Nostalgie im Urlaub …

Heute ist der erste Tag eines kurzen Urlaubs meiner Wenigkeit. Erst am kommenden Dienstag muss ich wieder im Büro sitzen und – wenn das Wetter sich nicht ändert – schwitzen. (Denn der interne Stellenwechsel von einem Südlagen-Büro ohne Klimatisierung in ein Westlagen-Büro ohne Klimatisierung hat sich zumindest in dieser klimatischen Hinsicht nicht als große Verbesserung erwiesen … 😉 )

Mein richtiger Jahresurlaub wird von Ende August bis Mitte September andauern, aber ein paar freie Tage zuvor waren zwingend notwendig. 😉

Ich schlief aus, herrlich! Dann duschte ich und machte mich fertig, denn um kurz nach 12 stand die Physio an. Irgendwie habe ich ein wenig gebummelt – die Straßenbahn, mit der ich fahren wollte, würde ich nicht mehr erwischen. Also mit dem Auto! Die Parkplatzsuche erwies sich als nicht ganz so einfach, und so stochte ich schließlich per pedes vom Aldi-Parkplatz in die Physio-Praxis, wo Doris, meine sehr sympathische Physiotherapeutin, mich gleich in Empfang nahm. Es wurde – wie bei jeder Behandlung – dann auch schnell sehr lustig, denn Doris und ich haben denselben Humor, und erst kürzlich kam ihr Kollege in den Behandlungsraum, nachdem wir wiederholt sehr laut und dreckig gelacht hatten, und er fragte: „Was geht denn hier ab?“ Doris sagte: „Wir haben einander gerade versaute Witze erzählt!“ Der Kollege zu mir: „Frau B.! So kenne ich Sie gar nicht!“ Darauf Doris: „Mach dir nichts draus, Tom! Hier haben sich zwei Seelenverwandte gefunden! Und jetzt geh bitte – du bist mitten in eine Pointe geplatzt!“

Nach der Physio eierte ich erschöpft zurück zu Aldi, kaufte dort noch ein und sauste dann in meinen Heimatstadtteil. Ich musste noch zur Packstation und zum Hermes-Paketshop. In der Packstation harrte meine neue Lieblings-Krimiserie meiner: Mord auf Shetland, im Original kurz: Shetland. Einmal gesehen – schon verliebt. Noch dazu als Schottland-Fan mit einer ausgeprägten Sympathie für Pferde und Ponys, und es kommt eine sehr bekannte und kleine, kurzbeinige Ponyrasse von dort, die unter dem Beinamen Dackel unter den Pferden geführt wird und als intelligenteste Rasse unter allen Pferden und Ponys gilt: das Shetland-Pony. Zu klein für mich zum Reiten, aber charmant und liebenswert. 😊 Und dann diese Landschaft! Sie hat etwas Verwunschenes an sich – und da bin ich ja sofort verloren! 😉 Am liebsten würde ich im September auf die Shetlands reisen, aber es steht schon ein anderes Reiseziel fest, welches ich zusammen mit meiner Schwester heim… – ääh – aufsuchen werde. 😉

Rasch hatte ich die Sendung aus der Packstation befreit, nachdem ich unrechtmäßig auf einem reservierten Parkplatz geparkt hatte. Es würde ja schnell gehen – der Hermes-Shop ist auch nicht weit entfernt. Aber nachdem ich in brüllender Hitze hingeeilt war, musste ich feststellen: Er war geschlossen. So ein Mist! Drinnen harrten zwei Tops meiner – die hatte ich bestellt, nachdem ich das englische Top aus China neulich aufgrund schlechten Geschäftsgebarens „für umme“ bekommen hatte. 😉

Zu Hause begab ich mich an das, was ich schon seit Wochen plane und zumindest partiell auch schon ausgeführt habe: das Ausmisten von Schränken und Kommoden. Bei der Hitze nicht sonderlich angenehm, aber ich wollte die Zeit nutzen.

Und da fand ich etwas wieder, in einer Kommode, das ich dort wohl in einer nostalgischen Anwandlung hingepackt hatte: einen Brief meiner langjährigen amerikanischen Brieffreundin Camelia. Ihren letzten. Und ich musste mich setzen und ihn lesen.

In der Prä-E-Mail-und-Internet-Ära gab es eine Organisation in Finnland, die in Brieffreundschaften machte. Wollte man eine Brieffreundin oder einen Brieffreund aus dem In- oder Ausland, füllte man ein Formular aus, sandte es an die Organisation, die in Turku beheimatet war, einer Stadt, die ich inzwischen auch persönlich kenne – sogar die Hauptwache der Polizei in der Eerikinkatu, was übersetzt soviel wie Erikstraße heißt -, und dann bekam man eine Adresse aus dem gewünschten Land, wofür 2,50 DM zu berappen waren.

Mein allererster Brieffreund hieß Jürgen und kam aus Vilshofen. Ein Bayer – sehr sympathisch. Da war ich 9 Jahre alt, und mir blieb nur ein deutscher Brieffreund bzw. eine deutsche Brieffreundin, da ich des Englischen noch nicht mächtig war. Ich hatte eigentlich eine Brieffreundin gewollt, und auch Jürgen aus Vilshofen war sicherlich nicht allzu begeistert über eine kleine Brieffreundin aus NRW. Aber – und das rechne ich ihm noch heute hoch an! – er schrieb mir eine Karte auf meinen kurzen Brief! Er hätte es nicht machen müssen, aber war so anständig (vermutlich steckten seine Eltern dahinter 😉 ), mir zumindest zu antworten.

Der erste Kontakt hatte nicht so gut geklappt, aber eines Tages bekam ich einen Luftpostbrief. Aus England. Eine Philippa schrieb mir! Aus Leeds! Ich freute mich, aber da war dieses babylonische Sprachproblem … 😉 Aber auch dies ließ sich lösen. Ich schrieb einen Brief auf Deutsch, und meine Mutter übersetzte ihn dann ins Englische. Und so ging das über eine gewisse Zeit hin und her, und unter Philippas Briefen stand stets: P.S.: Best regards to Kathrin. Das ist meine Mutter, die mir Philippas Briefe auch immer übersetzte. Ich stellte fest: Ich musste dringend Englisch lernen! 😉

Dann schrieb ich noch mit Camilla aus Jönköping, einer Schwedin, zwei Jahre älter, die mich auch eines Tages einfach angeschrieben hatte. Da aber immer diese Umleitung über meine Übersetzerin, ääh, Mutter notwendig war, war das Briefeschreiben stets etwas umständlicher. Und irgendwann schlief es dann auch ein. Es ist einfach viel schöner, wenn man selber in der Lage ist, sich hinzusetzen und zu schreiben – ohne Umwege.

Jahre später, irgendwann in der Mittelstufe, kam meine Freundin Gunni plötzlich mit dieser finnischen Organisation an, die ich fast vergessen hatte, und prompt steckte sie mich mit ihrem Eifer an. Ich war damals großer USA-Fan, und natürlich sollte es eine Brieffreundin aus den Staaten sein! Genau wie bei Gunni – die hatte bereits eine solche aus Atlantic City.

Meine erste USA-Brieffreundin hieß Teresa und kam aus Toledo in Ohio. Aber der Kontakt war nicht sehr ergiebig. Enttäuscht schrieb ich die zwei Mark fuffzig als Fehlinvestition ab. Aber zwei Wochen später bekam ich einen Luftpostbrief aus Chicago. Eine Camelia schrieb mir! Sie hatte wohl eine deutsche Brieffreundin gewollt und meine Adresse bekommen.

Der Brief war so nett, dass ich mich direkt hinsetzte und antwortete – Englisch beherrschte ich inzwischen sehr gut. 😉 Und das war der Beginn einer langjährigen und wunderbaren Brieffreundschaft …

Sie ging wirklich über Jahre – ich nahm Camelia sogar mit nach Aachen, als ich dort zu studieren begann. Sie studierte ihrerseits in Evanston, und unsere Briefe gingen hin und her. Sie wusste Dinge über mich, die Menschen, die ich täglich sah, nicht wussten, umgekehrt vertraute sie mir auch ihre Sorgen an oder erzählte mir von Dingen, die sie mir sicherlich nicht auf die Nase gebunden hätte, wären wir einander täglich begegnet. Einmal schickte sie mir ein Päckchen nach Aachen. Eine Kassette war darin: „This is music I like!“ Dazu hatte sie einige typisch amerikanische Dinge gepackt – unter anderem auch drei Riegel Butterfinger. Ein wunderschönes Päckchen, für das ich mich auf ähnliche Weise revanchierte. Zu meinem Geburtstag bekam ich seit Beginn unserer Brieffreundschaft immer riesige Glückwunschkarten, sie umgekehrt auch.

Und wir planten immer, einander zu treffen. Interessanterweise wusste keine von uns, wie die andere überhaupt aussah – wir hatten nie Fotos verschickt, aber wir verstanden einander auf diesem Wege hervorragend, und sie schrieb mir einmal: „Es ist erstaunlich, wie sehr man an jemandem hängen kann, den man noch nie gesehen hat! Du gehörst zu meinem Leben – und ich weiß nicht einmal, wie du aussiehst! Aber was die Briefe anbelangt, habe ich ganz oft den Eindruck, dass wir Schwestern sein könnten.“ Das empfand ich ähnlich – bis heute weiß ich nicht, warum wir keine Fotos verschickt haben. Das erstaunt mich bis heute.

Eines Tages schrieb sie mir ganz euphorisch, sie und ihr Freund hätten sich verlobt, und sie wollten auch bald heiraten. Ich freute mich riesig für sie – ich hatte gerade Megazoff mit meinem damaligen Freund -, und ich schrieb ihr einen langen Brief.

Auf diesen Brief habe ich von ihr nie eine Antwort bekommen. Es vergingen zwei Wochen, bis ich unruhig wurde. Wir schrieben einander wirklich dauernd, und nun kam nichts. Hatte ich etwas Falsches geschrieben?

Nach zwei weiteren Wochen ohne Lebenszeichen schrieb ich einen weiteren Brief. Auch auf diesen erhielt ich keine Antwort. Ich muss ehrlich gestehen, dass mich das beunruhigte. Sie schrieb immer sofort zurück. Ich hatte kein gutes Gefühl. Entweder hatte ich irgendetwas falsch gemacht (meine erste Annahme), oder es war etwas passiert. Es mag komisch erscheinen, aber ich dachte wirklich ständig darüber nach, was passiert sein möge. Camelia war in der Tat wie eine ferne „Schwester“ für mich – und sie war in Gestalt ihrer Briefe immer dagewesen, seit Jahren.

Es vergingen weitere Wochen, und ich wollte am Wochenende zu meinen Eltern fahren, als meine Mutter mich zwei Tage vorher anrief und mir sagte, von einer Sally N. aus Chicago sei ein Brief für mich gekommen. Ich wunderte mich – ich kannte nur eine Camelia N. aus Chicago – Sally sagte mir nichts. Meine Mutter, die wusste, dass ich eine so enge Brieffreundin aus diesem Teil der Staaten hatte, meinte: „Vielleicht ist etwas passiert. Soll ich den Brief öffnen?“ – „Nein, ich komme ja übermorgen.“

Und kaum war ich dort, habe ich den Brief geöffnet. Tatsächlich – Sally N. schrieb mir. Und als ich zu lesen begann, begriff ich zunächst kaum, was sie schrieb. Denn der erste Absatz klang harmlos, und ich rechnete nicht mit etwas Bösem. Bis mir auffiel, dass da noch etwas im Kuvert lag: eine Drucksache. Obituary stand darauf, darunter ein Foto, das unterschrieben war mit Camelia S. N…

Obwohl ich inzwischen fließend englisch sprach, schnallte ich zunächst nicht, warum da obituary stand, das englische Wort für Todesanzeige oder Nachruf. Es wollte mir wohl einfach nicht in den Sinn.

Aber ich wusste nun, wie meine so liebgewonnene langjährige Brieffreundin aussah. Das einzige Foto, das ausgetauscht wurde.

Ich war völlig schockiert – das konnte doch nicht sein! Sie war doch gerade verlobt gewesen, und sie und ihr Verlobter hatten Heiratspläne gemacht! Ich stand da, hilflos mit dem Nachruf in der Hand, und meine Mutter fragte: „Was ist passiert?“ – „Camelia ist tot …“ – „Was? O Gott! Was ist denn passiert?“ – „Ich weiß es nicht.“ – „Lies doch mal den Brief!“

Ich musste mich erst einmal setzen, ich war wirklich schockiert. Dann las ich den Brief, den Sally, Camelias Mutter, mir geschrieben hatte. Es war ein langer Brief, ein sehr lieber, liebevoller Brief. Sie schrieb, es tue ihr leid, mir erst jetzt zu schreiben, aber sie hätte ihrerseits erst einmal klarkommen müssen, und man hätte natürlich zuerst an die amerikanischen Freunde und Verwandten gedacht. Als sie und ihr Mann Camelias Studentenzimmer im Wohnheim ausgeräumt hätten, hätte sie da meine zwei letzten Briefe ungeöffnet liegen sehen, und da sei ihr klargeworden, dass da ja noch jemand sei, der unterrichtet werden müsse. Und – ich solle ihr nicht böse sein – sie habe beide Briefe geöffnet und gelesen und sei gerührt gewesen, da ich mir wohl Sorgen gemacht hätte. Sie hätte von der Brieffreundschaft gewusst, da Camelia ihr davon erzählt habe, dass diese schon so viele Jahre andauere. Einmal habe sie ihr aus einem meiner Briefe vorgelesen und gesagt: „It is as if I had a sister in Germany!“ Und da habe sie, Sally, sich nun hingesetzt und mir geschrieben – denn das sei wirklich eine außergewöhnlich lange und enge Brieffreundschaft gewesen. Sie bedanke sich für die Zuneigung, die ich ihrer Tochter entgegengebracht hätte, obwohl wir einander ja nie gesehen hätten. Es sei einfach, aus der Nähe Zu- oder Abneigung zu empfinden – aus der Ferne über so viele Jahre so zuverlässig und freundschaftlich zu schreiben, empfände sie als etwas Besonderes.

Sie schrieb mir nicht, woran Camelia gestorben sei – ich weiß es bis heute nicht. Sie beendete ihren langen und sehr lieben Brief damit, dass sie schrieb: „Please do me a favor: Always take care of yourself, Ali dear! And whenever you are near or in Chicago, I would be happy to meet you. Though far away, you were very close to Camelia.”

Ich war völlig erschlagen und schockiert, aber auch gerührt von Sallys Brief. Geweint habe ich damals nicht – der Schock war zu groß. Aber ich setzte mich sofort hin und schrieb Sally einen Brief, einen langen und liebevollen Brief, und ich versprach, würde ich je in oder um Chicago sein, würde ich mich melden. Ich war nie in oder um Chicago, aber ich habe Camelia und ihre Familie nie vergessen.

Und als ich beim Ausräumen heute den letzten Brief von Camelia fand, musste ich mich einmal mehr hinsetzen. Und dann liefen auch einige Tränen. Anders als damals, als der Schock zu groß war. Vergessen habe ich das nie.

Den Brief werde ich nie wegwerfen. Er war so fröhlich, keiner ahnte, was passieren würde. Es ist so lange her, und trotzdem berührte es mich heute sehr. Offenbar muss man Menschen nicht täglich und persönlich sehen oder hören, und doch kann es passieren, dass sie Teil des eigenen Lebens werden.

Schade, dass es solche Brieffreundschaften nicht mehr gibt.

To date or not to date …

Am vergangenen Donnerstag hatte ich, dem weisen Rat meiner langjährigen Freundin Jadranka folgend, ein „Date“. Eigentlich war es ein „Blind Date“ – wir hatten nur zuvor zweimal telefoniert. Und im Moment ist mir danach, Jadranka einen Kopp kürzer zu machen, da sie meinte, das sei total spannend. Obwohl sie in einem Punkt recht hatte, denn sie sagte: „Das ist einfach unvergesslich, Ali!“

Das stimmt. Dieses „Date“ werde ich so schnell nicht vergessen. Da bin ich mir ganz sicher.

Es fing schon spannend an, denn ich fuhr nach der Arbeit nach Hause, um mich umzuziehen. Die Heimfahrt erfolgte ohne größere Hindernisse oder Staus, und ich brauchte auch nicht lange, mich zu stylen. Und so fuhr ich kurz darauf wieder los, doch bereits bei Ausfahrt aus meiner Wohnsiedlung sah ich Merkwürdiges: Auf der Mittelinsel des Kreisverkehrs, den ich kurz zuvor ohne jedwede Behinderung passiert hatte, prangte ein Feuerwehrwagen, und rechts neben der ersten Ausfahrt aus meiner Perspektive interviewte die Polizei gerade einen Fahrer. Der Kreisel selber bestach dadurch, dass soeben Sand auf die Fahrbahn geschüttet wurde, der von zwei wackeren Feuerwehrmännern mit Besen darauf verteilt wurde. Ich verharrte lieber an meiner Ein- bzw. Ausfahrt, während eine Frau, von links kommend, völlig verhuscht aus ihrer Einfahrt nach links abbog, wo sie beinahe mit einem anderen Fahrzeug kollidierte … Anhand der Hektik, die sie an den Tag legte, mutmaßte ich, dass sie einen Termin habe bzw. gerade aus dem Urlaub aus einem Land gekommen sei, da Linksverkehr an der Tagesordnung ist. Die Umstellung ist nicht ganz einfach – ich weiß, wovon ich spreche, denn das geht sogar Fußgängern so (beileibe: Ich bin in Großbritannien noch nie selber Auto gefahren … 😉 ).

Geduldig harrte ich an meiner Einfahrt aus, bis der junge Feuerwehrmann seinen Besen zur Seite stellte und mir Signale gab, ich solle fahren. Ich winkte ihm jovial zu, obwohl mir etwas beklommen ums Herz war: Schon das erste Hindernis wenige Meter von der Haustür entfernt! Das war sicherlich ein schlechtes Zeichen! (Hätte ich mal auf mein Bauchgefühl und das deutliche Zeichen geachtet … Hätte ich das getan, hätte ich einfach nur die 360-Grad-Kurve genommen. So blieb es bei 180 Grad … 😉 )

Und schon raste ich gen Treffpunkt. Ich war erfreulich früh da – keine meiner Stärken. Ich ergatterte sogar noch einen Tisch draußen, denn zumindest wusste ich, mein Gegenüber war bzw. ist Raucher.

Ich fühlte mich nicht gut, und ich schrieb sowohl Jadranka, als auch meiner Kollegin Kerstin eine WhatsApp: „Noch nicht da!“ Mit Kerstin hatte ich bereits ausgemacht, dass ich ihr, würde das Ganze wirklich verheerend sein, eine WhatsApp-Nachricht schicken würde, die das Zauberwort: Oje! beinhalten sollte. Sie hatte mir Stein und Bein geschworen, mich dann umgehend anzurufen und zu behaupten, sie sei meine Nachbarin, und sämtliche Keller stünden unter Wasser, weswegen ich sofort – leider! – das Date beenden müsse … 😉 Nicht gerade undurchsichtig, ich gebe es zu, aber hilfreich. Und – großes Lob an Kerstin! – sie war stets vor Ort. 😉 „Handy ist auf laut!“ schrieb sie mir noch, kurz bevor ich den Treffpunkt erreichte. Von Jadranka kein Wort …

Ich saß und wartete. Inzwischen hatte ich mir eine Weinschorle bestellt – mit viel Wasser, denn ich war ja mit dem Auto da …

Und dann geschah es! Als ich gerade Kerstin ungeduldig eine Nachricht hackte, dass ich maximal eine Viertelstunde warten würde, sah ich einen Wagen auf den großräumigen Parkplatz zwar nicht rasen, aber recht gebieterisch fahren und ebenso einparken. Dann stieg jemand aus …

Hektisch hackte ich ins Handy: „Kerstin, wenn der, der gerade hier eingeparkt hat, das ist, können wir es gleich vergessen!“ Sofort kam zurück: „Sieh ihn dir doch erst einmal an!“

Ja, da hatte sie Recht. Eersma kuckn. 😉

Und er war es! Und nahm gleich großrahmig Platz, wobei er monierte, dass die Stühle aber sehr schmal seien – er sei nun einmal „a big one“!

Ich hätte gern einen Spiegel vor meinem Gesicht gehabt, um mein Gesicht sehen zu können – vermutlich sah es geschockt aus. „A big one“ ist relativ. Ich habe rein gar nichts gegen einige Polster – ich bin leider auch nicht mehr so schlank, wie ich in meinen Zwanzigern war. Aber das hier war eine Art „Insel“. Ich stehe gar nicht auf dünne Männer, aber das hier war dann doch einige Ticks zu „gepolstert“. Es wunderte mich auch gar nicht mehr, dass beim ersten Telefonat, das für eine bestimme Uhrzeit angekündigt war, ganz unerwartet seine Fußpflegerin anwesend gewesen war. Kein Wunder, dass diese vonnöten war – sicherlich kam er nicht selbst an seine Füße …

Aber all das war nicht das Schlimmste …

Wer mich kennt, weiß, dass ich viel rede. Nur: An jenem Abend saß ich annähernd stumm da. Ich hatte meinen Meister gefunden … Allerdings nur in puncto Reden.

Und was da alles erzählt wurde! Ich war erstaunt, denn offenbar gebrach es dem in jeder Hinsicht gewichtigen Herrn nicht an einer Auswahl an Gespielinnen, zumeist mit „Haaren bis zum Arsch“! 😉 (Falls ich das recht verstanden habe und er nicht gesagt hat: „Haare am Arsch“ – man weiß ja nie … 😉 )

Ganz ehrlich: Ich vermute, ich saß recht paralysiert da, mit ebensolchem Gesichtsausdruck, da ich mir kaum vorstellen konnte, was da erzählt wurde – und ich besitze viel Phantasie.

Viel schlimmer, dass ich das Gefühl hatte, von der Besatzung der Nachbartische angestarrt zu werden. Als ich kurz nach rechts und links blickte, sah ich: Ich hatte mich keineswegs geirrt! Sie sahen mich an, als fragten sie: „Das ist aber kein guter Freund von dir – oder?“ Und ich strahlte zurück, als wollte ich sagen: „Aber nein! Ich sitze rein zufällig an diesem Tisch und warte im Grunde nur auf jemanden!“

Man wunderte sich, dass ich noch nie verheiratet war. Ich konterte, als eine Sprechpause entstand: „Immerhin bin ich damit auch noch nicht geschieden! Eine Erfahrung, die wohl auch nicht ganz so toll ist …“ Das wurde bejaht … 😉

Aber Kinder! Kinder hätte ich ja auch nicht!

Schon kurz zuvor war dieses Thema angerissen worden, und da hatte ich schon in höflicher Abwehr gesagt, dass ich mich einfach irgendwann damit hätte abfinden müssen, dass ich nun einmal keine Kinder haben würde – es war eigentlich recht deutlich.

Aber die „Insel“ beharrte darauf, dabei ihre Sensibilität preisend. Ich grinste. Etwas sickig war ich nur dann, als er meinte: „Also, mal im Ernst: Frauen im gebärfähigen Alter kommen für mich ja gar nicht in Frage! Die wollen einfach Kinder! Und dazu bin ich mir zu schade!“

Meine Augenbrauen wanderten bis zum Haaransatz, und ich kam mir vor, als wäre ich aufgrund übergroßer Gnade zu diesem Date gebeten worden. (Von dem „Gnadending“ kam ich allerdings ab, als ich mein Augenmerk wieder ganz konkret auf mein Gegenüber richtete.)

Und da geschah es. Aufgrund einer Gesprächspause – das Gegenüber musste Luft holen – sagte ich mit leicht schneidender Stimme: „Hast du schon einmal darüber nachgedacht, Bücher zu schreiben?“ – „Ja. Warum?“ – „Weil es viel zu wenige phantastische Geschichten gibt! Ich denke, du wärest exakt der Richtige, da einen Ausgleich zu schaffen!“

(Fast) jedem Menschen wäre eigentlich klar gewesen, was ich meinte – er nahm es als Kompliment und meinte: „Ja, das haben mir schon mehrere Freunde geraten!“ (Ich hegte umgehend Zweifel an echter Freundschaft – vermutlich waren es einfach sehr realistische Menschen …)

Immerhin konnte ich einige eigene Sätze absondern. Ich musste allerdings aufpassen wie ein Luchs, um dazwischenzukommen. Ähnlich wie beim Konsekutivdolmetschen. 😉

Und ein Kompliment erfolgte auch noch: „Ich bin ja total überrascht! Endlich treffe ich mal eine Frau, die sprechen kann, und das auch noch geistreich!“ Es sollte wohl wirklich ein Kompliment sein … Für ein erstes – und hier auch letztes – Treffen vielleicht nicht ganz so geeignet, Sympathie zu generieren.

Nein! Ich bin weder böse, noch sonstwie nickelig, aber dieses „Date“ hier war echt gruselig. Überschwemmt von selbstherrlichen Worten – und ich hatte doch schon einkalkuliert, dass Nervosität die normalen Dinge verzerren könne -, es war sogar weniger die Leibesfülle, die mich irritierte … Ich möchte nur ungern im Knast landen … Denn: Hätte ich einen solchen Menschen dauerhaft um mich, wäre das Ganze aus meiner Perspektive nur von kurzer Dauer, ehrlich gestanden. 😉

Morgen rufe ich Jadranka an und frage sie, ob es vielleicht an mir liege … 😉 Wie ich sie kenne, wird sie ihre eigenen Erfahrungen preisen – dabei ist sie gerade wieder Single. Vielleicht besser nicht anrufen … 😉

Ja, ich weiß – das klingt alles nicht nett. Aber ich hatte am Donnerstagabend drei sehr lange Stunden zu bestehen, die ebenfalls alles andere als nett waren, und das mit Aspekten, bei denen ich mich fragte, was sich das Gegenüber eigentlich dabei denke. Und mich fragte, was für Frauen es bis dato kennengelernt habe, die auf derart phantastische Geschichten stehen, auf Angeberei und weitere Dinge dieser Art. Aus meiner Sicht wird er wohl bei solchen Frauen bleiben müssen … 😉

Immerhin hat er mir erklärt, was die „biologische Uhr“ bedeute. Was für ein Glück: Wusste ich vorher auch noch gar nicht … 😉 Tat auch gar nicht weh. Hat mich auch gar nicht zum Lachen gebracht. Komisch eigentlich … Denn das ist es, was ich von einem echten Gegenüber brauche: meinerseits zum Lachen gebracht zu werden. Wie auch umgekehrt. 😉

Was ist schon die Fußball-WM gegen den CHIO!

An all diejenigen, die so enttäuscht von der deutschen „Leistung“ bei der Fußball-WM waren oder sind: Ich war es auch, habe inzwischen aber Abhilfe geleistet bzw. gefunden! Denn es gibt eine Sportart, in der „die Deutschen“ gestern so richtig brilliert haben …

Ich habe diese Sportart einst selber ausgeübt, bin mir allerdings auch im Klaren darüber, dass sie kein echter Ersatz für Fußball ist … Schon gar nicht für Männer … Aber tröstlich war es gestern doch! 😉

Denn – wie jedes Jahr um diese sommerliche Zeit – es tobt in Aachen eine internationale Großveranstaltung: der CHIO, der Concours Hippique International Officiel, ein reiterliches Top-Event, das vom Aachen-Laurensberger Rennverein, einem, nein, dem Aachener Reitverein seit dem 13. Juli 1924 jährlich ausgerichtet wird und die Crème de la crème der Reitsportwelt zuverlässig in diese Grenzstadt zieht und selbige zumeist zumindest im Zentrum und der Altstadt verstopft … 😉 Ich weiß, wovon ich spreche. Und doch war ich, obwohl ich mehr als 13 Jahre in Aachen lebte, niemals leibhaftig in der Soers, wo sich das Event zuträgt. Obwohl ich zuletzt ganz in der Nähe wohnte.

Warum ich nie dort war? Tja, ich kann es nicht einmal erklären. Oder doch? Ich hatte wenig Lust, mit all den Aachener „Größen“ derselben Leidenschaft zu frönen, die dort champagnertrinkend stehen und Menschen wie mich von oben herab betrachten würden. Nicht, dass mir das etwas ausmachen würde – mir ging nur der Öcher Klüngel auf den Keks, und der macht sich bei derartigen Veranstaltungen stets besonders breit. Und so sah ich, wenn ich Lust hatte, einzelne Prüfungen lieber zu Hause, vor dem TV. Wie seit jeher. 😉 Außerdem kenne ich mich: Bei interessanten Veranstaltungen – oder im Kino – sitzt garantiert jemand vor mir, der in irgendeiner Basketballmannschaft nicht nur sportlich, sondern auch physisch herausragt und der Größte ist. Die Gefahr bestand zu Hause nicht, und es war auch preisgünstiger. 😉 Erstaunlicherweise war mein Vater, der – anders als ich – dem Pferdesport nie frönte, während seiner Studienzeit durchaus beim CHIO gewesen …

Doch zurück. Eigentlich hatte ich gestern schön auf dem Balkon sitzen wollen, hatte aber irgendwann mitbekommen, dass der CHIO wieder einmal „grassiert“. Und da wollte ich doch zumindest einmal kurz hineinsehen … Was stand an? Ah! Voltigieren!

Ich finde sehr schön, dass diese Pferdesportart schon seit einiger Zeit aus ihrem Schattendasein herausgetreten ist. „Turnen auf dem galoppierenden Pferd“ sagte man früher ein wenig wegwerfend dazu, wenn jemand fragte, was Voltigieren denn eigentlich sei. Das klingt viel zu bieder und zu einfach. Es ist Akrobatik und ist – wenn man es kann – wirklich kunstvoll und obendrein wirklich schwierig. Einen Flickflack würde ich nicht einmal auf unbewegtem Boden hinbekommen – geschweige denn auf einem beweglichen „Boden“, genauer: einem galoppierenden Pferd!

Und kaum hatte ich gestern das erste Team in diesem Voltigier-Nationenpreis gesehen, hatte ich auch schon Blut geleckt und blieb – statt auf dem Balkon zu sitzen – vor dem Fernseher kleben … 😉 Unglaublich, was da geboten wurde, sowohl einzeln, als auch im Team! Atemberaubend, aber ich bewunderte nicht nur die menschlichen Akteure inklusive Longenführer, sondern auch die Pferde, die so, wie Voltigierpferde sein sollten, ruhig, gelassen und ausgeglichen auf der linken Hand an der Longe auf dem Zirkel galoppierten, nicht einmal ein Ohr anlegten und gekonnt die Balance hielten, obwohl sich auf ihrem Rücken größere und wechselnde Lasten befanden, die sich auch noch ständig verlagerten und anders positionierten. Wie gebannt saß ich vor dem Fernseher und staunte, was durch viel Disziplin alles möglich sei …

Weniger gebannt war ich in meiner allerersten Voltigierstunde damals, als ich mit dem Reiten beginnen wollte, mit 10, und dann war kein Platz in der Anfänger-Abteilung frei. Man riet daher, erst mit Voltigieren zu beginnen.

Vor der ersten Stunde war ich sehr nervös. O Gott – Turnen auf einem Pferd! Wie sollte ich da überhaupt hinaufkommen? Und ich hoffte, das Tier möge recht klein sein …

Als ich an einem Samstagnachmittag im Reitverein bzw. der Reithalle eintraf, waren wir zu zwölft. Zwölf Mädels, alle in Gymnastikhosen und -schläppchen mit rutschfesten Sohlen. Ich hatte mir die Gymnastikhose meiner Schwester ausgeliehen, da meine in der Wäsche war … Das führte später noch zu Ärger … 😉 (Meine Schwester ist nicht ganz so pferdeaffin wie ich – im Gegenteil. Nicht, dass sie etwas gegen Pferde hätte, aber es zog sie nie etwas in die Nähe dieser liebenswerten Lebewesen, während man mich immer nachdrücklich von ihnen wegzerren musste. 😉 )

Das Pferd war noch nicht fertig, und so musste das Dutzend voltigierwilliger Mädels – über die Hälfte wollte eigentlich lieber in der Abteilung reiten – sich erst einmal warmmachen. Wir mussten im Seitgalopp den Hufschlag der Bahn entlangspringen, im Kreuzschritt laufend dieselbe Strecke bewältigen, danach Bockspringen …

Dann kam das Pferd. Bzw.: Es wurde in die Halle gebracht. Ein großer Fuchs war es, etwa 170 cm Widerristhöhe oder gar höher, der einen Voltigiergurt mit zwei Griffen und Ausbindezügel trug, und der uns – wie mir schien – mit hochgezogener Augenbraue entgegenblickte. Dann wandte er den Blick ab, und das – ich weiß nicht, ob ich es mir einbildete -, mit leiser Resignation. Wahrscheinlich dachte er: „Und während meine Schulpferdkollegen schön in ihren Boxen dösen können, muss ich diese kichernden Dinger durch die Gegend schleppen und dabei auch noch unentwegt galoppieren. Und immer linksherum. Wahrscheinlich rumpeln sie mir ständig in den Rücken, weil sie so gar kein Gespür haben. Dabei habe ich schon einen Senkrücken, und dieses Gerumpel wird wahrscheinlich dazu führen, dass irgendwann mein Bauch über den Boden schleift … Zum Glück habe ich ja recht lange Beine, so dass dieser Tag noch relativ fern ist. Warum ich?“

Wirklich – so sah Sascha, wie diese Seele von Pferd, wie ich rasch entdeckte, hieß, drein, als er anlässlich meiner allerersten Voltigierstunde in die Halle geführt worden war. 😉 Er war ein sehr lieber und braver Kerl – noch heute muss ich schlucken, wenn ich daran denke, wie er endete.

Die erste Stunde war desillusionierend. Zum Glück war ich nicht die Größte in der Voltigierabteilung, denn wir wurden alle wie die Orgelpfeifen angeordnet, und die Größte von uns musste beginnen …

Aber von Mal zu Mal wurde es besser, und es ist gar nicht schwer, auf das galoppierende Pferd zu kommen. Einfach an der Longe entlang schnurstracks an die Seite des Pferdes laufen, die Griffe am Voltigiergurt packen, im Seitgalopp einige Sprünge neben dem Tier vollführen und dann in einem kräftigen Schlusssprung abspringen – schon zieht es einen aufs Pferd. Wer sich mit Physik auskennt: Das geschieht aufgrund der Zentrifugalkraft. Wenn man allzu kräftig abspringt, kann man allerdings auch schon einmal über das Ziel hinausschießen. Daher: Griffe nie loslassen! 😉

Ich lernte binnen kurzem den Grundsitz (natürlich ohne Festhalten!), die „Mühle“, die „Fahne“, die „Schere“, die „Flanke“ – und es gelang mir sogar, zwei Galoppsprünge auf dem Pferderücken zu stehen! (Ich muss allerdings hinzufügen, dass es in unserem Reitverein kein Voltigierpad gab und wir auf dem nackten Pferderücken herumturnen mussten – das ist in etwa so glatt wie Schmierseife … 😉 )

Und bevor die schwierigeren Elemente kamen, wurde glücklicherweise ein Platz in der Anfänger-Abteilung frei … 😉

Dennoch hat mich diese Sportart immer fasziniert, seit damals. Und was ich gestern sah, war nur atemberaubend. Und die beiden deutschen Teams landeten auf den Plätzen 1 und 2 – wenn das nichts ist! 😊

Ob es den Pferden allerdings gefällt? Ich weiß es nicht. Ich bewundere nur, wie ruhig und gelassen sie immer wirken.

Daher: Voltigieren kann – speziell passiv – wirklich Freude machen. Ganz im Gegensatz zur diesmaligen WM-Leistung der deutschen Mannschaft … 😉

Immerhin bin ich beim Kollegen-Tippspiel final auf Platz 9 gelandet. Wenn man bedenkt, dass 32 Kollegen teilnahmen, bin ich gar nicht so schlecht. Auf alle Fälle besser als beim aktiven Voltigieren … 😉

Ali shoppt online

Ich bin ja oft ein wenig skeptisch – zumindest in manchen Fällen -, was Online-Shopping anbelangt. Klar, bei namhaften Firmen kaufe auch ich ab und zu und habe bis dato nur geringfügig das zu verzeichnen gehabt, was man als Schuss in den Ofen bezeichnet.

Blöd ist, wenn man beim Surfen im Internet immer wieder Werbung vor die Nase gehalten bekommt, zumal eine meiner Schwächen – ich muss es leider zugeben – darin besteht, dass ich der Traum des Gemeinen Marketingspezialisten bin. Der Traum jedes Werbers und damit der Traum diverser Kunden von Werbeagenturen. 😉 Ja, ich weiß … Das ist nicht klug, vor allem, wenn man schon, wenn auch selten, der Ernüchterung anheimgefallen ist. Aber wir haben ja alle irgendwelche Schwächen. 😉 Man muss halt nur über sich selber lachen können – dann geht alles gleich viel leichter. 😉

Seit einiger Zeit wurde ich nun beim Surfen im Internet bereits von einer Firma quasi „bombardiert“. Egal, was ich gerade tat: Dauernd tauchte Werbung dieser Firma auf! Normalerweise ignoriere ich dergleichen standhaft, zumindest zunächst, aber hier knickte ich irgendwann ein, denn es ging um Klamotten

Was für schöne Tops, im früheren Leben auch einfach Oberteile genannt – die waren wirklich klasse. Auf den Bildern auf alle Fälle. Und wirklich nicht teuer …

Da ich seit einiger Zeit etwas im Stress bin, gelang es den Werbetreibenden irgendwann in einem schwachen Moment meinerseits: Ich bestellte zwei Oberteile. Die Firma ist in England beheimatet, und was kann es Besseres geben? 😉

Nun, da ich etwas schlauer bin, weiß ich: Die Firma gibt ihren Hauptsitz als in England befindlich an! Wahrscheinlich hat sie einen Briefkasten dort gemietet … Denn in Wirklichkeit sitzt die Zentrale in Asien, genauer: in China. Seit ich das weiß, seit ich irgendwann recherchiert hatte – relativ früh, wenn auch nicht früh genug, da ich ja bereits aus mir zwischenzeitlich und generell absolut nicht nachvollziehbaren Gründen bestellt hatte -, war mir klar, womit ich zu rechnen hatte, rein qualitativ; vor allem, nachdem ich im Internet gelesen und herausgefunden hatte, dass diverse Kundinnen – aber auch Kunden – sich geprellt fühlten. Entweder hatten sie die völlig falsche Ware bekommen. Oder die Größe stimmte nicht. Oder – diverse weitere Fälle – sie wären froh gewesen, auch nur einen Wischlappen zu bekommen. Aber: Sie bekamen gar nichts. Abgesehen von der Tatsache, dass sie eifrig Geld überwiesen hatten, hatten sie rein gar nichts bewirkt, und wahrscheinlich warten sie noch heute auf die Ware – obwohl sie sogar lange vor mir bestellt hatten … 😉

Zum Glück gibt es aber einen customer service, der offenbar dazu da ist, die Kunden hinzuhalten. Warum auch nicht und völlig normal – es geht ja um den Vorteil der Firma, nicht wahr? Ich wandte mich recht früh an diesen und monierte, die Ware sei noch nicht da – etwa drei Wochen nach Bestellung. Man schrieb mir eine sehr blumige Mail, fast poetisch wirkte sie, was daran lag, dass man wohl auf Mandarin schrieb und das Ganze per Translator übersetzen ließ. Solch blumiges Englisch hatte ich von keinem einzigen Muttersprachler erfahren – und ich kenne mich damit aus. Man beschied mir wiederholt, ich solle mir bitte, bitte keine Sorgen machen, und es sei eine Schande für die Firma, dass Wünsche offen geblieben seien …  (Ich rate übrigens dringend von automatisierten Übersetzungen ab – möglich, dass der Kunde sich zu allem anderen Ärger auch noch verarscht fühlt. Zumindest dann, wenn er mit der englischen Sprache wirklich vertraut ist. 😉 )

Ich machte mir zwar keine Sorgen, war aber sehr verärgert – auch über mich selber, denn was um alles in der Welt hatte mich nur bewogen, da zu bestellen und derart naiv zu handeln? Ich pflücke mein Einkommen ja nicht vom Baum und bin normalerweise kritischer – ich war enttäuscht von mir selber. 😉

Die nächste Mail schrieb ich testhalber auf Deutsch, und der Ertrag war noch viel witziger, denn das Ergebnis war noch schriller als das, was im „Englischen“ herausgekommen war: Man sei untröstlich, dass ich trotz aller Anstrengungen nicht befriedigt worden sei – man habe alles darangesetzt, zumal man inzwischen mitbekommen habe, dass ich in „gewisser Hinsicht“ sehr anspruchsvoll sei und gerne vor Vergnügen jauchzte! (Da habe ich in der Tat gejauchzt, und ich pries einmal mehr den menschlichen Faktor beim Übersetzen – ich habe lange genug als Übersetzerin gearbeitet und weiß, was bei Einsatz billiger Übersetzungssoftware herauskommen kann … Nicht selten Dinge, die immerhin als Partygag geeignet sind. 😉 )

Man beschied mir – zumindest verstand ich es so -, dass meine Bestellung alsbald bei mir eintreffe, und man schickte mir eine Trackingnummer und den Namen des Transportunternehmens. Ein chinesisches war es, und alsbald erfuhr ich, dass meine Bestellung am Flughafen Schiphol in Amsterdam gelandet sei, den Zoll passiert habe und nun „auf direktem Wege“ mittels eines LKW nach Deutschland und zeitnah zu mir transportiert werde.

Der LKW muss unterwegs mehrfach liegengeblieben sein, denn nachdem nach einer Woche noch immer derselbe Status zu lesen war, informierte ich die Fa. Bloomy Days Forever darüber, dass ich – würde ich mich gleich ins Auto setzen – in etwa zweieinhalb Stunden in Amsterdam sein könne. Ob sich der Fahrer verfahren habe – ich könne gern kostengünstig ein Navi anbieten. Und ich nannte die Summe, die ich für die Bestellung aufgewendet hatte.

Daraufhin sandte man mir eine Nachricht, die da besagte, ich solle mir bitte, bitte keine Sorgen machen, und ich bekam eine DHL-Trackingnummer. Ich war gar nicht sehr überrascht, dass diese ins Nirwana führte, zumal der von China aus gedungene LKW noch immer im Niemandsland zwischen Deutschland und den Niederlanden umherzuirren schien.

Ich muss gestehen, ich rechnete gar nicht mehr damit, den von mir in einem Akt von Wahnsinn und mangelnder Vorsicht bestellten Tand noch zu bekommen – ich wollte ihn auch gar nicht mehr haben. Doch inzwischen war ich von der Kommunikation mit dem fernen Unternehmen irgendwie fasziniert, und ich probierte aus, was passieren würde, würde ich eine Beschwerde auf des Unternehmens Homepage posten, nachdem ich bereits versucht hatte, meinen Auftrag zu stornieren. (Ich muss zu diesem billigen Versuch sicherlich nicht viel sagen: Man beschwor mich, mir um Himmels willen bitte keine Sorgen zu machen – aber die Ware sei unterwegs, und leider und zu des Unternehmens größtmöglicher Pein sei da ein Storno nicht mehr möglich. Damit hatte ich gerechnet – ich hätte es ja nicht anders gehalten.)

Es hatte zur Folge, dass man mich komplett ignorierte. Und so schrieb ich eine Rezension auf einem Verbraucherportal … Und – zack! – nach Tagen kompletter Funkstille bot man mir einen Tag nach Posten der Rezension per Mail eine „top solution“ an! Man wollte mir einen vergleichsweise kleinen Teil des von mir aufgewandten Kaufbetrages („including tax and customs“!) erstatten! Sollte die Ware noch eintreffen (man war sich offenbar selbst nicht sicher), dürfe ich diese natürlich behalten! Das alles natürlich nur, würde ich meine miese Bewertung aus dem Verbraucherportal entfernen. Erpressung in Reinform – darauf fahre ich ja total ab! 😉

Ich schrieb eine recht harsche Mail – diesmal wieder auf Englisch – zurück, in der auch der kurze, aber prägnante Satz: „Enough is enough!“ Anwendung fand, den ich einst so liebenswert in Irland von einer irischen Mutter in dialektaler Aussprache gehört hatte, als ich gerade zum Rock of Cashel hinaufstieg, während Mummy mit einem Kleinkind im Buggy hinter ihrem ungebärdigen Erstgeborenen her schrie: „James! Enough is enough!“ (Es hörte sich an wie: „Dschaims! Inuff is inuff!“ Ich habe es nie vergessen … 😉 )

Und „inuff is inuff“ sowie einige andere sehr deutliche Worte, die auch die Begriffe solutionabsolutely inacceptable, full und refund sowie sehr autoritär wirkende Anweisungen enthielten, führten dann dazu, dass man mir eine weitere „top solution“ anbot! Den gesamten von mir aufgewandten Betrag wolle man mir erstatten! Und sollte die Ware noch eintreffen, solle ich diese, bitte, behalten. Okay – das war ein Angebot, das ich annahm. Ich rechnete ja nicht damit, dass überhaupt etwas eintreffen würde, werde nun aber meine Kontobewegungen sehr genau beobachten.

Aber wie erstaunt war ich, als ich nach Hause kam! Da war in meinem Briefkasten etwas, das ich erst für Müll hielt – eine zusammengeknüllte DHL-Transporttüte! Ich nahm sie heraus, grinste und ging damit in meine Wohnung, wo ich das Gebinde öffnete. Ein Oberteil war darin. Und es passt sogar und sieht aus wie auf den Bildern. Ich sollte es nur nicht bei hohen Temperaturen tragen – nicht, dass sich das Material untrennbar mit meiner Haut verbindet! 😉 Aber mal im Ernst – „für umme“ ist das doch okay. 😉 Und ich soll es ja – komme, was wolle – unbedingt behalten, trotz der Erstattung des vollen Betrages! Ich bin gespannt, wann er auf meinem Konto eingeht – und ob überhaupt. Und meine Rezension werde ich nicht löschen …

Dennoch bin ich noch immer schockiert über mich selber. Wie konnte ich je so verstrahlt sein, überhaupt etwas zu bestellen? Vermutlich hatte ich noch nicht genug Stress, denn: „Wer keine Probleme hat, schafft sich welche.“ Nicht wahr? 😉

Die Firma heißt übrigens ganz anders … 😉