Heute um 15:30 h sollte es losgehen: Lydia und ich wollten nach Köln fahren – „Bodyguard“ als Musical stand an. Ich war dazu wie die Jungfrau zum Kind gekommen, da ich gestern eine WhatsApp-Nachricht von Lydia bekommen hatte, deren Mann erkrankt war und nicht mitfahren konnte. Sie lud mich ein, mitzukommen, und so machte ich mich gegen Viertel nach 3 auf den Weg – zum Geldautomaten musste ich vorher auch noch, wie ich Lydia, die gerade aus dem Haus kam, als ich die schräg gegenüberliegende Packstation – von mir häufig frequentiert – passierte, fröhlich mitteilte. Ich rief ihr zu, ich würde nur noch schnell zum Automaten flitzen, käme dann aber sofort.
Und dann saßen wir im Auto, genauer: in dem von Lydias Mann, da dieses über ein Navi verfügt. Und los ging es Richtung Autobahn. Aber herrje – wir wurden kreuz und quer durch die Stadt geleitet, überall dort, wo wir hätten abbiegen müssen, war alles gesperrt. Kein Wunder, denn der lokale Fußballverein spielte heute. Daran hatten wir beide nicht gedacht …
Und so fuhren wir mit der Kirche ums Dorf, hatten aber zum Glück genug Zeit eingeplant und sind einander in solchen Angelegenheiten recht ähnlich: Wir lachten beide laut, wann immer wir erneut umgeleitet wurden und uns immer weiter von der nächstgelegenen Möglichkeit, auf die A2 zu kommen, entfernten. (Dieser Galgenhumor ist uns nicht nur offenbar von Natur aus eigen, zumal wir beide fränkische Mütter haben – nein, wir haben ihn beim gemeinsamen Arbeitgeber quasi perfektioniert. 😉 ) Wir mussten dann erst einmal zurück in unseren Heimatstadtteil und von dort in dessen Nachbarstadtteil, um auf die A2 zu kommen. Bei der ersten Auffahrt meinte Lydia: „Scheiße, in welche Richtung müssen wir eigentlich?“ – „Also, ganz bestimmt nicht Richtung Hannover! Hier noch nicht!“ rief ich, die „Expertin“ für Autobahnfahren, war aber eindeutig im Recht, und so fuhr Lydia dann weiter, bis ich: „Da! Oberhausen! Das ist die richtige Richtung!“ schrie, da das Navi auf stumm geschaltet war.
Und schon waren wir auf der A2 Richtung Oberhausen. Überall Baustellen, und wir krochen zeitweilig so dahin, dass ich dachte: „Hier könnte ich auch problemlos fahren.“ Unterwegs unterhielten wir uns über alles Mögliche, jedoch auch über die neuesten Unglaublichkeiten bei der Arbeit. Lydia ist im Personalrat, und sie hatte einige interessante Dinge zu berichten. Zwar so, dass sie keine personalratsinternen Aspekte verriet, aber wir kennen einander schon so lange, dass ich wusste, was sie meinte und ein ums andere Mal ungläubig den Kopf schüttelte. Nun ja, einerseits ungläubig. Andererseits wundert mich im Grunde gar nicht mehr so viel in dieser Hinsicht.
Partiell kamen wir sogar recht zügig voran, trotz Baustellen, und schließlich erreichten wir Köln. „Wir müssen in Deutz runter,“, sagte Lydia, und da tauchte auch schon die Abfahrt auf. Das blaue Schild war mit zwei neonorangefarbenen Streifen durchkreuzt. „Moment!“ rief Lydia. „Was ist das denn?“ – „Offenbar ist die Ausfahrt gesperrt,“, gab ich zurück, und erneut fingen wir dröhnend zu lachen an – das passte ja wie Arsch auf Eimer zu den Verhältnissen, die wir in unserer Heimatstadt erfahren hatten. Dort wollte man uns nicht an gewohnter Stelle und auf dem kürzesten Weg hinauslassen, hier nicht auf dem kürzesten Weg herein. Und so kurvten wir erneut wild durch die Gegend, wobei ich meine Augen fest auf das stumme Navi geheftet hatte, um den vorgegebenen Weg sinnstiftend zu interpretieren. Wir starrten beide auf den leuchtend grünen Pfeil, der darauf die Richtung wies.
Endlich waren wir an Ort und Stelle, fanden einen kostenfreien Parkplatz und latschten dann über die Hohenzollernbrücke zum Musical Dome. Jacken an der Garderobe abgeben, noch ein Gang zur Toilette, und schon stürzten wir uns auf bzw. an die Bar. Erstmalig seit langer Zeit trank ich mal wieder ein Kölsch, etwas, das ich normalerweise zu vermeiden trachte, aber der Ansicht bin, dass man, wenn man denn in Köln sei, doch ein lokales Bier trinken solle.
Danach enterten wir unsere Plätze, und schon begann das Musical. Und zwar so lautstark, dass ich fast an einem Herzschlag dahingeschieden wäre. Zumindest fühlte es sich so an. Nach etwas über einer Stunde dann die Pause und Kölsch Numero zwo. Auch Lydia trank eines, und dann ging es zurück in die Vorstellung.
Den Film „Bodyguard“ hatte ich vor -zig Jahren das letzte Mal gesehen, davor mehrfach. Nicht mein Lieblingsfilm, aber das hier war immerhin ein Musical, und das war nicht schlecht. (Die meisten anwesenden männlichen Zuschauer wirkten aber nicht nur mitgebracht, sondern teils etwas mitgenommen – war wohl nicht ihr Genre … 😉 ) Nachdem es zu Ende war und die Darsteller noch einmal gesammelt auf die Bühne gekommen waren, trat dann noch eine Männertanztruppe auf – beeindruckende Darbietung, die jedoch plötzlich abbrach und eine Stimme aus der Regie kam: „Meine sehr verehrten Damen und Herren – es tut uns leid, die Vorstellung hier unterbrechen zu müssen. Wir haben ein technisches Problem. Bitte bleiben Sie auf Ihren Plätzen und verlassen nicht den Saal!“
Da wir uns in Köln befanden und gerade Karneval, ergo eine Großveranstaltung ist, wurden einige Leute unruhig. Auch ich dachte: „Was mag der Grund sein? Warum sollen wir nicht hinausgehen?“ Aber im nächsten Moment schalt ich mich einmal mehr eine kleine Bedenkenträgerin und schüttelte innerlich den Kopf über mich.
Bis ich die für gewöhnlich stets coole Lydia ansah. Die machte ebenfalls ein bedenkliches Gesicht, das immer bedenklicher wurde, je länger die Unterbrechung andauerte. Von einem technischen Problem war rein gar nichts spür- oder sichtbar gewesen. Und ich sah, wie sie ihr Smartphone zückte. Ich meinte: „Hast du auch das Gefühl, dass hier möglicherweise irgendwas nicht stimme?“ – „Ja, ich wollte gerade mal googeln. Draußen war vorhin in der Pause schon recht viel Polizei zu sehen. Und vorhin hörte man verstärkt Martinshörner.“ Das stimmte, und die beiden kleinen Bedenkenträgerinnen beugten in trauter, wenn auch stummer Übereinkunft ihre Häupter über Lydias Smartphone, während um uns herum schon einige Leute gen verschlossene Saaltüren strebten, die schließlich widerstrebend geöffnet wurden.
Überraschend tat sich dann aber doch etwas auf der Bühne, nach etwa einer Viertelstunde. Und das sahen wir uns dann noch an. Worin das technische Problem bestand, haben wir nicht erfahren, auch nicht, ob es überhaupt ein solches Problem gab.
Draußen sahen wir einander an und lachten, als Lydia gemeint hatte: „Du meine Güte! Jetzt machen wir uns schon bei jedem kleinen Zwischenfall Gedanken, dass vielleicht etwas ganz anderes dahinterstecken könnte.“ – „Ja,“, meinte ich, „das ist wirklich schlimm. Aber man rechnet ja schon mit allem Möglichen, speziell an solchen Tagen. Vor allem dann, wenn man regelmäßig Zeitung liest.“
Den Heimweg haben die beiden kleinen Bedenkenträgerinnen dann gut überstanden. Und alles in allem war es ein sehr netter Ausflug. Gerne wieder. Noch lieber aber ohne technische Probleme. 😉
Lydia meinte zum Abschied: „Wenn wir schon mal zusammen losfahren …“ Und dann lachte sie wieder schallend. Ich tat es ihr gleich.
Euch einen schönen Wochenbeginn (falls man das überhaupt sagen kann … ;-))!