So las ich kürzlich in der Zeitung mit den drei Buchstaben. Aha. Was danach? Herbst? In der Nacht zum ersten August fällt quasi die Jalousie?
Doch nein! So ist das ja gar nicht gemeint. „Sommer“ ist hier zu interpretieren mit „warmes bis heißes, schwüles oder trockenes Wetter, blauer Himmel, Sonnenschein“. Eine einfache Gleichung. Sommer = gutes Wetter, warm, Sonne.
Viele Menschen scheinen diese einfache Gleichung zu lieben und benutzen sie ebenfalls. Ich finde das immer ein bisschen schade. Denn Sommer ist Sommer, egal, wie das Wetter ist.
Im Winter das Gleiche in Grün. Wehe, es schneit nicht! Noch dazu zu Weihnachten. Weiße Weihnachten stehen hoch im Kurs, und Jahr für Jahr warten wieder viele, viele Menschen darauf, hoffen und harren. Erstaunlich, da der Grund für dieses Fest, so man daran glaubt, in einer Gegend entstand, da Schnee wohl Mangelware war und eher höhere Temperaturen vorherrschten.
Manchmal habe ich den Eindruck, es gebe in der Wahrnehmung vieler ohnehin nur noch zwei Jahreszeiten: Sommer und Winter. Und an beide werden hohe Erwartungen gestellt. Und wehe, das Ergebnis stimmt nicht! Dann wird gemault und genölt, was das Zeug hält.
Frühling? Uninteressant und im Grunde nur der Vorspann zum Sommer. Es soll, bitte, richtig warm werden, damit man in der Sonne sitzen, liegen oder stehen und braun werden kann. Regen? Degoutant. Und herrschen im Frühling schon hohe Temperaturen, sagt so mancher: „Der Sommer kommt früh dieses Jahr.“ Warum Sommer, wenn doch Frühling ist? Hat denn nur der Sommer ein Anrecht auf höhere Temperaturen? Darf man denn nicht einmal aus der Schublade heraus, in die man von manchen gesteckt wurde, nicht einmal zeigen, dass man vielseitig ist, mehr Seiten besitzt, als viele denken? 😉
Wehe, der Sommer ist dann verregnet und/oder kühl! Das geht ja gar nicht. Und ich habe schon Leute sprechen hören, die dann meinten: „Als wäre gleich von Sommer auf Winter geswitcht worden!“ Hm, Moment – war da nicht noch etwas dazwischen? Doch! Herbst nannte sich das Ding doch irgendwie!
Und der Herbst ist so schön! Auch wenn es regnet. Finde ich zumindest. Aber in der allgemeinen Wahrnehmung führt er ein Schattendasein. Noch schlimmer als der Frühling.
Kommt mir das nur so vor, oder scheint heutzutage nur noch das Spektakuläre zu zählen? Und wird das dann automatisch denen zugerechnet, zu denen es stereotyp zu gehören scheint?
Und nun soll laut Zeitung der Sommer nur noch bis Ende Juli dauern. Wie furchtbar! Danach kommt direkt der Winter! Da werde ich meinen Geburtstag wohl in einem Winterpullover begehen müssen. 😉
Mich irritiert diese Einstellung manchmal ein bisschen: Gilt denn nur das als „richtig“, was das Gros einer bestimmten Sache zumisst? Haben Dinge denn nicht verschiedene Facetten, oder dürfen die das nicht? Immer schön stur geradeaus, im Sommer Hitze und Freibadwetter, im Winter Schnee? Wieso denn immer alles in Schubladen packen? Damit wird man niemandem gerecht, und das Leben wäre ja auch entsetzlich langweilig.
Ich finde gerade die kleinen Überraschungen so schön! Sowohl bei Jahreszeiten, als auch bei Menschen. Wenn zum Beispiel ein stiller Mensch plötzlich aus sich herausgeht, weil ihn eine Sache begeistert. Auch dann oft: „Hätten wir ja gar nicht gedacht!“ Warum denn nicht? Ist doch toll und spannend, zu sehen, was so alles in einem anderen Menschen steckt!
Oder umgekehrt: Da ist ein vorlauter Tausendsassa plötzlich ganz nachdenklich und äußert Dinge, die man von ihm noch nie gehört hat. Reaktion auch hier nicht selten: „Hätten wir ja gar nicht gedacht, dass der auch so sein kann!“ Ja, aber warum denn nicht? Wir sind doch alle nicht unbedingt so einfach und schlicht gestrickt.
Ich werde jedenfalls nun ein wenig traurig meine Sommerklamotten wegpacken und schon mal so langsam die Winterkleidung aus ihrem Verlies holen. Es muss sein. Denn ab dem ersten August ist Winter. Wenn die Mehrheit und sogar die Zeitung das sagen, muss es ja wohl stimmen. 😉