„’LOT‘? O Gott!“

Gestern Abend – ich lag gerade entspannt hingestreckt in meiner Eckbadewanne in lauwarmem Wasser, um mich ein wenig abzukühlen – rief meine Schwester an. Das Handy lag im Schlafzimmer, dessen Tür – ebenso wie die Badezimmertür gegenüber – offen stand. Ich hatte mich gerade so richtig schön in die Badewanne und unter Wasser gefläzt, als es klingelte.

Ich bin – ich muss es leider zugeben – zu den Leuten gehörig, die auch als Telefonjunkies bekannt sind. Menschen, die es ums Verrecken nicht klingeln lassen können und dann enttäuscht sind, wenn doch nur ein Meinungsforschungsinstitut am anderen Ende ist …  Gestern jedoch hob ich nicht einmal eine Augenbraue, sondern dachte nur: „Es ist mir völlig scheißegal, wer da gerade anruft. Ich bleibe hier liegen, bis ich Schwimmhäute zwischen Fingern und Zehen habe!“ 😉

So dachte ich geschätzt etwa vier Minuten und dreiunddreißig Sekunden. Denn da klingelte das Handy erneut. (Glücklicherweise meldet sich meine Mailbox relativ zügig, sodass das Klingeln recht schnell abriss …) Doch nein – nichts würde mich aus der Badewanne bringen, jedenfalls nicht, bevor ich selber heraussteigen wollte!

Klingeln Numero 3 etwa fünf Minuten später gab mir Gewissheit, dass es sich wohl unzweifelhaft um meine Schwester handeln musste, was ich bereits bei Numero 1 vermutet hatte, bei Numero 2 noch ein wenig mehr. (Meine Schwester ruft, geht man nicht sofort ans Telefon, in geringen Abständen immer wieder an, wenn es etwas Wichtiges gibt. Oder so.) Von mir nimmt sie offenbar ohnehin an, dass ich gelegentlich absichtlich nicht drangehe, wenn sie anruft, obwohl ich es bequem könnte. Zu Unrecht. Seitdem sie das glaubt, unterdrückt sie ihre Rufnummer (obwohl ich glaube, dass das in Wirklichkeit einen anderen Grund habe) und ist doch zuverlässig immer als sie identifizierbar, da sie der einzige meiner Kontakte ist, bei dem Private Number auf dem Display erscheint, wenn er anruft … 😉

Als es dann knapp 5 Minuten später erneut klingelte, dachte ich: „O je – vielleicht liegt ja etwas Drastisches an!“ Ich dachte sofort an meine Eltern – nicht, dass da etwas passiert war! Und schon schoss ich aus der Wanne, trocknete mich ab, zog meinen fuchsiafarbenen Bademantel an und wählte die Nummer meiner Schwester.

Niemand ging dran. Und so whatsappte ich meine Schwester an: „Jetzt bin ich extra aus der Badewanne gestiegen!“ Keine fünf Minuten später klingelte mein Handy – Stephie war dran. „Sorry, ich wollte dich nicht stören – aber ich habe hier gerade einen günstigen Flug von Düsseldorf nach Warschau gefunden! Wir sollten am besten buchen!“

Das dachte ich mir bereits seit Tagen. Hatte auch schon darauf hingewiesen. Aber ich hasse es, allzu hektisch zu agieren – und Flüge gibt es ja immer. Nur halt dann manchmal nicht mehr ganz so günstig …

Meine Schwester war auf einer Flugbuchungs-Plattform fündig geworden, und ich setzte mich rasch an meinen PC, um parallel zu ihr zu buchen und ein E-Ticket zu generieren. Aber mein PC machte mir – ich hatte Ähnliches schon befürchtet – einen Strich durch die Rechnung. Er ist, was das Wetter anbelangt, ein ähnliches Sensibelchen wie ich, nur erheblich konsequenter, denn: Er schaltet sich, wenn es ihm zu warm wird, einfach sang- und klanglos ab. (Gut – ich bin bei derartigem Wetter auch schon umgekippt, ich will nicht meckern … 😉 )

Ich sagte: „Stephie, du wirst für mich mitbuchen müssen – mein Rechner hat sich gerade verabschiedet.“ – „Kein Problem – dann verrechnen wir das während der Reise.“ Und schon stellte sie ein wunderbares Reisepaket zusammen. Der Flug – hin und rück – sollte pro Nase ca. 120,- € kosten. Auf wundersame Weise ergab dann das finale Ergebnis einen Pro-Nase-Preis von knapp 260,- € … Dabei hatte sie – mit mir abgestimmt – nur wenige diesen Endpreis durchaus nicht rechtfertigenden Zusatzleistungen mitaufgenommen. Im Kopf überschlug ich den Preis für die Zusätze, was Stephie wohl ihresgleichen tat, und wir kamen beide darauf, dass da etwas nicht stimmen könne. Sie versuchte es über eine andere Plattform, auf der es nicht besser war, und da meinte ich: „Ich halte, ehrlich gesagt, nicht so viel von diesen Plattformen. Warum nicht bei der Airline direkt buchen? Diese Plattformen wirken immer so bequem – und dann kommt so etwas heraus. Einen Versuch direkt bei der Fluggesellschaft ist es zumindest wert.“

Das fand meine Schwester gut, meinte dann aber: „Sag mal, das wollte ich dich ohnehin fragen: Die Airline heißt LOT! O Gott – ich muss da an das englische Wort für Schicksal denken, und es ist ein Billigflug! Hast du schon einmal davon gehört?“

Meine Schwester und ich fliegen – wie die meisten meiner Familienmitglieder – für unser Leben gern. Nur offenbar völlig unterschiedlich. Zumindest sind unsere Interessen sehr verschieden. Ich interessiere mich fürs Fliegen en gros und en détail, also auch für die Technik, ebenso wie für das Drumherum. Und so sagte mir auch LOT etwas, und ich meinte: „Das ist die bekannteste und größte polnische Airline. Kannst du dich noch an den Flugunfall von 2011 erinnern, als eine Boeing 767 auf dem internationalen Flughafen in Warschau eine Notlandung vollführen musste und auf dem Bauch landete, weil das Fahrwerk sich nicht ausfahren ließ? Das war eine LOT-Maschine!“ – „Aaah! Bist du wahnsinnig? Was erzählst du denn da?!“ – „Ja, aber das ist wahr! Und – um dich zu beruhigen: Niemand an Bord wurde verletzt – alles ging glimpflich aus, und das aufgrund des Könnens des LOT-Piloten!“ – „Ali! Ich habe manchmal den Eindruck, du machst das mit Absicht!“ – „Was denn genau?“ – „Solche Dinge erzählen und dann abwarten, wie das Gegenüber reagiert!“ – „Unsinn! Ich habe doch nur darauf hinweisen wollen, dass LOT gar nicht so unbekannt sei.“ – „Das machst du mit Absicht!“ – „Jetzt hör zu palavern auf! Buche lieber die Flüge.“

Und das tat meine Schwester. Sie gab nach erfolgter Eingabe sämtlicher notwendiger Informationen die Nummer ihrer Kreditkarte ein und klickte Weiter an. Alles schien gut … Doch plötzlich rief sie: „Hier steht: „Leider ist Ihre Kreditkarte offenbar noch nicht für das AbsolutelySecure-Verfahren registriert – die Buchung konnte nicht vorgenommen werden!“

So ein Mist – unsere Plätze E und F (Mitte und Fenster) in Reihe 13 (die einzige Reihe, die noch zur Gänze frei war – warum nur … 😉 ) würden sicherlich alsbald anderweitig vergeben sein … Und so meinte ich: „Pass auf, ich gebe dir meine Kreditkartennummer [denn mein PC war noch immer nicht bereit, seinen Dienst zu tun], und dann versuchst du es damit noch einmal.“ Jedoch fügte ich hinzu: „Ich habe allerdings den dumpfen Verdacht, dass es zum gleichen Ergebnis komme …“

Und so war es auch. Schräg – ich buche Flüge und anderes immer über meine Kreditkarte und nutze sie oft. Meine Schwester wohl ähnlich – bisher nie ein Problem …

Es ging dann so aus, dass Stephie meinte: „Ich rufe jetzt bei der Hotline an! Bleibst du dran? Ich hole nur eben das Festnetztelefon.“ (Wir telefonierten beide per Handy, zumal ich mir ohnehin ein neues Festnetz-Telefon kaufen muss und derzeit nur übers Handy erreichbar bin.)

Sie fand heraus, dass bei LOT in Düsseldorf aufgrund der Tatsache, dass Sonntag war, niemand erreichbar war, fand dann aber die Servicenummer der Hotline und meinte lachend: „Ich habe die Wahl zwischen Englisch und Polnisch – was soll ich nehmen?“ Ich riet ihr zu Polnisch, da wir das ja beide fließend sprechen … 😉

Gefühlte acht bis zehn Minuten hing sie in der Warteschleife und fragte mich mehrfach, ob ich nicht lieber anrufen wolle. Hätte ich gemacht, hätte mein Festnetz-Telefon sich nicht kürzlich in die Ewigen Jagdgründe verabschiedet. Mit dem Handy rufe ich so ungern bei Hotlines an – nur, wenn es sich gar nicht vermeiden lässt. Vielleicht bin ich da allzu skeptisch, denn so ein Callcenter kann ja überall auf der Welt … Lassen wir das.

Endlich meldete sich jemand, und meine Schwester parlierte los. Es endete nach insgesamt etwa einer Viertelstunde damit, dass wir nun beide Plätze auf der Maschine und auch die E-Tickets per Mail gesendet bekommen haben.

Als meine Schwester, der die Bestätigungen geschickt worden waren, die erste Mail öffnete, schrie sie: „O Gott! Das Callcenter ist in Toronto! Wie lange hat das Telefonat eigentlich gedauert?“ – „‘ne Viertelstunde vielleicht?“ – „Ach, du Schande – das wird sicher teuer!“ – „Ach, sicherlich nicht so teuer wie die Buchungen über die Buchungsplattform!“ – „Ja, danke! Was meinst du: Wie teuer mag das Gespräch gewesen sein?!?“ – „Steht irgendwie auf meine Stirn gemeißelt, dass ich Expertin für Auslands-Telefongebühren sei? Es wird sicherlich nicht so schlimm.“ [Ganz sicher war ich mir allerdings nicht … ] – „Du hättest ja auch mal …“ – „Ach! Ich habe derzeit nur mein Handy – was meinst du wohl, wie teuer das damit geworden wäre!“

Wenn man meint, man könne sparen, kommt sicherlich irgendein anderer fieser Aspekt dazwischen … 😉

Doch als ich die von meiner Schwester weitergeleiteten Mails mit den E-Tickets öffnete, sah ich etwas, das mir zwar vertraut ist, und doch enthielt es etwas, das ich nicht kannte: „Marketed by: LOT Polish Airlines – Operated by: Deep Blue Sea Airline.“

Mir ist das Dry-Lease wie Wet-Lease-Verfahren durchaus bekannt – passiert ja allenthalben, und keiner macht sich Gedanken. Nur: Deep Blue Sea kannte ich gar nicht … Aber man kann ja googeln …

Das tat ich auch. Und danach las ich noch einige Bewertungen zur Fluggesellschaft. Einer rumänischen Billigfluggesellschaft … Ich hätte es besser nicht getan … Die Bewertungen waren großenteils so geartet, dass selbst mir angst und bange wurde. Die Flotte besteht aus 29 Maschinen, der Altersdurchschnitt liegt bei 20,3 Jahren … Ich war nie gut in Mathe, aber mein erster Gedanke war: „29 Maschinen, und der Altersdurchschnitt liegt bei 20,3 Jahren! Wie alt mag die dienstälteste Maschine sein?“ Dann dachte ich: „Naja, sicherlich fliegt zum Frédéric-Chopin-Flughafen nicht die älteste Maschine …“

Stimmt. Tut sie nicht. Denn ich sah mir danach noch einmal die Flotte der LOT an – zwei Maschinen haben sie von Deep Blue Sea „wet-geleast“, ergo nicht nur die Maschine, sondern auch die Besatzung, die in fast allen Bewertungen als rude oder extremely rude bezeichnet wurde. Eine Boeing 737-800 aus dem Jahre 1997. Liegt nur knapp über dem Altersdurchschnitt, ist nicht die älteste Maschine … 😉

Das habe ich Stephie noch nicht erzählt – es erschien mir günstiger so. 😉 Sie machte sich noch Sorgen wegen LOT! Und das war keineswegs gerechtfertigt. 😉

Sollten wir bei An- oder Abflug abstürzen, so hoffe ich wenigstens, dass es über Polen passiere. Dann wären wir wenigstens bei den Ahnen … 😉

Nein – ich bin mir ziemlich sicher, dass beide Flüge prima funktionieren – zumindest bezüglich der Tatsache, dass wir sicher landen (obwohl ich Gruseliges in den ganzen Bewertungen las …), einmal in Polen, das zweite Mal in Deutschland. Vielleicht werden wir sogar positiv überrascht! 😉

Man muss immer positiv denken … 😉

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