Schon immer wollte ich Kassiererin werden … 

Nein. Eigentlich – und auch uneigentlich – nicht, denn mit Zahlen stehe ich ein bisschen auf Kriegsfuß, was sich bereits früh in meinem Leben abzeichnete. Eigentlich zeichnete es sich weniger ab – es sprang einen förmlich an, packte einen am Hals und würgte einen … Ich gebe es ungern zu, aber es ist so. 😉

Dabei mag ich Zahlen durchaus. Mit einem Plus versehen, besonders gern in höherer Variante auf meinem Konto, und als ich heute meinen Kontostand checkte, stahl sich ein breites Grinsen in mein Gesicht. Mein Gehalt war überwiesen worden – und dazu das Weihnachtsgeld. Ich liebe den Dezember, zu dem naturgemäß das Weihnachtsgeld gehört. Neben meinem Geburtsmonat ist er mein Lieblingsmonat, und das war schon so, als ich noch klein war – genauer: kleiner, durchaus viel kleiner als jetzt -, weil ja an jenem magischen ersten Dezember endlich das erste Türchen vom Adventskalender geöffnet werden durfte, sodass ich dem ersten Dezember als Kind stets entgegenfieberte. Der Dezember hat ohnehin so etwas Gemütliches an sich – zumindest dann, wenn es nicht gerade Schneestürme gibt, wenn man sich draußen aufhalten muss, sondern schön muckelig im Haus sitzt, von wo man gerührt dem munteren Schneetreiben zusehen kann. Ich beneidete meine Schulfreundin Vera immer, die am zweiten Dezember Geburtstag hatte. Sie hatte nicht nur den Vorteil der Adventskalender-Saison nebst muckeligem Feeling, sondern bekam zu Beginn des Monats und dann noch einmal am 24. Geschenke! Vera meinte dazu nur: „Bist du bekloppt? Wie gerne hätte ich im August Geburtstag – da kann man wenigstens draußen feiern! Und bei zweimaligen Geschenken in einem Monat scheint immer ein bisschen gespart zu werden.“ Sie sagte es anders, wir waren damals noch in der Grundschule, und in der Tat hatte ich immer draußen feiern können, da es an meinem Geburtstag zumeist sehr warm war. Aber – wie so oft im Leben – es wünscht der eine sich nicht selten, was der andere hat. Und umgekehrt.

Doch zurück zu den Zahlen. Ich habe nichts gegen Zahlen, ganz und gar nicht. Ich kann nur nicht so „virtuos“ damit umgehen wie mit Buchstaben bzw. Lauten. 😉 Merkwürdigerweise bevorzuge ich – bis auf die 4 – die ungeraden Zahlen. Fragt mich bitte nicht, woher das kommt – ich kann es nicht erklären. Die 1 finde ich klasse, ebenso die 3 und die 7. Es ist wahrscheinlich genauso unerklärlich, wie es für mich nicht ganz erklärbar ist, wie man zu so etwas wie einer Lieblingsfarbe kommt. Ist ein Psychologe anwesend? 😉

Als ich an der RWTH Aachen im Institut für Gießereikunde arbeitete, musste ich diverse Projektkonten betreuen – ich und Buchhaltung! Und doch klappte alles irgendwie, obwohl ich immer mit sehr, sehr spitzen Fingern dranging, stets auf der Hut und in der Erwartung, dass irgendetwas ganz furchtbar schiefgehen würde. Als mein Drittmittelvertrag final auslief, wollte mich das Institut partout übernehmen – unter anderem sollte ich die gesamte Instituts-Buchführung übernehmen. Ich lachte schallend und meinte: „Spätestens in einem Jahr wird es dieses Institut nicht mehr geben, wenn ich die gesamte Buchführung machen soll!“ Man meinte, das könne man sich nicht vorstellen. (Das glaubte ich sofort, denn Katastrophen kann man sich meist nicht vorstellen – es sei denn, man erlebt sie dann selber mit. 😉 )

Da ich aber in die freie Wirtschaft wechseln wollte und schon eine Stellenzusage hatte, kam es nicht dazu. (Ich ärgere mich noch heute in manch stiller Minute.)

Zu meiner jetzigen Stelle gehört – in sehr geringem Maße – auch ein bisschen Buchführung, aber wirklich nur sehr, sehr geringfügig, denn ich bin für die Kasse und deren Stimmigkeit zuständig. Ausgerechnet! 😉

Und heute war die erste Gegebenheit, Kasse machen zu müssen. Mit Todesverachtung machte ich mich daran, dabei ist es wirklich einfach, aber ich bin ungern für fremde Gelder zuständig, was sicherlich meinem Begabungsmangel für Zahlen geschuldet ist. Oder zumindest dem – nicht ganz falschen – Gefühl, da einen eklatanten Begabungsmangel zu haben. Wider Erwarten lief alles wunderbar, und ich atmete auf. Wieder ein „Hindernis“ aus dem Weg geräumt. Denn ich bin ja erst seit Anfang Oktober dabei und fühle mich bisweilen noch immer wie ein Vollpfosten, da ich viele Dinge noch nicht kann. Die, die ich bis dato gelernt habe, dafür durchaus gar nicht so schlecht.

Gestern wurde ich sogar massiv gelobt, als ich einen Termin mit dem Chef hatte. Ich hätte doch neulich einen Workshop mitgemacht – ihm sei zu Ohren gekommen, dass ich mich sehr lebhaft und konstruktiv daran beteiligt hätte. Das fände er total klasse. (Dabei ist das Ganze einer meiner Schwächen geschuldet. 😉 )

Es ging um Kommunikation – und das hat ja auch viel mit Reden zu tun, was ich sehr gut kann … 😉 Hinzu kam jedoch auch noch, dass da typische Arbeitssituationen nachgestellt und Videos gemacht wurden. Da ich zwar eine Rampensau bin, aber ein Problem mit Kameras habe – ich erwähnte es bereits -, dachte ich mir: „Bring dich verbal ein, damit keiner auf die Idee komme, just dich vor diese Scheißkamera zerren zu wollen!“ Es traf meine Kollegin Sarah, die bis dato stumm dagesessen hatte. Immerhin: Mein Kalkül ging auf.

Nein, ich hätte auch ohne dies meinen Mund aufgemacht, da ich ein sehr kommunikativer Mensch bin und die Tatsache, dass man niemals nicht kommunizieren könne, auf mich gemäß dem Urteil meines besten Freundes wohl besonders zuzutreffen scheint. Zumindest behauptet er das, hat aber auch Erfahrung damit – wir rasseln öfter aneinander, und er meint, er kenne keine andere Person, die derart „laut“ schweigen und ignorieren könne. (Lernt man spätestens, wenn man eine Katze hat. 😉 ) Nur an meinen Augenbrauen solle ich noch arbeiten, denn die verrieten mich stets, weil ich beide, speziell aber die rechte bei Aufeinandertreffen mit der ignorierten Person hochzöge … 😉 Und meine Augen bekämen dann so einen „schlangenhaften Ausdruck“ und „so ein ganz spezielles Funkeln“. Offenbar kommuniziere ich stark über Augen und Augenbrauen, obwohl ich doch absolute Ignoranz signalisieren möchte. 😉 Und das „Funkeln“ bedeutet auch nicht immer Ablehnung. Manchmal funkle ich auch aus Zuneigung. Ich bin ein schwieriger Fall. 😉

Das Lob freute mich jedenfalls sehr, zumal ich derzeit noch nicht so produktiv bin, zumindest nicht so, wie ich es gerne wäre – aber ich bin auch sehr ungeduldig.

Meine neue Bürokollegin Kerstin, die um einiges jünger als ich ist, meinte heute zu mir: „Eins will ich dir mal sagen: Ich glaube, wir haben es beide gut getroffen, und es passt bei uns im Zweierbüro! Ich hatte erst etwas Bedenken, weil ich dachte, dass du vielleicht darauf beharren würdest, dass du, weil du älter als ich bist, immer Recht haben müsstest. Aber du bist ja ganz anders, und ich kann mich echt nicht beklagen – im Gegenteil! Wie siehst du das?“ – „Genauso – nur halt umgekehrt. Läuft!“

Ich hoffe, es bleibt dabei. Und wenn ich nun noch meine Aversion gegen Zahlen ablege, mit denen ich künftig nicht nur kassen-, sondern auch statistikmäßig zu tun haben werde, sollte alles laufen. 😉

Drückt mir die Daumen! 😊

Lost in time – lost in space …

Dieses Gefühl hat – wie alle Dinge im Leben – zwei Seiten. Es gab schon Momente, da ich mich so fühlte, es aber durchaus angenehm war. Es gibt aber auch andere Momente …

Einer – oder vielmehr viele – davon heute. Ich musste sehr früh aufstehen, da ich um halb acht einen „wundervollen“ Termin hatte: im Luisenhospital. Genauer: in der Radiologie. Dort harrte der MRT oder Kernspin-Tomograph meiner, da bei einer regulären Untersuchung etwas entdeckt worden war, was genauer untersucht werden musste. Vor vier Wochen entdeckt, hatte ich mich nun genau diese vier Wochen durchgeschleppt, bis ich endlich einen Termin ergattern konnte.

Da die Krankenversicherungen sich just bei dieser MRT-Untersuchung sträuben, die Kosten zu übernehmen, obwohl diese nie grundlos geschieht und vielen Frauen im schlimmsten Falle das Leben retten kann, musste ich eine Einweisung zur stationären Behandlung mitbringen. (Wenn ich bedenke, welchen Humbug Krankenversicherungen jedoch unhinterfragt übernehmen, kann ich nur den Kopf schütteln, zumal eine solche MRT-Untersuchung, privat gezahlt, ein immenses Loch ins Portemonnaie reißt, denn die kostet ungelogen 1000,- Euro!) Es war auch nicht klar, ob ich nicht doch zumindest eine Nacht würde bleiben müssen. Wer mich kennt, weiß, dass ich auf die Aussicht, stationär ins Krankenhaus zu müssen, eher unruhig reagiere.

Und so hatte ich letzte Nacht auch sehr schlecht geschlafen. Meine Hausärztin hatte mir ein Beruhigungsmittel verschrieben, da ich in sehr engen Räumen nicht selten Beklemmungen bekomme, aber sie hat mir einen derartigen Hammer verschrieben, dass mir beim Gedanken, diesen nehmen zu müssen, noch zusätzlich unwohl war.

Ich nehme es mal vorweg: Ich habe auf die Einnahme verzichtet. Ich stehe nicht auf Psychopharmaka, und dazu gehört das Präparat, das sicherlich in ernsten Fällen sehr gute Dienste leistet. Aber ich beschloss, es müsse auch so gehen: „Keine Feigheit vor dem Feind – das schaffst du!“

Und ich habe es geschafft, obwohl knapp 45 Minuten in dieser Röhre, und das noch in Bauchlage, eine echte Herausforderung für Klaustrophobiker sind. (Ich hasse Bauchlage – ich gehöre nicht zu den Menschen, die auch noch bequem bäuchlings schlafen können. Das ist so, seit ich denken kann. Meine Mutter behauptet noch heute, ich hätte schon als noch kleines Baby wild protestiert, wollte sie mich in Bauchlage ins Bett legen. Woran liegt das? Ich finde, es sehe immer so entspannt aus, wenn Leute auf dem Bauch liegend schlafen. 😉)

Ich war furchtbar angespannt, als ich in die Patientenaufnahme kam. Und ich musste auch noch längere Zeit warten, obwohl ich die erste Patientin war, was mich noch nervöser machte. Aber dann wurde ich hereingerufen, und ich stieß auf Frau Özdemir, die meine Angelegenheit bearbeitete. Frau Özdemir war total nett, und wir haben viel gelacht. Sie meinte: „Frau B., machen Sie sich keine Sorgen – oft ist es blinder Alarm. Ich drücke Ihnen ganz, ganz fest die Daumen. Und ich finde sehr schön, dass Sie meine erste Kundin waren, weil Sie so freundlich und fröhlich gewesen sind, obwohl Sie offenbar Angst haben, und darüber lachen können, dass Sie ganze 14 Dokumente unterschreiben müssen. So viele Unterschriften muss man nicht einmal leisten, wenn man ein Haus kauft! Manche Patienten sind da ganz anders: nörgelig, als sei ich schuld, dass sie hierherkommen müssen. Aber Sie fand ich total nett. Und trotzdem hoffe ich, dass wir einander nicht allzu oft sehen – in Ihrem Interesse. Ansonsten gern.“

Und sie schickte mich in die Radiologie, wo ich mich anmeldete, eine Viggo gelegt bekam, was ich hasse, aber es sollte ja unter der MRT-Untersuchung ein Kontrastmittel geben, und da braucht man einen venösen Zugang. Der Assistent, der die Viggo legte, war kleiner als ich und glich einem Kubus. Einem fröhlichen Kubus, und er meinte: „Sie müssen in den Kernspin-Tomographen?“ – „Ja …“ – „Keine zehn Pferde bekämen mich da hinein!“ – „Sie machen mir ja Mut! Danke!“ Ich lachte. Er meinte: „Nein, keine Sorge – alles halb so schlimm!“ – „Ja, ich war ja wegen anderer Dinge auch schon zweimal drin, mag es aber nicht.“ – „Alles halb so schlimm. Aber mich bekämen keine zehn Pferde hinein!“ Ich musste lachen. Obwohl er nun wirklich nicht beruhigend wirkte, war doch seine Ehrlichkeit sehr sympathisch – und ich musste ja so oder so in das Ding. Da lacht man doch lieber mit. 😊 Obwohl ich in der Um- bzw. Entkleidekabine neben dem Tomographen dann fast in Tränen ausgebrochen wäre, so angespannt war ich.

Dann ging es los. Ich musste mich zu 50 Prozent entkleiden und durfte kein Metall tragen. (Dass ich in der linken Hosentasche noch Wechselgeld hatte – gestern in Eile dort deponiert und dann vergessen -, merkten wir auch erst, als ich aus dem Tomographen wieder herausgefahren wurde, aber die sehr nette Assistentin meinte, es sei nicht schlimm, da die Körperteile, die untersucht wurden, nicht auf Höhe meiner Hosentasche lagen. 😉 Mir war es nur ein bisschen peinlich, aber die Assistentin lachte und meinte: „Es ist doch alles okay – ich habe auch oft -zig Euro in den Hosen- und Jackentaschen!“ Na, dann! 😉

Ich musste mich bäuchlings auf die fahrbare Liege legen, an die Viggo in meinem Arm wurde ein Infusionsschlauch angeschlossen, man wies noch einmal darauf hin, dass ich mich um Himmels willen nicht bewegen dürfe, und man gab mir den Rat, am besten die Augen zu schließen und eine Einkaufsliste zu machen. Oder an etwas Schönes zu denken. Dann stülpte man mir Kopfhörer über und legte mir den Alarmknopf zwischen die beiden Hände, die malerisch vor meinem Kopf ausgestreckt lagen. Den Kopf hatte ich nach links gedreht und in das Kissen geschmiegt, das am Kopfende lag. Es hätte etwas praller sein können, das Kissen … 😉

Und so fuhr man mich in den Tomographen, der sich schon warmgelaufen hatte und – von außen – Geräusche machte wie meine Waschmaschine, kurz bevor sie vom letzten Spül- in den Schleudergang wechselt. Und ein bisschen wie eine Waschmaschinentrommel sieht dieser Tomograph auch aus … Ein bisschen beruhigte mich der typische Siemens-Schriftzug, den er trug. Man krallt sich in bedrohlichen Situationen ja gern an Bekanntes und Vertrautes, und mein Herd, Backofen und Spülmaschine sind von dieser Firma, in der mein Vater als Jungingenieur vor langen Zeiten gearbeitet hat. 😊

Drinnen wurde es dann interessant. Wer noch nie in einem Kernspin-Tomographen war, sollte sich auf bisweilen irritierend klingende Geräusche und Lautabfolgen gefasst machen. In Beschreibungen für unerfahrene Patienten steht oft: „Zu Beginn wird Sie das dezente Klopfen des Tomographen vielleicht irritieren, aber das gibt sich bald.“ Habe ich durchaus schon öfter gelesen. Und dann schallend gelacht. „Dezentes Klopfen“!

Es beginnt stets mit einem lauten und Mark wie Bein durchdringenden Tock-tock-tock-tock-[…]. Das ist zwar ein Klopfen, aber gewiss nicht „dezent“, und ein Glück, dass man Kopfhörer und/oder Ohrstöpsel hat. 😉 Das Tock-tock geht dann erst einmal ein bisschen. Dann bricht es ab. Stille – wie schön. Doch dann! Dann kommt die nächste Sequenz: Dengel-dengel- dengel- dengel- dengel-[…] Und das geht wie die Tock-tock-Phase auch einige Minuten so.

Kaum daran gewöhnt, folgt nach einem kurzen Moment der Stille dann Klong-klong-klong-klong-klong-[…]. Und danach folgt die Dröhn-Phase, die durch Kling-kling-kling-kling-kling-[…] abgelöst wird. Dann folgen einige Disharmonien und die Schepper-Phase.

Dann kommt das Kontrastmittel und noch weitere Dengel-, Tock-tock-, Dröhn-, Schepper- und sonstige Geräuschphasen …

Mir war jegliches Raum- und Zeitgefühl abhandengekommen, irgendwann. Es gab immerhin drei Momente, da ich fast den Alarmknopf gedrückt hätte. Aber ich riss mich zusammen und stellte fest: „Man braucht gar kein Beruhigungsmittel, wenn man nur genügend Kinderlieder kennt, die gefühlt tausend Strophen haben!“ 😉 Denn – Dank an meine neue Kollegin Kerstin, die mich neulich an dieses Lied erinnerte, das ich lange vergessen hatte – ich rettete mich mit dem netten, aber höchst meditativ wirkenden Lied Ein Schneider fing `ne Maus mit ungezählten Strophen aus der ersten Notsituation, das ich zwar nicht sang, aber ganz, ganz leise vor mich hin summte, während in meinem Kopf der zugehörige Text abgespult wurde. Danach kam dann Ten Green Bottles, ein englisches Kinderlied, mit dem Kinder die Zahlen bis 10 lernen – nette, schmissige Melodie, ansonsten aber eher eintönig-beruhigend. (Ich hatte dieses Lied selber mit einem kleinen Nachhilfeschüler wieder und wieder gesungen, der sich mit den Zahlen im Englischen schwertat.) Und danach kam Ein Hund kam in die Küche … 😉 Und zuletzt Row your boat. Das hat zwar nur wenige Strophen – ich kenne nur zwei -, wirkt aber sehr aufmunternd. 😉

Nur einmal noch ein Schreckmoment: Nach einer Phase relativer Stille dröhnte der Tomograph plötzlich wie eine Schiffs-Alarmsirene, und ich schrak fast hoch, im Impuls: „Alle Mann von Bord! Frauen und Kinder zuerst!“ zu schreien. 😉 Allein die Aussicht, damit die Untersuchung zu versauen und noch einmal in dieses dengelnde Ding zu müssen, konnte mich davon abhalten.

Nach den vierzig Minuten, die die Klaustrophobiker-Folter gedauert hatte, war ich erlöst. Und hatte dann noch ein Gespräch mit der Oberärztin in der Radiologie, die „nichts Besorgniserregendes“ gefunden hatte, aber riet, mich leise zu freuen, da ihr Chef noch einen Blick auf die Aufnahmen werfen müsse. Ich gehe davon aus, dass sie mir das nicht gesagt hätte, gäbe es größere Zweifel. Man muss ja auch die Arbeitshierarchie beachten. Ich hoffe, dass es sich nur darum handle. 😉 Am Montag habe ich dann einen Termin bei ihrem Chef.

Ich bin in mehrerer Hinsicht erleichtert. 😊 Und dazu fällt mir nur eines ein:

Row, row, row your boat,
Gently down the stream.
Merrily, merrily, merrily, merrily,
Life is but a dream.

Row, row, row your boat,
Gently down the stream.
And if you see a crocodile,
Don’t forget to scream. (Ahh!)

Euch einen schönen Tag! 😊 Meiner ist seit kurz vor 10 erheblich schöner. 😊

Pfui Teufel! Ali sexistisch …

Ich hasse erwiesenen (!) Sexismus – völlig egal, in welche Richtung und aus welcher Richtung er ergeht. Und doch musste ich mich heute selber dabei ertappen, wie ich sexistisch – oder chauvinistisch – reagierte. Der Kontext mutet nahezu albern an, wenn man die Hintergründe kennt … 😉

Denn es geschah beim Autofahren, und jeder, der mich ein bisschen kennt, weiß, wie lange ich Autofahren gehasst habe. Also: das eigenhändige und -ständige Fahren. Wohlgemerkt. Und ich bin – das gebe ich auch offen zu – keine Meisterfahrerin, aber laut Jeannette, meiner Auffrisch-Fahrlehrerin aus dem letzten und dem kommenden Jahr (denn ich habe beschlossen, die Autobahnübungen auf nächstes Jahr zu vertagen – oder heißt das dann „verjahren“ oder „verjähren“? 😉 ), sei ich eine – nach den letztjährigen sechs oder sieben Auffrisch-Fahrstunden – recht dynamische, aber vorausschauende Fahrerin, und sie wisse gar nicht, warum ich ein Problem hätte. (Als ich ihr den Hintergrund erklärte, meinte sie: „Okay, das kann ich verstehen – aber trotz und alledem gibt es keinen Grund, warum du Autofahren hassen solltest, denn du fährst doch prima, wenn du den inneren Schweinehund nur überwunden hast.“)

Heute früh fuhr ich wie gewohnt los, wenn nicht gerade Montag ist – denn da bevorzuge ich doch den ÖPNV, weil ich ansonsten die Autobahn nutzen müsste …

Okay, es hatte schon blöd angefangen, denn der Mini links neben mir schien ein inniges Verhältnis mit meinem kleinen Monty eingegangen zu sein, und ich konnte die Fahrertür nur in einem sehr geringen Winkel öffnen und musste mich irgendwie ins Auto schlängeln, was in einer Winterjacke nicht ganz so geschmeidig geht wie sommers ganz ohne Jacke. Aber es ging irgendwie, und ich parkte aus, nachdem die zahlreichen Autos, die die Baustelle auf der L […] dadurch umgehen wollten, dass sie nicht die vorgegebene Umleitung nahmen, sondern doch lieber die Straße, in der ich wohne und in der Tempo 30 vorgegeben ist, endlich weg waren. Die ganz besonders schlauen Umleitungsverweigerer fuhren allesamt schneller, und ich hoffte auf die nächste Rotphase der nächstgelegenen Ampel. (Und darauf, dass nicht Frau Sieling mit der kleinen Bella unterwegs sein möge. Bella ist ein Hundekind, ein Welpe, der gerade daran gewöhnt wird, auch leinenlos zu gehorchen. Die kleine Bella habe ich in mein Herz geschlossen – sie ist ein Spitzwelpe, und ich liebe Spitze, weil eine der schönsten Hunderassen oder -arten, die ich kenne, trotz ihres schlechten Rufs, den sie zu Unrecht haben. Sehr intelligent sind sie, hübsch obendrein und keineswegs Kläffer oder Wadenbeißer. Sickig werden sie nur – wie so viele andere „verschrieene“ Hunderassen, aber auch Menschen -, wenn sie keine sinnstiftende Aufgabe haben. 😉 )

Zum Glück folgte wohl recht rasch eine Rotphase, und ich parkte aus und fuhr aus meiner Wohnsiedlung hinaus Richtung Hauptstraße. Rasch auf diese abgebogen, fuhr ich meiner Wege, bis ich links abbiegen musste. Ich ordnete mich ein, stand ganz vorn an erster Stelle, blinkte links und hoffte auf einen raschen Phasenwechsel.

Der kam dann auch, und ich fuhr an, beschleunigte, hatte aber im Hinterkopf, dass auf der zweispurigen Straße recht oft die rechte weiter hinten von einem LKW blockiert wird, einem Autotransporter, da ein Autohaus an dieser Straße liegt und regelmäßig beliefert wird. Also hielt ich mich links, blieb auf der linken Spur. Das war auch gut so, denn heute war Anliefertag … 😉

Aus der Gegenrichtung war ein roter VW Golf gekommen, Rechtsabbieger, der auf die von mir befahrene Straße wollte, aber keine Vorfahrt hatte, was ihn jedoch nicht zu kratzen schien, denn er raste ungeachtet des allseits bekannten dreieckigen und auf einer Spitze stehenden Schildes mit weißem Zentrum und rotem Rand einfach um die Kurve, als handelte es sich um eine Autobahnauffahrt, auf der die rechte Spur frei war. Ich sah es, sah, wie er auf die rechte Spur fuhr. Nun ja, ziemlich bescheuert, wie der Typ fuhr. So dachte ich, als ich meinerseits beschleunigte und vom dritten in den vierten Gang schaltete.

Doch da blinkte der rote Golf plötzlich links, was ja an sich durchaus alles andere als ein Fehler ist (es wird heutzutage viel zu wenig geblinkt 😉 ), aber mit dem Blinken allein ist es noch lange nicht getan, wenn man nicht in die Spiegel blickt oder sich umsieht, denn er blinkte nicht nur kurzfristig, sondern scherte noch viel knapper aus, so dass ich einen guten Blick auf seinen linken Kotflügel hatte, der in ungünstigem Winkel und viel zu knapp vor meinem eigenen Vehikel stand, obwohl ich auf das Blinken hin schon den Fuß vom Gas genommen hatte. Schert einfach blind aus, nachdem er schon wie ein Bekloppter abgebogen ist, wahrscheinlich, weil er dachte: „Oops, da steht ja ein Hindernis auf meiner Spur! Huch! Schnell weg!“ Denn Bremsen und Stehenbleiben ist ja für Loser.

Ich musste eine Vollbremsung einlegen, und zum Glück rauschte mir niemand ins Heck. Und dann, als der VW-Golf-Idiot ganz knapp vor mir ohne Kollision – nicht sein Verdienst – die linke Spur befuhr, hupte ich. Lange und andauernd, aber immerhin habe ich nicht gestikuliert. Es wäre gar nichts Gutes dabei herausgekommen. Geflucht habe ich auf alle Fälle, und möglicherweise habe ich auch noch ziemlich bedrohlich dreingeblickt. Jedenfalls driftete der Golf in die Einfahrt der Tankstelle, die ebenfalls an der Straße liegt und bei der ich für gewöhnlich tanke. Ich überlegte, ebenfalls abzubiegen und den Fahrer zur Rede zu stellen. Zumindest blinkte ich rechts und fuhr auf die rechte Spur, und da sah ich, der Fahrer des Golf war eine Frau. Etwa so alt wie ich, eindeutig erschrocken, aber perfekt gestylt.

Und da kam er: der Sexismus. Denn ich schnaubte: „Typisch! Frau am Steuer, und die Spiegel sind einzig dafür da, das Make-up aufzufrischen!“

Ich erschrak über meine eigenen Gedanken und fuhr lieber weiter, obwohl ich am liebsten ausgestiegen wäre, um ein paar zünftige Worte zu verlieren. Und noch jetzt ärgere ich mich – wäre ich mal ausgestiegen und hätte die zünftigen Worte verloren!

Auf der anderen Seite: Es ist sicherlich besser so, denn wenn ich „zünftige Worte“ verliere, hätte ich nun ganz gewiss eine „#metoo-Verleumdungsklage“ am Hals und stünde als böse Sexistin wider das eigene Geschlecht am Pranger, denn ich bin mir sicher, dass ich die Begriffe Spiegel, einzig, Make-up und auffrischen benutzt hätte. 😉

Was lernen wir daraus? Ich bin offenbar keine typische Frau. Und: Die Frau ist der Frau ein Wolf. Aber auf der anderen Seite: Wenn ich keine typische Frau bin, kann ich auch anderen Frauen kein Wolf sein. Ist logisch. Oder nicht?

Und: Blinken allein genügt nicht. Man muss genau hingucken. Eine Kombination aus Blinken und Gucken wäre optimal. 😉

In jedem Falle kam ich heute nicht ganz so gelassen bei der Arbeit an, war aber so hellwach, wie meine neuen Kollegen mich noch nie erlebt hatten. Dem Adrenalin sei Dank. Wahrscheinlich muss ich viel gelassener werden. Ungefähr so wie meine fränkische Nenntante Beate, von der ich heute erfuhr, dass sie gestorben sei. Deren Gelassenheit und Ruhe habe ich immer bewundert, und sie hätte sicherlich niemals das Bedürfnis verspürt, der blindlings drauflosfahrenden Fahrerin von heute früh ein paar direkte Worte zu sagen, ihr gar eins auf die Zwölf zu geben. (Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass dieses Bedürfnis heute früh kurzzeitig aufkam, aber ich bin ja zum Glück zivilisiert. 😉 )

Daher ist dieser Beitrag für meine Tante Beate, und das in der Hoffnung, dass ihre Ruhe und Gelassenheit auf mich abfärben möge, wenn Unrecht geschieht. Oder ich sexistisch zu werden drohe. 😉

Euch einen schönen Abend! 😊

Ein Ausgleich wäre schön …

Hier sitze ich nun, soeben heimgekehrt von des Montags Horror. Denn der Montag ist nicht nur ganz normal der furchtbarste Wochentag für mich, sondern ganz speziell im Moment. Morgens quasi mit den Hühnern (welche Hühner eigentlich – ich habe keine Hühner …) aufstehen, ergo „vor Tau und Tag“, wie man so hübsch sagt, um dann um sieben Uhr bei der Arbeit zu sein, da ich um vierzehn Uhr schon wieder die Biege machen muss. Und das bei all meinen Minusstunden … Zum Ausgleich bin ich an den Montagabenden immer erst gegen zwanzig Uhr dreißig oder gar später zu Hause.

Auf meiner alten Stelle wäre mir etwas Derartiges gar nicht in den Sinn gekommen – so früh bei der Arbeit zu sein! Aber ich habe seit Anfang Oktober eine neue Stelle, und da will ich nicht gleich noch viel mehr Minus machen. So etwas sieht immer irgendwie blöd aus, finde ich. Zumal mein neuer Chef sehr kooperativ ist und mich immer anfeuert, unbedingt auch meiner eigentlichen Berufung nachzukommen, und das bedeutet, jeden Montag zusätzlich zur Vollzeitstelle zu einer der Unis der Nachbarstädte zu fahren, um dort ein Seminar zu leiten, das mit dem von mir erfolgreich studierten und absolvierten Fach in gewisser Weise Hand in Hand geht. 😉 (Das ist total nett und gut gemeint, aber derzeit befinde ich mich – da ja noch in der Einarbeitungsphase meiner neuen Stelle – im Vollstress.)

Am schlimmsten ist der Weg hin und zurück – das Seminar selber macht Spaß. Ich leite solche Seminare ja auch schon seit neun Jahren, und das macht mir wirklich große Freude, was wohl daran liegt, dass ich eine kleine Rampensau bin (was ich auch erst durch die Seminare erfahren habe) und gern mit Menschen arbeite.

Als ich heute Abend nach der Session in der S-Bahn saß (meine Autobahnaversion liegt noch immer nicht ad acta …), schoss mir plötzlich folgender Gedanke durch den Kopf: „Du brauchst dringend einen Ausgleich! Irgendetwas Sportliches am besten!“ Und ich überlegte …

Laufen? Nicht so mein Ding – außerdem bin ich Raucherin. Nordic Walking? Och nee – wenn ich mit Stöcken durch die Gegend stoche, dann doch gleich Ski! Aber das traue ich mich nicht. Und Schnee ist hier Mangelware. Es gäbe zwar die Möglichkeit von kunstschneegeprägten Institutionen – aber da ist zuviel Publikum. Das geht gar nicht.

Schwimmen? Nee – auch nicht so mein Ding, es sei denn, in einem Pool, der mir gehörte …

Fußball? Sehe ich zwar sehr gern. Aber selber spielen? Nee. Basketball? Zu klein, wie schon in der Schule im Sportunterricht klar war. Ich wurde von meiner Sportlehrerin immer Miss Bounce Pass genannt, denn die Pässe, die über den Boden gingen, waren die einzigen, die ich spielen und annehmen konnte. Alles, was in oder über Brusthöhe an Pässen von mir versucht wurde, führte nur dazu, dass jemand, der größer war als ich, wie aus dem Boden gewachsen vor mir stand, als er sah, was ich plante, mir den Ball abnahm und sich höflich dafür bedankte. Demütigend. Denn die meisten in meinem Sportkurs waren größer als ich, und so verlagerte ich mich auf die Bounce Passes. Die beherrschte ich aber dann auch recht gut. 😉

Zumba? Ich kenne einige Leute, die Zumba machen. Alles Frauen. Und die sind total ehrgeizig. Bei der Vorstellung, mit lauter derart ehrgeizigen Geschlechtsgenossinnen antreten zu müssen, verschlug es mir gleich die Lust, denn ich musste mit Schaudern an die einzige Stunde Step Aerobic denken, die ich beim Hochschulsport in Aachen mitgemacht hatte … Zum Glück war ich nicht die einzige Bewegungslegasthenikerin … 😉

Dann schoss mir etwas durch den Kopf, das ich früher so gern getan habe: „Vielleicht solltest du doch wieder mit Reiten anfangen!“ Ich muss zugeben, dass diese Idee mir alle Jahre wieder durch den Kopf geistert. Reiten ist ein schöner Sport, vor allem so, wie ich es mag: keine Turniere, kein Ehrgeiz, einfach nur Freizeitreiten. Außerdem liebe ich Tiere sehr, und Pferde ganz besonders.

Na, also! Da hatte ich doch etwas gefunden!

Doch als der Zug in Castrop-Rauxel gehalten hatte und erneut anfuhr, ereilte mich eine furchtbare Erinnerung, die schon sehr lange zurückliegt, und doch war es so, als wäre es erst gestern geschehen …

Ein wunderschöner Oktobertag, die Sonne scheint, und man kann wirklich von goldenem Oktober sprechen. Es ist Samstag, und ich sitze im Auto mit Bea, meiner besten Freundin, ihrem Bruder Tobias, und ihrer beider Mutter, die das Auto fährt. Es ist eines dieser wunderbaren Wochenenden, an denen ich bei Bea übernachten darf, und wir sind unterwegs mitten in die Hohe Mark, um dort bei einem Mietstall drei Pferde zu mieten und auszureiten, während Beas und Tobias‘ Mutter mit dem Familienhund einen längeren Spaziergang machen möchte. Und so geschieht es dann auch.

Bea und Tobias, beide im selben Reitverein wie ich, bekommen zwei etwas kleinere Pferde, einen Schimmel und einen Rappen, und ich bekomme ein relativ großes Pferd, eine braune Stute. Das Tier sieht freundlich und harmlos aus, stupst seine Nüstern vorsichtig gegen meine Nase, und so mache ich mir natürlich gar keine Gedanken … 😉

Und schon reiten wir los. Wunderbare Stimmung, alles herbstlich, die Sonne scheint golden vom Himmel, es riecht nach Pilzen. Also ein echtes Konglomerat von Dingen, die ich mag, und das noch zu Pferd – was könnte es Besseres geben?
Zunächst reiten wir Schritt, man muss ja nicht gleich übertreiben. Doch irgendwann meinen Bea und Tobias, es sei doch nun an der Zeit, ein wenig zu traben und dann auch zu galoppieren. Und schon traben sie los. Da wir ausbildungstechnisch auf gleicher Höhe sind, gebe auch ich die erforderlichen Hilfen, aber Stella, mein Ausreit-Mietpferd, reagiert nicht. Sie latscht lieber weiter Schritt und zupft hie und da an ein paar Gräsern, indem sie mir die Zügel brutal aus den Händen reißt. Noch sind Bea und Tobias in Sichtweite.

Mir fällt spontan auf, dass ich die Einzige bin, die vom Vermieter eine Gerte in die Hand gedrückt bekommen hat, und das mit dem freundlich-zurückhaltenden Hinweis, es gebe Situationen, da brauche man diese, obwohl Stella natürlich ein absolut superliebes Pferd sei. Ich mag ihr aber nicht gleich beim ersten Vorfall eins auf den Arsch geben, was ich ohnehin nicht gern tue, und so versuche ich es weiter mit den gängigen – und bei den meisten Pferden erfolgreichen – Hilfen. Aber Stella ist nicht „die meisten Pferde“, und erst, als Bea und Tobias um die nächste Wegbiegung herum und außer Sichtweite sind, reagiert sie. Und wie! Sie wiehert und trabt unvermittelt los. Solch einen Trab habe ich noch nie erlebt und vermute, sie müsse Traber unter ihren Vorfahren haben, denn Stella ist in dieser Art Trab schneller als manch anderes Pferd im Galopp! Es ist nur halt für den Reiter nicht so bequem. Aussitzen ist ganz furchtbar, und die Frequenz im leichten Trab höher als alles, was ich bis dato erlebt hatte …

Irgendwann galoppiert sie dann sogar, und das kann sie erstaunlich bequem, und mit freudigem Wiehern, eher einem eselartigen Trompeten, begrüßt sie ihre beiden Kumpels, die von Bea und Tobias ganz normal geritten werden. „Endlich wieder bei der Herde!“ So klingt es. Nun – ich hatte sie von ihrer Herde gar nicht fernhalten wollen. Ganz im Gegenteil. 😉

Es war ein recht anstrengender Ausritt, denn anfangs mussten Bea und Tobias an Wegbiegungen, gar -kreuzungen, geduldig warten, bis ich mit dem trompetenden „Esel“ Stella endlich ankam. Meine Beine waren da schon fast gefühllos, nachdem sie Stellas offenbar komplett gefühllosen Flanken wiederholt und erfolglos Hilfen gegeben hatten, bei denen andere Pferde sofort wissen: „Oh! Ich soll wohl schneller gehen! Na, dann mache ich das doch mal.“ Und Bea, die Tiere sehr liebt, meinte irgendwann: „Du hast doch eine Gerte – zieh ihr eins über!“

Damit tat ich mich ein bisschen schwer. Es war ein Verleihpferd, und die haben es ohnehin schon schwer und kein schönes Leben. Kein Wunder, wenn sie dann irgendwann „schräg drauf“ sind. Aber es gab eine Situation, da ich die Gerte in der Tat zum Einsatz brachte, als es wirklich angemessen war. Aber sehr vorsichtig titschte ich die sperrige Stute an, als wir eine Straße überqueren mussten und sie zunächst herumzickte. Ich benutzte beim Reiten die Gerte wirklich nur in Notfällen, und das auch nur sanft durch Anticken. Das reichte auch bei Stella.

Ab diesem Zeitpunkt verwandelte sich „mein“ Pferd. Es ging, wie es sollte, und das ganz ohne Gerte. Es galoppierte, wenn ich die entsprechenden Hilfen gab. Und der Ausritt wurde schön.

Zumindest für einige Zeit, bis wir auf einer Waldwiese waren und mal sehen wollten, was die Pferde wohl so an Dressuraufgaben könnten. Die beiden Pferde, die von Bea und Tobias geritten wurden, waren recht unterschiedlich hinsichtlich ihrer Ausbildung: Während Tobias‘ Schimmel problemlos mehrere Schritte rückwärts ging, wenn er die entsprechenden Hilfen zum „Rückwärtsrichten“ bekam, stieg Beas Rappe sogleich.

Stella hatte auf so einen Scheiß offenbar gar keinen Bock. Zwar trat sie drei, vier Schritte zurück, als ich diese Übung ausprobierte. Doch dann hielt sie inne, zunächst ganz ruhig. Aber dann preschte sie unerwartet nach vorne, um plötzlich ihre Vorderhufe in den Boden zu stemmen! Ich hatte den Fehler begangen, ihre anfängliche Ruhe dazu zu nutzen, mich im Sattel zurechtzurücken und ein bisschen entspannter in die Runde zu blicken. 😉

Durch diese plötzliche Attacke jedoch sauste ich nach vorne. Meine Knie klemmte ich an den Sattel, und zunächst sah es auch so aus, als würde ich meine Balance wiederfinden und ganz normal im Sattel wieder einsitzen. Doch da senkte Stella ihren Kopf. Just in dem Moment, da es auf Messers Schneide stand, ich mein Gleichgewicht beinahe wiedergefunden hatte. Eine Sache von Sekundenbruchteilen. Sie senkte den Kopf (wahrscheinlich, um zu grasen), ich verlor die Balance und – so Bea – fiel so elegant vom Pferd, und das in einem Salto, wie sie noch nie jemanden vom Pferd habe stürzen sehen. Und das Ganze auch noch quasi in Zeitlupe …

Zum Glück hatte ich die Zügel festgehalten (lernt man von der ersten Reitstunde an), war allerdings auf einem etwas matschigen Fleck gelandet, wollte mich erst einmal vom gröbsten Dreck befreien, und so drückte ich Bea die Zügel in die Hand: „Würdest du bitte mal halten?“ Und nach erfolgter Grundreinigung saß ich wieder auf und wollte gerade Bea die Zügel aus der Hand nehmen, als Stella sich herumwarf und lospreschte! Bea hatte zu früh die Zügel losgelassen, da sie glaubte, ich hätte bereits alles im Griff! Und so saß ich auf diesem durchgehenden Pferd quasi „freihändig“, denn die Zügel, die ich nicht in den Händen hielt, flatterten wild, und das Einzige, was ich sah, war ein gigantischer Nadelbaum, wahrscheinlich eine Kiefer, auf die Stella zuhielt. Es ist nur meinem festen „Knieschluss“ zu verdanken, dass ich oben blieb, und kurz vor dem Baum bekam ich auch das Heft bzw. die Zügel wieder in die Hand … Knapp überlebt.

Der Rückweg war auch spannend, da Stella auf einem Wegstück, da rechts des Weges Stacheldraht gespannt war, wider alle Hilfen und Nach-links-Stellen einen immensen Rechtsdrall bekam, so dass mein rechtes Bein dem Stacheldraht gefährlich nahekam. Es war irgendwann so drastisch, dass ich mitten im Galopp meinen rechten Fuß aus dem Steigbügel nahm, dessen Riemen ich vorsichtig festhielt, damit der Bügel dem Pferd nicht gegen den Bauch schlüge. Dann legte ich den Steigbügel über Stellas Hals und hob mein rechtes Bein ebenfalls darüber, das ich vor der linken Sattelpausche ablegte und abstützte, wobei ich mich ein bisschen nach rechts hinten legte. Reiten im Damensitz ohne Damensattel, aber im Galopp – ich war froh, dass ich früher voltigiert hatte und im Bein-über-den-Pferdehals-Schwingen ziemlich gut war. Ein Wunder, und das bis heute, dass ich nicht den Abgang machte. Doch zum Glück kam uns da Beas und Tobias‘ Mutter mit dem Familienhund entgegen, und Stella verzögerte ihr Tempo, was in dieser Damensitz-Situation auch nicht ganz ungefährlich war, aber ich schwang schnell mein rechtes Bein wieder über ihren Hals und überlebte erneut knapp.

Der restliche Heimweg war im Grunde harmlos, bis auf die Wespe, die mich plötzlich umschwirrte und dann im Sturzflug in Stellas Mähne flog. O Gott! Das nicht auch noch! Was würde passieren, würde sie zustechen? Und todesmutig griff ich in des Pferdes Mähne, griff die Wespe, frei nach dem Motto: „Besser ich, als das Pferd! Denn so bin ich nur beschädigt, anderenfalls könnte es mehrere Tote geben, da dieses Pferd offenbar suizidgefährdet ist.“ Und ich dachte damals: „Reiten kann so richtig scheiße sein! Zum Glück bin ich den Zossen gleich los!“

Aber als ich Stella dem Vermieter wieder aushändigte, stupste sie erneut ihre Nüstern gegen meine Nase und knabberte an meinem Jackenärmel. Offenbar mochte sie mich. Ich streichelte sie, drückte sie sogar und meinte: „Das war ein echt schöner Ausritt! Vor allem jetzt – rückblickend betrachtet, und zumal ich überlebt habe!“ Der Vermieter grinste und meinte: „Du hast dich offenbar tapfer geschlagen, und Stella scheint dich zu mögen. Das kommt nicht oft vor.“

Wahrscheinlich war sie überrascht, dass ich oben geblieben war – zumindest die meiste Zeit – und wollte mir Respekt zollen. Und als wir im Auto saßen und zurückfuhren, meinte Tobias: „Ich wollte ja nichts sagen, aber ich hatte Stella auch schon mal bei einem Ausritt, und seitdem bin ich bedient. Du hast dich echt tapfer geschlagen, Ali! Ich bin damals zu Fuß nach Hause gegangen.“

Seit damals habe ich mir geschworen, um derartige Mietställe einen großen Bogen zu machen. Und ich zweifle nach dieser Erinnerung daran, ob ich wirklich wieder reiten möchte … 😉

„Wenn es geht, erst nach der Tagesschau!“

Gestern rief mich unerwartet eine alte Freundin, Jadranka, an, und sie meinte: „Ali – das glaubst du nicht! Da sagt der Typ zu mir …“ – „Stop!“ rief ich und fügte hinzu: „Jetzt mal ganz in Ruhe. Was glaube ich nicht – und welcher Typ?“

Jadranka holte tief Luft und schnaubte: „Na, der, den ich seit sechs Wochen date!“ Ich stutzte, staunte und meinte: „Na, da hast du mir immerhin einiges voraus. Ich traue mich das ja gar nicht.“ – „Mag sein, hör einfach zu!“ schrie sie, und ich spürte förmlich, wie sich ihre Haupthaare zu einem Kamm aufrichteten. Nein, ich sah diese kapillargefäßtechnische Metamorphose ganz plastisch vor mir, denn Jadranka hatte seit jeher die – unfreiwillige – Angewohnheit, dass sich ihr Haupthaar sträubt, sobald sie sich über irgendetwas wirklich massiv aufregt. Als ich sie noch nicht so gut kannte, verspürte ich Ehrfurcht vor dem Volumen ihrer Haare, und einmal hatte ich sie gar gefragt, ob sie eine besondere Spülung oder ein anderes „hair treatment“ nutze, was zu großer Irritation und zum finalen Ausruf Jadrankas führte: „Ich benutze keine Spülung! Ich bin einfach nur scheißsauer!“ Und wenn Jadranka scheißsauer ist, sträuben sich ihre Haare unfreiwillig auf eine Weise, die andere Menschen höchst freiwillig mittels Haargels, -wachses oder sonstiger Hilfssubstanzen herzustellen niemals in der Lage wären. 😉

Gestern schien sie sogar doppelscheißsauer zu sein, denn sie schrie derart ins Telefon, dass mein linkes Trommelfell jetzt noch zu flattern scheint. Zumindest höre ich seit gestern ein enervierendes Fiepen – ich hoffe, es ist kein Hörsturz, denn dann ist nicht nur Jadranka auf den Typen sauer, sondern ich auch. 😉

Es habe sich alles ganz nett angelassen, schrie Jadranka ins Telefon, denn der Typ, der sich Fritz nannte, obwohl er wohl wirklich Ernst-Friedrich heißt, wie sie auch erst beim letzten Treffen herausgefunden habe, sei sehr sensibel gewesen. Und es sei ja wirklich wünschenswert, wenn der Partner sensibel sei. So kreischte sie mir ins Ohr.

„Wo ist das Problem?“ kreischte ich zurück. Ich kreische selten, aber gestern ging es nicht anders, denn das widerliche Fiepen in meinem linken Ohr kompromittierte mein ansonsten makelloses Gehör (ich sehe schlecht, dafür höre ich brillant – ein Ausgleich muss ja her). „Sei doch froh!“ schrie ich, aber Jadranka brüllte: „Sei doch froh, sei doch froh! Du weißt ja gar nicht, wovon du sprichst!“

Und dann ging es los … Man verständige sich zumeist über WhatsApp, und nachdem er ihr mitgeteilt habe, er müsse die ganze Zeit an sie denken, sei es im Grunde nur noch an ihr, Treffen vorzuschlagen. Und beim ersten Treffen nach dem initialen solchen, das harmlos in einem Café stattfand, habe er ihr dauernd an die Wäsche gewollt!

Ich lachte und meinte: „Naja, das gehört dazu!“ – „Ja, aber inzwischen habe ich den Eindruck, es gehe nur darum! Schicke ich eine WhatsApp, ob wir telefonieren sollen, kommt nur: ‚Ok.‘ Und dann rufe ich an. Und er ist immer ganz erfreut, aber mal selber auf die Idee kommen … Nee!“

„Vielleicht ist er schüchtern,“, wandte ich ein, wurde aber erneut angekreischt: „Schüchtern?!? Von wegen! Kürzlich habe ich ihn besucht, und wir tranken ein paar Gläser Wein. Danach war von Schüchternheit nichts mehr zu merken!“ – „Naja, du bist hingefahren und hast – obwohl mit dem Auto da – ein paar Gläser Wein getrunken …“ – „Ja, trotzdem!“ schrie Jadranka. „Und dann das Ganze am nächsten Morgen!“

O Gott! Was war passiert? Vorsichtig fragte ich nach …

„Am nächsten Morgen wurde ich früh wach und wollte ihn in den Arm nehmen, als ich sah, dass er wohl auch nicht mehr schlief. Ich beugte mich über ihn und nahm ihn in den Arm. Und dann …“

„Was dann?“ fragte ich neugierig, und Jadranka kreischte: „Da hat der total laut gekreischt! ‚Aaaaaaah!‘ So in etwa!“ Und sie machte es nach. Es klang, als quälte man ein Tier …

„War es draußen hell oder dunkel?“ fragte ich. „Du blöde Kuh! Ich weiß genau, was du damit sagen willst!“ brüllte Jadranka. „Es war dunkel! Er konnte gar nicht sehen, dass ich wie ein Waschbär aussah, weil mein Make-up verschmiert war!“

Ich schüttelte meinen Kopf, weil meine Ohren klingelten. Dann meinte ich: „Na, siehst du. Er hat gar nicht sehen können, dass du total scheiße ausgesehen hast! Es ging gar nicht um dein Aussehen!“ [Da ich außer Ja und Nein, Guten Tag, Gute Nacht, Du blöder, furzender Esel und den Zahlen von 1 bis 10 die kroatische Sprache nicht beherrsche, weiß ich bis heute nicht, was Jadranka daraufhin brüllte, aber es klang beeindruckend, und ich glaube fast, sie erwähnte meine Mutter. Obwohl … Die kennt sie doch gar nicht …]

Jadranka schnaubte dann noch: „Und sein Sohn heißt Franz! Der ist fünf Jahre alt! Wie kann man ein so kleines Kind so nennen! Typisch Deutsche – geben ihren Kindern total altmodische Namen, weil es in ist! Armes Kind!“

„Wann triffst du dich denn wieder mit Fritz?“ fragte ich. „Das weiß ich nicht! Der ist total pedantisch! Als ich auf der Terrasse eine rauchen war, was er schon schändlich fand, habe ich beim Hereinkommen wohl ein bisschen Schmutz an meinen schönen Overknees gehabt und auf den Marmor getragen. Da sah ich schon sein Gesicht – schmerzverzerrt. Und er wies mich darauf hin, doch bitte ein bisschen vorsichtiger zu sein. Aber dann wurde es netter … Halt bis auf den nächsten Morgen. Da meinte er zum Abschied, er würde sich freuen, würden wir abends telefonieren. Und als ich abends per WhatsApp fragte, ob wir telefonieren sollten, schrieb er zurück: ‚Ja, aber wenn es geht, erst nach der Tagesschau!“ Den Rest verstand ich nicht, da sie da schon wieder auf Kroatisch fluchte … Ich verstand nur ganz zu Anfang das Wort „Spießer“, denn das sagte sie auf Deutsch – möglich, dass es im Kroatischen keine Entsprechung gibt … 😉

Auf Deutsch schwor sie dann wieder, dass Dating mit einem Apotheker, einem Buchhalter, Uhrmacher oder sonstigem Erbsenzähler sicherlich anregender sei als mit Fritz! Ich fragte nach seinem Beruf, sie sagte: „Jurist.“ Ich lachte nur … Und da meinte sie: „Du solltest auch mal wieder daten – das ist total cool!“

Ja, Jadranka. Total cool. 😉 Es klingt ungefähr so cool wie eine Blasenentzündung. 😉

Ein typischer Novembertag

Man merkt doch gleich, dass November ist, der Monat, den ein Nenn-Onkel immer den „Kistenmonat“ nannte, weil er meinte, der November sei der perfekte Monat, den Löffel ab- und sich selber in die „Kiste“ zu begeben.  (Der Nenn-Onkel ist leider bereits verstorben, ich glaube aber, nicht im November.) Heute war es zwar morgens okay, aber gegen Mittag, Nachmittag trübte es sich ein, und als ich mit meiner Kollegin Kerstin gerade beschlossen hatte, eine rauchen zu gehen, sah es auch noch nach Regen aus. Und der Regen setzte auch prompt ein, als Kerstin und ich gerade unserem schändlichen Tun (O-Ton eines nichtrauchenden Kollegen, aber grinsend) nachzugehen begonnen hatten. Zum Glück trugen wir beide Jacken mit Kapuzen.

Kerstin ist eine schnellere Raucherin als ich, nicht so schnell wie Kollegin Janine, aber doch schneller als ich. (Ich vermute, meine eher langsame Art, zu rauchen, stamme noch aus meiner Studienzeit, da das Geld immer knapp war und ich mir für jede einzelne Zigarette mehr Zeit nahm … 😉 Oder ich rede einfach zu viel zwischen den einzelnen Zügen. 😉 ) Daher war sie bereits fertig, als es so richtig zu schütten begann. Ich warf eine zu zwei Dritteln gerauchte Zigarette weg, weil es doch zu ungemütlich wurde, und wir gingen schnell zurück ins Büro. Als ich die Kapuze abnahm, passierte es – wieder … Die kunstpelzbesetzte Kapuze ist mittels Druckknöpfen am Kragen dieses – neuen – Parkas befestigt, und der äußerste Druckknopf links ist etwas schwach auf der Brust. Dauernd löst sich da die Kapuze vom Kragen, und wer mich kennt, weiß, dass ich so etwas hasse wie die Pest – ständig muss man nachbessern. Das nervt, und ich überlegte, ob ich das Ganze nicht einfach mit Sekundenkleber …

Nein! Nicht mit Sekundenkleber! Ich habe unangenehme Erfahrungen damit machen müssen. Ich bin zu wurschtig für Sekundenkleber. Und erst kürzlich …

Ja. Ich gebe es zu. Erst kürzlich hatte ich mich doch einmal wieder an diesen sehr drastischen Acryl-Kleber herangewagt. Ich hatte einen Ring geschenkt bekommen. Nein, nicht, was ihr denkt! 😉 Es war ein Modeschmuck-Ring, und er war von meiner Mutter. Gleich beim ersten Tragen verlor ich den Stein, als ich beim Einkaufen von einer sehr rabiaten älteren Kundin mit ihrem Einkaufswagen gerammt wurde, weil sie vor mir an die Kasse gewollt hatte! Die Klügere gab nach, und so siegte sie, und ich suchte nach dem Stein des Modeschmuck-Rings, denn ich bin ein bisschen sentimental und kann es nicht haben, wenn Dinge, die mir geschenkt wurden, auf derart blöde Weise in Schutt und Asche gelegt werden. Zum Glück fand ich den Stein nicht weit entfernt kurz vor dem Waschpulverregal. Ich versenkte ihn in meinem Portemonnaie, und zu Hause begab ich mich mit Sekundenkleber an die Arbeit.

Was soll ich sagen? Der Stein wollte zunächst nicht halten, und ich presste ihn mit Verve und Herzblut auf diese Lücke im Ring, da er doch zuvor schon gesessen hatte. Aber der Stein war aufsässig, und irgendwann stand ich fluchend da, einen glitzernden Schmuckstein an Zeige- und Mittelfinger meiner linken Hand klebend, schier unzertrennlich! Nicht nur der Stein an den Fingern, auch die Finger aneinander! Grauenhaft, denn es bedurfte eines Lösungsmittels, dennoch aber auch roher Gewalt, die kleinen Biester wieder voneinander zu trennen … Immerhin ist der Ring aber wieder ganz. 😉 Aber es ist doch eine Warnung – ich sollte keinen Sekundenkleber mehr einsetzen, nicht einmal mehr im Hinblick auf den nervenden, allzu losen Druckknopf, der die kunstpelzbesetzte Kapuze halten soll, es aber nicht tut. Zumindest nicht zuverlässig. 😉

Es kann auch nur am November liegen, dass ich heute am Vormittag – es reicht mir mit der Ungewissheit – einen Termin in einem der drei sogenannten „Brustzentren“ hier am Ort machen wollte, man mir aber sagte: „Wie? Sie haben nur eine Überweisung? Das geht nicht! Wir nehmen nur stationär auf – zu Ihrem eigenen Besten. Sie brauchen eine Einweisung!“ Da hatte ich mich überwunden, trotz einiger Bedenken und Ängste – und nun würde sich das Ganze noch weiter hinauszögern. Ich war mir sicher, dass ich alsbald wirklich eine Einweisung benötigen würde, wenn es so weiterginge – aber eine der ganz anderen Art … 😉

Dann bekam ich auch noch eine Mail. Mit Fotos vom letzten Betriebsausflug. Angstvoll öffnete ich den Anhang …

Ich weiß nicht, wie es bei euch so ist, aber ich hasse es, fotografiert zu werden und habe zum Glück immer eine Tasche oder sonst etwas zur Hand, das ich mir flugs vors Gesicht halten kann, sobald eine Kamera auftaucht und auf mich gerichtet ist. Ich habe keine Ahnung, woher dieses Verhalten kommt. Als Kind und Jugendliche hatte ich noch kein Problem damit, abgelichtet zu werden. Das kam im Grunde erst …

… mit meiner Studienzeit!

Es ist schlimm genug, nach einer Party morgens oder gegen Nachmittag aufzuwachen, und dann kommen peu à peu all die Erinnerungen an die Party zurück. Wenn sie zurückkommen … 😉 Noch viel schlimmer, wenn man dann von anderen hört, was wie wann passiert sei. Erheblich netter, wenn andere – wie ich oft erlebt habe – auch unter Gedächtnislücken und Blackouts leiden. 😉

Ganz schlimm aber, wenn Fotos oder Videos gemacht werden! Es gibt – bzw. gab – diverse Fotos von mir, die auf Partys gemacht wurden. 😉 Und da gibt es nur wenige Möglichkeiten … Wurden die Fotos zu Beginn der Party aufgenommen, wirkte ich normal, lächelte, grinste oder machte irgendwelche Faxen.

Je später der Abend, desto irrer mein Blick, und teils bekam ich selber Angst vor mir, sah ich mir Tage nach der Party die Fotos an, und stets behauptete ich standhaft: „Das bin nicht ich!“ – „Oh doch!“ hieß es dann immer. Aber dann der Nachsatz: „Aber sieh dir erst mal die anderen Gestalten an – danach geht es dir besser.“ Meist war das zwar so, aber ich schwor mir stets und immer, dass die nächste Party gewiss nicht derart … Und dann die nächsten Fotos …

Einmal besuchte mich ein guter Freund, der mir einmal mehr Beweismaterial in Gestalt eines kleinen Videos vorzulegen trachtete. Und grinsend sagte er: „Am besten gefällt mir der Teil, wo du eine Präsentation hältst!“ – „Wie? Was für eine Präsentation?“ fragte ich alarmiert und hektisch, und mir wurde ganz schlecht. Was um alles in der Welt hatte ich präsentiert? Mein guter Freund lachte und meinte: „Nein, keine Sorge! Sieh her!“ Und er präsentierte mir meine Präsentation und meinte: „Am besten gefällt mir, dass du total seriös wirkst, wie du da demonstrierst und auch noch fröhlich und mit fast klarer Stimme erläuterst und zeigst, wie man am besten einen Gemeinschafts-Joint bastle – das ist echt cool! Das könnte man glatt als Schulungsvideo veröffentlichen.“ Ich grinste schief und meinte: „Aber sieh dir die anderen an – die können ja kaum noch gerade sprechen!“ – „Eben! Im Vergleich wirkst du echt cool!“ – „Solltest du je meine Eltern treffen: Zeig denen bloß nicht dieses Video! Ich bin sofort enterbt!“ – „Keine Sorge.“

Es muss an derlei Dingen liegen, dass ich mich heutzutage nur noch ungern fotografieren oder filmen lasse – da kommen immer ganz unschöne Gefühle auf. 😉 Auf Partyfotos sieht man immer irgendwie völlig durchgeknallt … lassen wir das. 😉

Immerhin waren die Betriebsausflug-Fotos im Vergleich zu dem, was ich aus vergangenen Zeiten kannte, fast klösterlich. Wie langweilig … 😉

Und immerhin wurde durch all diese Erinnerungen dieser graue, langweilige und monotone Novembernachmittag aufgewertet. Und die Betriebsausflug-Fotos waren auch gar nicht so schlimm. 😉

Inzwischen habe ich sogar eine „Einweisung“ beantragt, und nächste Woche kann ich sie schon abholen. Und wenn ich dann im MRT vor mich hin zu paniken drohe, denke ich einfach an all die vielen Partys nebst Fotos aus Aachen. Dann kann alles nur gut werden. 😉