(Urgently) Wanted: The real and mean common sense!

In den letzten Tagen gab es in der Presse großen Aufruhr, weil eine Journalistin sich erdreistet hatte, einen bei manchen Menschen angesagten Imbiss in unserer Hauptstadt – bekannt als: „Arm, aber sexy!“ – durch eine Gastrokritik, eine reine Meinungsäußerung, zu bewerten. Eine ganz normale Sache, denn jeder, der in die Öffentlichkeit tritt, setzt sich dem Risiko aus, kritisiert zu werden. Und jeder nahm exakt dies als ganz normal hin. Bisher jedenfalls. Denn seit einiger Zeit – ich kann nicht benennen, wann das Pendel in die andere Richtung zu schlagen begann, weil ich noch immer irritiert und befremdet über die Folgen bin – hat sich wohl einiges verändert.

Denn was nach dieser Kritik oder Meinungsäußerung stattfand, ist im Grunde an Absurdität kaum zu überbieten. Warum?

Nun, der solcherart geziehene Imbissbudenbetreiber, den manche Menschen wie einen Guru vergöttern (ich gehöre gewiss nicht dazu), reagierte recht eigen, da er der Journalistin und der gesamten Redaktion ihres Brötchengebers nicht nur Hausverbot erteilte, sondern ihr und anderen Menschen, die sein Angebot jetzt nicht gerade so toll finden, auch gleich die zum Verständnis seiner Idee vermeintlich notwendige Intelligenz absprechen wollte. Wenn ich mich recht entsinne, sprach er auch davon, ihr die Speise, die ihr am wenigsten geschmeckt zu haben scheint, am liebsten ins Gesicht gedrückt haben zu wollen – er drückte es etwas anders aus -, hätte er sie und das Ergebnis ihres Besuchs nur erkannt! 😉

Und fortan überschlugen sich die Ereignisse … 😉 Denn nachdem der bekannte Gastwirt mitbekommen hatte, dass inzwischen die Gazetten von seinem recht unkontrollierten Verhalten nicht nur berichteten, sondern auch zahllose Kommentare zu verzeichnen hatten, schwenkte er um. Offenbar hatte er erkannt, dass nicht nur seine Adepten, gar nicht so selten kritiklos und partiell ein kleines bisschen aggressiv (wiewohl doch angeblich ihre Ernährungs- und Lebensüberzeugung zu friedlichem, harmonischem Miteinander im Einklang mit der Natur führen soll – „Alle Menschen werden Brüder“, wie es so schön heißt), da kommentierten, die ohnehin auf seiner Seite waren, weil sie alles andere für Verrat halten würden – ganz egal, wie dumm sie sich da gerieren.

Nein, die Kommentare waren von einer gewissen Vielfalt, und sogar diverse Menschen, die der gleichen Ernährungs- und Lebensvariante frönen, wie der so böse gescholtene Gastwirt zumindest stets erklärt, hatten negative Kritik anzumelden. Wenn ich es einmal überreiße, war die klassische Gauß’sche Glockenkurve gegeben. 😉

Recht absonderlich reagierte der Gastwirt. Anders, als ich an seiner Stelle reagiert hätte – aber ich habe ja auch keine Fans, führe kein „Business“ und muss mir von daher wenig Sorgen um mein diesbezügliches Auskommen machen. 😉 Kurz: Ich habe keine Imbissbude, und ich verkaufe auch keine Bücher. 😉

Gegen die Ernährungs- und Lebensweise an sich sage ich nichts – ich halte es da mit dem Alten Fritz. Nur mag ich auch nicht missioniert oder gar beschimpft werden, lebe ich anders. Das aber verkörpert der berühmte Gastwirt. Und er kann es offenbar auch gar nicht leiden, wenn man ihn – wie alle anderen Gastwirte, gelernt oder ungelernt – kritisiert. Und seine Gemeinde von Adepten ist da auch sehr streng. 😉

Nun hätte ich – wäre ich an seiner Stelle gewesen – das Ganze a) einfach ignoriert, b) eine ironische Reaktion gezeigt, ironisch, aber so, dass jeder merkt: „Die weiß, was gemeint ist, reagiert aber mit Augenzwinkern, und gut ist es“. C) Ich hätte Journalisten den Wind aus den Segeln genommen, indem ich eine großzügige Einladung zu Testessen ausgesprochen und dann zugesehen hätte, dass alles supercalifragilisticexpialigetisch ausgesehen hätte, um der Kritikerin den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ist das unvernünftig?

All das hat der Gastwirt nicht getan. Stattdessen war seine erste Reaktion eine von Hass und in erster Linie männlichen Hormonen nur so strotzende Gegendarstellung, in der er der Kritikerin Essen ins Gesicht drücken wollte. Und natürlich hatte dies zur Folge, dass erneute Artikel in den Gazetten auftauchten.

Spätestens da hätte man – ich zumindest – doch die Füße schamhaft stillgehalten. Normalerweise. Doch nein! Es erfolgte eine Rücknahme des Hausverbotes, gekoppelt mit einer Einladung an Journalisten, die sich selber ein Bild machen sollten. Wem es allerdings nicht schmecke, wer etwas zu meckern habe, würde heraufbeschwören, dass der Gastwirt dann so richtig austicken würde. Das Ganze gepostet mit einem Foto des Gastwirtes, der gerade eine moderne Repetierwaffe im Anschlag hält!

Ich war irritiert ob dieser Darstellung. Aber noch viel mehr irritiert war ich, als der Gastwirt von seinen Adepten noch für sein „Genie“ gefeiert wurde! „Denen hast du es jetzt so richtig gezeigt“ lautete der Grundtenor dieser Menschen. Ah, ja. Nee, ist klar – ich posiere mit einer Pumpgun, und schon habe ich nicht nur Recht, sondern bin obendrein ein Genie! 😉 (Ob ich das auch mal machen sollte? 😉 Was meint ihr? Nee? Ja, ich glaube, ihr habt Recht – ich sollte es nicht tun und will das auch gar nicht.)

Und dann wurde es noch viel absurder, denn der Gastwirt versprach noch weitere Dinge, modifizierte aber dann, als es um die Wurst (oh Gott – Wurst ist hier der ganz falsche Terminus!) ging, kurzerhand die Bedingungen und kam sich einmal mehr total schlau vor. Und so kam und kommt er auch seinen Adepten vor, die offenbar der Theorie: „Wer schreit, hat Recht“ folgen.

Ich weiß nicht … Mir kommt das Ganze nur gruselig vor. Als wären wir im Kindergarten, wo Eltern ganz stolz sind, wenn ihre Kinder besonders altklug und spitzfindig sind, was manch anderer Elternteil – bisweilen sogar andere Kinder – gar nicht so nachvollziehen können. 😉

Sorry, aber ich frage mich seit dieser Werbeaktion für was auch immer – Lebenseinstellung, Dummheit oder Sonstiges -, in welcher Welt ich eigentlich lebe. Nennt mich engstirnig – ist auch okay. 😉 Mir fehlt einfach nur das, was man bis vor einiger Zeit noch als „gesunder Menschenverstand“ kannte. Das Ding, das davor bewahrt, derart peinliche Dinge zu tun, wie oben – durch die Aktionen des offenbar von sich selbst sehr eingenommenen Gastwirts – beschrieben. Dieser common sense scheint nicht mehr serienmäßig gegeben zu sein. Eher der Drang, kompromisslos einer individuell gegebenen Linie zu folgen. Zumindest bei manchen. Und ich hoffe, ich bilde mir nur ein, dass das immer weitere (Lebens-)Kreise ziehe.

Mein Resümee: Macht, was ihr wollt, aber verletzt niemanden – und missioniert auch nicht herum. Und besonders wichtig: Bewahrt euch euren common sense – den gesunden Menschenverstand. 😉 Meiner sagt mir jedenfalls, dass dieser heute mehr denn je benötigt werde, und das nicht nur bei einer unwichtigen Gastrokritik. 😉

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