Ich zitiere hier mal frech aus Janis Joplins Lied: „Me and Bobby McGee“, da mich diese Liedzeile schon immer fasziniert hat. Denn sie ist absolut wahr. Freiheit ist in der Tat einfach ein anderes Wort für den Zustand, der sich ergibt, wenn man nichts mehr zu verlieren hat. Nur, wenn man gar nichts mehr hat, ist man wirklich frei. Frei von Verpflichtungen, frei von Eigentum – das ja bekanntermaßen wiederum verpflichtet.
Keine Angst – das hier wird kein philosophisches Pamphlet. 😉 Ich hatte in der Oberstufe exakt ein Halbjahr lang Philosophie, genauer: in 11.1. Dann habe ich das Fach abgewählt. Nicht, dass ich mich nicht dafür interessierte, aber der Kurs war echt langweilig. Und ich bin ohnehin jemand, der solche Dinge lieber mit sich ganz allein ausmacht, zumal ich gern lese. Oder mit Freunden, wenn sich ein tiefschürfendes Gesprächsthema ergibt. Nicht aber im Rahmen eines solchen Kurses. Und vor allem nicht so streng und bierernst.
Wie komme ich aber darauf? Die Antwort auf diese Frage ist so profan, dass sie meinem damaligen Philosophielehrer die Tränen in die Augen treiben würde. Oder er würde daraus ein hochkomplexes Problem stilisieren – ein Dogmatiker reinsten Weihwassers und damit problemorientiert. Damit komme ich im Allgemeinen weniger gut klar, da ich Lösungsorientierung ganz eindeutig vorziehe. 😉 Er sah aus wie George Harrison in den späten Sechzigern und frühen Siebzigern auf Fotos, nahm aber garantiert – anders als George Harrison – keine Drogen. 😉
Die Antwort ist in der Tat ganz einfach und so blöde, dass Herr Gebhard mich – hätte ich seinen Kurs nicht ohnehin abgewählt – dessen verwiesen hätte. Zu wenig ernsthaft, zu profan, das Mädchen.
Gestern Abend kam ich nach einem brüllend heißen Tag im Büro mehr tot als lebendig mit dem kleinen Monty zu Hause an, fand einen Parkplatz vor dem Haus – klar, ich war ja auch nicht zum Einkaufen gekommen und hatte ergo nichts zu schleppen – und parkte schwungvoll ein. Ich wollte nur in meine Wohnung, präziser: unter die Dusche.
Was für eine Wohltat, als ich schließlich frisch geduscht und mit nassen Haaren an meinem PC saß. Draußen schien die Sonne. Doch was war das? Da verschwand sie plötzlich, und der Himmel verdüsterte sich! Gut, war ja so vorhergesagt worden – aber von jetzt auf gleich?
Ein unangenehmes Gefühl machte sich in mir breit. So ähnlich hatte der fiese Pfingststurm vor zwei Jahren auch begonnen, in dessen Verlauf hier der Strom kurzfristig ausfiel, der Keller partiell überschwemmt war, Dachpfannen en masse heruntergerissen wurden und draußen das Inferno tobte. Das Wasser war damals so heftig vom Himmel gekommen, dass ich mich in meiner Wohnung wie in einer Autowaschanlage fühlte, als das Wasser gewaltsam so gegen die Fenster gedrückt wurde, dass es quasi flächig und in immenser Geschwindigkeit und Menge daran herunterstürzte. Erhellt wurde das Szenario nur durch zahlreiche Blitze, wie ich noch nie welche gesehen hatte. Und während dieser jeweiligen Momentbeleuchtung konnte ich auch sehen, wie sich die Bäume – alte und sehr hohe Bäume – hinter unserem Grundstück aufs Grässlichste bogen. Jeden Moment würden sie brechen oder entwurzelt werden, zumal man in unregelmäßigen Abständen wieder und wieder hörte, wie etwas knallte, krachte oder splitterte. Ich bin in dieser Hinsicht kein Schisshase, gehöre nicht zu den Leuten, die vor Gewitter Angst haben, aber da war mir doch extrem mulmig zumute. Zumal ich bei einem Gang zur Vorderseite meiner Wohnung sah, wie ein hölzernes Gartenhäuschen aus einem angrenzenden Garten munter und von all seiner Verbundenheit und Verankerung losgelöst die Straße entlangschlitterte, wobei es wenig Rücksicht auf parkende Autos oder sonstige Hindernisse nahm, bevor es sich in seine Einzelteile zerlegte.
Damals hatte ich noch kein Auto besessen, und zumindest um Dinge, die sich außerhalb meiner Wohnung befanden – mal abgesehen von meinen Balkonmöbeln, die ich nicht mehr rechtzeitig hatte sichern können – hatte ich mir keine Sorgen machen müssen. (Die Balkonmöbel haben sich übrigens ganz vorbildlich verhalten und sich nur ganz geringfügig von der Stelle bewegt. 😉 )
Als es aber gestern hier losging, und das in einem ähnlichen Szenario wie vor zwei Jahren, war ich doch sehr unruhig. Der kleine Monty stand schutz- und wehrlos-ungewappnet unten auf der Straße! Und die Nachbarn hatten schon längst ein neues Gartenhäuschen installiert! Was, würde sich auch das wieder losreißen, dabei wahrscheinlich die Internationale singend, um Kurs just auf mein Auto zu nehmen?
Ich gebe zu, ich bin etwas pisselig, was mein Auto anbelangt. So lange habe ich keines gehabt, und ich bin in der Hinsicht ohnehin zwar keine Glucke, weiß aber doch gern alles, woran mein Herz hängt, warm, trocken und in Sicherheit, wenn es hart auf hart kommt. 😉 Übrigens nur dann – ansonsten muss jeder seine eigenen Erfahrungen machen. 😉
Und so saß ich gestern unruhig in meiner Wohnung, als erneut Wasser wie eine Wand vom Himmel stürzte und die Bäume sich bogen, wobei krachend Äste zu Boden gingen und schließlich schier ununterbrochen Martinshörner zu hören waren. Zweimal blickte ich vorne aus dem Esszimmerfenster und sah Monty dort dunkelblau und standhaft stehen. Wie auch sonst? Immerhin war er mittels Handbremse fixiert, und zusätzlich war der erste Gang eingelegt. Wie hätte er da auch wegdriften sollen? 😉
Das war auch gar nicht so meine Sorge. Mir graute vor Hagel. Der kleine Monty ist doch noch neu! 😉 Und ich werde nun mal nie das Bild vergessen, das sich mir vor zwei Jahren bot, als ich morgens nach dem Sturm zu Fuß zur Arbeit gehen musste, da weder Busse, noch die Straßenbahn fahren konnten: Als ich hier um die Kurve bog, sah ich einen Baum. Der war entwurzelt worden und auf einen kleineren Wagen gekracht. Den schönsten kleineren Wagen der ganzen Siedlung: einen Audi A1. Und schon damals musste ich mir vorstellen, wie es wohl sein müsse, käme man morgens aus dem Haus, um zur Arbeit zu fahren und sähe sein Auto dann quasi zu Brei verarbeitet. Kein Wunder, dass ich mir da Sorgen machte. 😉
Zum Glück kam kein Hagel. Und irgendwann hörte das Unwetter auch wieder auf.
Aber ich dachte so für mich hin: „Super, Ali! Nun hast du noch ein Objekt mehr, über das du dir den Kopf zerbrechen und das Herz schwermachen kannst!“ Ganz großartig.
Ich vermute, das „Geschiss“ um mein Auto wird mit der Zeit wieder abnehmen. Aber dann kommt sicherlich etwas Neues, das dann meine leise Sorge auf sich zieht. Nicht, dass ich dauernd darüber nachdächte, nein, aber das Phänomen der leisen Sorge scheint mit meiner Persönlichkeit untrennbar verbunden. Ich sorge mich offenbar gern: um Menschen, um Tiere, an denen mein Herz hängt – und um Autos. 😉
Vielleicht sollte ich mir gar nichts mehr kaufen, denn, siehe oben: „Freedom’s just another word for nothin‘ left to lose“. Aber das wäre ja auch wieder traurig. 😉
In diesem Sinne: Grübelt nicht zuviel – das ist echt kontraproduktiv! 😉