Konsequentes Verhalten ist doch im Grunde stinklangweilig – oder?

Soeben bin ich heimgekehrt. Heimgekehrt von schwieriger Mission. Denn ich war heute beim Augenarzt, wohin ich gar nicht so gerne gehe. Aber nachdem mein Auto am Freitag bei der Inspektion war, war es nur fair, dass auch ich dorthin ging. Immerhin hängt Fahrtüchtigkeit nicht zuletzt auch von der Sehfähigkeit ab. Nicht allein davon, aber auch. 😉

Ich gehe nicht sonderlich gern zum Augenarzt, weil ich schon diverse ganz reizende Erlebnisse bei dieser Arztkategorie hatte. Unvergessen mein Auftritt damals in Ratingen, als man meinen Augenhintergrund ganz besonders genau betrachten wollte, dazu meine Pupillen mittels Tropfen erweitert und mir ein Kontaktglas auf die Hornhaut gesetzt hatte. Soweit alles kein Problem, wenn es sich auch nicht gerade schön anfühlte, aber das blöde Kontaktglas schien meine Hornhaut derart toll zu finden, dass es sich zunächst gar nicht mehr davon trennen wollte. Das war dann doch recht unangenehm, zumal die Ärztin mehrere Anläufe brauchte, es vom Auge zu lösen … Und eine Pupillenerweiterung im Hochsommer zu machen, ist auch nicht die beste aller Ideen. Zumindest sollte einem vorab gesagt werden, dass die Ärztin das offenbar standardmäßig macht. Hätte ich es gewusst, hätte ich einen anderen Termin gemacht. Ich kannte diese Untersuchung zwar, fand sie noch nie so toll, aber niemals war sie an einem Tag vorgenommen worden, an dem draußen die Sonne vom wolkenlosen, strahlendblauen Himmel knallte. Zum Glück war damals Henrik mitgekommen. Ohne ihn wäre ich aufgeschmissen gewesen, denn als wir die Praxis verließen, sah ich – nichts. Aufgrund der erweiterten Pupillen war alles verschwommen, und ich wurde – naturgemäß – aufs Widerlichste geblendet. Und das trotz Sonnenbrille, die ich des Wetters wegen ja ohnehin schon dabeigehabt hatte. Keine Ahnung, wo ich gelandet wäre – möglicherweise sogar vor einem Auto -, hätte Henrik mich nicht zum richtigen Bus und zu Hause aus diesem herausgelotst, wobei ich mich, annähernd blind, die ganze Zeit an seinem linken Arm festkrallte, ebenso auf dem beschwerlichen Weg in den dritten Stock. 😉 Mein rechtes Auge zickte besonders – da hatte sich das Kontaktglas obendrein ja noch so anhänglich gezeigt und festgesaugt.

Seither gehe ich noch weniger gern zum Augenarzt, noch dazu, da ich mich jedes Mal wie eine Versagerin fühle, wenn ich da zum Teil fliegenschissgroße Zahlen vorlesen soll, die an die Wand projiziert werden. Und dann, wenn man verschiedene Linsen vor meinen durchaus seh- und erkennungswilligen, jedoch darin durch mangelnde Fähigkeit gebremsten Augen einstellt und fragt: „Ist es so besser? Oder so? Oder vielleicht so? Oder doch so?“ Ja, habe ich vielleicht ein fotografisches Gedächtnis? 😉

Heute war aber alles prima, und vor allem ging es schneller, als ich erwartet hatte. Ratz-fatz waren meine Augen von einer Helferin vermessen, und ich hatte – mit meiner Uralt-Fernbrille etwas ungelenk – einige Zahlen tatsächlich gelesen, die anderen geraten. Letzteres offenbar aber gar nicht so schlecht … 😉 Und der Augeninnendruck war für schlappe 20 Euro, die ich privat bezahlen muss, gemessen worden. (Eine Untersuchung, die man auch frühmorgens machen kann, wenn man noch im Halbschlaf befindlich ist. Danach ist man wach, denn es ist kein so angenehmes Gefühl, wenn einem stoßartig Luft auf die Klüsen quasi geschossen wird – jedes Mal erschrecke ich fast zu Tode, und die Helferin heute freute sich, weil ich so nett auf dem Untersuchungsstuhl herumhüpfte … 😉 )

Dann wurde ich in einen anderen Untersuchungsraum gerufen, wo eine Augenärztin auf mich wartete. Die dort assistierende Helferin rief: „Herr B., bitte!“ Ich stand unverzüglich auf und meinte grinsend: „Frau B., bitte!“ – „Oh! Das tut mir leid – ich dachte, Ihr Name sei ein Männername!“ Von drinnen lachte die Augenärztin: „Ich habe Ihnen gleich gesagt, dass das ein Frauenname ist – Sie wollten ja nicht hören!“ Die Helferin sah mich an und meinte kleinlaut: „Entschuldigen Sie, bitte!“ – „Da nich für!“ rief ich und fügte hinzu: „Das passiert mir dauernd – keine Sorge! Ich nehme es Ihnen nicht übel. Ist ja auch kein Wunder bei dem Namen.“ Die Augenärztin meinte: „Vielleicht wird er doch irgendwann wieder modern!“ – „Darauf warte ich, seit ich denken kann und befürchte, dass das niemals der Fall sein wird,“, gab ich grinsend und zwinkernd – wollte ich mir das nicht abgewöhnen? – zurück und meinte Richtung Helferin: „Also – keinen Kopp machen! Ich bin das gewohnt, und es ist gar nicht schlimm.“ („Nicht mehr“ hätte ich sagen sollen … 😉 ) Die Helferin lächelte erleichtert und fragte: „Haben Sie denn einen Spitznamen?“ – „Ja. Ali. Wird aber auch häufig als Männername missverstanden.“ Sie, die Augenärztin und ich lachten. 😉

Dann stellte die Ärztin fest, dass bei mir „ja alles total gut aussehe, was speziell bei einer Kontaktlinsenträgerin selten ist“. Ich atmete auf. Denn gerade in letzter Zeit ist es mir wiederholt passiert, dass ich abends auf der Couch bei irgendeinem minderspannenden Thriller einschlief – natürlich mit den Linsen – und morgens vergleichsweise gefoltert wieder erwachte. Als hätte man nachts die kleinen Kunststoffdinger auf der Hornhaut festgeschweißt … Eigentlich sollte man in solch einem Falle dann die Dinger sofort herausnehmen und den Rest des Tages Brille tragen … Aber meine aktuelle Fernbrille datiert von Anfang der 2000er Jahre … 😉 Und so wechsle ich in solchem Falle nur die Kontaktlinsen, da ich immer zwei Paar in akutem Gebrauch habe. So war ich doch beruhigt, dass meine Augen „super“ aussahen – offenbar habe ich ganz besonders strapazierfähige solche, denn zwei Bekannte, die erheblich pingeliger sind als ich, mussten dauerhaft auf eine Brille umsteigen und dürfen keine Kontaktlinsen mehr tragen. Mal wieder mehr Glück als Verstand gehabt.

Kaum das Rezept in der Hand, stürmte ich auch schon den praktischerweise im Haus neben der Praxis gelegenen Optiker, in dem sowohl Krethi, als auch Plethi Brillen kauft. Was sonst?

Da sich anfangs niemand um mich kümmerte, sah ich mich schon einmal selber um. Immerhin hatte ich ja schon eine Vorstellung: Metallfassung, wie gehabt, aber nicht versponnen. Zu meinem Gesicht passend, zur Haar- und Augenfarbe. Hatte ich auch erst kürzlich hier postuliert. Und ich stehe zu meinem Wort. 😉

Allein die Metallgestelle sahen irgendwie aus, als wolle man damit der stetig wachsenden Bevölkerung von Altenheimen Rechnung tragen. Nichts dagegen, aber gab es denn in Metall wirklich nichts in „etwas pfiffiger“? Offenbar nicht, und hilfesuchend wandte ich mich an einen Mitarbeiter.

Der war auch nicht imstande, mir etwas Gefälligeres in Metall heranzutragen, und so sagte ich: „Okay, ich sehe es ein: Her mit den Kunststofffassungen!“ Der Mitarbeiter lachte, aber ich warnte ihn und meinte: „Ich bin keine einfache Kundin – es kann dauern.“ – „Dafür bin ich da,“, meinte der Mitarbeiter und lachte noch mehr. Und schon schleppte er -zig Gestelle heran. Die meisten von mir nach dem ersten Aufsetzen verworfen: „Zu eckig, das geht nicht mit meinem Gesicht. Gibt es das ein bisschen weniger eckig?“ – „Das ist jetzt modern!“ – „Mag sein. Dann ist mein Gesicht halt nicht modern. Aber es sollte doch passen.“ Der Mitarbeiter gab mir Recht, und unermüdlich schleppte er Gestell um Gestell heran. Nichts gefiel mir – nur eines, das recht gut aussah. Aber in Dunkelrot?

Fortan schleppte er Gestelle an, die in etwa meine Haarfarbe hatten – zuletzt eines, dessen Farbe ich als Kamelhaar bezeichnet hätte. Ich meinte: „Da haben Sie wohl meine Haarfarbe berücksichtigt.“ – „Ja, Sie haben so schöne karamelfarbene Haare! Eine richtig schöne Farbe! Das fiel mir gleich auf.“ Ja, ja … 😉 „Ja, nur sollte ein kleiner Kontrast schon sein, denn karamelfarbene Haare und karamelfarbene Brille geht nicht. Was ist denn mit der Fassung da?“ Und ich zerrte eine aus dem Regal, auf der Vogue stand. Nicht ihres Namens, einzig ihrer Form und Farbe wegen.

Der Mitarbeiter sah sich die Fassung an, dann strahlte er: „Ich habe fast den Eindruck, das könnte es sein! Setzen Sie sie, bitte, auf.“ Ich setzte, und er meinte: „Das ist Ihre Brille!“ Ich griff sofort nach dem Handspiegel, der auf dem Tisch lag, und ich sah mein Spiegelbild an. Ungewohnt sah es aus. Ich trage seit vielen Jahren Kontaktlinsen und höchstens eine meiner beiden Lesebrillen (Metall), zu Hause auch meine Uralt-Fernbrille. Wenn Brille, dann Metallfassung oder randlos – seit einem grauenhaften Irrtum mit einer Kunststoffbrille in meiner präpubertären Phase, die wohl den Grundstein für meine Kunststoff-nie-und-nimmer-Einstellung gelegt hat.

Ich musste mich wirklich erst an das Bild gewöhnen. Ich sah mit einem Male … erwachsen aus. Nicht alt. Nur erwachsen. Und ich grinste mein Spiegelbild an. Das Spiegelbild grinste zurück, und trotz aller Erwachsenheit sah man die „alte Ali“ live und in Farbe. Hinter diesem melangeartigen Kunststoffgestell in Violett, Grau und Weiß im Bereich der Bügel und einer Front in einem melangeartigen kühlen Braun. (Ich kann es schwer beschreiben – man muss es sehen, und ich hasse Braun bei Brillen, aber das Ding hier ist sehr gemischt und hat mich derart überzeugt: Liebe auf den ersten Blick, an die ich nie so recht glaube. 😉 )

Ich bestand auf gläserne Brillengläser, obwohl der Mitarbeiter mir sehr gern spezielle Kunststoffgläser aufschwatzen wollte und damit argumentierte, dass ja eine Brille schon einmal gerne hinunterfalle (ist mir in meiner bisherigen Brillenphase nur zweimal passiert – man muss eben aufpassen). Ratz-fatz hatte ich ihn von einem Gesamtpreis von knapp 600,- Euro auf 217,- Euro heruntergehandelt. (Und ich hoffe, ich lasse diese Brille wirklich nicht fallen – ich sehe jetzt schon das Gesicht des Brillenverkäufers vor mir … 😉 )

In etwa 14 Tagen ist die neue Brille fertig. Aber dann bin ich in Schottland, wie mir einfiel.

Und nachdem ich das Schwierigste des Tages geschafft hatte, habe ich noch meinen geliebten Junkers-Chronographen zur Reparatur gebracht („Zwei Tage, Frau B.!“), sowie einige Einkäufe hinsichtlich meines Urlaubs getätigt. Sonnenmilch gehörte nicht dazu, nachdem ich gestern interessehalber mal die Temperaturen in Schottland googelte. Arschkalt ist es da. Und soll es auch die nächsten 16 Tage sein. Hoffentlich hat unser Mietwagen eine Sitzheizung … 😉

Viele Menschen propagieren, dass konsequente Haltung das A und O sei. Ich nicht. Ich bin heute auf etwas umgeschwenkt, das ich a priori für höchst unwahrscheinlich gehalten hatte. Und es war einfach nur gut.

In diesem Sinne: Immer flexibel bleiben! 😉

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