„Gestatten? Ali B., Maschinistin!“

Heute war ein wunderbarer Tag, und ich fühle mich wertgeschätzt wie sonst nie! Denn nicht nur, dass man meinen Rat suchte, als der Kopierer mal wieder beschlossen hatte, herumzuspinnen … (Dafür bin ich ja immerhin offiziell zuständig, nachdem ich von meiner rachsüchtigen Ex-Chefin dazu gemacht worden war, ohne mich zu fragen oder sonstwie in Kenntnis zu setzen. Ein gewisser Teil der Leute, die sie nicht leiden kann, wurde in vergleichbarer Weise zu Kopierbeauftragten ernannt wie ich. Leider aber haben wir nur eine begrenzte Anzahl an Kopierern, denn damit war die Anzahl derer, die meine Ex-Chefin nicht leiden kann, bei weitem nicht abgedeckt … 😉 )

Ich berichtete, dass ich durch Kollegin Andrea auch zur Druckerbeauftragten ernannt und damit quasi in den Adelsstand erhoben wurde. Diejenige, die sich mit unserem Farbdrucker auf dem Flur auskennt! Lange hatte ich mich – völlig zu Recht – dagegen gesträubt, weil das nicht meine Aufgabe ist, aber Kollegin Andrea kann nicht nur bisweilen hartnäckig sein – sie ist es die meiste Zeit. Dennoch: Ich mag sie sehr und streikte nur neulich, als sie mich auch noch ganz allgemein zur Elektrobeauftragten unserer Etage machen wollte … Es ging um eine Zeitschaltuhr. Ich berichtete. 😉

Heute, an einem regenverhangenen und grauen Novembertag, musste ich erkennen, dass ich offenbar zur „Maschinistin“ des Flurs geworden war, ohne etwas von dieser Erhebung mitbekommen zu haben. Denn nicht nur, dass ich unseren Kaffeevollautomaten wieder funktionsfähig machen musste, ging mir gegen Nachmittag auf, dass ich offenkundig auch für die Spülmaschine hauptverantwortlich sein müsse.

Seit Tagen hatte dort – war sie in Betrieb – ein rotes Lämpchen geleuchtet. Die Maschine lechzte nach Salz, Spülmaschinensalz. Erst vor diversen Wochen hatte ich ein Paket davon mitgebracht, sogar selbst bezahlt, weil das Erstattungsprocedere meines Arbeitgebers derart kompliziert ist, dass man sich nicht selten sagt: „Scheiß der Hund drauf!“ Mein Fehler, ich gebe es zu, weiß aber von anderen Mitarbeitern, die ähnlich handeln. Wahrscheinlich ist das auch die Intention unseres Arbeitgebers … („Wir machen die Erstattungsmodalitäten derart unbequem, dass die Mitarbeiter manche Dinge aus der eigenen Tasche bezahlen! Ha! Da sparen wir Geld!“)

Es war also Salz vorhanden, noch eine halbe Packung. Warum hatte eigentlich keiner derjenigen, die die Maschine in Betrieb nahmen und auch ihr privat genutztes Geschirr darin wuschen, mal kurz den Salzbehälter aufgeschraubt und nachgefüllt? Es ist bekannt, dass Reinigungsmittel im Unterschrank der Spüle stehen. Warum also nicht?

Ich bin absolut nicht kleinlich, aber es gibt Dinge im allgemeinen Miteinander, da ich mich wirklich ärgere. Der ganze Flur nutzt diese Spülmaschine, aber es gibt nur drei Leute, die diese regelmäßig aus- und einräumen, teilweise auch noch das dreckige Geschirr anderer hineinräumen müssen, die zu faul sind, es selber zu tun und den ganzen Mist einfach auf der Arbeitsplatte über der Maschine abstellen. (Interessanterweise regen sich just diese Leute immer auf, wenn sich das eigene Geschirr dort türmt und man kaum noch Platz hat, sich ein neues Teechen zu kochen. Auf die Idee, den Zustand selber abzustellen, kommen sie leider nicht. Dafür gibt es Janine, Daniela und mich, wie es scheint. Die neue Kollegin, Gudula, hält sich heraus: „Ich bin ja noch neu hier!“ Muss ich mehr sagen? Janine, Dani und ich haben schon mehrfach versucht, das Ganze einfach zu ignorieren, da das Bestücken der Maschine ebensowenig zu unseren dienstlichen Tätigkeiten zählt wie zu denen der anderen, aber irgendwann ist der Punkt erreicht, da wir den ganzen Wust dreckigen Geschirrs dort nicht mehr stehen sehen können. Praktisch für die anderen.)

Und so räumte ich heute einmal mehr fluchend und schwörend die Spülmaschine aus – zum zweiten Mal an diesem Tag – und füllte Salz nach. Der Geschirrspüler atmete auf und bedankte sich damit, dass das rote Lämpchen erlosch. 😉 Geht ganz einfach – nur: Warum immer nur bestimmte Leute? 😉

Als ich gerade den Salzbehälter zuschraubte, kam Kollegin Brigitte in die Küche. Und sie rief: „Ali! Das hast du aber nicht ordentlich gemacht! Kuckma – da liegen Salzkristalle neben dem Einfüllstutzen!“

Ich musste wirklich sehr an mich halten, nicht frech zu werden. Es war ohnehin eine blöde Situation: Ich hockte vor der Maschine und schraubte gerade den Behälter zu, während Brigitte hochaufgerichtet neben mir stand und dann auch noch meinte: „Bist du denn bald mal fertig? Ich möchte mir einen Tee machen!“ Ich erhob mich so anmutig, wie es ging, den leeren Salzkarton in der Hand, den ich ihr am liebsten rechts und links um die Ohren gehauen hätte, denn sie betont gern ihre übergeordnete Position, vor allem, wenn sie einen richtig guten Tag aus ihrer Sicht hat. Ich mag so etwas nicht. Ich bin oft mehr oder minder ruppig und frotzelig, aber ich gehe nicht hin und sekiere andere Menschen mit Absicht. Und bevor ich etwas erwidern konnte, meinte sie auch schon: „Ali, unsere treue Maschinistin! Ohne dich wäre der Flur sicherlich schon zusammengebrochen!“ Und sie lachte, während meine rechte Hand den Karton umfasste und fest zudrückte, damit ich nicht wirklich Gefahr liefe, ihn als Mittel zur Züchtigung unverschämter Kolleginnen zu nutzen. 😉 Es gelang, denn ich habe mich physisch gut im Griff, wenn auch verbal manches Mal so einiges entfleucht, was ich eigentlich nie hatte sagen wollen.

Stattdessen grinste ich Brigitte an und meinte: „Es freut mich, dass du mir diese verantwortungsvolle Aufgabe zutraust. Offenbar gar nicht einmal zu Unrecht, denn es hat sich nun seit Tagen keiner darum gekümmert. Die Maschine hätte Schaden nehmen können – das hat offenbar hier niemanden interessiert. Auch dich nicht. Dabei bist du doch immer sehr genau – wie kommt’s?“ Sie hatte mal wieder ihren biestigen Tag – da kommt dann ein Echo. Wir können auch anders miteinander, aber heute nicht. Und es ist immer ganz gut, wenn man sich nichts gefallen lässt. Sagt die kleine Maschinistin, und Brigitte stand dann auch sprachlos da. Ich meinte dann: „Aber ich werfe nur eben diesen nutzlosen Karton weg, dann kannst du dir deinen Tee kochen. Oder soll ich es machen?“ Da wurde sie ein bisschen rot, während ich lächelnd die Küche verließ. Maschinistin bin ich nun also. Auch gut. Eine Arbeiterin, das ist durchaus ehrenwert. 🙂

Janine starrte mich offenen Mundes an, als ich unser Büro gegenüber der Küche betrat. Dann meinte sie: „Was hat die gerade zu dir gesagt? Geht es noch?“ – „Janine, ich weiß gar nicht, was du hast! Der Beruf des Maschinisten ist ein durchaus ehrenvoller. Und ich bin nun zuständig für Kopierer, Drucker, Zeitschaltuhren, Untertischgeräte, Kaffee- und Spülmaschinen wie auch Wasserkocher. Wahrscheinlich auch für die Mikrowelle. Doch – Moment!“ Und ich rief Richtung Küche: „Brigitte – soll ich dir nicht vielleicht doch lieber helfen? Als Maschinistin fallen auch die Wasserkocher in mein Ressort! Lass besser mich das machen – ich kenne mich ja damit aus, und bei unsachgemäßer Handhabung kann so viel passieren!“ Janine krümmte sich auf ihrem Bürostuhl vor unterdrücktem Lachen, und ich sah nur noch, wie Brigitte mit ihrer Teekanne in ihr Büro hechtete. Sie mag es gar nicht, wenn man auf Unverschämtheiten ihrerseits entsprechend reagiert. Aber damit muss sie wohl leben. 😉

Als ich heute zum Parkplatz schritt, nahm ich mir vor, das Fassungsvermögen meines kürzlich nur geringfügig aufgefüllten Scheibenwaschtanks endlich zu komplettieren. Ich hatte extra dafür gestern eine leere 1,5-Liter-Mineralwasserflasche mit einem 1:2-Gemisch bis zum Rand gefüllt, selber angemischt. Die Flasche stand im Kofferraum. Und zügig schritt ich zur Tat, öffnete die Motorhaube, fixierte sie, öffnete den Scheibenwaschtank und wollte gerade loslegen, als hinter mir eine Stimme erscholl: „Entschuldigen Sie, bitte! Ist Hilfe vonnöten?“ Ein wenig autoritär klang es, und ich drehte mich um die eigene Achse, sah einen jungen Mann nebst Freundin dastehen. Fast war ich versucht, zu sagen: „Nein! Frechheit! Ich bin Maschinistin – sehen Sie das denn nicht?“ Aber ich riss mich zusammen, lachte und meinte: „Das ist sehr nett, dass Sie fragen, danke schön! Aber es ist kein Problem – ich möchte nur Scheibenwaschflüssigkeit nachfüllen – das kriege ich hin.“ Der junge Mann lachte und meinte: „Ich dachte nur, weil Sie die Motorhaube geöffnet haben!“ (Hatten wir das nicht neulich schon einmal? 😉 ) – „Das ist wirklich total nett! Aber ich komme klar. Trotzdem vielen Dank!“ – „Da nich‘ für!“ rief der junge Mann, und seine Freundin meinte: „Was macht sie da?“ – „Sie macht das, was man ab und an machen muss: Scheibenwaschflüssigkeit nachfüllen.“ – „Ach, echt?“ – „Ja. Beim nächsten Mal machst du das hier bei unserem Wagen.“ – „Nee! Dafür bist du doch da!“

Offenbar ist der junge Mann auch Maschinist. Ergo: ein DVD, ein Depp vom Dienst. 😉

Nun ja, was soll’s. Nett war das Angebot, aber ich musste daran denken, wie ich neulich einen von einem Mann stammenden Kommentar in einem Autoforum las: Frauen seien nicht in der Lage, mit Schaltwagen am Berg anzufahren, weil sie einfach den Schleifpunkt der Kupplung nicht spüren würden. Besser wäre es, Frauen würden generell Automatikwagen fahren – damit würden sie nicht so viel Schaden anrichten. Ich staunte. Wie? Wir spüren den Schleifpunkt nicht? Woher diese Erkenntnis, wenn man selber keine Frau ist? Und wie kam er auf das schmale Brett? Okay, zugegeben, es gibt einige Punkte bei Frauen, die sie selber – also: Männer! – nur schwer finden, wie seit etwa 20, 30 Jahren vom sogenannten G-Punkt erklärt wird. Nicht ganz zu Unrecht. 😉 Obwohl ich manchmal schon dachte, vielleicht sei einfach die Zeitspanne, den genauen Punkt zu eruieren, oftmals viel zu kurz … 😉 Iiih – ich bin heute fies! 😉

Als „einfache“ Maschinistin darf ich das aber. Und morgen kaufe ich mir erst einmal einen Blaumann! 😉

Euch einen schönen Abend! 🙂

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