Ich liebe Tiere (abgesehen von Spinnen und Insekten, denen ich jedoch auch nichts Schlimmes wünsche), und zu meinen Lieblingstieren zählen auch Pferde. Früher bin ich geritten, habe – ich Feigling! – aber nach einem sehr heftigen Sturz beim Springen damit aufgehört. Das war ein einschneidendes Erlebnis, und danach habe ich viele Jahre gar nicht auf einem Pferd gesessen. Erst lange danach wieder, aber regulär habe ich nie wieder mit dem Reiten begonnen, obwohl ich – auch jetzt noch – immer wieder überlegte, ob ich nicht doch vielleicht wieder anfangen solle.
Ich bin am liebsten Dressur oder im Gelände geritten. Allerdings nur dann, wenn es um nichts ging. Ich bin nicht der Turniertyp. Wenn alles mit fairen Dingen zugeht und die Tiere gut gehalten werden, habe ich nichts gegen gelegentliches „Kräftemessen“. Ich selber musste das aber nie haben. Ich war gern mit Pferden zusammen, ich ritt gern, aber nie für einen Preis.
Es muss für mich immer fair und mit rechten Dingen zugehen. Keine zweifelhaften Trainingsmethoden, kein allzu ehrgeiziger Druck, keine falschen Voraussetzungen. Ich war, als ich noch ritt, wohl eher der Typ Freizeitreiter. Ich kenne jedoch einige Turnierreiter, die unter guten Bedingungen Turniere reiten – dagegen habe ich rein gar nichts.
Was ich noch nie mochte, sind Pferderennen, das kann ich wohl mit Fug und Recht sagen. Ich würde auch nie auf Pferde wetten. Zum einen, weil ich eine absolute Wettversagerin bin, zum anderen und wichtiger, weil ich es abstoßend finde. Da werden Pferde, Vollblüter, in halsbrecherischem Tempo über eine Rennbahn gehetzt, die teils unter extrem fragwürdigen Konditionen gehalten und trainiert werden. Nicht in allen Rennställen, aber in viel zu vielen. Und auf der Zielgeraden bekommen sie dann auch noch den Arsch versohlt von Reitern, die nicht ans oberste Regalbrett im Supermarkt reichen.
Irgendwie ist es mir schon zuwider, dass Tiere, die nicht selbst entscheiden können, für das finanzielle Wohl von Menschen rennen oder sonst etwas tun müssen, das sie vielleicht selber ganz anders oder gar nicht machen würden.
Mich stößt sehr vieles am Renn“sport“ ab. Eingefleischte Fans dieses fragwürdigen Geschehens sprechen wieder und wieder von den „edlen Vollblütern“. Ja, das sind sie, diese Pferde – in der Tat edel, wunderschön und sehr sensibel. Ich hatte in meiner aktiven Zeit selber das Vergnügen, drei Vollblüter zu reiten. Oder zumindest auf ihnen zu sitzen … 😉 Obwohl es gar nicht so schlecht lief.
Diese drei Wallache waren nicht im Rennsport tätig, sondern der Stolz meines damaligen Reitlehrers, seine eigenen Pferde, und ich war stolz, dass man sie mir anvertraute.
Aladin war ein Schimmel und recht eitel. Reiterfehler zeigte er sofort und zuverlässig an, und ich kann mich an eine Stunde erinnern, in der ich zweimal unfreiwilligen Bodenkontakt hatte. 😉 Danach wusste ich, wie der Hase lief. Bariton – man beachte den Namen, denn das Pferd konnte gar nicht singen – war ein Fuchs und ein etwas hibbeliger und guckiger Geselle. Selbst wenn das Kommando Halt! hieß und man vorschriftsmäßig zum Halt parierte, trippelte und tänzelte er herum, blickte hier- und dorthin, erschrak bisweilen vor dem Schweif des Vorderpferdes, und wir beide waren sicherlich nicht die beste Kombination, da ich durch sein Gehibbel auch immer nervöser wurde. 😉 Bonito hingegen, ein brauner Wallach, war ein Traum für mich. Er war der Coolste der drei. Man spürte zwar, dass auch er recht „nervig“ war, und auch er zeigte sofort, wenn etwas nicht stimmte, aber er tat es auf eine eher abgeklärte Art. Auch so begriff man. Er war der Gentleman des Trios, bestehend aus einem „Playboy“, einem „Huch, ist das ein Monster oder doch nur der Schweif meines Vordermannes?“-Typ und eben ihm, dem Coolen, Abgeklärten. 😉
Alle drei hatten eines aber nie: einen panischen Blick. Gut, Bariton war sicherlich besonders sensibel, aber ich habe nie echte Angst bei ihm gesehen. Er erschrak schneller als die beiden anderen, aber das ging schnell vorüber. Eigentlich stand mir dieses Pferd wesenstechnisch sogar am nächsten, da auch ich sehr schreckhaft bin. Aber das geht immer schnell vorüber. 😉
Möglich, dass die drei Vollblüter meiner aktiven Zeit jedoch auch deshalb so ausgeglichen waren, weil man sie nicht – anders als Rennpferde – bereits mit einem Jahr versteigert und mit eineinhalb Jahren antrainiert hatte. Wahrscheinlich haben sie einfach Glück gehabt, dass sie fürs Rennen zu langsam waren.
Denn Rennpferde werden im zarten Alter von einem Jahr bereits versteigert und dann nicht selten mit eineinhalb Jahren schon fürs Rennen trainiert. Denn Vollblüter – so die allgemeine Aussage bei Rennpferdebesitzern, Trainern, Jockeys und Zuschauer-Fans – seien ja „frühreifer“ als Warmblüter. Das ist natürlich ein tolles Argument, nicht wahr, wenn man quasi Kinder schon zu Hochleistungssportlern trainiert. Auch Vollblüter sind mit einem, eineinhalb und auch zwei Jahren – da bestreiten nicht wenige ihre ersten Rennen – noch nicht ausgewachsen, und Knochen, Sehnen und der gesamte Bewegungsapparat sind noch nicht ausgereift. Und es gibt Rennställe, da stehen die armen Kerle 23 Stunden in einer Box und werden nur eine Stunde zum Training herausgeholt. Weidegang? Kommunikation mit anderen Pferden? Was ist das? Die Verletzungsgefahr beim Investitions“material“ ist viel zu groß! Gewiss sind nicht alle Rennställe so, aber zu viele.
Ich habe mir heute eine Doku zum Thema angesehen. Aufs Frühstück habe ich danach verzichtet. Ich habe Pferderennen noch nie gemocht, wusste auch, dass es immer wieder vorkommt, dass Pferde ein Rennen nicht überleben. Das Wissen darum ist schlimm genug, es aber vorgeführt zu bekommen, ist noch eine andere Hausnummer.
Ich sah heute sehr unschöne Bilder, die meine Meinung zu Pferderennen noch verstärkten: Mehrere Pferde, die stürzten, sich wieder hochrappelten, auf allen Vieren auftreten wollten und mit einem Bein ins Leere traten, denn der jeweilige Huf trug nichts mehr, baumelte lose und, nur noch von Haut und Fell gehalten, in der Gegend herum. Durchbruch – das Todesurteil. Zumindest in diesem Genre. Ich sah offene Brüche. Ich sah ein Pferd, das in merkwürdig steifem, schlenkerndem Gang bis an den Rand der Bahn schlingerte wie ein Schiff in Seenot und dort zusammenbrach. Aortenabriss, so hieß es. Klar, damit kann man nicht weiterlaufen – das sollte auch dem Dümmsten einleuchten. Und damit kann man auch nicht weiterleben. Erstaunlich schnell waren Menschen mit einer Plane zugegen, ebenso ein Mann mit einer Tasche, wohl der Bahnveterinär, während der Jockey fluchend vom zusammengebrochenen Tier sprang. Dann kam noch ein anderer Mann angerannt, wütend. Wohl der Besitzer des Tieres, das es – Frevel! – nicht geschafft hatte, eine Siegprämie zu errennen! Der einzige, kleine Trost für mich, der unwillkürlich Tränen übers Gesicht rannen, war eine junge Frau, die ebenfalls herbeigerannt kam und sichtlich weinte: Es war wohl die Pflegerin des Tieres, die es wirklich mochte.
Schäbige Bilder. Schäbige Interviews folgten. Da behaupteten einige, die Pferde würden aus Freude auf der Bahn so rennen. Panik im Führring wurde damit begründet, dass es „nun einmal Vollblüter“ seien. Ich dachte sofort an Bonito, den Abgeklärten. Auch er ein Vollblut. Aber nie die Panik in den Augen, die hier wiederholt zu sehen war.
Panischen Pferden wurde im Führring mit Lederzügeln wirklich mit Schmackes auf die Nüstern geschlagen – als ob dadurch etwas besser würde! Klar! Ein panisches Lebewesen ist auf einmal nicht mehr panisch, wenn es heftig geschlagen wird … Eine junge Arbeitsreiterin demonstrierte, wie ein „Zungenband“ funktioniere, mit denen man Pferden die Zunge festbinde …
Je länger ich dem scheußlichen Treiben zusah, desto mehr dachte ich: „Ist hier niemand, der mit Pferden als Lebewesen umgehen kann? Oder besser: will?“ Ich bin beileibe keine übermäßig beschlagene Pferdekennerin. Ich weiß, dass man bisweilen etwas handfester sein muss, wenn ein Pferd aufmüpfig wird und sich als Alphatier zeigen will. Aber das war es hier alles nicht. Hier sah ich angsterfüllte Tiere, die auch noch geschlagen wurden. Ein himmelweiter Unterschied. Niemand schien sich so recht für die Tiere zu interessieren, die man als „edle Vollblüter“ pries, denen man huldigen wolle …
Ich musste die Doku mehrfach unterbrechen, da alles an einem Stück nicht zu ertragen war. Selbstgefällige Menschen, die behaupteten, die Tiere täten das alles aus Spaß am Rennen. Desinteressierte Menschen, profitorientiert. Sicherlich erfreuen sich die Tiere auch daran, sich die Beine zu brechen, Sehnen oder gleich die Aorta abzureißen – das muss ein unglaublicher Spaß sein!
Ein Tierarzt, ehemaliger Rennbahntierarzt, kam zu Wort. Seine Aussagen bestätigten das, was ich gesehen hatte. Und dann wieder eine Szene, da ein Pferd sich ein Bein gebrochen hatte. Ein junges Mädchen am Rand der Bahn schluchzte publikumswirksam auf und rannte weg, als Helfer das arme Tier, das stieg, wobei der abgetrennte Huf in der Luft wie ein Lämmerschwanz hin- und herschwang, und wegrennen wollte auf seinen drei funktionstüchtigen Beinen, auch schon zu Boden rangen. Im Hintergrund sah man den Tierarzt und einen Wagen mit Pferdehänger nahen, und eilfertig wurde eine Spanische Wand rund um das sich noch immer wehrende und kämpfende Tier aufgestellt. Die Spanische Wand ist wichtig: Die armen Zuschauer sollen ja nicht zu sehr leiden …
Es heißt, Pferderennen sei als „Sport“art auf dem absteigenden Ast. Ich finde das gut.
Sorry, aber es brach heute aus mir heraus. Ich habe noch einige Diskussionen online verfolgt, zwischen Rennfans und – angesichts der furchtbaren Bilder – -gegnern. Die „Fans“ tobten, waren rein argumentativ aber nicht ganz satisfaktionsfähig …
Euch eine schöne Woche.