen!“ Ich lachte und meinte: „Ich war so lange nicht hier – vollkommen richtig, dass ich ausgeschimpft werde!“ Beas Mutter lachte und meinte: „Aber kein Grund, das nicht zu ändern.“

Und dann saßen wir zu dritt in Beas Zimmer, tranken Tee und tratschten. Ich hatte Beas anderen Hund, die kleine Ira, auf dem Schoß, da das Tier mich offenbar mochte. Und wir lachten und tauschten Erinnerungen aus, als plötzlich die Tür hinter mir, nur angelehnt, vorsichtig aufgeschoben wurde und sich jemand kleinlaut an mich heranschlich, sich dann zwischen meinen Arm und meinen Oberkörper schob und mich schelmisch von der Seite von unten herauf anblickte: Queenie. Ich grinste und meinte: „Aha! Da erinnert sich offenbar jemand!“ Und schon wurde mir über die Nase geleckt! Und als Nächstes die kleine Ira von meinem Schoß verscheucht. Hier war jemand, der ältere Rechte hatte. 😉

Queenie habe ich nie vergessen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass es, falls ich mir irgendwann wieder einen Hund zulege, ein Glatthaar-Fox werden wird. Zumindest hat mich der kleine Kerl heute beim Blick aus dem Bürofenster so angenehm erinnert, wie er da so eifrig an der Leine dahertrippelte, die Augen überall. Er erinnerte mich doch sehr an die kleine Queenie, und das ist eindeutig eine sehr schöne Erinnerung. 😊