A little guide for Scotland newbies

Da ich selber ein Schottland-Newbie bin, fällt es mir leicht, Tipps zu geben. Alteingesessene Schottlandreisende setzen meist zuviel voraus, erwähnen verzückten Blickes – ergo mit gen Himmel gedrehten, leicht glasigen Augen und entrückter Attitüde – oft Dinge, die dem Schottland-Neuling völlig unbekannt sind, da er ja noch nie vor Ort war. Und dann wundern sie sich, wenn dieser nicht gleich dieselbe Begeisterung zeigt wie sie … 😉 Man muss selber hinreisen, damit das Virus wirkt. 😉

Ich gebe zu, ich hatte anfangs ein wenig Angst, dorthin zu reisen. Nicht richtig Angst, aber ein bisschen skeptisch war ich schon. Immerhin habe ich in meinem Verwandten- und Bekanntenkreis diverse Schottland-Fans. Und die sind auch alle Mittelalter(markt)-Fans, was bei mir – ich muss es zugeben – Unverständnis zutage treten lässt. Mag sein, dass es daran liegt, dass ich mich während meines Studiums im hauptfachzugehörigen Unterbereich Mediävistik etwas intensiver mit dem Mittelalter beschäftigen musste. Zumindest erschien mir diese Ära aufgrund meiner Studien eher wenig erstrebenswert – so schnell stand man als vermeintliche Hexe auf dem Scheiterhaufen, war man als Frau nur etwas eigenwilliger oder „nicht willig“, starb an einer schlicht vereiterten Zahnwurzel (so man überhaupt noch Zähne besaß) oder an einer heutzutage als Bagatelle betrachteten fiebrigen Erkältung. Von anderen missliebigen Aspekten ganz zu schweigen. Nicht umsonst gehört das Mittelalter speziell im anglophonen Bereich zu den dark ages … 😉

Obwohl ich schon seit meiner Kindheit irgendwie auch ein Faible für Schottland habe – immerhin war ich schon sehr früh ein ganz treuer Fan von Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt, und die, die das Ganze kennen, wissen, dass die dritte zu lösende Aufgabe in Schottland spielt: in der dreieckigen Burg Plumpudding Castle. Ich bin mir ziemlich sicher, dass schon im Kleinkindalter einige Weichen gestellt wurden, was mein späteres Studium und meinen Jahresurlaub 2017 anbelangt … 😉

Heute bin ich blutenden Herzens und mit Tränen in den Augen aus dem Lande der Scots heimgekehrt – ich wäre so gern dort geblieben! Obwohl es anfangs gar nicht so einfach war. Nicht der Scots und auch nicht meinetwegen. Es gab einfach ein paar logistische Probleme, aber davon berichtete ich ja schon. 😉

Ich gebe es ungern zu: Schottland hat auch mich infiziert. Mehr noch als Irland, und das hat schon eine Art Sucht ausgelöst. 😉

Daher nun ein kleiner Leitfaden für all diejenigen, die sich mit dem Gedanken tragen, Schottland erstmalig eine Chance zu geben. Obwohl das schon die falsche Perspektive ist, denn es ist umgekehrt: Schottland gibt euch eine Chance! 😉

Fangen wir an …

1. Vergesst alles, was ihr im Englischunterricht – egal, ob in der Schule, an der VHS, Uni oder sonstwo hinsichtlich englischer Aussprache gelernt habt! Man bringt euch dort die Hochsprache bei bzw. das, was als Received Pronunciation bekannt ist. (Den Begriff Oxford English solltet ihr ohnehin aus eurem deutschen wie englischen Wortschatz streichen. In UK gibt es diesen Begriff nicht, und in Deutschland meint man mit Received Pronunciation das Englisch, das als Standard und Hochsprache gilt und das überall verstanden wird.)

Es ist ja schon in England so, dass nur im Süden in Ansätzen so gesprochen wird, dass Ottonormalverbraucher mit Englisch als erster Fremdsprache sich relativ problemlos verständigen kann. Je weiter ihr nach Norden reist, desto schwieriger wird es. Bevor ich nach Schottland reiste, war die typische Mundart in Leeds, Manchester und Newcastle-upon-Tyne schon eine kleine Herausforderung, obwohl ich die englische Sprache fließend beherrsche, weil es mein Job und meine Berufung ist – zumindest fand ich das immer. 😉

Kürzlich habe ich mich in Schottland mit einem Ehepaar aus Carlisle – im äußersten Norden Englands und kurz vor der schottischen Grenze gelegen – unterhalten, fließend, ohne Rückfragen meiner- oder ihrerseits. Ja, ich merkte anfangs gar nicht, dass sie aus Nordengland kamen, obwohl ich das sonst sofort höre! 😉 Ich war schon eine knappe Woche in Schottland gewesen, nicht mehr der Südengland-Weichei-Englisch-Sissy – wir parlierten wechselseitig fließend über das Wetter, den Beruf und gegen Ende auch noch Politik (und das, ganz ohne zu streiten! 😉 ) und die wechselnden gesellschaftlichen Werte – es wurde richtig philosophisch! In Portpatrick an der Küste der Irischen See, und das so nett, dass der weibliche Part des Ehepaares meinte: „I’ve never met a German with such a lovely North of England accent!“ Ich brach in Gelächter aus – ich hatte mich den beiden offenbar doch nur angepasst, und das ganz unbewusst. Ich war froh, dass jemand englisches Englisch sprach, denn das schottische Englisch ist um einiges krasser. 😉 Und erst, nachdem die nette Dame den North of England-Aspekt erwähnt hatte, fiel mir auf, dass sie „us“ nicht mit einem kurzen A-, sondern dem kurzen U-Laut aussprachen: „uss“ – ganz typisch für Nordengland.

Mein Tipp: Wenn ihr nordenglische Mundarten nicht auf Anhieb versteht, es aber möchtet: Fahrt nach Schottland! Dann geht es ganz schnell. Und wenn ihr dann über die Grenze südlich gen Nordengland reist, habt ihr gar kein Problem mehr. 😉

Fakt ist, dass – wie in jedem anderen Land – auch in Schottland ganz verschiedene Akzente und Dialekte üblich sind. Eines ist nur wichtig: Ein ou wird – dort, wo ich mich dieses Mal aufhielt -, keineswegs wie ein au artikuliert, sondern wie ein langes U. Etwa wie in Ute.

Und wenn ihr irgendetwas nicht versteht, was durchaus häufig der Fall sein kann: Scots sind – zumindest im Gros – sehr nette Menschen. Sagt einfach: „Pardon me?“ oder „Sorry, I did not get you properly“. Es wird dann sofort wiederholt. Und das auch so lange, bis ihr es verstanden habt – oder auch nicht -, denn: Sie sprechen keineswegs langsamer oder für Received Pronunciation Sissies besser verständlich. 😉 Aber es gibt den Punkt, da ihr euch wechselseitig verstanden habt. Ein Kompromissspiel. Meist ist der Kompromiss auf eurer Seite. 😉

2. Castles: Plumpudding Castle habe ich natürlich nicht gesehen, aber dafür eine größere Anzahl anderer Castles. Braemar Castle war wunderschön, auch The House of Dun, Glamis Castle – und auch einige Ruinen wurden von uns besucht. Merke: Castle bedeutet nicht immer „funktionsfähiges Schloss mit Interieur“. 😉

3. Schottland ist das Land des Whiskys. Es gibt zahlreiche distilleries. Ich habe diesmal eine besucht und eine Führung mitgemacht. Mit einem Whisky taste. Seitdem habe ich beschlossen, Whisky eine Chance zu geben. 😉

4. Überall werdet ihr die Silhouette einer Hunderasse sehen, die ich sehr liebe, weil sie als sehr eigenwillig und rough and tough bekannt ist: Wir sprechen vom Scottish Terrier. Kurzbeinig bzw. wie es – speziell bei Jägern – so fachkundig niederläufig heißt. Sprich: Das Tier hat kurze Beine. Wie ein Dackel. Hierzulande ist meist die schwarze Variante bekannt, und das als Pendant zum weißen Tier der Whiskymarke Black and White. Wenn ihr diese Hunde irgendwo seht: Das sind echte Schotten, wie man schon am Gesicht erkennen kann, da sehr eigenwillig und stolz. Und das macht sie für mich zu ganz echten Sympathieträgern. 🙂

Mit Verlaub: Ich habe keinen einzigen Scottie dort live gesehen! Und, bitte: Die Schreibweise ist immer -ie! Ganz wichtig, denn in Schottland wird sehr viel, was man im „normalen“ Englisch mit Y schreiben würde, mit -ie geschrieben! 😉 (Ich überlege, ob ich mein Auto, den kleinen Monty, nicht besser in Montie umbenennen sollte … 😉 )

5. Edinburgh war der Punkt, der mich nachhaltig mit dem Schottland-Virus infizierte. Daher ist von Glück zu sprechen, dass man mir meinen Ausweis bei der Einreise abnahm und diesen konfiszierte. Denn ohne diese Maßnahme wäre ich wohl gar nicht nach Edinburgh gefahren, musste es aber nun, da sich just dort das deutsche Generalkonsulat befindet. 😉 Da meine Schwester Edinburgh schon kannte, reiste ich mit dem Zug dorthin, und es war das Beste, was mir an diesem Tag passieren konnte. Zweimal bin ich über jedweden Firth in dieser Gegend – den Firth of Tay und den Firth of Forth – gefahren, einmal frühmorgens und einmal am späten Nachmittag. Beide Male glitzerte die Sonne auf dem Wasser, was im Grunde doof klingt, aber einfach nur wunderschön aussah. Ich wünschte, ich hätte es fotografiert! 🙂

Übrigens: Sollte euch euer Ausweis vor oder in Schottland verlorengehen, als gestohlen gemeldet oder sonstwie abhanden gemeldet werden: Keine Angst vor dem Generalkonsulat! 😉 Es befindet sich in Edinburgh, 16 Eglinton Crescent, und ihr erreicht es ganz leicht, wenn ihr bis zum Bahnhof Haymarket fahrt. Von dort aus sind es nur ein paar Straßen, und dann seht ihr schon die EU- und die deutsche Fahne flattern. Wenn es gerade windig ist. Ansonsten hängen sie schlapp vor dem Gebäude. Ganz wichtig: Um Punkt 9 Uhr öffnet das Generalkonsulat, denn es ist eine deutsche Behörde. 😉 Ruft vorher an und lasst euch nicht verunsichern, wenn ihr nach eurer E-Mail confirmation gefragt werdet. Sagt einfach, ihr hättet am Tage zuvor angerufen und wäret ein Notfall! 😉

Drinnen ist ohnehin alles wie in einem Hühnerkäfig – vor allem die Enge und die Hektik, die dort herrschen. Aber ich bekam meinen Notfallausweis nach nur einer Stunde Wartens, ausgehändigt vom Türsteher, der mich zu mögen schien – zumindest meinte er wiederholt, ich wäre wohl die Lockerste von allen, was mich wunderte, da die Stimmung dort vor Ort eher angespannt war. Klar, ich hatte auch wenig zu verlieren, nachdem mein Ausweis weg war. 😉

Edinburgh war schuld, dass das Schottland-Virus auch mich anfiel, denn zuvor war alles ganz normal wie in Irland gewesen. Aber ab Edinburgh ist wohl etwas mit mir passiert. 😉 Ich weiß nicht, was es ist, aber seitdem bin ich Schottland-Fan. 😉 Es lag wohl daran, dass ich eine Stadtrundfahrt mitmachte und danach die Royal Mile und so viele weitere Straßen hinauf- und hinunterlief. 🙂

6. Besucht distilleries! Auch, wenn ihr Whisky gar nicht mögt: Macht eine Besichtigung mit – das gehört zur Allgemeinbildung! Ich habe heute am Vormittag, kurz bevor mein verspäteter Flieger startete, mehrere liebliche Single Malts gekauft. (Möglich, dass die Flüge in Glasgow exakt aus diesem Grunde verspätet starten … 😉 )

7. Porridge. Wird von Deutschen gern als typisch englisches Frühstück bezeichnet. Völlig falsch! Das ist das typisch schottische Frühstück, und das aus Zeiten, da ein derartiges Frühstück das Beste war, was der Tag geben konnte. Schotten sind – anders, als man so gern sagt – keineswegs geizig. Sie mussten nur immer wirklich haushalten. Es gab nicht viel, und sie hatten nichts. Und dafür ist Porridge doch ein sehr schönes Frühstück. 🙂 Es macht zumindest satt und wird heutzutage auch mit Milch gekocht und mit Honig oder Beerenkompott serviert.

Zumindest hat meine Schwester es immer so gegessen. Ich habe mich lieber ans Full Scottish Breakfast gehalten, mit bacon, baked beans, poached eggs, black pudding, tomato and mushroom. Und natürlich Toast und jam.

8. Wegbeschilderung ist auch nicht so das, was man gewohnt ist. Bisweilen wird auf Sehenswürdigkeiten hingewiesen, und dann endet man irgendwo im Nirgendwo, weil die Beschilderung nicht konsistent war. Einfach weiterfahren, zur Not wenden – dann kommt ihr dort an, wohin ihr wollt.

9. Fliegt stets über Edinburgh! Niemals über Glasgow, denn aufgrund der fehlerhaften Wegbeschreibung ist es einfacher über Edinburgh, was sich übrigens Edinbrrra ausspricht, mit einem sehr massiven Zungenspitzen-R. 😉

10. Seht euch alles an.

11. Fliegt nie wieder zurück. 🙂 Schottland ist einfach nur wunderschön. 🙂

Ich wünsche euch viel Spaß! 🙂

Trümmerlotte re-issued

Noch eine weitere Woche Schottland liegt vor mir, und die vergangene war schon sehr ereignisreich.

Mein Ausweis weg und meine Schwester mit einem Bündel Falschgeld unterwegs. Zumindest wurde sie in einem Geschäft sehr skeptisch beäugt und mit großer Vorsicht behandelt, als sie ahnungslos versuchte, mit alten Fünfpfundnoten zu bezahlen, von denen ihr die findige Bankangestellte ihrer Bank in Sachsen gleich besonders viele gegen ihre Euros getauscht hatte … Glücklicherweise fand sich in einer Bank-of-Scotland-Filiale in Dumfries and Galloway ein netter Angestellter, der das ganze Bündel gegen neue Fünfpfundnoten tauschte, nicht jedoch, ohne darauf hinzuweisen, dass bereits seit einigen Wochen kein Mensch mehr die alten Scheine akzeptiere. Und auch er warf Stephanie einen leise skeptischen Blick zu. Hätte er noch gewusst, dass die Begleitung der „Falschgeld“-Tussi zweieinhalb Jahre lang mit einem gestohlen gemeldeten und zur Fahndung ausgeschriebenen Ausweis unterwegs gewesen war, hätte er sicherlich die Polizei gerufen. Er hatte etwas sehr Korrektes an sich, und cleanliness is next to godliness, das englische Pendant zum deutschen Sprichwort Ordnung ist das halbe Leben, war gewiss sein Lieblingsspruch. Daher winkte ich auch gleich ab, als Stephie meinte: „Wäre der nix für dich?“ Ich bin ja der Ansicht, dass man es mit der Dankbarkeit auch übertreiben könne … 😉

Zum Glück, so schien es, waren damit die Probleme zunächst beseitigt, und wir kamen erleichtert in Stranraer im Hotel an, nachdem wir in Glasgow „unseren“ Wagen, einen silberfarbenen Vauxhall Astra – entsprechend dem Opel Astra – und hier in Schottland ganz reizend Aaaschtra ausgesprochen, was unfairer Weise ein bisschen an Arschtritt gemahnt, abgeholt hatten. (Leider, leider darf ich gemäß Vertrag damit nicht fahren … So ein reizender Rechtslenker, und noch dazu ein Schaltwagen … Mit links schalten – müsste ich fahren, hätte ich wahrscheinlich gleich beim Erst-Schaltversuch den Schalthebel lose in der Hand … 😉 )

Das Hotel war nicht der Brüller, aber akzeptabel. Immerhin ein großes Zimmer und ein schönes großes Bad. Und immerhin vergingen ganze zwei Tage, bis mir in jenem Bad drastisch klargemacht wurde, dass man Aushänge in Hotelzimmern wirklich ganz genau lesen sollte …

Am dritten Tag nämlich frisierte ich mein rötlichgüldenes Haar im Schein der Badezimmerstrahler. Und auch ich strahlte, denn ausnahmsweise gefiel mir mein Spiegelbild einmal morgens. Ist durchaus nicht immer so … 😉 Und so sprühte ich strahlend Haarspray auf die Frisur. Was wollte denn diese vor- und aberwitzige Haarsträhne da, wo sie gar nicht sein sollte? Energisch sprühte ich Haarspray dagegen, um sie zu fixieren, aber sie ringelte sich unbeeindruckt weiter dorthin, wo sie gar nicht … Fiiiiiiieeeeeeep!

Ein widerliches, lautes Pfeifen ließ mich wie am Spieß schreien und einen riesigen Satz machen – fast hätte ich den Handtuchhalter abgerissen … Was um alles in der Welt war das?

Da plötzlich draußen auf dem Flur und offenbar überallher dieser schrecklich schrille Ton quasi vielstimmig zu hören war und schließlich sogar eine ganz besonders reizende Sirene erklang, schwante mir plötzlich ganz Böses: Immerhin hatte das Ganze bei mir seinen Anfang genommen …

Und mein Blick fiel auf ein Schild, das innen an der Badezimmertür klebte und dessen Aufschrift sinngemäß besagte, man möge mit Sprays wie Haarspray, Deo und Parfum vorsichtig hantieren, da die Rauchmelder sehr sensibel seien. Sprays daher stets bei geöffneter Tür und auch dann vorsichtig …  Ansonsten ggf. Feueralarm, und dann müsse der Sicherheit halber das gesamte Hotel evakuiert werden, was die anderen Gäste sicherlich belaste …So las ich gerade noch, als eine Mitarbeiterin in einer Warnweste an meine Zimmertür hämmerte und mich mit einer ganzen Gästegruppe zum Sammelplatz führte. Auch Stephanie kam dorthin.

Recht schnell stellte sich heraus, dass es ein Fehlalarm gewesen war. (Gut, ich hatte das den Verantwortlichen auch schon mitgeteilt, aber nun wussten es alle … ) Was gar nicht so angenehm war, vor allem für die Dame, die von der Evakuierungsmaßnahme wohl geradewegs in der Dusche getroffen worden war – sie hatte noch Shampoo in den Haaren … Und einmal mehr erfuhr ich die Bedeutung des Begriffs Spießrutenlaufen … Diesen und den Tag danach verzichtete ich auf das Frühstück im Frühstücksraum – es schien mir besser so. Außerdem sind trockene Oatcakes viel gesünder – und die hatte ich noch im Zimmer.

Doch auch einen Tag später sahen einige Gäste mich böse an, und mein einziger Trost war, dass ich an jenem Tag eine wunderbare Eroberung machte – mitten im Post Office von Wigtown. Dort lernte ich Shoukie kennen – nicht den schönsten, aber einen der rührendsten Hunde, die ich je kennengelernt habe: Alles, was diese rührende Hündin tat, geschah mit großer Bedachtsamkeit, alles wirklich sehr bedächtig. Und von mir wollte sie sich gar nicht trennen, hatte wohl einen Narren an mir gefressen und kam sogar mit zum Auto. 😉 Ein Trost in schweren Zeiten – ich glaube, ich sollte mir wieder einen Hund anschaffen. Allerdings wirkte Shoukie selber ein bisschen so wurschtig wie eine echte Trümmerlotte … Ob das gutginge? 😀

Ich hoffe zumindest, meine morgige Zugfahrt nach Edinburgh geht gut, denn natürlich muss ich nun doch zum deutschen Generalkonsulat … Hoffentlich finde ich es und gehe nicht verloren … 😉

Ich kenne mich. 😉

„I’m an alien – I’m a legal alien …“

Zwar bin ich kein „Englishman in New York“, sondern eher ein „German girl in Stranraer“. Dennoch schießt der Refrain dieses Liedes mir seit gestern immer wieder und wieder durch den Kopf. In etwa so lange, wie ich hier in Schottland bin. 😉

Ein Wunder, dass man mich überhaupt einreisen ließ! Doch von vorn …

Gestern um 8 h sollte es losgehen, und ich wollte pünktlich bei meinen Eltern sein, von wo aus meine Schwester und ich mit ihrem Wagen zum Flughafen Düsseldorf fahren wollten. Ich fuhr zeitlich passend los, wusste allerdings nicht, dass mehrere neue Baustellen und eine Baustellenerweiterung mich erwarteten – denn sonst wäre ich eine halbe Stunde eher losgefahren …

Kurz: Ich kam zu spät, Stephanie hatte nicht länger warten können, und es war in der Tat schon ein wenig knapp. Ich raste mit einem Taxi gen Flughafen und schaffte es just in time

Als ich beim Zoll meinen Personalausweis vorlegte, verhielten sich die beiden Beamten gar merkwürdig. Speziell der, der meinen Perso in der Hand hielt und mit Blicken bedachte, als stünde dort unter der Rubrik „Künstlername“: Jack the Ripper …

Und schon fragte er mich: „Wie und wo haben Sie diesen Ausweis gefunden, Frau B.? Der steht als gestohlen im System! Und zwar haben Sie, wenn Sie wirklich Frau Ali B. sind, den Diebstahl selber zur Anzeige gebracht. Äußern Sie sich!“

Ich starrte den sehr autoritär wirkenden Beamten an – in welchem Film war ich denn hier gelandet? Aber die Zeit drängte, und so überlegte ich eilig, was der Herr wohl meine. Dann fiel mir etwas ein …

2014 war mir Anfang Oktober mein Portemonnaie gestohlen worden. Darin: 10,- €, meine Kreditkarte und … mein Personalausweis. Bingo! Das meinte er sicherlich.

Ich hatte damals umgehend die Mastercard sperren lassen, die EC-Karte hatte ich glücklichen Umständen zufolge gerade in der Hand gehalten, als ich angerempelt und mir das Portemonnaie entrissen wurde – mitten im Supermarkt an der Kasse. So musste ich diese nicht auch noch sperren lassen.

Im Anschluss an diesen denkwürdigen Supermarktbesuch am frühen Samstagabend musste ich dann die Polizeiwache in der Stadtmitte aufsuchen, wo ich ungelogen fast 3 Stunden saß, bis endlich die Strafanzeige erstattet und Kreditkarte und Perso zur Fahndung ausgeschrieben waren …

Am nächsten Tag klingelte es nachmittags an der Tür, und ein freundlicher Herr stand davor, der mein Portemonnaie  in der Hand hielt: Er habe es in einem Gebüsch gefunden. Genauer: sein Hund. Jemand habe es dort wohl hingeworfen, aber es sei leider nur noch der Perso drin. Ich fand das echt total nett, konnte dem Herrn aber nicht einmal einen Finderlohn geben. Der winkte nur ab und meinte, nein, das sei auch nicht nötig.

Da ich an jenem Sonntag niemanden auf der Polizeiwache erreichte, meldete ich mich gleich am Montagmorgen dort und erklärte, der Ausweis sei mir nebst Portemonnaie von jemandem gebracht worden, der es in einem Gebüsch … und so fort. Der diensthabende Beamte erklärte mir, das sei ja prima, und er werde den Ausweis aus dem System nehmen und nur die Kreditkarte weiterhin zur Fahndung ausgeschrieben lassen. Ich fragte noch zweimal nach, ob damit ausweistechnisch alles erledigt sei, was der Beamte, nennen wir ihn Herrn Ich-habe-Ihren-Personalausweis-aus-dem-Fahndungssystem-genommen, mehrfach bestätigte …

Und nun dieses Theater gestern in Düsseldorf! Zehn Minuten hielt man mich auf, ließ sich die Bordkarte und meine Mastercard zeigen, dann entließ man mich mit dem Ausweis und den Worten: „Ich werde einen Bericht schreiben!“ – „Ich auch,“, dachte ich für mich, denn zumindest gedenke ich meinen Unmut bei der Polizei meiner Heimatstadt zu zeigen. Ich mache zwar, wie alle Menschen, durchaus Fehler; hier nur hatte ich mir wirklich mal nix vorzuwerfen. 😉

Doch es kam ja noch schlimmer … Kaum in Glasgow gelandet, begaben wir uns zum Immigration-Bereich. Ich legte meinen Perso vor, der nette schottische Officer checkte den Ausweis, dann sah er mich spitzbübisch grinsend an und meinte: „So when did you get your ID card back – the computer says it’s been stolen …“ Ich erklärte das Ganze brav noch einmal, diesmal nur auf Englisch. Der Officer nickte teilnahmsvoll, dann fragte er nach einem weiteren persönlichen Dokument, das meine Identität nachweisen könne. Ich gab ihm meinen Führerschein dazu, und er verschwand mit meinen beiden Dokumenten in einem Büro, während ich gestresst von der Hektik des bisherigen Tages auf einen Sitzplatz in der Wartezone sank … Was würde nun werden? (Im Vertrauen: Ich rechnete fest damit, dass sie mich nach Deutschland abschie…, äääh, zurückschicken würden. 😉 )

Ich war wie vor den Kopf geschlagen, doch es kam noch besser: Der Officer kehrte zurück und rief mich zu sich. In der Hand mehrere zusammengetackerte DIN-A4-Blätter und meinen Führerschein. Wo war mein Perso?

Und da erklärte er mir auch schon, dass es ihm sehr leid täte, dass es nicht in seiner Macht liege, aber er Amtshilfe leisten müsse. Die deutschen Kollegen hätten ihn angewiesen, meinen Perso einzubehalten! „Pardon me?“ warf ich kraftlos ein. Wie meinen?

Der Bedienstete spürte wohl, dass ich in einem Zustand größter Irritation befindlich war, und so strich er mir tröstend über den Arm und erklärte mehrfach, es tue ihm so leid, und wenn es nach ihm ginge, würde er mich keineswegs so behandeln. Auch solle ich mich nicht sorgen: Er sei sicher, dass man mich mit meiner Ausweiskombi aus amtlicher Erklärung, weshalb mein Perso eingezogen sei, einer Kopie desselben sowie dem Führerschein in zwei Wochen wieder ausreisen lasse. Ich sagte, das sei sehr nett, und ich wisse, dass er Weisung seitens der deutschen Kollegen habe. Und dann grinste ich und meinte: „My sister, whom I’m travelling with, always said that I would like it here and – once here – would not wish to ever return to Germany. ‚Maybe you’ll stay there since you really cannot leave‘, she said. But I think she meant it in a different way …“ Der Officer lachte heftig und meinte: „That’s a good sort of humour – I like that.“ Na, immerhin. 😉

Und nun sitze ich hier, ohne Ausweis, dafür aber mit einem gewissen Zorn. Weil jemand offenbar gepennt oder geschlampt hat, habe ich keinen Ausweis, dafür Schwierigkeiten, muss unter Umständen nach Edinburgh ins deutsche Konsulat. Und das im Urlaub – das macht Spaß! 😀

Ich werde nie vergessen, wie man mir 2010, als ich diesen Personalausweis beantragte, dringend dazu riet, meine Fingerabdrücke abspeichern zu lassen. Denn im Diebstahlfalle könne man sofort anhand der Fingerabdrücke identifizieren, ob der Ausweis demjenigen, der ihn bei sich trage, auch wirklich gehöre! Das leuchtete mir damals ein …

Offenbar aber hat das System Macken: Man scheint per se nicht erkennen zu können, ob der Inhaber des Ausweises, der so aussieht wie das Bild auf dem Ausweis, dessen Name auch auf dem Führerschein steht, auf anderen Dokumenten, und dessen eigene Schwester erklärt, ja, die Person hier ist identisch mit den Angaben im Ausweis, wirklich der rechtmäßige Inhaber ist. Merkwürdig zwar, aber – okay – da könnte ja jeder kommen … (Obwohl: Es quakt wie eine Ente, es schwimmt wie eine Ente – könnte es sich vielleicht um eine Ente handeln? 😉 ) Aber dafür gibt es doch diese Fingerabdrücke – den immensen Vorteil, der meinen Perso damals ein ganz kleines bisschen teurer gemacht hatte … 😉 Aber da sei ich stets auf der sicheren Seite, so die Dame aus dem Bürgerbüro. Noch heute habe ich ihre Worte in den Ohren … 😉

Nun bin ich ganz gespannt, wie es weitergeht, was noch alles passieren wird. Vielleicht lassen sie mich hier ja nicht mehr hinaus. Oder nicht nach Deutschland hinein … 😉 In diesem Falle: War echt nett mit euch! Und ich werde euch alle sehr vermissen. 🙂

Ansonsten kann ich Schottland nur empfehlen. 🙂

 

Scotland’s calling for me …

Es ist wirklich Zeit für Urlaub – ich bin das, was man „um“ nennt. Und so ist „calling“ zu neutral ausgedrückt. „Yelling“ trifft es eher. 😉

Umso „ummer“ war ich, als ich heute gegen 18:30 h meinen Arbeitsplatz verließ – die gemeingefährliche Ablage war noch schlimmer gewesen, als erwartet. Mit Fluchen, Schwören und Zorn verbunden. Immerhin hatte es ein Gutes: Ich habe beschlossen, nach dem Urlaub die Ablage zu digitalisieren. Nicht nochmal so einen Mist mitmachen!

Ich befürchte nur, ein Teil der Vorgesetzten könnte da protestieren. Erst kürzlich wurde ich von einem Vorgesetzten zu einem Gespräch gebeten, das mir einen Tag lang Sorgen bereitete: Frühmorgens hatte man mich gefragt, ob ich „mal eine Minute“ hätte. Ich nahm es wörtlich, denn ich wusste, der Terminkalender war voll, und da der Vorgesetzte gerade verfügbar war, wenn auch nur kurz, erschien mir sinnvoll, das Ganze doch gleich zu klären. Das ist so meine Art – wozu sich den Kopf zerbrechen, worum es wohl gehen könne, wenn die Sache doch gleich zu klären sein könnte?

Ich greife mal vor: Ich saß den ganzen Arbeitstag peinlich berührt da, machte mir nicht nur einen, sondern gleich mehrere Köppe, irritierte meine Kollegin, und dann mündete das Ganze darin, dass jener Vorgesetzte mich kurz vor Feierabend zu sich bat. Mir schlotterten schon die Knie – man kann ja so vieles so furchtbar falsch machen – wirklich gravierende Dinge …

Und dann hörte ich: „Frau B. – hat es eigentlich eine Umstellung gegeben?“ – „Inwiefern?“ – „Früher haben Sie alle Mails ausgedruckt … Inzwischen leiten Sie manche Mails einfach weiter – das irritiert mich.“

Nein! Und dafür hatte ich mir den ganzen Tag einen Kopp gemacht? Ich rief, um das Ganze abzukürzen: „Kein Problem! Ich drucke künftig wieder alles aus! Gar kein Problem! Ich dachte einfach an die Umwelt – es wird so viel Papier verschwendet! Und so viele Bäume werden gefällt – für nichts und wieder nichts.“ (Im Vertrauen: Das war nicht der primäre Grund für die „Umstellung“ gewesen … 😉 ) Der Vorgesetzte starrte mich irritiert an. Offenbar hatte er geglaubt, ich müsse behutsam an das Thema herangeführt werden … Man wird schon einmal unterschätzt – es sei denn, man überschätzt sich selber, womit man manch Mitmenschen offenbar überzeugt, und haut dauernd auf die Kacke … 😉

Seither drucke ich, als würde ich dafür bezahlt, wirklich alles aus. Fast alles. Und nun gibt es auch peinliche Werbungsmails für Thrombosestrümpfe, Billig-Airlines, All-inclusive-Urlaube ausgedruckt, die sich erstaunlicherweise wieder und wieder den Weg auf den Mailaccount bahnen. Da kenne ich nix! 😉 Wie bestellt, so geliefert. 😉 Man will sich ja nichts nachsagen lassen … 😉 Ich warte auf den Tag, an dem ich darauf angesprochen werde, warum ich denn auch solch peinliche Sachen ausdrucke … Ich werde langmütig lächeln und eine entsprechende Antwort parat halten.

Es ist wirklich Zeit für Urlaub. Das habe ich spätestens heute gemerkt, als ich mich endlich an die furchtbare Ablage wagte. Zehn leere, breite und flammneue Ordner hatte ich beschafft – sieben sind bereits voll bestückt. Die restlichen drei folgen morgen. Mein Schreibtisch sieht erschreckend geleert aus, obwohl ich nicht ganz fertig geworden bin. Dabei sah ich erschreckend fertig aus, als ich gegen 18:25 h in den Spiegel blickte, um meinen verschmierten Kajalstrich nachzuziehen, denn so völlig derangiert will man ja nun auch nicht aussehen, wenn man den Arbeitsplatz verlässt und ins Auto steigt, um heimwärts zu fahren.

Ich machte einen Umweg über die Tankstelle, da Montys Tankanzeige bereits gen Rot schwang. Zigaretten kaufte ich auch noch – und zwei Bier. Die hatte ich mir heute auch redlich verdient. Nach dem Urlaub ist Digitalisierung angesagt …

Zu Hause parkte ich schwungvoll vor dem Haus ein und eilte gen Tür. Kaum im Haus, hörte ich eine Stimme rufen: „Hallo, Frau B. – nicht erschrecken!“ Was? Wie? Wieso erschrecken? War meine Wohnung ausgebrannt? Und am Fuße der Treppe stehend, starrte ich hinauf – es war mein Nachbar Wolski, der mich rief. Meist ruft er von oben. Aber da tönte die Stimme schon: „Nein, Frau B. – hier unten!“ Und er arbeitete sich die Kellertreppe hoch.

Ich rief derangiert, aber fröhlich: „Hallo, Herr Wolski!“ – „‘n Abend, Frau B.!“ Und wir tauschten einige Gemeinplätze aus. Dann kam er zur Sache: „Sie reisen doch bald nach Schottland, nicht wahr?“ – „Ja, am Dienstag geht es los! Zum Glück! Warum fragen Sie?“

Es stellte sich heraus, dass Herr Wolski ein kleines Anliegen hatte. Ob ich ihm wohl ein Poster mitbringen könne, auf dem alle schottischen Whisky-Destillerien verzeichnet seien? Er sowie sein Schwager seien Whisky-Fans, und sein Schwager habe bis vor kurzem ein solches Poster besessen, es aber offenbar verschlampt, und nun sei Holland, nein, Schottland in Not. Ob ich vielleicht …?

Da Herr Wolski immer sehr hilfsbereit und freundlich ist, sagte ich sofort ja, versprach auch, sofern vorhanden, gleich drei Exemplare mitzubringen. Und ich meinte fröhlich lachend: „Ist auch besser, gleich eine Reserve zu haben, falls Ihr Schwager sein Exemplar erneut irrtümlich ins Altpapier wirft!“ (Denn so, so die Theorie, sei das wertvolle Objekt wohl abhandengekommen …) – „Frau B. – selbstverständlich bekommen Sie das Geld zurück.“ – „Darüber mache ich mir gar keine Sorgen.“ Und geschickt fand ich noch heraus, welche Art Whisky mein Nachbar bevorzugt, denn er ist wirklich sehr hilfsbereit, und ich möchte das doch endlich mal vergelten. Nicht torfig und nicht rauchig – mild, am besten Speyside. Blöd – da fahre ich gar nicht hin. Ich fahre in die Lowland-Whisky-Region. Aber ich habe schon recherchiert: Die Whiskysorten von dort sind eher als mild bekannt. Da wird sich sicherlich etwas finden lassen. Hoffentlich finde ich wenigstens das Poster mit allen schottischen Destillerien! 🙂

Herr Wolski war ganz gerührt, dass ich meinte: „Ich mache das gerne – kein Problem! Sie sind immer so nett zu mir, und wenn ich Ihnen mal helfen kann, freut es mich.“ – „Sie sind ja auch immer nett – da hilft man doch gleich noch lieber.“

Hoffentlich bekomme ich dieses Scheiß-Poster! 😉 Hat von euch noch jemand Wünsche? Einen Kilt vielleicht? Oder Haggis? Einen Scottish oder Skye Terrier? (Obwohl ich die Isle of Skye ja auch gar nicht besuche …) Es wird wirklich Zeit, dass ich Schottland einen Besuch abstatte, damit ich hier nicht nur mit den blöden Klischees aufwarten kann. 😉

Wie auch immer: Ich sollte meinen großen, blauen Trolley auf dem Hinflug besser nur zur Hälfte befüllen …

Drückt mir die Daumen für meinen letzten Arbeitstag vor dem Urlaub! Erfahrungsgemäß passieren da immer ganz besonders abscheuliche und ungeheuerliche Dinge … 😉

Einen schönen Abend!

Konsequentes Verhalten ist doch im Grunde stinklangweilig – oder?

Soeben bin ich heimgekehrt. Heimgekehrt von schwieriger Mission. Denn ich war heute beim Augenarzt, wohin ich gar nicht so gerne gehe. Aber nachdem mein Auto am Freitag bei der Inspektion war, war es nur fair, dass auch ich dorthin ging. Immerhin hängt Fahrtüchtigkeit nicht zuletzt auch von der Sehfähigkeit ab. Nicht allein davon, aber auch. 😉

Ich gehe nicht sonderlich gern zum Augenarzt, weil ich schon diverse ganz reizende Erlebnisse bei dieser Arztkategorie hatte. Unvergessen mein Auftritt damals in Ratingen, als man meinen Augenhintergrund ganz besonders genau betrachten wollte, dazu meine Pupillen mittels Tropfen erweitert und mir ein Kontaktglas auf die Hornhaut gesetzt hatte. Soweit alles kein Problem, wenn es sich auch nicht gerade schön anfühlte, aber das blöde Kontaktglas schien meine Hornhaut derart toll zu finden, dass es sich zunächst gar nicht mehr davon trennen wollte. Das war dann doch recht unangenehm, zumal die Ärztin mehrere Anläufe brauchte, es vom Auge zu lösen … Und eine Pupillenerweiterung im Hochsommer zu machen, ist auch nicht die beste aller Ideen. Zumindest sollte einem vorab gesagt werden, dass die Ärztin das offenbar standardmäßig macht. Hätte ich es gewusst, hätte ich einen anderen Termin gemacht. Ich kannte diese Untersuchung zwar, fand sie noch nie so toll, aber niemals war sie an einem Tag vorgenommen worden, an dem draußen die Sonne vom wolkenlosen, strahlendblauen Himmel knallte. Zum Glück war damals Henrik mitgekommen. Ohne ihn wäre ich aufgeschmissen gewesen, denn als wir die Praxis verließen, sah ich – nichts. Aufgrund der erweiterten Pupillen war alles verschwommen, und ich wurde – naturgemäß – aufs Widerlichste geblendet. Und das trotz Sonnenbrille, die ich des Wetters wegen ja ohnehin schon dabeigehabt hatte. Keine Ahnung, wo ich gelandet wäre – möglicherweise sogar vor einem Auto -, hätte Henrik mich nicht zum richtigen Bus und zu Hause aus diesem herausgelotst, wobei ich mich, annähernd blind, die ganze Zeit an seinem linken Arm festkrallte, ebenso auf dem beschwerlichen Weg in den dritten Stock. 😉 Mein rechtes Auge zickte besonders – da hatte sich das Kontaktglas obendrein ja noch so anhänglich gezeigt und festgesaugt.

Seither gehe ich noch weniger gern zum Augenarzt, noch dazu, da ich mich jedes Mal wie eine Versagerin fühle, wenn ich da zum Teil fliegenschissgroße Zahlen vorlesen soll, die an die Wand projiziert werden. Und dann, wenn man verschiedene Linsen vor meinen durchaus seh- und erkennungswilligen, jedoch darin durch mangelnde Fähigkeit gebremsten Augen einstellt und fragt: „Ist es so besser? Oder so? Oder vielleicht so? Oder doch so?“ Ja, habe ich vielleicht ein fotografisches Gedächtnis? 😉

Heute war aber alles prima, und vor allem ging es schneller, als ich erwartet hatte. Ratz-fatz waren meine Augen von einer Helferin vermessen, und ich hatte – mit meiner Uralt-Fernbrille etwas ungelenk – einige Zahlen tatsächlich gelesen, die anderen geraten. Letzteres offenbar aber gar nicht so schlecht … 😉 Und der Augeninnendruck war für schlappe 20 Euro, die ich privat bezahlen muss, gemessen worden. (Eine Untersuchung, die man auch frühmorgens machen kann, wenn man noch im Halbschlaf befindlich ist. Danach ist man wach, denn es ist kein so angenehmes Gefühl, wenn einem stoßartig Luft auf die Klüsen quasi geschossen wird – jedes Mal erschrecke ich fast zu Tode, und die Helferin heute freute sich, weil ich so nett auf dem Untersuchungsstuhl herumhüpfte … 😉 )

Dann wurde ich in einen anderen Untersuchungsraum gerufen, wo eine Augenärztin auf mich wartete. Die dort assistierende Helferin rief: „Herr B., bitte!“ Ich stand unverzüglich auf und meinte grinsend: „Frau B., bitte!“ – „Oh! Das tut mir leid – ich dachte, Ihr Name sei ein Männername!“ Von drinnen lachte die Augenärztin: „Ich habe Ihnen gleich gesagt, dass das ein Frauenname ist – Sie wollten ja nicht hören!“ Die Helferin sah mich an und meinte kleinlaut: „Entschuldigen Sie, bitte!“ – „Da nich für!“ rief ich und fügte hinzu: „Das passiert mir dauernd – keine Sorge! Ich nehme es Ihnen nicht übel. Ist ja auch kein Wunder bei dem Namen.“ Die Augenärztin meinte: „Vielleicht wird er doch irgendwann wieder modern!“ – „Darauf warte ich, seit ich denken kann und befürchte, dass das niemals der Fall sein wird,“, gab ich grinsend und zwinkernd – wollte ich mir das nicht abgewöhnen? – zurück und meinte Richtung Helferin: „Also – keinen Kopp machen! Ich bin das gewohnt, und es ist gar nicht schlimm.“ („Nicht mehr“ hätte ich sagen sollen … 😉 ) Die Helferin lächelte erleichtert und fragte: „Haben Sie denn einen Spitznamen?“ – „Ja. Ali. Wird aber auch häufig als Männername missverstanden.“ Sie, die Augenärztin und ich lachten. 😉

Dann stellte die Ärztin fest, dass bei mir „ja alles total gut aussehe, was speziell bei einer Kontaktlinsenträgerin selten ist“. Ich atmete auf. Denn gerade in letzter Zeit ist es mir wiederholt passiert, dass ich abends auf der Couch bei irgendeinem minderspannenden Thriller einschlief – natürlich mit den Linsen – und morgens vergleichsweise gefoltert wieder erwachte. Als hätte man nachts die kleinen Kunststoffdinger auf der Hornhaut festgeschweißt … Eigentlich sollte man in solch einem Falle dann die Dinger sofort herausnehmen und den Rest des Tages Brille tragen … Aber meine aktuelle Fernbrille datiert von Anfang der 2000er Jahre … 😉 Und so wechsle ich in solchem Falle nur die Kontaktlinsen, da ich immer zwei Paar in akutem Gebrauch habe. So war ich doch beruhigt, dass meine Augen „super“ aussahen – offenbar habe ich ganz besonders strapazierfähige solche, denn zwei Bekannte, die erheblich pingeliger sind als ich, mussten dauerhaft auf eine Brille umsteigen und dürfen keine Kontaktlinsen mehr tragen. Mal wieder mehr Glück als Verstand gehabt.

Kaum das Rezept in der Hand, stürmte ich auch schon den praktischerweise im Haus neben der Praxis gelegenen Optiker, in dem sowohl Krethi, als auch Plethi Brillen kauft. Was sonst?

Da sich anfangs niemand um mich kümmerte, sah ich mich schon einmal selber um. Immerhin hatte ich ja schon eine Vorstellung: Metallfassung, wie gehabt, aber nicht versponnen. Zu meinem Gesicht passend, zur Haar- und Augenfarbe. Hatte ich auch erst kürzlich hier postuliert. Und ich stehe zu meinem Wort. 😉

Allein die Metallgestelle sahen irgendwie aus, als wolle man damit der stetig wachsenden Bevölkerung von Altenheimen Rechnung tragen. Nichts dagegen, aber gab es denn in Metall wirklich nichts in „etwas pfiffiger“? Offenbar nicht, und hilfesuchend wandte ich mich an einen Mitarbeiter.

Der war auch nicht imstande, mir etwas Gefälligeres in Metall heranzutragen, und so sagte ich: „Okay, ich sehe es ein: Her mit den Kunststofffassungen!“ Der Mitarbeiter lachte, aber ich warnte ihn und meinte: „Ich bin keine einfache Kundin – es kann dauern.“ – „Dafür bin ich da,“, meinte der Mitarbeiter und lachte noch mehr. Und schon schleppte er -zig Gestelle heran. Die meisten von mir nach dem ersten Aufsetzen verworfen: „Zu eckig, das geht nicht mit meinem Gesicht. Gibt es das ein bisschen weniger eckig?“ – „Das ist jetzt modern!“ – „Mag sein. Dann ist mein Gesicht halt nicht modern. Aber es sollte doch passen.“ Der Mitarbeiter gab mir Recht, und unermüdlich schleppte er Gestell um Gestell heran. Nichts gefiel mir – nur eines, das recht gut aussah. Aber in Dunkelrot?

Fortan schleppte er Gestelle an, die in etwa meine Haarfarbe hatten – zuletzt eines, dessen Farbe ich als Kamelhaar bezeichnet hätte. Ich meinte: „Da haben Sie wohl meine Haarfarbe berücksichtigt.“ – „Ja, Sie haben so schöne karamelfarbene Haare! Eine richtig schöne Farbe! Das fiel mir gleich auf.“ Ja, ja … 😉 „Ja, nur sollte ein kleiner Kontrast schon sein, denn karamelfarbene Haare und karamelfarbene Brille geht nicht. Was ist denn mit der Fassung da?“ Und ich zerrte eine aus dem Regal, auf der Vogue stand. Nicht ihres Namens, einzig ihrer Form und Farbe wegen.

Der Mitarbeiter sah sich die Fassung an, dann strahlte er: „Ich habe fast den Eindruck, das könnte es sein! Setzen Sie sie, bitte, auf.“ Ich setzte, und er meinte: „Das ist Ihre Brille!“ Ich griff sofort nach dem Handspiegel, der auf dem Tisch lag, und ich sah mein Spiegelbild an. Ungewohnt sah es aus. Ich trage seit vielen Jahren Kontaktlinsen und höchstens eine meiner beiden Lesebrillen (Metall), zu Hause auch meine Uralt-Fernbrille. Wenn Brille, dann Metallfassung oder randlos – seit einem grauenhaften Irrtum mit einer Kunststoffbrille in meiner präpubertären Phase, die wohl den Grundstein für meine Kunststoff-nie-und-nimmer-Einstellung gelegt hat.

Ich musste mich wirklich erst an das Bild gewöhnen. Ich sah mit einem Male … erwachsen aus. Nicht alt. Nur erwachsen. Und ich grinste mein Spiegelbild an. Das Spiegelbild grinste zurück, und trotz aller Erwachsenheit sah man die „alte Ali“ live und in Farbe. Hinter diesem melangeartigen Kunststoffgestell in Violett, Grau und Weiß im Bereich der Bügel und einer Front in einem melangeartigen kühlen Braun. (Ich kann es schwer beschreiben – man muss es sehen, und ich hasse Braun bei Brillen, aber das Ding hier ist sehr gemischt und hat mich derart überzeugt: Liebe auf den ersten Blick, an die ich nie so recht glaube. 😉 )

Ich bestand auf gläserne Brillengläser, obwohl der Mitarbeiter mir sehr gern spezielle Kunststoffgläser aufschwatzen wollte und damit argumentierte, dass ja eine Brille schon einmal gerne hinunterfalle (ist mir in meiner bisherigen Brillenphase nur zweimal passiert – man muss eben aufpassen). Ratz-fatz hatte ich ihn von einem Gesamtpreis von knapp 600,- Euro auf 217,- Euro heruntergehandelt. (Und ich hoffe, ich lasse diese Brille wirklich nicht fallen – ich sehe jetzt schon das Gesicht des Brillenverkäufers vor mir … 😉 )

In etwa 14 Tagen ist die neue Brille fertig. Aber dann bin ich in Schottland, wie mir einfiel.

Und nachdem ich das Schwierigste des Tages geschafft hatte, habe ich noch meinen geliebten Junkers-Chronographen zur Reparatur gebracht („Zwei Tage, Frau B.!“), sowie einige Einkäufe hinsichtlich meines Urlaubs getätigt. Sonnenmilch gehörte nicht dazu, nachdem ich gestern interessehalber mal die Temperaturen in Schottland googelte. Arschkalt ist es da. Und soll es auch die nächsten 16 Tage sein. Hoffentlich hat unser Mietwagen eine Sitzheizung … 😉

Viele Menschen propagieren, dass konsequente Haltung das A und O sei. Ich nicht. Ich bin heute auf etwas umgeschwenkt, das ich a priori für höchst unwahrscheinlich gehalten hatte. Und es war einfach nur gut.

In diesem Sinne: Immer flexibel bleiben! 😉

„Scheckheftgepflegt“

Das Wort sieht bereits – mit Verlaub – scheußlich aus, und klingen tut es auch nicht schön. So ähnlich wie „Schreckgespenst“, „Mengenlehre“ und weitere Begriffe dieser Art, die unter einem eklatanten Überhang des Lautes E leiden. Okay, ich weiß, kein Mensch achtet im normalen Umgang mit Sprache auf so etwas, aber meine sogenannte „Vertieferrichtung“  – auch ein besonders anmutiges Wort – im Studium, ergo mein Schwerpunkt im Hauptfach, war Phonologie. Und Sprache und ihre Laute hat, zumindest für mich, auch etwas Ästhetisches an sich, und das E oder gar ein mehrsilbiges Wort, dessen einziger Vokal in den mehreren Silben das E ist, wirkt stets irgendwie gequetscht, zu sachlich und völlig unsinnlich auf mich. Ich liebe Sprache in besonderem Maße und betrachte sie durchaus oft auch unter strengen ästhetischen Gesichtspunkten – vielleicht liegt es daran. 😉 Sprache ist für mich ein bisschen wie Musik. 🙂

Früher habe ich mich oft gefragt, was „scheckheftgepflegt“ bei einem Auto eigentlich bedeute. Der Sinn wollte sich mir zunächst nicht erschließen, aber immerhin entwickelte ich eine ganz eigene Theorie, die zumindest in Ansätzen mit der Realität zu tun hat. Ein „scheckheftgepflegtes“ Auto sei ein solches, so theoretisierte ich als Kind, das vom Halter streng und in regelmäßigen, kurzen Abständen zur Wartung in die Werkstatt gebracht werde, wo der Halter mit dem Scheckheft wedle und sage: „Ich stelle Ihnen einen besonders dicken Scheck aus, wenn Sie Ihre Arbeit ganz besonders gründlich machen.“ So meine Theorie, denn ich kam gar nicht auf die Idee, dass es keineswegs um ein „Scheckheft“, sondern ein „Checkheft“ gehe! 😉 Wäre davon die Rede gewesen, hätte man es so ausgesprochen, wäre gleich alles klar gewesen. 😉

Ich nehme an, das SCH stammt noch aus Zeiten, da nicht jeder die englische Sprache einigermaßen beherrschte, der Begriff „Check“ aber schon aus Gründen der Modernität benutzt wurde. Früher, selten auch noch heute, schrieb man Ski ja sogar Schi, zumindest war es als gleichwertig angesehen. Ganz schlimm: Schier. Andererseits: Es war eben eingedeutschtes Norwegisch, wo man Ski schreibt, aber Schi spricht. Das „Scheckheft“ jedoch hat eine andere Aussprache als das englische Herkunftswort, und ich kam nie auf die Idee, dass es sich keineswegs um ein echtes Scheckheft handelte, das ich aus Kinder- und Jugendtagen noch kannte, denn damals hatten nur mehr oder weniger echte Hyper-Mega-Leistungsträger eine Kreditkarte. Ottonormalverbraucher bezahlte – sofern nicht bar – mit Eurocheques (so wurden die geschrieben – nett französisch, und da spricht sich das CH auch wie ein SCH; nicht jedoch im Englischen … 😉 ). Heute haben sogar Leute wie ich eine Kreditkarte … (Ich sage ja: Dieses Land geht den Bach hinunter … 😀 )

Obwohl ich diese kleinen sprachlichen Irreleitungen ja auch durchaus liebenswert finde. Kürzlich las ich in einer Zeitung im Annoncenteil zwei wirklich liebenswerte Annoncen. Eine davon lautete: „Golden Red River zu verkaufen! Acht Wochen alt! […]“

Ich stutzte und staunte. Einen acht Wochen alten, quasi kürzlich seiner Quelle entsprungenen rotgoldenen Fluss hielt man dort feil? Und ich lachte schallend, als ich meinen Irrtum erkannte. Hätte das Ganze unter der Rubrik Tiermarkt gestanden, wäre es sofort klar gewesen. Das fand ich einfach nur süß, und ich hoffe, die kleinen Retrieverwelpen – zugegeben: ein in der Tat nicht ganz einfaches Wort – sind alle in gute und liebe Hände gekommen.

Zumindest brachten sie mich aber auf die Idee, die Rubrik Tiermarkt auch noch zu besuchen, obwohl ich derzeit ja gar kein Tier anschaffen möchte. Dort stieß ich dann auf einen „Rhodesien Richbeck“, und man behauptete, diese sehr schöne und elegante Jagdhundrasse mit dem so typischen ridge auf dem Rücken und entlang der Wirbelsäule, wo die Haare in einer schmalen Bahn entgegen der normalen Wuchsrichtung wachsen, stamme von der Insel Rhodos. Ah, ja. Der Rest der Annonce verhieß ebenfalls Spannendes: Das Tier, ein Rüde von 2 Jahren, sei ein „besonders aufgewecktes Tier“ und „sehr dynamisch“. Man gebe es wegen eines Umzuges ab, und man rate dazu, eine Hundeschule zu besuchen, wovon man bis dato abgesehen habe, weil das Tier „noch zu jung“ erschien … Da hatte sich wohl jemand nicht genau informiert – wahrscheinlich war es ein Ersthund, und weil Rhodesian Ridgebacks so schön und derzeit verbreitet sind, wollte man auch einen solchen Hund von der Insel Rhodos … 😉 Ich wünschte den künftigen Haltern viel Spaß und ebensoviel Langmut und einen langen Atem mit dem „Richbeck von Rhodos“. 😉

Doch zurück zum Auto-„Scheckheft“.

Monty kann seit heute auch von sich behaupten, zumindest im ersten Ansatz „scheckheftgepflegt“ zu sein, denn heute hat er seine allererste Inspektion mitgemacht. Möge es nicht die letzte sein. 😉

Ich fuhr heute früh sehr energisch los. Okay … Ich gebe zu, ich war einen Tick zu spät aus dem Haus gekommen, und mir blieb noch eine Viertelstunde bis zum Termin um 8 … Normalerweise hätte die Zeit locker gereicht, zweimal zur Werkstatt zu kommen, aber wir haben hier derzeit ein Nest von Baustellen und dazugehörigen Baustellenampeln. Ich mach’s kurz: Ich kam auf zwei Rädern in meiner Ford-Vertragswerkstatt an … 😉

Dort wurde ich sogleich ins Büro des Meisters geschickt, und sogleich veränderte sich mein sonstiger Habitus aufs Erschreckendste … Denn normalerweise wirke ich recht selbstsicher (die Betonung liegt auf wirken). Hier jedoch betrat ich mit einem unsicheren Grinsen das Büro, wo sich neben dem Meister noch drei weitere KFZ-Mechaniker tummelten. Testosteron und Technikaffinität wie auch -expertise en masse, und ich spürte förmlich, wie sich das unsichere Grinsen in meinem Gesicht in ein schüchtern-kleinmädchenhaftes Lächeln verwandelte, das zu besagen schien: „Ich bin ein armes, kleines Ding und habe von nichts eine Ahnung – bitte helfen Sie mir …“ Ich hasse das, aber in derlei Momenten bin ich diesem faszinierenden Phänomen quasi hilflos ausgeliefert. 😉

Der Meister begrüßte mich freundlich und jagte die Mitarbeiter aus dem Raum. Ich grüßte freundlich zurück, und der Meister rief meine Kundendatei auf und fragte nach Montys Kilometerstand. Ich gestand, erst im vierstelligen Bereich zu sein, und er meinte: „Dann machen wir die Standardwartung. Gar kein Problem, Frau B.! [Natürlich kein Problem! Ich musste ja garantiemäßig trotz vergleichsweise niedrigen Kilometerstandes so oder so hin … 😉 ] Haben Sie das Serviceheft zur Hand?“ Und er starrte auf meine Finger. Da war das Serviceheft nicht, das hier immerhin nicht „Scheckheft“ hieß. Denn, schusselig, wie ich bin, es lag auf dem Beifahrersitz. In der typischen Ford-Kladde, die sowohl Bedienungsanleitung als auch alles andere zum Auto Gehörige enthält. Immerhin war ich so schlau gewesen, sie griffbereit auf den Beifahrersitz zu legen, um sie schnell zur Hand zu haben. Aber da ich kein Morgenmensch bin, hatte ich alles andere, was ich brauchte, mitgenommen und die Kladde großzügig liegengelassen …

Der Meister sprang sofort auf und meinte auf meine diesbezügliche Information, in deren Verlauf ich mir an den Kopf griff und meine Vergesslichkeit beklagte: „Nein, Frau B. – kein Problem! Geben Sie mir den Schlüssel – ich hole das Heft sofort!“ – „Aber ich kann doch auch eben schnell …“ – „Nein! Der Kunde ist König, und das mache ich doch gern!“ Und erneut starrte er auf meine Finger. Ich starrte auch – was war da? Saß da vielleicht eine fette Spinne? Behüte – nur das nicht! Nee, gar nichts, alles in bester Ordnung. An meinen Fingern war rein gar nichts zu sehen, ich trug heute nicht einmal Ringe, die ich sonst nicht selten trage, aber ich hatte nicht meinen besten Tag und die Dinger glatt vergessen.

Und schon stürzte der Meister los. Und kam erst gar nicht wieder. Hätte ich ihm vielleicht explizit sagen sollen, wo ich den Wagen geparkt hatte? Sofort überfiel mich das schlechte Gewissen, bis mir einfiel, dass er mein Kennzeichen ja kannte – ich hatte es ihm kurz zuvor zweimal genannt.

Vor meinem geistigen Auge entstand ein gar schauerliches Szenario: Der Meister irrt über den recht großen Hof, fluchend und schwörend, und als ein anderer Mitarbeiter ihn fragt, was er da tue, sagt er: „Da drinnen sitzt eine total doofe Tussi, zu blöd, an das Wichtigste zu denken! Ich wollte freundlich sein! Und nun finde ich ihr Scheiß-Auto nicht! Typisch Frau – zu blöd, ein Loch in den Schnee zu pinkeln!“ Und ich stellte mir das wiehernde Gelächter des Mitarbeiters vor …

Nun, zumeist sind die Dinge viel geschmeidiger und harmloser, als ich denke, und so kam auch der Meister strahlend zurück und meinte: „Sehen Sie, alles gut!“ Und schon wurde mein „Scheckheft“ um einen Stempel reicher, und ich musste eine Unterschrift leisten. Zuvor jedoch wurde ich gefragt, ob mir Unregelmäßigkeiten aufgefallen seien. Ich überlegte, dann sagte ich: „In letzter Zeit springt der Rückwärtsgang öfter mal heraus.“

Der Meister lächelte annähernd liebevoll, und dann meinte er: „In welchen Situationen, Frau B.? Dann, wenn Sie gerade einparken, noch einmal zurücksetzen wollen, und hinter Ihnen drängelt schon jemand?“ Ich überlegte, dann sagte ich: „Meist in Situationen, wenn es eilt. Aber bei mir eilt es oft. Eigentlich fast immer.“ – „Ja, Sie wirken auch recht dynamisch. Passen Sie auf – es ist ganz einfach …“ Und schon erklärte er mir, dass der Rückwärtsgang – im Gegensatz zu Montys fünf Vorwärtsgängen – nicht synchronisiert sei und bei sehr spontanem Schalten dann schon einmal der Gang nicht ganz sauber drin sei … Was er mir erklärte, wusste ich, saß aber dennoch mit dem Gesichtsausdruck einer blöden Blitzbirne da, ergo mit einem schwachsinnigen Lächeln im Gesicht, bei dem ich das Gefühl hatte, meine Mundwinkel würden alsbald am Hinterkopf aufeinandertreffen. Und ich bedankte mich ebenso schwachsinnig, obwohl ich immerhin mitteilte, mir im Grunde der Funktionsfähigkeit und Arbeitsweise eines Schaltgetriebes bewusst zu sein. Ich schloss mit blitzbirnigem Lächeln und den Worten: „Wahrscheinlich bin ich einfach zu wurschtig!“ Und ich lachte fröhlich. (Denn ich bin davon überzeugt: Ich bin bisweilen einfach wurschtig.) Der Meister meinte: „Sie scheinen sich zu kritisch zu sehen – ich finde Sie sehr nett und sympathisch.“ Ich bedankte mich mit charmantem Lächeln.

Das führte leider dazu, dass der Meister mir völlig unnötigerweise noch höchstpersönlich demonstrieren wollte, wie ich zu schalten hätte. Und schon schritten wir durch eine Halle, in der ein Auto auf der Hebebühne stand und an deren Tür ein Schild klebte: „Nur für hier beschäftigte Mitarbeiter!“ Ich wuchs gleich um mehrere Zentimeter – ich durfte trotzdem da durchgehen! 😉

Und schon standen wir bei meinem kleinen Monty, der Meister schloss ihn auf, setzte sich hinters Steuer und zeigte mir, was ich schon wusste. Immerhin fahre ich tagtäglich erfolgreich von A nach B. Hätte ich nur niemals den Rückwärtsgang erwähnt! Aber ich fühlte mich wie in einer Prüfung und dachte: „Ich erwähne lieber mal alles, was mir aufgefallen ist – nicht, dass ich ansonsten wie ein desinteressiertes Dummchen erscheine!“ Sehr schönes Eigentor! 😉

Als der Meister wieder ausstieg, sah er sich das Auto von außen an und meinte: „Der scheint mir sehr gehegt und gepflegt zu werden – sieht sehr gut aus!“ (Dabei war er bis dato erst einmal in der Waschstraße gewesen …) – „Ich hänge auch sehr an ihm. Aber – och nee! Ich hatte doch gar nicht unter einem Baum geparkt!“ Auf dem Dach pappte ein riesiger Vogelschiss – allmählich nervt das etwas, trotz aller Tierliebe …

„Kein Problem, Frau B.! Ich werde Ihren Wagen nach der Inspektion durch die Waschstraße fahren!“ – „Ach, das ist aber sehr nett!“ – „Das mache ich gerne! Ist auch im Service inbegriffen. Aber bei Ihrem Wagen mache ich das selber!“ – „Sehr nett, ganz herzlichen Dank!“ – „Wann holen Sie ihn denn? Ich bin bis 15 Uhr hier!“ – „Wahrscheinlich erst später – so gegen 17 Uhr. Ich muss ja noch zur Arbeit.“ – „Ach, schade … Aber … Wie kommen Sie denn hier weg? Werden Sie abgeholt?!?“ – „Nein. Ich werde mit dem Bus fahren.“ – „Brauchen Sie ein Ticket?!? Ich könnte Ihnen eines geben!“ – „Das ist total nett, aber ich habe ein Ticket.“ – „Ach, schade … Sollten Sie doch eher von der Arbeit wegkommen – ich bin bis 15 Uhr hier!“ – „Das ist sehr nett, aber ich fürchte, ich kann den Wagen erst später abholen.“ – „Oder soll ich Sie fahren?“ – „Nein, das kann ich nicht annehmen.“ – „Aber nein, kein Problem!“

Und als ich noch überlegte, rief ein anderer Mitarbeiter: „Chef, hier brennt es gerade – wir brauchen Sie!“ Und so sagte ich: „Sehen Sie – Sie werden gebraucht. Ich kann ganz problemlos mit dem Bus fahren, aber ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre sehr nette Unterstützung!“ – „Ach, ja … Falls zwischenzeitlich ein Problem auftauchen sollte: Ich stehe zu Ihrer Verfügung!“ – „Das ist gut zu wissen – herzlichen Dank!“

Der Meister meiner Vertragswerkstatt scheint ein Faible für vermeintliche Blitzbirnen zu haben. 😉

Und ich sollte mir dringend die Unsitte abgewöhnen, den Leuten dauernd zuzuzwinkern und ein Auge zuzukneifen. Meist das linke. Das habe ich mir irgendwann angewöhnt – wahrscheinlich bei meiner Dozententätigkeit und immer dann, wenn ich Unangenehmes irgendwie nett herüberbringen musste, woraufhin ein Studi mal zu mir meinte: „Sie zwinkern immer so charmant. Und dann kommt nicht selten ein Riesenhaufen Scheiße. Aber nicht immer. Oft zwinkern Sie auch einfach nett.“ Eine Unsitte. Dringend abgewöhnen. 😉

Ebenso die grässliche Eigenschaft, mich in KFZ-Werkstätten in ein hilfloses, kleines Dummchen zu verwandeln. 😉

Euch ein schönes Wochenende! 🙂