Was man von Hunden lernen kann

Heute war es bei der Arbeit insofern nett, als ich mit Geschenken überschüttet wurde. Sogar von meinem Chef bekam ich einen Blumenstrauß, und ich bedankte mich freundlich. Ein wirklich schöner Strauß, unter anderem mit Rosen und einer Sonnenblume. Beide Blumenarten liebe ich sehr.

Und so viele schöne andere Geschenke! Ich war richtig gerührt. Kollegin Sybille hatte mir – und ich mag es normalerweise nicht so, wenn ich Pflanzen geschenkt bekomme, was mit meinem „schwarzen Daumen“ zu tun hat – eine wunderschöne, kleine Topfpflanze mitgebracht, die auf den schönen Namen „Pink Lady“ zwar nicht hört, aber offenbar so geheißen wird. Bisher kannte ich nur die gleichnamige Apfelsorte, doch dafür ist die Pflanze eindeutig zu klein, aber wirklich richtig süß. Sage ich als Trägerin des Schwarzen Daumens, und das in der Hoffnung, sie möge lange erhalten bleiben. Ich fand „Pinky“, wie ich die Pflanze gleich getauft habe, da ich allem Möglichen Namen gebe – ich vermute, es liege daran, dass ich keine Kinder habe, denen ich Namen geben konnte, für die sie mich über kurz oder lang hassen würden -, auf meinem Schreibtisch vor, als ich mal kurz im Haus unterwegs gewesen war. Es war gleich klar, von wem sie kam, und ich rannte mit dem Topf nebst Pflanze in der Hand zu Sybille und Andrea ins Büro: „Sybille – die ist von dir, nicht wahr?“ – „Ja!“ rief Sybille, stand auf und drückte mich: „Alles Liebe und Gute zum Geburtstag, Ali! Ich hoffe, du bist nicht böse – ich weiß doch, dass du nicht gern Pflanzen geschenkt bekommst, aber ich fand sie wirklich süß und dachte, sie könnte dir gefallen.“ – „Ich freue mich total darüber – die ist wirklich süß! Hoffentlich bringe ich sie nicht unbeabsichtigt um!“

Janine und Andrea hatten mir schon so schöne Sachen geschenkt, und dann kam noch Dirk, ein Kollege, vorbei und brachte mir auch noch ein Geschenk, in das ich mich erst einmal vertiefen muss, denn es ist ein Buch: „101 Dinge, die man getan haben sollte, bevor das Leben vorbei ist“! Danke, Dirk! 😉 Ich warf einen kurzen Blick in das Buch und entdeckte als Allererstes die Aufgabe: „Lerne Pokern und sprenge die Bank!“ Das gefiel mir. Ich sollte meine Pokerfähigkeiten mal wieder auffrischen, wie es scheint. Es ist so lange her, dass ich zuletzt Poker gespielt habe. Damals, noch in der Schule, war es, als ich in Freistunden, wenn es draußen wie aus Eimern schüttete, mit einigen Jungs aus meiner Stufe pokerte. (Nein, kein Strip-Poker! 😉 ) Ich glaube, ich kann das gar nicht mehr. Damals war ich gar nicht schlecht, obwohl Michael, mein absoluter Schwarm damals, immer meinte: „O je, Ali! Du hast sicherlich alles Mögliche, aber kein Pokerface. Man sieht dir immer an, was du denkst!“ Zunächst war das zumindest so. Ein paar Monate später meinte Michael: „Pokerface scheint man lernen zu können.“ Ich kann dazu nur sagen: Es kommt auf die Tagesform an, denn nicht selten kann man in meinem Gesicht lesen wie in einem offenen Buch. Ich sollte wohl wirklich wieder mit Pokern anfangen – das trainiert die Gesichtszüge. 😉

Und von Hunden kann man auch einiges lernen. Gut, das war mir seit jeher bekannt und bewusst, denn ich liebe Hunde, seit ich zumindest des Krabbelns mächtig war. (Wahrscheinlich auch schon vorher, da ich immer wieder von Verwandten höre, ich hätte stets gejubelt, wenn ich Hunde sah, und das schon lange vor der Krabbelfähigkeit. Wahrscheinlich war ich in einem früheren Leben, an das einige Leute glauben, ich allerdings nicht wirklich, mal Hundezüchter. Oder Hund. Wer weiß das schon? 😉 )

Heute wurde ich allerdings besonders deutlich darauf hingewiesen, dass Hunde bisweilen sehr gute Dozenten sind.

Gegen Nachmittag war es dann auch endlich möglich, dass ich mal nach draußen ging, um eine oder zwei Zigaretten zu rauchen. Ich stand an der hinteren Seite des Gebäudes und blickte ins Grüne, denn da sind viele Bäume, Sträucher und auch ein kleineres Gewässer. (Wahrscheinlich wurde dieser Raucherplatz extra mit Blick ins Grüne angelegt, da ja jedes Kind weiß, dass Grün beruhigend wirke … 😉 ) Doch im Vordergrund, neben einem Teil unseres Gebäudes, sah ich einen Golden Retriever, offenbar eine Hündin, wie zu erkennen war, da sie sich gerade einer eher flüssigen Last entledigte. Weit und breit kein Hundehalter, keine Bezugsperson zu sehen. Niemand mit einer Leine. Es rief auch niemand nach dem goldblonden Tier.

Und da das so war, machte sich das treue Tier nach verrichteter Notdurft neben dem Gebäude („Braaav!“) sehr zielstrebig Richtung Gewässer auf. Retriever heißen nicht umsonst so, es sind Apportierhunde, die dazu gezüchtet wurden, Beute, z. B. Fischernetze oder aber geschossene Enten bei der Entenjagd, aus dem Wasser zu holen. Daher haben Retriever auch Ansätze von Schwimmhäuten zwischen den Zehen und ein wasserabweisendes Fell.

Dieser Hund hingegen hatte nicht nur wasserabweisendes Fell, sondern wies auch so einiges andere ab. Denn Minuten später erscholl eine weibliche Stimme, deren Klang leider nicht ganz so lieblich war, um den Ausdruck „ordinär“ zu vermeiden. Lange hatte man sich offenbar um den Hund gar nicht gekümmert, sich keinerlei Sorge um seinen Verbleib gemacht, aber nun kreischte man gleich extrem unfein los, das freundliche Tier mit peinlichen Schimpfwörtern belegend.

Ich zog kurz die Stirn in Falten, erinnerte mich jedoch schnell daran, dass ich gestern Geburtstag gehabt hatte und seither das Wort Hautalterung ganz besonders unschön klingt, als hätte man einen Schalter umgelegt. 😉 (Daher sitze ich hier nun auch mit einer jeweils großzügig bemessenen Portion Kokosöl unter beiden Augen und sonstwo im Gesicht, wo sich sogenannte Mimikfalten oder Schlimmeres breitmachen. Denn heute habe ich gelernt, dass Kokosöl der absolute Bringer sei, was die Vermeidung oder Minimierung von Falten anbelange. Und ich habe das letzte Gebinde im Drogeriemarkt erstanden. Offenbar hatten auch viele andere Frauen kürzlich Geburtstag … 😉  Immerhin riecht es ziemlich gut.)

Weiter ging es mit dem unästhetischen Gekreisch, und alsbald tauchte eine propere Gestalt in einer himmelblauen Jacke auf, die wütend ihre Arme wie zwei Propeller kreisen ließ und aufs Primitivste nach dem eigenmächtig agierenden blonden Tier schrie. Ich ertappte mich dabei, dass ich vor mich hinbrabbelte: „Wie wäre es mit einer Hundeschule? Oder, besser, einem Tierpsychologen? Oder einem Psychiater für dich?“, womit ich die Halterin meinte. Ich gebe zu, das war nicht nett, aber ihr habt die „Dame“ auch nicht kreischen hören. 😉

Imponiert hat mir allerdings, dass ihre Stimme gar nicht überschnappte, obwohl sie in immer höheren Tönen kreischte. Ob sie eine klassische Gesangsausbildung, Sopran, hinter sich hatte? Unwahrscheinlich, denn Musiker, speziell Sänger, sind meist Ästheten. Bisweilen aber auch durchgeknallt. Das zumindest stimmte – nur der ästhetische Aspekt ließ zu wünschen übrig. Untypisch.

Da stand sie und kreischte aufs Peinlichste, und ich erwartete eigentlich, dass sich jeden Moment das Dickicht um das Gewässer herum teilen würde und ein blonder Hund durch das Gebüsch bräche. Jedoch – nichts. Nicht einmal, als die Halterin: „Na gut, dann eben tschüss!“ rief und ich mit Schrecken feststellte, sie gehörte wohl zu den Haltern, die mit ihren Hunden allen Ernstes „diskutieren“. 😉 Wie man sah und wie jeder weiß, nutzte das auch nicht. Denn vom Hund keine Spur. Kein Wunder – bei einer solchen Erziehung hielt er sich wohl für das Alphatier. 😉

Und da grinste ich mir eins und dachte: „Guter Hund! Ich würde auch nicht angelaufen kommen, wenn jemand mich so ankreischen würde, statt es mal mit konsequenter Erziehung zu versuchen. Braaav!“ Mir war auch sofort klar, dass ich von diesem Hund nur lernen konnte. Eine Eigenschaft, die mir so sehr fehlt: „Zum einen Ohr rein, zum anderen raus!“ Gerade bei der Arbeit kann das sehr nützlich sein, ist sogar meist unerlässlich. Bei uns zumindest. Aber vielleicht war der Hund auch taub! Bei dem Dauergekreisch auch gar kein Wunder. 😉

Als ich von der Arbeit nach Hause fuhr, musste ich eine Vollbremsung einlegen, da eine Frau, die einen Australian Shepherd an der Leine hatte, sich offenbar zur Aufgabe gemacht hatte, sich von dem Tier dirigieren zu lassen. Am Straßenrand hatten sie gestanden, der Hund bäumte sich bereits mehrfach auf und konnte von der Halterin nur mit Mühe gehalten werden. Ich bremste und fuhr schon extra langsam. Aber es passierte dann doch: Der Hund stürmte los, und Madame „Wir haben ja einen großen Hund!“ wurde hinterhergerissen. Ich bremste heftig, um die beiden nicht anzufahren. Dann fuhr ich das Seitenfenster hinunter und rief der Frau zu: „Gehen Sie in eine Hundeschule – das ist ja fahrlässig!“ Sie schrie zurück: „Er ist halt eigenwillig, und er soll doch artgerecht gehalten werden!“ Ich griff mir an die Stirn. Nein, ich tippte dagegen und hoffe nun, die Sehfähigkeit der Dame möge genauso unterentwickelt sein wie ihre Ahnung von Hunden. Nicht, dass sie sich meine Nummer gemerkt hat! 😉

Es ist nicht selten das Grauen, mitanzusehen, dass Leute Hunde – möglichst große! – führen, die keinen Dunst haben. Ich bin mit Hunden großgeworden, und manchmal möchte ich eingreifen. Aber ich traue mich nicht – die Halter könnten ihre Tiere nicht im Griff haben … 😉 (Und ich muss zugeben, beim Ersthund in meiner Familie ist auch einiges schiefgelaufen. Aber man lernt ja aus Fehlern und hat, wenn man sich wirklich für das Thema interessiert, auch gute Lehrer.)

Von Hunden kann man aber jedenfalls einiges lernen. Wenn man es denn will. Ich zumindest habe beschlossen, mir die vermeintliche Taubheit des Golden Retrievers eigen zu machen. 😉

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