Ich gebe zu, ich habe meinen Urlaub dieses Jahr sehr kurzfristig eingereicht. Sechs Wochen insgesamt habe ich Kolleginnen vertreten, und inzwischen ist Urlaub auch für mich dringend angesagt.
Das merkte ich in der soeben vergehenden Woche schon daran, dass ich am Dienstag und Mittwoch mit dem schlimmsten Migräneanfall des letzten Dreivierteljahres „belohnt“ wurde. Wie üblich fing es harmlos an, und zunächst dachte ich an eine Magen-Darmgrippe, wie man das im Volksmund so nennt, bis in die frühen Morgenstunden der Nacht zum Dienstag, die ich weitgehend im Bad entweder auf der Toilette sitzend oder quasi über ihr schwebend verbracht hatte. Kein Gedanke an Migräne, bis sich dann plötzlich zusätzlich noch massive Kopfschmerzen linksseitig breitmachten.
Zum Glück verfüge ich über eine vergleichsweise rasche Reaktionsgeschwindigkeit, die mich dann auch gleich meinen Putzeimer mit geschätzt zwei Litern Wasser befüllen und an mein Bett tragen ließ, dazu auch noch eine Schüssel mit kaltem Wasser und einem kleinen Handtuch. Und die Jalousie im Schlafzimmer hinunterlassen. Das alles ist eingespielte Routine, wenn man unter Migräne leidet oder leiden muss.
An den Rest erinnere ich mich ungern, denn ich verbrachte den Dienstag im abgedunkelten Zimmer mit einer kalten Kompresse auf der Stirn, musste leider öfter den Eimer benutzen und dann angewidert gen Bad schleppen, ausleeren, ausspülen und neu mit Wasser befüllen. Jeder Gang eine Qual sondergleichen.
Immerhin hatte ich es morgens noch geschafft, meiner Kollegin Janine eine Nachricht per WhatsApp zu schicken, in der ich ihr ankündigte, sie im Laufe des Tages anzurufen. War dann leider nicht möglich, denn ich war froh, reglos in horizontaler Position in meinem Bett zu liegen, ohne dass einer der Nachbarn auf die Idee kam, Klavier üben oder seine Wohnung rundumerneuern zu müssen. Alles schon erlebt, und unter Migräne ist das wahre Folter. Zum Glück scheint keiner meiner Nachbarn musikinstrumentaffin zu sein. Geschweige denn, geborener Heimwerker.
Gestern kehrte ich zur Fron zurück, offenbar noch recht angegriffen aussehend, da meine von mir sehr geschätzte Kollegin Danni mich ansah, als sei ich gerade vom Mars gelandet, als sie meiner erstmalig ansichtig wurde. Nun, also! So schlimm sah ich nun wirklich nicht aus! Aber sie starrte mich an und meinte: „Geht es dir besser?“ – „Äääh, ja, schon. Warum?“ – „Was hattest du denn?“ – „Eine Migräneattacke.“ – „Das dachte ich mir! Du siehst so aus, als hätte man dich gequält!“ – „Demnach müsste ich hier doch ganz normal aussehen, Danni!“ Sie lachte und meinte: „Nee, du siehst wirklich so aus, als hätte man dir etwas angetan! So habe ich dich schon lange nicht mehr gesehen! Seit Februar allerdings öfter, wenn ich es recht überdenke.“
Schön, dass die Kollegen offenbar Buch führen, wie man in verschiedenen Zeiträumen so aussieht. Ich gestehe, dass ich wohl seit Mitte, Ende Februar häufiger unter Migräne litt. Die Arbeit ist seither wohl schwerer geworden. Oder das Umfeld weniger angenehm.
Bei Danni weiß ich zumindest, dass sie es nett meint – sie ist, wie ich gestern erfuhr, selber Migränikerin. Und sie fragte mich auch gleich, warum ich überhaupt bei der Arbeit sei, da doch mein rechtes Auge so viel kleiner wirke als mein linkes. Sie habe das auch immer, nur umgekehrt. Ob ich nicht lieber nach Hause gehen wolle? Ich nahm Danni in den Arm und meinte: „Das ist lieb! Aber ich komme schon klar.“
Janine meinte nur: „Du hast rein gar nichts verpasst – warum, zum Henker, bist du nicht zu Hause geblieben?“ – „Weil die Pflicht rief!“ Janine lachte dreckig.
Und so habe ich den gestrigen Arbeitstag irgendwie überstanden, obwohl wieder einmal bei ausgewählten Mitarbeitern möglich gemacht wurde, was bei Janine, Daniela, Sybille, Andrea und mir vorgeblich unmöglich sei: Es wurde mal wieder heftig auf ein höheres Gehaltsgleis gehievt. Ich bin diejenige, die solche Bekanntmachungen dann auch noch übergeben darf … 😉
Heute früh tat ich mich daher schwer, mich aus dem Bett zu erheben, aber irgendwann kam auch ich bei der Arbeit an. Immerhin: mein letzter Arbeitstag vor meinem Urlaub! Das reißt man doch ganz locker runter – oder nicht?
Als Janine und ich dann gen Parkplatz zu unseren Autos schreiten wollten, sahen wir Ulli, den netten Menschen aus der Nachbarschaft mit Luna, der weißen Schäferhündin, des Weges schreiten, der uns schon Anfang der Woche etwas Stress bereitet hatte, als er hinsichtlich der Einlösung der Schuh-Gutscheine insistierte. Auch das noch! Wir drückten uns dann klammheimlich durch einen Nebeneingang aus dem weitläufigen Gebäude heraus und schlichen auf Umwegen zum Parkplatz … Was für ein Stress! 😉
„Endlich Urlaub!“ rief ich, als wir dort angekommen waren, und Janine rief: „Endlich Wochenende!“ Wir verabschiedeten uns voneinander, und ich strebte zu meinem Auto, fuhr noch zu Aldi und dann heim.
Es hätte alles so schön sein können … Aber dann erklang der Benachrichtigungston meines Smartphones, der bei WhatsApp immer erklingt: Die Tochter meiner Kollegin, die ich die letzten drei Wochen vertrat, ist im Urlaub krank geworden. Man wisse noch nichts Genaues, aber es sei möglich, dass ich Montag zur Arbeit müsse … Man könne mir aber auch erst am Montagmorgen Bescheid geben …
Ja, danke auch! 😉 „This is the worst trip I’ve ever been on!“ zitiere ich mal aus einem uralten Lied der „Beach Boys“. Passt gerade so schön. 😉