„Just one more minute, Mrs B., please!”

Heute ist eine große Last von mir abgefallen. Denn heute habe ich nicht nur meinen neuen Arbeitsvertrag unterzeichnet, nein, es fand auch noch die Abschlussklausur meines Seminars an der Uni einer der Nachbarstädte statt!

Das bedeutet, dass ich künftig montags nicht mehr mit den Hühnern aufstehen muss (was mir heute nicht einmal gelang – böse Minusstunden zusätzlich zu denen, mit denen ich nun ohnehin schon seit geraumer Zeit ringe, und sie werden mal weniger, dann wieder mehr …), sondern wie jeder normale Mensch bis 7 Uhr schlafen kann – wenn ich das denn will. (Und das will ich auf alle Fälle – wenn nicht darüber hinaus!) Ich tue mich doch so schwer mit dem frühen Aufstehen! 😉

Schon beim Fertigmachen im Bad festgestellt, dass es ein schwieriger Tag werden würde – meine blöden Haare wollten nicht so, wie ich wollte, und wenn ich mich jetzt so betrachte, frage ich mich, wieso sich die Spitzen nach außen statt nach innen biegen. Liegt es an der Feuchtigkeit, die draußen herrscht? Bekomme ich endlich die seit meiner Kindheit heißbegehrten Locken? Oder habe ich einfach einen bad hair day? Obwohl – das sieht eigentlich gar nicht so schlecht aus. Ich sollte morgen früh versuchen, das gleich so … Stop! Wenn ich versuche, das, was höhere Mächte bzw. das Wetter – was aufs Gleiche herauskommt – aus meiner Frisur gemacht haben, künstlich herzustellen, wird es garantiert nicht gelingen. Und wenn ich dann versuche, den misslungenen Versuch wieder zu korrigieren, komme ich garantiert erst um 10 Uhr bei der Arbeit an. Geht ja gar nicht! 😉

Als ich bei meiner Hauptarbeit ankam, bin ich zuerst zur Pförtnerin gestürzt, denn ich hatte am Samstag festgestellt, dass ich ein Päckchen von einer bekannten Parfümeriekette irrtümlich nicht zu mir nach Hause, sondern an den Arbeitsplatz hatte schicken lassen. Der Paketdienst hatte mir gemeldet, am Samstag komme mein Päckchen an! Und da kam nichts … Ich wollte erst auf den Paketdienst schimpfen, beschloss dann jedoch, lieber noch einmal nachzusehen. Und da dann die Erkenntnis, dass ein hellblaues Päckchen mit dem Parfümerie-Logo wahrscheinlich gerade bei meinem Arbeitgeber abgeliefert wurde! Hoffentlich war Herr Filipowski nicht im Dienst, wenn ich es abholen müsste! Denn Herr Filipowski ist sehr streng und schimpft stets, wenn man sich private Päckchen an den Arbeitgeber schicken lässt. Das mag Herr Filipowski gar nicht – wie er so vieles andere nicht mag und immer meint, die Menschen, deren Chef er nicht ist, erziehen zu müssen. Und ich hatte keine Lust auf eine erneute Standpauke von Herrn Filipowski – zu viele hatte ich schon über mich ergehen lassen müssen. Zwar „funktioniere“ ich noch immer nicht so, wie Herr F. sich das vorstellt – aber gelernt habe ich doch daraus: Ich vermeide nach Möglichkeit, damit konfrontiert zu werden. Und seit ich die Stelle gewechselt habe, habe ich mit Päckchen und sonstigen Sendungen so gut wie gar keine Last mehr. Nur eben heute …

Zum Glück hatte heute früh Liselotte, die nette Pförtnerin, Dienst, und sie lachte, als ich meinte: „Liselotte, ich habe mir versehentlich ein Päckchen hierherschicken lassen, das eigentlich …“ – „Ja, ich hatte dich auch schon angerufen, aber du warst noch nicht da. Ich dachte: ‚Ruf sie mal lieber früh an, damit sie das Päckchen abholt, bevor sie wieder eins aufs Dach bekommt!‘ Denn mein Kollege Filipowski hat heute Nachmittag Dienst.“ – „Danke, Liselotte – wo muss ich unterschreiben?“ – „Hier, auf der ersten Seite.“ Und Liselotte sah mich neugierig an und fragte: „Was ist denn drin?“ – „Nix Revolutionäres – nur ‚Roberto Cavalli‘. Der letzte Flakon ist kürzlich leer geworden.“ Und ich unterschrieb, und wir verabschiedeten uns voneinander.

Der Arbeitstag war durchwachsen. Am Freitag hatte ich die Kasse gemacht, sogar ein aktuelles Kassenbuch angelegt, und als Erstes brachte ich das Ergebnis in die Finanzabteilung. Ich hatte sogar alles richtig gemacht! 😉

Gegen Mittag verschwand ich dann Richtung Nachbarstadt, und das im Bewusstsein, dass ich heute noch später nach Hause kommen würde, als ich dies montags ohnehin schon tue. Oder – seit heute – tat. Kurz: Ich war schon genervt, als ich hinfuhr … 😉

Aber die Studis waren nett, und als ich eintraf, saßen sie schon alle brav im Seminarraum. Einige Englisch-Englisch-Wörterbücher sah ich daliegen – das einzige Hilfsmittel, das sie benutzen dürfen. Und schon nahm die Abschlussklausur ihren Lauf.

120 Minuten sollte sie dauern, wobei ich mich selber frage, wozu die lange Zeit … Es geht nicht um Raketenwissenschaft, auch wenn es ein fachsprachliches Seminar ist. 😉 (Denn Raketenwissenschaft und ich sind zwei Welten, die aufeinanderprallen würden. 😉 )

Nun sollte man meinen, dass ich bei der ganzen Sache einen lauen Lenz hätte. Doch nein. Denn der erste der drei Aufgabenbereiche ist eine Hörverständnisaufgabe, bestehend aus zwei Teilen und zwei Texten. Da ich bei der diesmaligen Klausurrecherche und -vorbereitung keinen geeigneten Podcast gefunden hatte, nur zwei blanke Texte, musste ich wohl oder übel selber vorlesen. Und ich war heute offenbar schwach bei Stimme …

Der erste Aufgabenteil erstreckte sich insgesamt über eine etwas zu lange Zeit, was daran lag, dass die Vorleserin, von jedwedem Studi seit 2008 nur „Ms B.“ bzw. „Mrs B.“ genannt, bei der ersten Vorleserunde des ersten Texts einen eklatanten Hustenanfall erlitt, sich wieder fing, dann aber in der zweiten Runde des zweiten Texts mit dem zu kämpfen hatte, was umgangssprachlich als „Frosch im Hals“ bekannt ist. „Ms“ bzw. „Mrs B.“, ergo ich, sank erleichtert auf den Stuhl hinter dem Dozentenpult, als das anstrengende Vorlesen endlich sein Ende gefunden hatte. Ab da musste sie nur noch ein genaues Auge auf die Studis haben – nicht, dass da einer spickte! 😉

Wenn ich ganz ehrlich bin, hätte ihnen Spicken ohnehin nicht genutzt, und so saß ich an meinem Dozentenplatz, warf ab und an einen mehr oder minder strengen Blick in die eifrig schreibende Runde (keiner spickte!) und spielte die meiste Zeit „Exchange“ auf dem PC im Seminarraum, hatte aber immer einen Blick auf die Studis und war stets bereit, Fragen zu beantworten.

So auch die von Tobias gestellte: „Was würden Sie empfehlen: Wann sollen wir mit der dritten Aufgabe anfangen?“ Ich stutzte. Wie meinen? Und dann grinste ich und meinte: „Rein rational würde ich empfehlen: dann, wenn Sie mit der zweiten Aufgabe fertig sind.“

Die Studis – bis auf Tobias und die nicht-deutschsprachigen Erasmus-Studenten – lachten, und Stina schrie begeistert: „Eine echte Frau-B.-Antwort! Boah, Tobias! Was soll sie denn darauf antworten? ‚Fangen Sie exakt um 17:17 h damit an‘?“ Und sie schüttete sich vor Lachen fast aus.

Ich lenkte dann ein, obwohl ich schon öfter hatte feststellen müssen, dass Stinas und mein Humor Hand in Hand gehen, und meinte: „Tobias, ich habe für die dritte Aufgabe maximal eine halbe Stunde vor Augen gehabt. Man kann sie aber auch in 20 Minuten lösen.“

Und die Zeit tat das, was sie immer so zuverlässig tut: Sie schritt voran. Netterweise waren diverse Studis tatsächlich schon vor 18 h fertig. Aber einige saßen noch da und sahen aus, als bissen sie auf Hühnerkacke. Ich schlug großzügig noch zehn Minuten drauf. Wie gesagt: Es ist keine Raketenwissenschaft, und ich bin nicht päpstlicher als der Papst. Es geht darum, dass sie fachsprachliches Englisch können, dass sie sich in ihrem Fach ausdrücken können. Ich bin ja keine Lehrerin in dem Sinne. Ich freue mich, wenn sie sich trauen, das, was ich ihnen fachsprachlich beibringe, aktiv und ohne Scheu anzuwenden. 😉

Gegen Ende der draufgeschlagenen zehn Minuten hörte ich hie und da noch verzweifelte Schreie: „Just one more minute, Mrs B., please!“ Eine Minute, ja, die gab ich auch noch drauf, aber dann ordnete ich an, dass nun alle „Schreibgeräte“, wie mein Deutschlehrer das immer genannt hatte, niedergelegt werden müssten, und „brutal“ sammelte ich alle Klausuren ein. Ich bin mir ohnehin sicher, dass sie alle bestanden haben – es war ein sehr guter Kurs, und niemand muss sich ernsthafte Sorgen machen. 😊 (Obwohl ich allen Ernstes auf einem Tisch „Bachblüten-Rescue-Bonbons“ entdeckte … So schlimm bin weder ich, noch sind es meine Klausuren, dass man dafür „Rescue-Bonbons“ benötigte! 😉 )

Nett war, wie sich just die, von denen ich es nicht erwartet hätte, von mir verabschiedeten. Und wie jedes Mal war es so, dass ich einerseits froh war, das Semester geschafft zu haben, es mir aber auch leidtut, die Leute nicht mehr zu sehen. Da bin ich halt ein bisschen sentimental. Wie sonst auch. 😉

Und nun muss ich die Klausuren korrigieren. Das macht keinen Spaß, wenn man auch manchmal Überraschungen erlebt – negativ wie positiv.

Euch eine schöne Woche! 😊

„Willkommen beim Glücksrad!“

So dachte ich heute, als ich – ich hatte es mir im Prinzip selber ausgesucht – an einem Infotermin meiner künftigen Abteilung für andere Abteilungen teilnahm und sogar schon an einer Präsentation beteiligt war. Auch dies hatte ich selber gewählt. Dabei kämpfe ich gerade an zwei Fronten, da ich im Grunde noch in der Einarbeitungsphase meiner bisherigen Stelle bin, bald aber schon wieder wechseln werde. Und parallel werde ich auf der neuen Stelle eingearbeitet. Ich kämpfe an zwei Fronten, die mir beide noch nicht wirklich vertraut sind – nicht so vertraut, dass ich blind handeln könnte.

Und so bestand mein Part der Präsentation heute darin, liebreizend zu lächeln, überzeugt dreinzublicken und Aspekte zu verbalisieren, die der Beamer an die Wand projizierte. 😉 Allerdings garnierte ich das Ganze noch mit einigen Bonmots und netten Überleitungen. Ich bin ja zum Glück nicht auf den Mund gefallen. 😉

Es war eine gelungene Veranstaltung, aber, ich bin ehrlich zu mir, das lag gewiss nicht an meinem Part, und hinterher meinte ich zu meinen künftigen Kolleginnen: „Ihr könnt mich übrigens Maren nennen, wenn euch Ali nicht gefällt.“ – „Ist das dein Zweitname?“ – „Nee. Aber ich hatte während meiner überwiegend rezitierenden Darbietung irgendwann an eine Sendung denken müssen, die in den 80ern auf einem der Privatsender Erfolge feierte: Glücksrad. Da gab es eine Assistentin, Maren G., die nur abgestellt war, die Buchstaben an der Ratewand umzudrehen. Ich habe sie nie sprechen hören – gut, das hatte ich ihr heute voraus. Aber vom Prinzip her war es heute ähnlich. Ich hatte mehr darstellende denn Expertenfunktion.“ Meine künftigen Kolleginnen lachten sich schlapp und versprachen, mich niemals Maren zu nennen. Sie meinten, es sei doch prima gelaufen, und ich wäre doch gerade erst in den ersten Zügen der Einarbeitung. Und sie fänden gut, dass ich trotzdem schon im Teamverbund mitgemacht hätte. Nun ja – so wissen die Teilnehmer wenigstens auch schon mal, mit wem sie künftig rechnen müssen … 😉

Ich bin es gewohnt, vor vielen Leuten zu sprechen und bin meist nicht sehr nervös. Das gilt allerdings für Veranstaltungen, deren Thematik mir vertraut ist. Und so war ich heute unangenehm überrascht, dass ich, als ich vorne stand, plötzlich von etwas angefallen wurde, das ich sonst nicht so kenne: Lampenfieber. Zum Glück fiel es recht schnell von mir ab, und ich blickte sehr selbstbewusst in die überschaubare Runde. Zumindest kam es mir so vor. Aber man kann sich so leicht täuschen … 😉 Aus der Zuschauerperspektive sah es sicherlich anders aus. Und da sich das Ganze länger hinzog, als ich gedacht hatte, fiel mir auf einmal auf, dass ich zwei Arme und Hände besitze. Nein, das war mir zuvor schon klar gewesen, nur: Wohin mit den Dingern, wenn man nicht – wie ich es gewohnt bin – mit der Thematik so vertraut ist, wie man mit seinen Lieblingsschuhen vertraut ist?

In meinen Seminaren an der Uni einer der Nachbarstädte bin ich viel mobiler, auch meine Hände, die ohnehin oft recht lebhaft beim Reden sind. Ein Studi meinte mal: „Die meisten anderen Dozenten, die ich kenne, sitzen nur vorne und machen Frontalunterricht. Sie aber sind mal hier, mal dort, und doch haben Sie alles im Griff. Bei Ihnen würde ich mich nicht trauen, zu spicken.“ Ich gab zurück: „Und ich hoffe, ich gebe Ihnen auch keinen Anlass, spicken zu müssen!“

Ein ziemlicher Unterschied zum heutigen Termin. Da hilft nur eines: Ranklotzen und mich schnell einarbeiten! 😉 Schon jetzt fühle ich mich wie durch die Mangel gedreht, zumal meine jetzige Stelle und deren Aufgaben auch nach dem Wechsel noch von mir bearbeitet werden müssen. Wie gesagt: Ich kämpfe an zwei mir mehr oder minder bekannten Fronten … Derzeit eher minder. 😉

Und wie viele Portale ich inzwischen kennengelernt habe, von deren Existenz ich bis Oktober nicht einmal ahnte! 😉 Inzwischen bin ich bei den meisten registriert – wenn auch bis dato als staunender Newbie. Morgen muss ich erst einmal meine Vorgängerin anrufen – ich komme mit einem Tool noch nicht hundertprozentig klar …

Ich warte auf den Tag in der nächsten Zeit, da ich beide Stellen miteinander verwurschtele … 😉 Bis jetzt geht alles noch – aber ganz ehrlich: Ich glaube, ich brauche Urlaub! 😊

Euch einen schönen Bergfest-Abend! 😊

Alis erstes Mal …

… im Kino. (Also, das erste Mal, dass ich einen Film im Kino sah … 😉 )

Ich habe mir vorhin erstmalig einen Film auf einem Kanal angesehen, den ich sonst nie auswähle: den Disney Channel. Es hatte historische Gründe. 😉

Mein erster Film in einem Kino war Das Dschungelbuch von Disney. Da war ich noch reichlich klein. Ziemlich klein. Also etwa drei Jahre alt oder so. Und man hatte überlegt, dass die Zeit reif wäre, mich mit dem, was man Kino nennt, vertraut zu machen. Meiner Mutter, die nie eine Helikoptermutter war, was ich noch heute an ihr sehr schätze, weswegen wir – zumeist – auch gut miteinander klarkommen, war nicht ganz wohl bei dem Gedanken, der den süddeutschen Teil meiner Familie überfiel, als wir gerade dort waren. Denn sie wusste, dass ich mich nicht nur im Dunkeln fürchtete, sondern auch bei anderen Dingen bisweilen eine kleine Bedenkenträgerin war.

Besichtigung des Münsteraner Doms? Da, wo eine überlebensgroße Statue des Heiligen Christophorus steht? Man hatte es einst mit Magenschmerzen ausprobiert, war ich doch bei vergleichbaren Gelegenheiten zuvor schon mal in Tränen ausgebrochen, hatte jedoch beschlossen, dass Kinder am besten frühzeitig mit den Dingen des Lebens konfrontiert werden müssten, auch wenn es nicht immer angenehm sei – allzu Großes, Übernatürliches überforderte mich offenbar in dem Sinne, dass es mir Angst einjagte.

Der Heilige Christophorus damals in Münster schien mich auch zu faszinieren, wie auch immer, denn ich stand wie festgetackert davor, die Statue sehr skeptisch betrachtend. Meine Mutter sah es und kam lieber schnell zu mir, bevor ich mich in eine Sirene verwandeln konnte, was in einer Kirche nicht immer so gut ankommt. Und ich – so sagt sie – hätte sie gefragt: „Was ist das da?“ – „Das ist der Heilige Christophorus mit dem Jesuskind auf dem Arm.“ – „Was hat der da in der Ha-hand?“ – „Einen Baum.“ Langes Schweigen von meiner Seite, aber wohl mindestens eine hochgezogene Augenbraue. Dann, so meine Mutter, die inbrünstige Frage von meiner Seite: „Kaputt, ne?“ Bis heute weiß keiner, was ich damit meinte: den Baum, den Heiligen Christophorus oder das Jesuskind. Wie ich mich einschätze, wenn ich so zurückdenke, wollte ich wohl wissen, ob diese drei Gestalten, der Heilige, das Kind und der Baum nicht gleich zum Leben erwachen und von ihrem Standort herunterkommen würden … Allzu bedrohlich wirkte es auf mich. 😉

Da ich schon mehrfach an Orten, die ich als verunsichernd betrachtete, zu weinen begonnen hatte – und kleine Kinder können erschreckend laut weinen -, hatte meine Mutter ziemliches Muffensausen vor dem erstmaligen Kinobesuch. Da sie aber zum Glück immer sehr natürlich mit meiner Schwester und mir umging, erklärte sie mir möglichst beiläufig, dass es im Kino dunkel sei, aber dann ein total schöner Film gezeigt werde – schöne Bilder, die mir sicherlich gefallen würden. Ich nahm es wohl recht gelassen zur Kenntnis. 😉

Man brachte mich ohne Probleme in den Kinosaal – erstes Aufatmen. Aber da war es ja noch hell. Dann wurden die Türen geschlossen, und das Licht ging aus. Meine Mutter muss Blut und Wasser geschwitzt haben … Aber kein Ton von mir, auch während des Vorfilms nicht.

Dann begann der Hauptfilm, und auch da zunächst kein Piep von mir. Meine Mutter saß auf heißen Kohlen – schon im nächsten Sekundenbruchteil könnte sich die trügerische Ruhe in ein Inferno von Geheul, Schluchzen, als garte ich am Bratspieß, und Geplärr wandeln …

Aber konsequentes Schweigen von meiner Seite, obwohl es zuvor schon einige Szenen gegeben hatte, da im Kino gelacht wurde. Nicht ein Ton von mir …

Und dann eine völlig unspektakuläre Szene, da es im Kinosaal still war. Da muss ich wohl irgendetwas Lustiges entdeckt haben, denn plötzlich wurde die Stille von einem hellen Kleinkindlachen unterbrochen, das gar nicht abreißen wollte. Zunächst herrschte wohl erstauntes Schweigen – und dann lachte der ganze Kinosaal.

Ab diesem Moment war der Bann gebrochen, und meine Mutter atmete auf und konnte – sie hat ein Faible für gute Comics und Zeichentrickfilme – den Film auch genießen. Ihre kleine Heulboje zum Glück selber begeistert … 😉

Viele Jahre später, ich war Erstsemester in Aachen, wurde der Film im Bavaria am Holzgraben gezeigt. Seit vielen Jahren das erste Mal, dass ich diesen allerersten Film meiner „Kinokarriere“ sehen konnte. Die 20-Uhr-Vorstellung war bereits ausverkauft, und meine damals beste Freundin Sonja und ich mussten auf die 17-Uhr-Vorstellung ausweichen. Die Kindervorstellung. Aber da wir „Erstis“ waren, waren ja auch wir irgendwie noch „Kinder“. 😉

Und es war so süß! Außer uns und einigen wenigen versprengten mehr oder minder Erwachsenen ohne Familienanhang saßen nur Mütter und Väter mit ihren kleinen Kindern im Kinosaal. Rechts neben mir eine Mutter mit ihren zwei kleinen Söhnen. Der jüngere etwa so alt wie ich damals bei meiner „Dschungelbuch-Premiere“. Und offenbar recht frühreif, denn er flirtete heftig mit mir. Seine Mutter sah mich, grinste und meinte: „Ach, du Scheiße – der fängt schon früh an und steht ganz eindeutig auf Blond! Aber er hat Geschmack!“ Ich grinste zurück und bedankte mich.

Dann ging das Licht aus, und der Film nahm seinen Lauf. An der Stelle, da Balu, der Bär, mit Shir Khan kämpft, um Moglis Leben zu retten und dabei getötet worden zu sein scheint, herrschte atemlose, gelähmte Stille im Saal. Man hätte wohl eine Stecknadel fallen hören können, und als es wirklich unumkehrbar schien, hörte man von rechts, links, vorn und hinten lautes Schluchzen. Balu war halt der Held aller Kinder – und nun sollte er tot sein? Sogar mir stahlen sich angesichts der so echten Trauer der kleinen Kerlchen einige Tränen in die Augen, obwohl ich es doch besser wusste: Balu war nicht tot – doch nicht Balu, dieser liebenswerte Spinner! 😊

Und als der Film dann zu Ende war – Balu lebend und Shir Khan verjagt -, lachten wieder alle: Das Gute hatte gesiegt!

Heute Abend rief Mama mich an und meinte: „Ali, auf dem Disney Channel kommt Das Dschungelbuch. Falls du es sehen möchtest … Ich werde mir den Film auf alle Fälle ansehen – den ersten Teil habe ich damals ja gar nicht richtig sehen können. Blut und Wasser habe ich geschwitzt! Und danach hatte ich nie wieder Gelegenheit … Manche Dinge kann man im Leben nachholen.“

Ich lachte und habe mir den Film dann auch angesehen, diesen Film, der noch heute so nett ist. 😊 Zumindest steht er bis heute bei mir sehr weit oben auf meiner persönlichen Liste der beliebtesten Filme. 😉

Euch ein schönes Wochenende! 😊

Knapp am Nasenbeinbruch vorbei – Oder: Zum Glück ist heute „Bergfest“

Wie? Ihr wisst nicht, was Bergfest bedeutet? Dabei ist es so einfach! Bergfest ist der alternative Name für den Tag in der Woche, den ihr als Mittwoch kennt. So heißt der Tag auch offiziell. Bei mir nur Bergfest.

Warum? Weil man von Montag bis zu jenem Bergfest vom Tiefpunkt der Woche, von rock bottom, eben Montag, bis zum Höhepunkt kraxeln musste, dann aber den Gipfel oder die Kuppe erreicht, von der aus alles wieder bergab geht. (Obwohl es auch dabei einige Überraschungen geben kann …)

Bergab bedeutet hier aber nur: Richtung Wochenende. 😉 Und das ist eine feine Sache, so ein Wochenende. Ausschlafen, den lieben Gott einen guten Mann sein lassen – eigentlich könnte das Wochenende viel länger dauern. 😉

An meiner früheren Stelle war der Mittwoch, also das Bergfest, ein noch schlimmerer Tag als an meiner neuen Stelle. Obwohl: Heute war wohl eine Ausnahme …

Denn als ich heute früh aus dem Haus trat, war mein Auto speziell im Bereich der Windschutzscheibe von etwas überzogen, das ich nur als „Schnee, zwischenzeitlich getaut, von Regen überrascht und erneut gefroren“ bezeichnen kann. Es dauerte einige Momente, untermalt von Fluchen, das jedoch vom Brummen des Motors und der Lüftung meines Wagens übertönt wurde, bis ich eine eisfreie Frontscheibe hatte.

Auf der Fahrt zur Arbeit vor mir viele Leute, die offenbar noch nicht wach waren. Und wer – zum Henker – ist hier eigentlich für die Straßenplanung zuständig? An einer Stelle, da vor wenigen Monaten noch heftig baugearbeitet wurde, weswegen wir zum Teil einspurig fahren mussten, ist es nun noch schlimmer als zuvor, was die Spurführung anbelangt.

Etwas genervt langte ich bei der Arbeit an, um zu sehen, dass auf dem Mitarbeiterparkplatz die attraktivsten Parkplätze schon besetzt waren. Ich parkte dann in der Walachei – irgendwo ganz hinten.

Immerhin fing es erst zu schneien an, als ich aus dem Auto ausstieg. Das war doch mal was! 😉 Und Petrus schien sich nicht entscheiden zu können, ob er es nun regnen, schneien oder nicht doch lieber hageln lassen sollte … Ich kam – der Schirm war ganz unten in meiner Tasche – relativ durchnässt an meinem Arbeitsplatz an, wo ich meine Kollegin Kerstin mehr oder minder fröhlich begrüßte.

Sie schien sich in ähnlicher Stimmung zu befinden wie ich, grüßte mich zwar, wie immer, freundlich, meinte aber sofort: „Findest du nicht auch, dass das heute ein Scheißtag sei?“ Ich gab ihr Recht – ich sah es genauso. Ein Tag, an dem man am besten im Bett geblieben wäre. Und schnell stellte ich meine Sachen ab, wurschtelte mich aus meinem schwarzen Parka mit Kunstpelzbesatz an der Kapuze (seit ich ihn besitze, hasse ich Druckknöpfe …), und schon setzte ich mich auf meinen Bürostuhl und stützte meinen rechten Arm auf die Armlehne, als ich meinen Arbeitsplatzdrucker starten wollte.

Es machte nur laut Crack!, und schon segelte ich mit dem Gesicht ganz knapp an der Kante meines Schreibtisches vorbei! Zwischen meiner empfindlichen slawischen Nase und der Tischkante fehlten nur wenige Millimeter, und fast wäre ich zur Gänze vom Stuhl gestürzt und konnte mich gerade eben noch abfangen. Ich nahm noch ein liebliches Klingen wahr, mit dem das offenkundig metallene Teil, das die rechte Armlehne bis dato fest mit dem Stuhl verbunden hatte, irgendwo im Nirgendwo unter Kerstins und meinen Arbeitsplätzen verschwand, wo sich so viele elektrische Leitungen und ein ganzer Kabelsalat die Ehre geben. Ein Wunder, dass noch keine von uns sich darüber zu Tode gestürzt hat! 😉

Da die ganze Aktion etwas lauter vonstattenging, rief Kerstin von jenseits unserer insgesamt vier Bildschirme – jede von uns hat zwei, weil arbeitstechnisch notwendig – laut: „Um Himmels willen – was machst du da?“ Ich wusste es auch nicht so genau, war genauso überrascht wie sie, und als Antwort fiel mir nichts Besseres ein, als die abgebrochene Armlehne zu ergreifen, mich mühsam wiederaufzurichten, um ihr meine Trophäe mit lautem Lachen zu zeigen. Dabei fiel mein Blick auf Kerstins Telefon …

Genau wie ich, verfügt auch Kerstin über ein veraltetes Telefonmodell – dahingehend habe ich mich mit meinem Stellenwechsel eindeutig verschlechtert. Und unsere beiden Outdated-Telefonmodelle haben ihre Besonderheiten: Beide mit einem aufstellbaren Display versehen, wird Kerstins Display nur noch durch ein mehrfach in kleinstes Format geknicktes Blatt Papier aufrecht gehalten, während bei meinem Telefon zwar das Display wie eine Eins steht, dafür aber der Lautsprecher nicht mehr funktioniert, weswegen ich bei einigen Websessions, mit deren Hilfe ich mich in ein mir völlig neues Serviceverfahren einarbeiten sollte, jeweils über eine Stunde lang mit ans linke Ohr gepresstem Hörer dasaß und danach meinen linken Arm erst einmal kaum benutzen konnte, weil ich so eifrig gepresst hatte. 😉

Als Kerstins esels-und-papierbrückengehaltenes Telefon in mein Sichtfeld geriet, lachte ich hemmungslos und kriegte mich kaum mehr ein. Kerstin meinte besorgt: „Und du hattest noch gar keinen Kaffee – wie soll das bloß weitergehen, wenn du welchen getrunken hast?“ So genau wusste ich das auch nicht, nur, dass ich mich künftig ganz vorsichtig auf meinen Bürostuhl setzen müsse – eine völlige Neugewöhnung ist vonnöten, da ja nun die rechte Armlehne fehlt. 😉 Und mit Sorge blickte ich gen Decke: Ob die Neonleuchtenträger auch alle wirklich festinstalliert waren? Wie leicht kann einem ein solches Ding den Schädel spalten!

Kerstin lachte dann auch, als ich meinte: „Sollte mir noch einmal jemand sagen, Arbeiten im Öffentlichen Dienst sei ja völlig sorgenfrei möglich und ohne Risiko, zerre ich den in dieses Büro hier! Wir sind im Grunde von lauter Gesundheitsrisiken umgeben! Sieh dir allein den ganzen Kabelsalat an! Die eine Kollegin stürzt fast zu Tode, weil sie einen offenbar Jahrzehnte alten Bürostuhl hat! Wie leicht hätte ich mit der Nase auf die Tischkante prallen können – und ich muss nicht erklären, was passiert, wenn sich das Nasenbein ins Gehirn bohrt! Spontaner Exitus! Und über dein Telefon müssen wir gar nicht erst reden! Über meines übrigens auch nicht. Ob wir neue bekommen, wenn wir sie mit Schmackes an die Wand werfen?“

Kerstin lachte und meinte: „Gott sei Dank! Du siehst es genauso wie ich und verstehst auch nicht, warum wir mit solch altem Material arbeiten müssen! Die meisten hier finden das ja völlig normal. Aber die haben auch von Anfang an im ÖD gearbeitet – die kennen es nicht anders. Und: Nein, wir bekommen sicherlich keine neuen Telefone, wenn wir diese hier mit Schmackes gegen die Wand werfen. Höchstens zwei ‚neue‘ alte Modelle mit anderen Schwächen. Und nun haben wir uns doch an diese beiden gewöhnt … Aber außer uns beschwert sich auch keiner – die sind das nicht anders gewohnt.“

Ich schon. In der freien Wirtschaft tätig gewesen, wurde mir jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Schade nur, als dann Insolvenz angemeldet werden musste … Zum Glück war ich zuvor schon im ÖD tätig gewesen. So war der Kulturschock dann doch nicht ganz so groß.

Aber nachdem ich die Abteilung gewechselt habe, ist der Kulturschock wieder da – wir haben wirklich die ganz alten Klamotten. Immerhin lockerte es die Stimmung auf – wenn das nix ist! 😉

Ich muss jetzt halt nur immer dran denken, mich vorsichtig auf meinen Bürostuhl zu setzen. Denn einen neuen bekomme ich wegen einer solchen Bagatelle sicherlich nicht. 😉 Völlig ausgeschlossen. 😉

Und in diesem Bewusstsein kann ich nun ganz beruhigt auf das Wochenende hinarbeiten. 😉

Arbeiten im Öffentlichen Dienst hat eindeutig große Vorteile. Wenn man es denn überlebt. 😉

Ja, ich weiß – es gibt erheblich schlimmere Arbeitsplätze. Aber über den ÖD wird immer gesagt, es sei alles so rundherum sorglos abgesichert. Ist es nicht, wie Ihr seht. 😉 Aber – im Vertrauen – mein Beitrag ist nicht so ganz ernst gemeint. Ich habe es wirklich gut – mal abgesehen von den baufälligen Ein- und Vorrichtungen. 😉

Steht da was auf meine Stirn geschrieben, das ich nicht sehe …?

Ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber ich habe manchmal ein kleines Problem mit den lieben Mitmenschen. Beileibe nicht allen, behüte!

Es ist eher eine spezielle Art Mitmensch, und das ist keineswegs böse oder abträglich gemeint. Meist begegne ich ihr in öffentlichen Verkehrsmitteln …

Vergangenen Montag, als ich von meiner Dozentenfron kam und an meinem Umsteigebahnhof auf die S-Bahn wartete, müde und froh, endlich nach Hause zu fahren, passierte es erneut: Ein jüngerer Mann, der mir schon vorher aufgefallen war, weil er wie ein Tiger im Käfig – oder Rainer Maria Rilkes Panther – auf dem Bahnsteig hin und her schlich, fing an, mich zu umkreisen. Und ich wollte doch einfach nur da stehen … Mich irritierte das Gekreise, und ich nahm meine Tasche und entfernte mich einige Meter. Kurz darauf wurde ich erneut umkreist. Ich entfernte mich zum zweiten Male, aber es war wie beim ersten Mal nicht von Erfolg gekrönt.

Und so erhob ich meine Stimme und sagte: „Können Sie mir sagen, warum Sie mir folgen und mich umkreisen, wie die Erde die Sonne umkreist? Es stört mich, und ich hätte gern meine Ruhe. Kreisen Sie, bitte, woanders.“ – „Ich darf sein, wo ich will.“ – „Und ich habe durchaus Anspruch darauf, hier zu stehen, ohne dass man mir folgt und um mich herum zirkuliert. Hören Sie: Es stört mich. Zirkulieren Sie an einer anderen Stelle, bitte. Der Bahnsteig ist lang und breit genug.“

Daraufhin erklärte mir der jüngere Mann, der einen etwas verwirrten Ausdruck sein eigen nannte, er fände mich aber nun einmal sympathisch, und damit hätte ich mich nun abzufinden. Ob er sich in der S-Bahn neben mich setzen dürfe. Man könne sich doch so schön unterhalten. Ich sagte: „Ich hätte gern meine Ruhe, und ich möchte mich nicht unterhalten. Ich hatte einen anstrengenden Tag. Nein, ich möchte mich nicht mit Ihnen unterhalten.“ – „Haben Sie etwas gegen mich?“ – „Nein. Warum sollte ich? Ich kenne Sie nicht.“ – „Ja, aber wir könnten das doch ändern …“ – „Nein, ich bin müde, ich will mich nicht unterhalten. Lassen Sie mir einfach meine Ruhe.“ Aber auch das nutzte nicht, und der merkwürdige junge Mann klebte an mir wie Pech. Zum Glück kam die S-Bahn, und ich galoppierte quasi hinein und suchte mir einen Sitzplatz dort, wo es besonders voll und kein weiterer Sitzplatz frei war. Der junge Mann postierte sich dann an der nächstgelegenen Tür und fixierte mich fortan. Ich fand das extrem nervend und war froh, als er endlich ausstieg. Aber er blieb noch vor dem Fenster stehen, hinter dem ich saß, bis der Zug abfuhr …

Einmal mehr fragte ich mich, warum ich mich eigentlich gerechtfertigt hatte. Eigentlich hätte ich nur ein deutliches: „Nein! Schluss jetzt!“ sagen müssen. Ich ärgerte mich über mich selber – es war ja nicht das erste Mal …

Seit vielen Jahren ist das so. Wiederholt fand ich mich in Situationen wieder, in denen Menschen sich ähnlich verhalten wie der junge Mann. Meist in Bussen und Bahnen, wo die räumliche Situation beengt ist. Einmal saß ich im Zug von Oberhausen nach Aachen, und ein Mann, einige Jahre älter als ich, setzte sich neben mich. Er hatte, wie er erzählte, aufgrund eines Motorradunfalls eine physische Behinderung, und er sagte, er wolle gern neben mir sitzen, weil ich ihm sofort aufgefallen sei – ich sei offenbar ein netter Mensch. Es tat mir leid, dass er einen Unfall mit solchen Folgen gehabt hatte, und das sagte ich ihm auch. Das war ein Fehler. Denn schon fing er an, mich anzufassen, nahm meine Hand, streichelte mich ständig, wenn auch an nicht „heiklen“ Stellen, aber es war extrem unangenehm und ebenso übergriffig. Was fiel ihm ein? Ich sagte, er solle das unterlassen, aber er meinte, ich sei doch so nett – ob wir uns nicht einmal in Aachen treffen könnten. Ich sagte nein. Er fragte, warum – ob mich seine Behinderung stören würde. Ich sagte erneut nein, dass ich aber sein Verhalten zu vertraulich fände und überdies einen Freund hätte. Daraufhin meinte der Mann: „Der muss das ja nicht erfahren! Und wer weiß? Vielleicht ist der Freund dann ja schon bald Geschichte …“

Es reichte, und ich schrie den Kerl an: „Lassen Sie mich sofort in Ruhe! Das ist ja unverschämt – was bilden Sie sich ein!“ Daraufhin schrie er zurück, was für eine dumme Kuh ich sei, dass ich ihn seiner Behinderung wegen diskriminierte! Ich war fast sprachlos, was selten vorkommt. Dann aber riss ich mich zusammen und schnauzte: „Sie lassen mich jetzt sofort hier durch – neben Ihnen will ich nicht sitzen! Und Sie wissen genau, dass das nicht mit Ihrer Behinderung zu tun hat!“  Unvergessen. Und extrem unangenehm.

Diverse andere Ereignisse dieser Art folgten, die meisten in öffentlichen Verkehrsmitteln, wo man sich dem Ganzen nur schwer entziehen kann. Wurde ich energisch, wurde ich in 99 von 100 Fällen laut beschimpft, weil mir angeblich das Mitgefühl und die Empathie fehle. Was mache ich falsch? 😉

Das einzig Positive: Ich habe mal von einer Frau, die eindeutig verwirrt war, in Aachen die Funktionsweise des Busses, der damals auf der Linie 4 fuhr, en détail erläutert bekommen. Es war ein sogenannter Midibus, etwas kleiner als ein herkömmlicher Bus, und die Dame hatte sich wohl eingehend damit befasst und erklärte mir ungefragt dessen Besonderheiten von Aachen Markt bis Hanbruch. Der Bus war brechend voll. Aber klar, dass es mich traf … 😉

Warum nur? Ich fragte eine gute Freundin – sie ist Psychologin. „Stimmt vielleicht mit mir etwas nicht?“ fragte ich sie besorgt, aber sie lachte und meinte: „Mit dir stimmt alles. Du hast aber offenbar eine Ausstrahlung, die diese Leute anzieht. Und dann passiert, was ich durchaus als emotionale Erpressung bezeichne, sobald du dich verständlicherweise diesen Übergriffen entziehen willst.“

Hui – da habe ich ja noch einmal Glück gehabt! Mit mir stimme alles, sagte sie. 😉

Ich werde nun aber doch mal im Bad nachsehen, ob ich nicht einen Spruch auf meiner Stirn stehen habe: „All diejenigen, die aus welchen Gründen auch immer irgendwie Hilfe suchen: Kommt alle zu mir!“ Bis dato konnte ich dort nichts finden …

Übrigens bin ich durchaus hilfsbereit. Aber ganz freiwillig. Ich mag nur keine Übergriffe und unterhalte mich doch lieber mit Leuten, die mir erlauben, das ganz allein zu entscheiden. Dann umso lieber. 😊

Von einem Extrem ins andere

Diesen Beitrag widme ich meiner Ex-Kollegin Janine, obwohl sie ja noch immer meine Kollegin ist, wenn wir nun auch in völlig unterschiedlichen Gebäuden sitzen und ganz unterschiedliche Themengebiete bearbeiten. 😉

Aber hier geht es um etwas ganz anderes. Es geht darum, dass unterschiedliche Abteilungen offizielle Feste ganz unterschiedlich begehen. Es ist eine Sache von: „Ganz oder gar nicht“, „Overknee oder barfuß“, „Sekt oder Selters“.

Kurz: Früher war keineswegs mehr Lametta an meinem Arbeitsplatz. Eher weniger. Weihnachtsfeier? Was ist das? Ich war es so gewohnt, und wir organisierten etwaige Weihnachtsfeiern dann auf meinem ehemaligen Flur lieber selber. Die Chefs waren selbstverständlich eingeladen.

Und nun das! Anfang Oktober wechselte ich in eine völlig andere Abteilung, und es war eine immense Umstellung. Nicht nur, dass ich so viele Dinge völlig neu lernen musste, nein! Auch, was das Thema sozialer Umgang, hier im Besonderen „Weihnachtsfeier(n)“, anbelangte, hatte ich hinzuzulernen, denn ich habe inzwischen den Eindruck, dass ich vor dem erst kürzlich vergangenen Weihnachtsfest all die Feiern nachgeholt habe, die mir in der Zeit auf dem anderen Platz versagt geblieben waren. Gefühlt war es so. Dauernd hieß es, wir würden uns hier und da treffen, und dann wurden Kaffee, Tee und Plätzchen kredenzt! Fast überforderte mich das, weil ich das ja so gar nicht gewohnt war. 😉 Am 22. Dezember aß ich bei einer erneuten Zusammenkunft selbstgemachten Lebkuchen – und war begeistert. Zwar war die Konsistenz etwas sehr locker, aber der Geschmack stimmte. Und ich hatte selber mal versucht, Lebkuchen zu backen und wusste um die Klippen und Untiefen, die sich dabei auftun können, was von vornherein einen Riesenbonus gab. Allein schon für den Willen. 😉

Aber das war ja noch nicht unsere echte Weihnachtsfeier! Beileibe nicht. Denn diese trug sich gestern zu – mitten im Januar, aber umso schöner. Denn mein gesamtes Dezernat traf sich zu einem Kochkurs in einer hiesigen Familienbildungsstätte, einer katholischen, in die sogar ich eingelassen wurde, obwohl ich konfessionslos bin. Und völlig ungläubig (Ersteres ergibt sich aus Letzterem … 😉 ) Es spricht für die Bildungsstätte. 😉 Auf der anderen Seite finanzieren ja auch Konfessionslose kirchliche Einrichtungen mehr oder weniger freiwillig via Steuern und Sozialabgaben mit … 😉 Dann werde ich da doch wohl auch kochen dürfen! 😉 (Ich habe lange in einem von der evangelischen Kirche getragenen Chor mitgesungen, obwohl ich früher katholisch gewesen war, und das zu diesem Zeitpunkt auch schon lange nicht mehr … 😉)

Als wir eintrafen, waren in der großen Küche mit von mir ungezählten Herden und Backöfen – es gab aber leider nur zwei Spülmaschinen – neun Stationen aufgebaut, die ich eine nach der anderen abschritt, um zu entscheiden, wo ich was kochen wolle.

Auf 1 war eine Vorspeise aus der Kategorie Bistroküche angesagt: „Überbackene Lauch-Croissants“. Nicht meins, obwohl das Ergebnis sehr lecker war.

Nr. 2: Kartoffeln, in relativ dicke Stifte geschnitten und mit Olivenöl und Zitrone im Ofen gegart? Klang toll, schmeckt auch toll, aber es erschien mir nicht wie eine Herausforderung, da ich ja schon viele Jahre koche, und das sehr gern. Tsatsiki? Bauernsalat? Nee – da musste man auch nur schnippeln, raspeln und zusammenrühren. Das Dessert, eine Kokoscreme mit Ananas, war auch nicht meins, da ich Desserts und süße Sachen nicht gern zubereite – das entspricht nicht meinen Vorlieben. Ich mag es eher herzhaft. 😉

„Chili-Erdnuss-Mie-Nudeln“ interessierte mich schon mehr, nachdem ich die Station „Pastinaken-Cremesuppe“ passiert hatte, auf die sich gleich die einzigen beiden esoterisch-homöopathisch interessierten Kolleginnen gestürzt hatten. Ich mag die beiden wirklich gern, aber unsere Ansichten divergieren sehr stark – und irgendwie war mir vorher schon klar gewesen, dass diese beiden die Suppe zubereiten würden, denn Suppe hat so etwas … Meditatives. Und sie ist stets eine Zusammenkunft völlig unterschiedlicher Elemente. Nicht wahr? Und hat auch stets etwas Mystisches an sich, wie man da in einem großen Topf etwas anrührt, das andere auslöffeln müssen. 😉

Die Nudeln konnten mich aber auch nicht recht überzeugen, und so blickte ich zu den Stationen 8 und 9. Auf 8 war Winterkabeljau auf einem Tomaten-Knoblauch-Bett angesagt. Auf 9 Stifado, eine griechische Variante des allgemein bekannten Gulaschs. Obwohl ich von klein auf mit meinem Onkel angeln ging und keine Panik vor der Zubereitung von Fisch haben sollte, habe ich mich nach langem Schwanken für das Fleisch-Schmorgericht entschieden. Und so kochte ich zusammen mit Kollegin Larissa, während Gina und Marion zum Fisch kamen wie die Jungfrau zum Kind. Zu lange gezaudert, wollten sie, als Larissa und ich gerade nach dem notwendigen Handwerkszeug für die Zubereitung des Stifados Ausschau hielten, unsere Station vereinnahmen! 😉 Aber Larissa verjagte sie mit den Worten: „Hey – nee! Das hier ist schon besetzt!“ – „Aber hier stand doch keiner!“ – „Nee, weil Ali und ich schon nach den Instrumenten suchten! Ali! Einer von uns muss hier Wache halten, wie es scheint!“ – „Ich kann nur eines! Soll ich jetzt die Gewürznelken suchen oder Wache schieben? Du stehst doch gerade da!“ Aber Gina und Marion hatten es schon eingesehen und waren zum Winterkabeljau weitergezogen. (Um es vorwegzunehmen: Sie haben die Aufgabe hervorragend gelöst! 😊 )

Voller Inbrunst zogen Larissa und ich ein Kilogramm Zwiebeln ab und teilten diese in Viertel, brieten dann zwei Kilogramm Rindfleisch in Würfeln an, als gäbe es kein Morgen, würzten es dann mit Salz und Pfeffer, warfen dann die Zwiebeln dazu, vier Lorbeerblätter, mindestens 10 Pfefferkörner und zwei Zweige Rosmarin, vier Gewürznelken, danach Tomatenmark und eine große Dose geschälter Tomaten. Und dann flossen noch vier Tassen Rotwein in den Topf. Wir probierten mehrfach – es schmeckte im Ansatz natürlich nicht besonders gut. Nicht so, wie ich das Gericht kannte. Es fehlte etwas, und Larissa meinte dann irgendwann: „Ich könnte es auch so schon essen, aber irgendwas fehlt. Da sind Nelken drin – und Pfeffer. Irgendwas fehlt zum Weihnachtlichen.“ – „Zimt,“, sagte ich, muss aber auch zugeben, dass ich das Gericht schon kannte. Zumindest passiv. Larissa stutzte, sah mich an und meinte: „Ja! Du hast Recht! Zimt! Wie kommst du darauf?“ Ich grinste und meinte: „Ich kenne das Gericht. Zimt gehört da standardmäßig hinein.“ – „Ah!“

Wir hatten aber keinen Zimt zur Hand, und so schoben wir das Eintopfgericht, das mindestens eineinhalb Stunden schmoren musste, ohne diesen in den Ofen – es würde auch so sicher schmecken. Die Zeit drängte.

Zwischendurch aßen wir peu à peu die anderen Gerichte. Unerreicht: Der Winterkabeljau, den Gina und Marion zubereitet hatten. Der war wirklich hervorragend. Danach dann das Stifado, das die Kursleiterin besonders lobte, zumal ich zweimal in der Küche verschwunden war, um abzuschmecken. Die Kursleiterin wusste das zu schätzen und meinte: „Sie kochen nicht zum ersten Mal! Ich habe schon vorhin gesehen, dass bei Ihnen alles zack-zack geht. Sie wissen, was Sie tun!“ Ich lachte und meinte: „Beim Kochen schon!“ Und dann schmeckten wir das Stifado ab. Die Kursleiterin meinte: „Das ist nicht mein Rezept – das ist nicht so, wie ich das kenne! Da fehlt etwas! Da fehlt …“ – „Zimt!“ rief ich, und sie strahlte mich an und meinte: „Wie ich schon sagte: Sie kochen nicht zum ersten Mal!“ – „Ich kenne das Gericht, da ist es kein Wunder.“ – „Ja, aber trotzdem! Sie waren die Einzige von denen, die wirklich gearbeitet haben, die dabei gelächelt hat. Einige haben so ausgesehen, als würden sie auf Hühnerkacke beißen, während sie kochten. Und ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, aber die beiden Kolleginnen, die die Suppe gemacht haben, haben fast eine Wissenschaft daraus gemacht! Ich bin von Beruf Köchin und finde, dass man da pragmatisch herangehen müsse. Und so lange, wie die an der Suppe laborierten, hätten andere ein Kind ausgetragen! Entschuldigen Sie, bitte, dass ich das so sage!“

Ich kniff der Kursleiterin ein Auge zu – ich hatte den Suppenkochprozess ja vor Augen gehabt, da die beiden Kolleginnen an dem Arbeitsplatz standen, auf den ich stets blickte, hob ich meine Augen von den zu schälenden Zwiebeln. 😉 Und ich kenne beide Kolleginnen und wusste, was die Kursleiterin meinte … 😉 Eine von beiden wurde auch plötzlich von einer Übelkeit angefallen, bekam von ihrer Suppenkoch-Kollegin sogleich ein Homöopathikum verabreicht, musste dennoch von ihrem Partner abgeholt werden, nachdem alle ihre Suppentassen ausgelöffelt hatten und ihre Mit-Verursacherin ihr Resultat gelobt und als „politisch korrekt“ gepriesen hatte … 😉 So macht Kochen richtig Spaß! 😉

Nachdem ich mich mit der Kursleiterin länger über küchentechnische Fragen unterhalten hatte, fragte diese mich: „Jetzt mal ehrlich: Wo haben Sie Kochen gelernt?“ Ich sagte: „Bei meiner Mutter und meiner Oma. Ich habe mich immer so gern mit beiden unterhalten, und das oft in der Küche. Offenbar habe ich vieles einfach so übernommen, durch Zusehen. Und durch Ausprobieren dann später, als ich auf mich gestellt war. Aber bei Ihnen mache ich gerne noch einen Kurs!“ Die Kursleiterin freute sich, und inzwischen bin ich mir ziemlich sicher, dass ich bei ihr einen weiteren Kurs mache. 😉

(Und es führte immerhin dazu, dass sie und ich uns ohne jegliche Abmachung quasi verbrüderten, sie dann voller Elan die Küche durchforstete und tatsächlich noch zwei Zimtstangen zutage förderte … 😉 )

Nachdem wir dann noch Schrottwichteln gemacht haben und ich mit noch Schlimmerem nach Hause ging, als ich mitgebracht hatte, war diese Weihnachtsfeier dann beendet. Eine sehr schöne Weihnachtsfeier. Ich bin gespannt, wann die nächste kommt. Bei der bisherigen Schlagzahl kann es nicht mehr lange dauern … 😉

Ein schönes Wochenende! 🙂

Wenn das Jahr so weitergeht …

… bin ich über kurz oder lang – eher über kurz – ergraut. 😉

Es fing bereits Silvester an, als ich mich am späten Nachmittag mit dem Auto auf den Weg machen wollte. Ich war eingeladen zu einem Fondue und einem netten Abend.

Hektisch wie immer, wenn ich einen Termin habe, schloss ich den kleinen Monty auf – ich war schon etwas spät dran -, und ich warf meine Klamotten hinein, darunter diverse pyrotechnische Objekte. 😉 Mich selber warf ich auf den Fahrersitz, und dann startete ich den Motor. Besser gesagt: Ich wollte den Motor starten. Denn alles, was ich hörte, war ein sehr greises Geräusch, eine Art Stottern, ein Todesröcheln, das alsbald erstarb … Nicht so mit mir! Und erneut startete ich. Zumindest den Versuch, zu starten. Röcheln, altersschwach, in den letzten Zügen liegend, war die Antwort.

O Gott! Ausgerechnet jetzt! Was sollte das? Warum? Und wieso ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt? Etwas unbeherrscht schnauzte ich den arglosen kleinen Monty an: „Was soll der Scheiß, bitte? Du bist eineinhalb Jahre alt!“ Zum Glück kam mir recht schnell der Gedanke, dass ich mit einem unbelebten Gegenstand – zum damaligen Zeitpunkt sogar im doppelten Sinne – sprach, und so riss ich mich zusammen.

Ich atmete tief ein und wieder aus. Hier war Besonnenheit gefragt. (Ja, auch ich bin deren durchaus bisweilen mächtig! 😉 ) Und so versuchte ich mit ganz besonnener rechter Hand und insgesamt völlig entspannt, die Karre ans Laufen zu bekommen. Sachte trat ich nach dem etwa dritten Versuch zusätzlich aufs Gas. Ganz sachte.

Beim etwa zwanzigsten Versuch (zwei Fenster des Hauses, vor dem ich stand, waren zwischenzeitlich zweimal geöffnet und wieder geschlossen worden – beim zweiten Mal mit etwas mehr Schwung) klang das Röcheln nicht mehr ganz so moribund, und beim zweiundzwanzigsten Startversuch dann endlich sprang der Motor an! „Halleluja!“ dachte ich laut, als der Motor auch schon heftigst aufheulte – ich hatte in meiner Freude das Gaspedal wohl doch etwas fester getreten, als beabsichtigt. Sofort ging wieder eines der beiden Fenster im Haus, vor dem ich stand, auf, und ein erboster Mann blickte heraus. Ich lächelte und winkte fröhlich, und der Mann knallte das Fenster noch erboster zu. „Hehe,“ dachte ich fröhlich für mich hin, „Knallen erst ab Mitternacht, bitte schön.“

Und ich habe sogar die ganze Strecke bis zu meinen Gastgebern problemlos bewältigt. Und am nächsten Tag sprang der Wagen auch relativ zügig an. (Im Geiste notierte ich: „Dringend Termin in der Werkstatt machen!“) Mein einziger ernstgemeinter Vorsatz für 2018 – zumindest bis jetzt. 😉

In der Werkstatt war ich am Freitag und wurde vom Meister so richtig dämlich abgebügelt, als ich das Szenario von Silvester beschrieb. „Dann kann es ja wohl kaum an der Batterie liegen, gute Frau!“ – „Die ‚gute Frau‘ habe ich jetzt zu Ihren Gunsten mal überhört! Und ich hatte auch gar nicht von der Batterie gesprochen, als ich den Termin vereinbarte. Ihr Mitarbeiter sprach von der Batterie. Dem hatte ich alles genauso geschildert wie Ihnen jetzt eben.“ Brummelnd zog der Meister mit meinem Autoschlüssel ab. Es war dann letzten Endes nichts zu finden. Aber die Batterie hatte ich mit keinem Wort erwähnt, nur, um das noch einmal zu betonen. 😉

Meine Wochenendeinkäufe hatte ich getätigt, während der launische Wagen durchgecheckt wurde, und so konnte ich danach direkt nach Hause fahren. Monty sprang ganz problemlos an, als wollte er mir eins auswischen … 😉 So ein kleines Arschloch! 😉

Zu Hause packte ich gerade die Einkäufe weg, als mich ein menschliches Bedürfnis heimsuchte. Ich ließ alles stehen und liegen und eilte gen Bad. Aber irgendwie scheint auf der Region um mein Bad herum irgendein böser Fluch zu lasten, denn nicht nur habe ich mir einst am Türrahmen einen kleinen Zeh gebrochen, sondern bin auch einmal so heftig umgeknickt, dass es mich zu Boden riss. Und so auch nun. Mein linker Knöchel knickte mittig, und ich konnte mich gerade noch abfangen, aber es knackte im Knöchel, und ich dachte nur: „Bitte nicht! Bitte keinen gebrochenen Knöchel!“ Aber er ist wohl nicht gebrochen, sieht aber auch heute noch immer ein wenig anders aus, als er dies für gewöhnlich tut. Nur ein bisschen, denn ich habe ihn sofort gekühlt. Und ich musste an meinen früheren Orthopäden denken, der mir schon zu meiner Jugendzeit erklärt hatte, dass meine Bänder wohl nicht die Glanzleistung seien, die derjenige, der mich schuf, vollbrachte. Wahrscheinlich bin ich bändermäßig ein Montagsprodukt. 😉 Und zahnmäßig. Zum Glück funktionieren die meisten anderen Dinge an mir (mal abgesehen von den Augen – die sind zwar, wie ich selber finde, das Schönste an mir, was jetzt auch nicht so doll klingt -, aber leider auch kurzsichtig und hornhautverkrümmt) einwandfrei. Vor allem meine Ohren – ich habe ein sehr gutes Gehör! Es ist so gut, dass ich manchmal sogar das Gras wachsen höre! 😉

Der Samstag war vergleichsweise ruhig, und nur einmal geriet ich in Aufregung. Ich hatte gerade das Wohnzimmer ver- und die Balkontür zum Lüften offengelassen. Ich wollte eigentlich nur kurz etwas in der Küche machen. Tat ich auch. Als ich die Wohnzimmertür auf meinem Rückweg öffnete, hörte ich ein merkwürdiges Rascheln. Nun bin ich es ja fast schon gewohnt, dass Rotkehlchen und Kohlmeisen, entweder singulär oder im Paarverbund, wie auch Amselmännchen auf Freiersfüßen mein Wohnzimmer von Zeit zu Zeit heimsuchen, und so dachte ich zunächst: „Es wird wieder einer dieser Vögel sein. Hoffentlich kapiert er schnell, wo es wieder hinausgeht.“ 😉 (Denn wenn sie auch den Weg hinein ganz leicht zu finden scheinen, haben sie offenbar ein kurzes Gedächtnis: Die Luke zu finden, durch die sie hineinkamen, scheint – geht es um den Auszug – erheblich schwieriger zu sein. 😉 )

Doch weit gefehlt! Es war kein Vogel! Es war ein Kleinsäuger! „Mein“ Eichhörnchen, das mich öfter auf dem Balkon besucht, der kleine Pit, wie ich ihn getauft habe, schoss bei meinem Betreten durchs Wohnzimmer! Die Tür! Der Ausgang! Wo war er nur? Und wie „zielgerichtet“ raste der kleine Pit, der ganz offenbar nicht die hellste Kerze auf der Torte ist (ich mag ihn aber trotzdem – ich habe auch so einen bescheidenen Orientierungssinn), da er sich kürzlich sogar von einer winzigen Blaumeise vom Futter vertreiben ließ (das wäre mir an seiner Stelle nie passiert!), stets rechts und links an der weitgeöffneten Tür vorbei! (So ähnlich ergeht es mir übrigens beim Lottospielen: Ich liege immer dicht an den schließlich gezogenen Zahlen dran. Entweder rechts oder links daneben auf dem Lottoschein … Wirklich! Wie ferngesteuert. 😉 Wie der kleine Pit auf der Suche nach dem Ausgang! 😉 )

Ich humpelte in seine Richtung und versuchte, ihn nach draußen zu treiben, ihm den Weg zu weisen. Der kleine Pit jedoch geriet in Panik und raste in bemerkenswerter Geschwindigkeit die Wand hoch (ich habe Rauhfasertapete an den Wänden – das ist für ein Eichhörnchen quasi ein Boulderparadies) … Dann hechtete er in eines meiner Bücherregale und richtete dort Chaos an … Über meine Couch ins DVD-Regal, was ihm auch nicht sehr viel Platz bot. Aber was nicht passt, wird passend gemacht – und schon flogen die DVD-Hüllen aus dem Regal … Binnen kurzem machte der kleine Pit eine Achterbahn aus meinem Wohnzimmer … Und ich stand mittendrin wie ein Dompteur, der seinen Beruf verfehlt hat, jedoch mit liebreizender Stimme auf das unartige Tier einspricht: „Pittilein, ich tue dir doch nichts! Ganz ruhig! Es passiert dir nichts!“ Irgendwann hat „Pittilein“ sich dann todesmutig an mir vorbeigestürzt, und das sogar über den Boden! Und er fand die Tür! Das Letzte, das ich – wahrscheinlich für längere Zeit – von ihm sah, war sein buschiger Schweif, als er kopfüber an der Hauswand herab flüchtete. 😉 Armes Kerlchen! Ich konnte trotz des Chaos‘ nicht einmal böse auf ihn sein. 😉

Ich vermute, der kleine Pit muss sich erst noch an mich gewöhnen. 😉

Gestern dann quasi im „Kundendienst“ bzw. Servicebereich meiner Dienstabteilung. Auch da können einem die Haare schnell ergrauen. Denn unter den Menschen, an denen meine Kollegen und ich Dienst leisten, sind auch einige, die einfach nur dreist sind. Gestern kamen mehrere davon an. Zwei davon werde ich sicherlich in der nächsten Zeit nicht vergessen, denn einer meinte: „Ah! Ich will mein Fach wechseln!“ Ich lächelte zuvorkommend und meinte: „Sehr schön! Am einfachsten ist es, gehen Sie auf unsere Homepage. Unter Punkt […] finden Sie alles, was Sie wissen müssen, ebenso das Antragsformular. Am besten wird sein, Sie lesen sich das erst einmal durch, und wenn dann noch Fragen bestehen sollten, wenden Sie sich gern wieder an mich.“ Und ich verschluckte, was ich eigentlich sagen wollte: „Das ist alles selbsterklärend. Sie müssen es sich halt nur ansehen, durchlesen und verstehen … wollen.“ Ich verkniff es mir, obwohl mir sehr danach war – die Kundschaft zuvor hatte zwar zu nicht geringem Teil schon ungläubiges Staunen bei mir verursacht, aber ich gehöre ja dem Servicebereich an. 😉

Daraufhin meinte der junge Mann: „Aberrr ich brrrauche doch wohl keine Crrredits, wenn ich wechseln will?“ Ich wusste erst gar nicht, was ich sagen sollte und starrte ihn überwältigt an. Durch meinen Kopf schossen diverse sehr spontane Antwortmöglichkeiten, darunter auch: „Aber nein! Wozu Leistungsnachweise! Die Angabe Ihrer Schuhgröße reicht völlig!“ Leistungsnachweise! Credits! Werden im Allgemeinen doch völlig überschätzt … 😉 Ich sagte mit ins Gesicht gemeißeltem freundlichen Lächeln: „Ja, sicher brauchen Sie Leistungsnachweise – das ist die Voraussetzung für einen Wechsel …“ – „Ja, wissen Sie – ich habe verrrgessen, mich zu den Prrrüfungen anzumelden.“ – „Wie bitte?“ – „Ja, habe ich gedacht, da können Sie etwas machen!“ – „Nein, das ist nicht meine, sondern Ihre Aufgabe. Wenn Sie – wie auch immer – vergessen, sich zu Ihren Prüfungen anzumelden, bin ich dafür nicht zuständig. Klären Sie das, bitte, selbst – und auch nicht hier. Das hier ist der falsche Ort.“ Und ich nannte ihm den richtigen Ort, aber er schätzte sich selber wohl als so unwiderstehlich und mich offenbar so dumm ein, dass er mich angrinste und meinte: „Aberrr … Sie sind doch eine so nette Frrrau …“ – „Ja. Bin ich. Aber nicht zuständig. Wir sind hier der falsche Ansprechpartner, und es kommt hinzu, dass das Ihre eigene Aufgabe ist.“ Maulend zogen der junge Mann und sein Begleiter ab, und ich blickte zu meiner Kollegin Kerstin hinüber und griff mir an den Kopp. Die grinste nur und meinte: „Ja, ich fand die auch interessant. Aber sieh nur – da kommen schon die Nächsten …“

Ziemlich weich in der Birne nach all diesen Fällen, bisweilen sogar so etwas Ähnliches wie fassungslos, fuhr ich dann zu meiner Dozentenfron an die Uni in einer der Nachbarstädte, und zum Glück war Tobias im Seminar nicht anwesend … Tobias weiß alles besser, kann alles besser und hält sich für sehr kritisch und die Welt hinterfragend. Er sollte Journalist werden … Nein! Tobias ist nett, aber extrem nervig und nervend. Ein wirklich netter Kerl – aber irgendwie war das Seminar gestern erheblich entspannter als sonst. 😉

Trotzdem war ich erst spät zu Hause – die Bahn hatte mal wieder beschlossen, für Überraschungsmomente zu sorgen und einige Bahnen nicht nur zu spät, sondern gar nicht fahren zu lassen. Natürlich ohne Hinweis – es wäre ja auch sonst nur halb so lustig für die, die in eisiger Kälte am Bahnsteig ausharren und auf den Sankt-Nimmerleins-Tag warten – was sie aber noch gar nicht wissen … Mangels eines entsprechenden Hinweises … 😉

Das klingt alles recht harmlos. Zu harmlos, darüber zu ergrauen. Aber ihr wisst ja: Kleinvieh macht auch Mist. 😉

Auf ein angenehmes Jahr 2018!  Es kann nur besser werden. Hoffe ich. 😊

Auch eine Klosterschülerin ist nur ein Mensch …

Immer wieder stolpere ich über den falschen Einsatz des Begriffs Klosterschülerin. Er ist im Grunde nicht selten als Beleidigung gedacht, zumindest jedoch als mehr oder minder freundlicher Rüffel. Als Kritik, wenn jemand nicht wagemutig genug erscheint. Im Grunde rangiert er im landläufigen Verständnis irgendwo zwischen Blaustrumpf und Mauerblümchen.

Ich kann nur sagen: Wer den Begriff so verwendet, kann ganz furchtbar falsch liegen … 😉 Woher ich das weiß? Nun … man erwirbt mit der Zeit eine gewisse Lebenserfahrung. Vor allem als Ex-Klosterschülerin. Da bisweilen besonders nachhaltig. 😉

Ich habe mein Abi auf einem Gymnasium gemacht, das eine solche Klosterschule ist, und es ereignete sich wieder und wieder Geläster seitens des städtischen Gymnasiums. „Ja, ach, die Nönnekes da! Bei denen lernt man sicher nur Kochen und solche Dinge! Und von morgens bis abends wird gebetet!“ wurde da behauptet, ohne dass auch nur irgendjemand eine Ahnung hatte, was hinter den Klostermauern gelehrt wurde.

Ja, sicher, es herrschte die Pflicht, bis 13.1 Religionsunterricht zu haben, den man erst mit Beginn der 13.2 abwählen konnte (was ich sofort getan habe) – also kurz vor dem Abitur. Ich hatte ein längeres Gespräch mit unserer damaligen Direktorin, einer Nonne, aber ohne Tracht, die auch meine Deutsch- und Literaturlehrerin war, und sie war eine sehr, sehr gute Lehrerin, wenn auch bisweilen etwas sehr von sich überzeugt. Wir sprachen, da ich wissen wollte, ob ich nicht doch irgendwie dem Religionsunterricht entfleuchen könne. Da sagte sie: „Kein Problem, Ali – Sie müssen halt die Schule wechseln!“ Klar, in der 12 wechselt man auch besonders gern … 😉  Ich zog eine Fresse, und sie sagte: „Ja, aber warum haben Sie diese Schule ausgesucht?“ Ich platzte heraus: „Als hätte ich irgendeinen Einfluss darauf gehabt! Ich wurde hier angemeldet, weil diese Schule einen sehr guten Ruf hat – nur halt nicht beim Augustinum [dem städtischen Gymnasium], denn die haben ja immer was zu kamellen!“ – „Sie wollten also gar nicht hierher?“ – „Ich war 10, als ich hier angemeldet wurde. Ich hatte keine Wahl. Aber verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich bin sehr gern hier, und ich weiß den fundierten Unterricht zu schätzen! Allein der religiöse Aspekt …“ – „Ja, aber Sie sind doch katholisch …“ – „Noch!“ entfleuchte mir. „Aber das gedenke ich, zu ändern.“ – „Ah, Sie möchten lieber in den protestantischen Religionskurs?“ – „Nein, auch nicht. Ich möchte gar keinen Religionsunterricht! Ethikunterricht wie an manch anderen Schulen fände ich toll!“ – „Ja, Ali, dann müssen Sie wechseln. Oder Sie beißen in den für Sie sauren Apfel … Ich kann nachvollziehen, was Sie bewegt, wenn ich persönlich es auch nicht verstehe. Aber das ist nicht Ihr Ding, und Sie werden mich auch nie sagen hören, dass eines Tages …“ – „Danke. Das ist schon mal gut, zu wissen,“, unterbrach ich schnell, und ich biss dann in den sauren Apfel und hielt mich mit Referaten über Marx, Feuerbach und Sartre sowie als Advocata diaboli im Religionsunterricht über Wasser. 😉 Nicht nur dort, sondern auch im Französisch-LK wurde ich bisweilen angefeindet, weil ich eher atheistische oder zumindest agnostizistische Perspektiven vertrat. Eine Mitschülerin riet mir im LK Französisch sogar mal aufs Heftigste, ich solle doch gefälligst die Schule wechseln, wenn ich mehr auf so „gottloses Zeug“ wie Sartre stünde! (Interessanterweise hielt die Schulleitung das „gottlose Zeug“ für durchaus lernenswert – es stand zwar ohnehin auf dem „Spielplan“ bzw. im Curriculum, aber die Schulleitung fand das überdies völlig okay, da sie der Meinung war, ein jeder müsse ein möglichst weitgefächertes Weltbild haben, wozu auch „gottloses Zeug“ gehöre – bzw. Sartre. Und auch Camus … Denn nur so entwickle sich die Weitsicht, sich für dieses, jenes oder welches zu entscheiden – mit der jederzeitigen Möglichkeit, zu einer anderen Überzeugung zu kommen.)

Und genau dafür, für die Weltoffenheit trotz der Klostersache, habe ich meine Schule immer so geschätzt! 😊

Von diesem Aspekt abgesehen, war es eine mehr oder minder gewöhnliche Schule. Oder nicht? Ich habe zumindest nie davon gehört, dass am Augustinum auf dem Schulhof Nacktfotos von einer Schülerin vertickt wurden. 😉 Bei uns schon. 😉

Bei uns war immer mehr los. Denn trotz aller Weltoffenheit war unsere Schule schon immer etwas anders als andere – etwas familiärer. In dem Sinne, dass die lieben Kinder sich nur nicht zu weit aus dem Fenster lehnen sollten. Ergebnis: Sie lehnten sich zu weit aus dem Fenster. 😉

Lange vor meinem Abi, lange vor jedweder Wende fand einst eine Oberstufenfahrt nach Prag statt – zu Zeiten des Kalten Krieges, des Eisernen Vorhangs. Und da haben wohl einige Schüler etwas zuviel vom wunderbaren tschechischen Bier genossen. Sie vertrugen es nicht, denn sie kamen auf die unglaublich schlaue Idee, vor einem offiziellen Gebäude eine Fahne abzumontieren. Was für eine Mühe sie sich dabei gaben, und das mit dem Kopp voll Bier! Einer kletterte den Fahnenmast hoch, die anderen standen Schmiere. Und wie groß die Überraschung, als die, die Schmiere standen, plötzlich von der český policie nicht nur umstellt waren, sondern – unter Zuhilfenahme und Vorhalten von Schusswaffen – zu Boden gerungen wurden und man ihnen Handschellen anlegte, während der auf dem Fahnenmast mittlerweile ganz oben Angekommene fröhlich: „‘ch hab sie!“ brüllte. Er hatte dort oben im besoffenen Kopp noch gar nicht mitbekommen, was seinen Kumpels passiert war, und die Polizei ließ ihn auch noch in seinem Triumph mitsamt der Fahne den Abstieg vom Mast vervollkommnen, bis man ihm dann, als er unten angelangt war und sich über den ausbleibenden Jubel wunderte, die Fahne entriss und auch ihn zu Boden drückte.

Es geht die Sage, dass mein späterer Klassenlehrer, Herr Zuhoff, damals seinen zweiten Herzinfarkt erlitten habe … Zumindest kurz nach der Stufenfahrt … Dem war jedoch einiges vorausgegangen, denn man hatte die Herren Fahnendiebe, die ein bisschen zu viel pivo, ergo Bier, zu sich genommen hatten, kurzerhand festgenommen und in Einzelhaft verfrachtet. Der restliche Kurs habe umgehend das Land zu verlassen, so hieß es. Ohne die Inhaftierten. Die beiden Begleitlehrer, einer davon Herr Zuhoff, sahen sich in einer schwierigen Situation: Sie konnten doch nicht einfach abreisen und drei Schüler ihrem Schicksal in einem Prager Knast überantworten! Herr Zuhoff soll da schon geschwächelt haben, und so bot sich Frau Hau-Böhmer als Geisel an, im Austausch gegen die drei Schüler. Einem sehr gutmütigen Dolmetscher, so hieß es, sei zu verdanken gewesen, dass schließlich alle gemeinsam überstürzt nach Hause reisen muss…, ääh, durften.

Im Folgejahr gab es keine Oberstufenfahrt. (Einmal mehr hatten völlig Unschuldige bzw. Schuldlose auszubaden, was andere versiebt hatten, die wahrscheinlich noch heute bei jedwedem Abitreffen sagen: „Weiße noch, damals? Im Knast in Prag? Hahaha!“ …)

Erst einige Jahrgänge später gab es wieder eine Oberstufenfahrt nach Prag. Auf der entstanden auch die später auf dem Schulhof vertickten Nacktfotos von Marceline, einer ziemlich coolen Schülerin, zwei Stufen über meiner. Marceline musste zur Direktorin kommen und bekam eine Abmahnung. Noch so etwas, und sie würde von der Schule fliegen. Marceline war ziemlich locker, und doch hat sie ein Jahr später – ohne von der Schule zu fliegen – ihr Abi bestanden. Es gab auch keine Nacktfotos mehr. (Interessanterweise wurden die, die – ohne Marcies Wissen – die Fotos vertickt hatten, nicht bestraft … 😉 )

Der Jahrgang über meinem fuhr trotz alledem nach Prag, und es wurde auch nur eine Schülerin dort schwanger. 😉

Trotz all dieser Unbilden durfte auch in meinem Jahrgang wieder eine Reise nach Prag angetreten werden. Drei Leistungskurse reisten hin, und immerhin musste nur ein Schüler daraus mit einer Alkoholvergiftung in ein dortiges Krankenhaus. Es wunderte uns nicht, als wir den Namen hörten. 😉 Zwei weitere Kurse waren nach Rom gefahren, wo eine Mitschülerin fast im Tiber ertrunken wäre, eine andere halbnackt in der Fontana di Trevi tanzte. Ein Mitschüler soll das Sechserzimmer im Jugendhotel mittels billigen Chiantis bzw. dessen Resten, die er sich noch einmal durch den Kopf gehen ließ, annähernd unbewohnbar gemacht haben. Und ein weiterer hatte ein Tête-à-tête mit einer rassigen Römerin, die nur einen Nachteil mit sich brachte: ihren Ehemann, der die beiden in flagranti erwischte. Der Mitschüler konnte seiner physischen Bestrafung nur dadurch entgehen, dass er Fersengeld gab. Kein Problem – er war im Sportkurs mit Schwerpunkt Leichtathletik und ein recht guter Sprinter. Leider nur war sein Orientierungssinn weniger gut ausgeprägt als seine Sprintfähigkeit, und so irrte er bis zum nächsten Tag durch Rom und musste zuvor auf einer Bank übernachten … 😉

Wie harmlos verhielt sich dagegen unser Kurs in Berlin! Fast schämten wir uns, hinterher erzählen zu müssen, dass es bei uns keinen „Skandal“ gegeben habe … (Bis auf ein paar mehr oder weniger Angetrunkene, die nächtens vor dem Jugendhotel laut obszöne Lieder sangen und am nächsten Tag zum Rapport zu beiden Begleitlehrern gebeten wurden – ich erinnere mich noch heute ungern daran … 😉 Beide Begleitlehrer hatten ihr Zimmer zur Straße hinaus … Das hatten wir … ääh … die, die da gesungen hatten, wohl nicht bedacht.)

Immerhin ist bei uns keine schwanger geworden! (Was wohl aber auch daran lag, dass wir nur drei Jungs dabeihatten: einer stand nicht auf Mädels, der andere war nur mitgefahren, weil auch seine Freundin in dem Kurs war, denn eigentlich hätte er nach Prag mitfahren sollen, und der Dritte im Bunde war irgendwie schräg …) Und auch nicht halb ertrunken. Unsere einzigen Sünden waren, dass viel billiger Wein und viel Bier konsumiert wurde, geraucht bis zum Abwinken, und es gab ein zusammengebrochenes Bett. Wie langweilig. 😉

Aber trotzdem passierte bei uns immer wesentlich mehr als auf dem Augustinum. Wehe, wenn sie losgelassen – und das geht halt am besten bei Klosterschülern. Und hält offenbar auch ein Leben lang an … 😉

Mir hat man jedenfalls noch nie geglaubt, wenn ich sagte: „Ich war auf einer Klosterschule.“ Die meisten lachen sich dann schlapp und tippen sich gegen die Stirn. Man stellt sich unter einer solchen Absolventin wohl etwas anderes vor als jemanden wie mich. 😉

Dazu – wie zu so vielen anderen Aspekten des menschlichen Miteinanders – fällt mir nur eine englische Redensart ein: Don’t judge a book by its cover … 😉