Ratschläge sind auch Schläge – manchmal zumindest ;-)

Heute gegen Nachmittag bezeichnete Janine mich kurzfristig als „bossy“. Dabei hatte ich nur gesagt: „Los, schwing die Keulen – es ist gerade ruhig hier, und wir könnten mal eben die Luftqualität testen!“

By the way: „Die Luftqualität testen“ bedeutet nichts anderes als: eine rauchen gehen. Das weiß sie. Das weiß ich. Das weiß im Grunde die halbe Belegschaft. Ist die Luftqualität zu hoch, müssen wir dringend etwas dagegen tun, indem wir rauchen. Immerhin leben wir mitten im „Pott“. Klar, oder? 😉

Ich war ein bisschen pikiert. Ich bin nicht „bossy“. Ich sah nur, dass sie gerade ein wenig demotiviert war, und da muss man doch …

Muss man das? Generell? Wohl nicht, wenn auch meine Aufforderung eher nett gemeint war, aber Janine war heute und auch die letzten Tage ein bisschen angepisst. Sie meinte es aber wohl auch nicht böse, als ich gleich meinte: „Das sagt die Richtige!“ Denn Janine kann ihrerseits etwas „bossy“ klingen, meint es aber ebensowenig so wie ich.

Generell sind Ratschläge aber zuweilen ein echtes Übel. Finde ich. Du hängst durch, hast Liebeskummer – der schlimmste Kummer von allen – oder sonst ein Kümmernis, und dann kommt einer an, rammt dir den Ellbogen in die Seite und gibt dir den guten Rat: „He! Sieh es positiv! Es könnte schlimmer sein. Stell dir vor, dir müsste ein Arm amputiert werden!“ Ach! Was ist ein amputierter Arm gegen ein amputiertes Herz – sofern es sich um Liebeskummer handelt! Wie oft ich schon beide Arme hergegeben hätte, um nur nicht mehr an dieser Art Herzschmerz zu leiden, ist nicht dokumentiert.

Andererseits: Hätte ich keine Arme mehr, würde ich sicherlich wiederum darunter leiden … Und dann käme jemand mit dem guten Ratschlag: „Sieh es positiv! Du könntest keine Beine mehr haben. Und so kannst du wenigstens gehen.“ Ja. Wenn auch etwas unbalanciert, so ganz ohne Arme …

Nein, ich habe Ratschläge immer gehasst. Meist entstehen sie aufgrund der bisherigen Lebenserfahrung des Ratschlägers, und oft ist es so, dass just die sich – zumindest meiner ganz persönlichen Erfahrung nach – zu Ratschlägern aufschwangen, die mit mir in vergleichbarem Maße Ähnlichkeiten aufwiesen, wie eine Milchkuh einem Aquarienfisch ähnelt. Will sagen: Es lagen meist Welten und ganz unterschiedliche Elemente dazwischen. Und so habe ich die tollsten Ratschläge bekommen – zumindest in meinem bisherigen Leben. Einer riet mir gar mal, ich solle doch mit dem Fallschirmspringen beginnen, als ich – einmal mehr – eklatanten Liebeskummer hatte. Ich litt leider nicht nur unter Liebeskummer, sondern leide unter Höhenangst. Soviel dazu, und deswegen meinte ich: „Gute Idee! Du denkst angesichts meiner Höhenangst sicherlich, ich wäre danach von allem anderen kuriert und würde dem Schöpfer, an den ich nicht glaube, auf Knien danken, zu leben, weil diese Angst alles andere überlagere.“ – „Ja, klar!“ (Ich muss nicht dazusagen, dass dieser Ratschlag von einem Mann kam? 😉 )

Sorry, aber so einfach ist es doch nicht. Der einzige Gedanke, der mich zum damaligen Zeitpunkt getröstet hätte, wäre der gewesen, dass – hätte ich es ausprobiert – vielleicht ausgerechnet mein Fallschirm und auch der Reserveschirm nicht aufgegangen wäre.

In vergleichbarer Situation riet mir mein Vater einst: „Kind, stürze dich in die Arbeit! Das hilft immer!“ Ja, das hätte ich ja gerne! Nur saß ich dann immer tränenumflorten Auges an der Arbeit, an der mich immer irgendwie irgendwas an die verflossene Beziehung erinnerte, und schon war es aus mit: „Stürz dich in die Arbeit“ …

Auch immer wieder gern genommen der gute Rat, wenn man schon seit geraumer Zeit an seiner Arbeitsstelle fast verzweifelt: „Ja, dann bewirb dich doch mal anderswo!“ Nicht, dass man es nicht schon wieder und wieder täte, aber mit Gründen, die nicht an der eigenen Qualifikation oder Persönlichkeit liegen, keine Chance hat. „Du musst dich nur trauen!“ heißt es dann oft, während man sich doch schon so oft traute, mittlerweile aber schon erwägt, einen Strick, einen wirklich tragfähigen solchen, zu erwerben, um dem Elend ein Ende zu bereiten.

Am besten ist immer, wie klug und von sich selbst begeistert dann manche Ratschläger dreinblicken! Als hätten sie gerade ihre eigene Genialität entdeckt, während man selber nur resigniert aus der Wäsche schaut, statt die Hände überm Kopp zusammenzuschlagen, sich die Quellen dieser unglaublich wertvollen Impulse zur Brust zu nehmen und mal „katholisch“ mit ihnen zu reden, wie mein Lateinlehrer das immer nannte, wenn man sich jemanden zur Brust nahm und dem erklärte, dass er sich gefälligst zurückhalten solle, sonst …

Ich selber ertappe mich allerdings auch bisweilen dabei, dass ich hingehe und versuche, via Ratschläge zu helfen. Meist merke ich es selber, und dann trete ich mir immer selber auf die Füße.

Meist aber mache ich es anders. Ähnlich wie meine Mutter. Die Methode besteht darin, das verunsicherte Gegenüber wütend zu machen, auf dass es sich sage: „Moment mal! Dir zeige ich es.“ Mission erfüllt, denn durch diesen Ärger vergessen manche Leute ihre Ängste und konzentrieren sich darauf, es einem zu zeigen. 😉

Zwar wirken wir dabei nicht immer sonderlich einfühlsam, obwohl wir die Lage verstehen, aber es wirkt meist. Und wir machen das immer nur bei Leuten, die wir mögen. Die mögen uns danach zwar nicht selten zeitweilig – meist kurzfristig – nicht, aber später, wenn alles geklappt hat, kommen sie von selber darauf, weshalb diese Methode angewandt wurde. 😉

Manchmal schießt man dabei übers Ziel hinaus, und es gab schon einen Fall, da ich mich hinterher zerknirscht entschuldigt habe, aber der Fall lachte nur und meinte, er habe schon gemerkt, dass ich mein Herz auf der Zunge trüge. Offenbar war der gute Wille erkannt worden.

Die, die einem – oft ungebeten – Ratschläge erteilen, entschuldigen sich leider meist nicht. Auch dann nicht, wenn diese Ratschläge, sofern befolgt, Schmerzen verursachten oder die Worte von Anfang an zu wenig sensibel waren.

Besser ist: Zuhören, hinhören und sprechen – so kann man Ängste auch abbauen. Und wenn all das nicht hilft, die Methode, die meine Mutter und ich öfter anwenden, siehe oben. Hilft meist besser als jeder Ratschlag. 😉

Und was ich noch sagen wollte: Geht beim Baden niemals ins Wasser, wenn ihr gerade gegessen habt! Niemals Wasser trinken, wenn ihr gerade einen Apfel gegessen habt! Spuckt Melonenkerne immer aus, sonst droht – ganz unweigerlich! – eine Blinddarmentzündung. Und niemals Kaugummi hinunterschlucken! Ihr könntet sterben! 😉 Ganz gewiss.

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