Das Elend mit den Passwörtern

Der Tag, an dem ich mich aus der eigenen Wohnung oder meinem Auto ausschließe, ist sicherlich nicht fern. Zumindest dachte ich das neulich, als ich mich aus meinem eigenen Mailaccount ausgesperrt hatte.

Es war vor meinem Urlaub, und ich war wohl wirklich völlig durch den Wind, denn die zahlreichen Benachrichtigungen meines Providers hatte ich irgendwie nicht so ganz ernstgenommen. Ich überflog die ersten drei oder vier, aber der Ernst der Lage war mir wohl nicht so ganz klar – es las sich so, als gelte das alles gar nicht für mich. Ich war wohl wirklich ziemlich durch den Wind … Denn alle folgenden Benachrichtigungen ignorierte ich komplett – ich war mit den Gedanken ganz woanders.

Eines Abends wollte ich mich einloggen, aber ich konnte nicht. Verschiedene Versuche folgten. Verdammt, was war das? Ausgesperrt aus dem eigenen Account? Ich fluchte vor mich hin, verfluchte mich selber, nicht den Provider, denn der hatte ja frühzeitig gewarnt und aufmerksam gemacht. Oder vielmehr zu machen versucht, in meinem speziellen Falle … 😉

Aber es gab ja das „Master-Passwort“, das sicherlich Abhilfe schaffen würde! Welch ein Segen! Doch als ich es eingeben wollte, fragte ich mich rasch: Verdammt, wie lautete das blöde Ding?

Ja, ihr dürft gern über mich lachen, ich tue es in speziell diesem Falle auch. 😉 So blöd kann man doch gar nicht sein, und so blöd bin ich normalerweise auch nicht. Nur eben manchmal ein bisschen wurschtig. Das alles bestimmende Passwort zu verbaseln, ist in der Tat ziemlich … ungeschickt.

Merkwürdigerweise rief just an diesem Abend der Pein mein Ex Giacomo an. Dabei telefonieren wir eher sehr selten. Ehemals als Programmierer tätig, sind sein spezielles Medium Rechner. Und da er so spezialisiert und ein Nerd reinsten Weihwassers ist, fern der Welt, hat er normalerweise auch so gut wie kein Verständnis für „Schafe“, wie er ganz normale Nutzer wie mich nennt. Und ich bin offenbar ein ganz besonderes Schaf. 😉

Er rief mich an und fragte: „Sag mal, warum antwortest du eigentlich nicht mehr auf Mails? Ich habe dir heute drei Stück geschickt, und normalerweise antwortest du doch sehr schnell!“ Scheiße! Was nun? Würde ich zugeben, was passiert sei, würde ich mir einen ellenlangen italienischen Sermon, gespickt mit vielen wilden Flüchen, Verwünschungen und Schreien, anhören, die allesamt dem Tenor folgten: „Ali! Wie konnte das passieren! Du bist doch sonst nicht so … dumm!“ Und diese Flüche, Verwünschungen und Schreie würden darin münden, dass er mich des Schlimmsten bezichtigte, dessen er mich nur bezichtigen kann: „Ah! Ali! Sei una principessa! Ma una principessa pazza!“

Das kann ich gar nicht leiden! Ich bin a) keine Prinzessin! B) Ich mag vielleicht manchmal etwas „schräg“ sein, aber ich bin nicht verrückt, was, c), völlig ausschließt, dass ich eine „verrückte Prinzessin“ sei! 😉 „Principessa pazza“ hat er mich früher schon immer genannt, und die meisten Leute fanden das total süß – aber sie hörten auch nur „principessa“. Was „pazzo“ oder – feminin – „pazza“ bedeutet, wussten sie ja nicht. Die meisten zumindest. Nur einer hat mich mal von der Seite angesehen und vorsichtig gefragt: „Warum lässt du es dir gefallen, dass er dich eine verrückte Prinzessin nennt?“ Meine Antwort bestand aus einem Grinsen und der lapidaren Aussage: „Ach, da höre ich schon gar nicht mehr hin. Im Übrigen nenne ich ihn einen ‚pavone‘ und für mich ganz insgeheim einen ‚pavone matto‘.“ Mein Gesprächspartner lachte, sah Giacomo an und meinte: „Passt perfekt. Er ist ein Pfau.“ – „Ja, und nicht selten in der Tat ein wahnsinniger solcher.“

Nur höre ich die „principessa pazza“ nun doch nicht so gerne, und so faselte ich am Telefon etwas von „wahnsinnig beschäftigt“, „wenig Zeit“ und „just in diesem Moment extrem in Eile, lass uns doch die Tage mal telefonieren, wenn ich mehr Zeit habe“. Doof war: Es war mitten in der Woche, und es war halb neun abends, und noch dümmer war, dass ich kurz zuvor gesagt hatte, ich sei so froh, nach diesem Arbeitstag endlich zu Hause zu sein! Von „extrem in Eile“ also weit entfernt. 😉

Giacomo hat eine denkwürdige Eigenschaft neben anderen denkwürdigen Eigenschaften: Er merkt immer, wenn man ihm ausweicht, auch wenn man noch so natürlich plaudert, und er lässt dann nicht locker. Irgendwann hatte er mich soweit, dass ich zugeben musste, dass ich mich aus meinem eigenen Account ausgesperrt hatte …

Ich bereute sofort, es zugegeben zu haben, als sein wildes Fluchen fast mein linkes Trommelfell zum Bersten brachte (ich telefoniere immer mit links, wie ich auch meist mit links rauche)! „Ah! Ali! Sei una principessa pazza! Una pecora ignorante! Perché? Come mai? Aaaaaaah!” Und der Rest des explizit Artikulierten verlor sich in wilden toskanischen Flüchen, mundartlich, die ich nicht verstand. Wahrscheinlich zum Glück. Mir reichte schon das unwissende Schaf … 😉

Und so gab ich in gezierter Attitüde zurück: „Ist dir eigentlich schon einmal aufgefallen, wie ordinär Italienisch klingen kann?“ – „Ah! Du willst nur ablenken! Aber nicht mit mir! Nun! Gehen wir das Ganze konstruktiv an! Du hast doch dein Master-Passwort – das haben wir damals gemeinsam angelegt!“

Ach! Du! Scheiße! Ich überlegte, ob ich einen akuten Schwächeanfall vorschützen sollte. Würde ich jetzt auch noch zugeben, dass ich das verdammte wichtigste Passwort, die Lösung allen Ungemachs, verbaselt hatte, würde ich sicherlich fernmündlich gekillt. Zumindest würde mein Trommelfell wirklich platzen. Und so versuchte ich es mit Ausflüchten: „Du, ich muss gerade mal ganz dringend …“

Doch darauf schien Giacomo nur gewartet zu haben. Und er schrie ohne Rücksicht auf Verluste: „Ah! Sage mir jetzt nicht, dass du dein Master-Passwort vergessen hast! Aaaaah! È incredibile! Pazzo! Ignorante! Tonto!“ – „Jetzt halt mal die Luft an! Hast du noch nie etwas verbaselt?!?“ – „Nie, niemals! Und schon gar nicht ein Passwort! Was habe ich dir immer gesagt?!?“ – „Muss ich es im Einzelnen wiederholen?“ – „Aaaaaaah! Du hast nie auf mich gehört! Ha! Aber da siehst du, dass das falsch war!“ – „Nun ja … In diesem Falle vielleicht schon …“ – „Ah! Auch in anderen Fällen!“ – „Naja …“ meinte ich vieldeutig.

Wir einigten uns schließlich darauf, dass wir besser ein anderes Mal telefonieren würden und dass ich nun sofort bei der Hotline meines Providers anrufen würde. Das tat ich dann auch, und wie gut war es, eine nette Mitarbeiterin an der Strippe zu haben, die mein linkes Trommelfell schonte, das noch immer in massiver Schwingung begriffen war – und diese Schwingung war eindeutig negativ. 😉 Ich erklärte ihr etwas kleinlaut, sie habe den einzig wahren „DAU“ am Telefon, den dümmsten anzunehmenden User. Sie lachte sich halb schlapp und meinte, so schlimm könne es nicht sein – zumindest hätte ich offenbar Humor, und wer sich selber als „DAU“ bezeichne, sei das ganz sicher nicht. Als ich ihr mein Problem schilderte, lachte sie noch mehr und meinte: „Sie sind nicht der DAU, ganz im Gegenteil – da kenne ich ganz anderes!“ Und dank ihrer Hilfe zur Selbsthilfe kam ich dann auch wieder in meinen Account. 😉 Und das ganz in Ruhe und ohne wildes Geschrei und Fluchen. 😉

Wenn ihr mich fragt, muss man sich viel zu viele Passwörter merken. Es wäre natürlich hilfreich, würde man sich das Haupt-Passwort einfach merken … 😉 Vielleicht sollte ich es der Einfachheit halber einfach „Giacomo!Pavone!Matto!XYZ%08/15?“ nennen. Was meint ihr? 😉

Nein, ich habe natürlich ein bisschen übertrieben, und mein Passwort kenne ich natürlich. Wieder. Seitdem ich ein neues Mail-Passwort habe. Keine Ahnung, wie mir das entfallen konnte … 😉

30 Gedanken zu „Das Elend mit den Passwörtern

  1. Chaosvater sagt:

    um es mal auf den Punkt zu bringen!!
    so etwas ist MIR ja noch NIE passiert!!!!
    wie kann man denn nur sein Passwort vergessen; es ist bei mir doch ganz einfach zusammengesetzt:
    Das Ende des 30jährigen Krieges, dann den Namen des längsten Flusses in Albanien, die Entfernung zwischen Dubai und Kuala Lumpur in Kilometern und das Todesdatum von Konrad Adenauer, zum Schluss noch ein @ und fertig: Mein simples Passwort lautet also:
    1648Drin5532-19.04.1967@
    wie kann man das vergessen?
    mir unerklärlich; das würde sogar ein italienischer Pizzabäcker aus der Hüfte schiessend parat haben

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