Ein Hoch auf Schaltwagen, denn da hat man was Eigenes …

Ja, ich verfälsche hier ein wenig ein klassisches Zitat eines bekannten deutschen Humoristen. Aber es passt einfach zur Situation.

Nach dem unberechenbaren Scotty, dem silberfarbenen Toyota Auris mit seiner Fake-Automatik und aus verschiedenen Geschichten hier bekannt, bin ich nun extrem stolze Halterin des kleinen Monty, eines blazerblauen – die Farbe heißt wirklich so! – Ford Fiesta mit manuellem Schaltgetriebe.

Lange Zeit hatte ich mich gegen einen Schaltwagen gesträubt, was von daher merkwürdig ist, als ich früher – bevor ich vor meiner elf Jahre währenden freiwilligen Fahrpause noch regelmäßiger fuhr – immer mit Schaltwagen gefahren bin. Aber man verlernt so vieles, und zwischenzeitlich war ich zu einem echten Automatik-Fan mutiert. Ich liebe Automatikgetriebe nach wie vor, aber ich gebe zu, es macht wirklich Spaß mit dem kleinen Blauen. Er ist ein echter Musterschüler im Vergleich zu Scotty. Hat zwar nur die Hälfte der Motorleistung des Toyotas, tut aber im Gegensatz zu jenem, was von ihm erwartet wird. 😉 Sieht obendrein noch hübsch aus. Was will man mehr?

Nachdem ich am vergangenen Dienstag „den kleinen Blauen“, wie meine Freundin Meike meinen neuen fahrbaren Untersatz nennt, abgeholt und mich wieder an schaltwagentypische Eigenheiten einigermaßen gewöhnt hatte, fühlte ich mich bereits am gestrigen Donnerstag wie die „queen of the road“. Ohne Jeannette, meine Auffrisch-Fahrlehrerin aus den Geschichten von Februar und März, wäre das allerdings sicherlich nicht so geschmeidig gelaufen, aber das erwähnte ich ja schon.

Und doch gibt es recht vieles, an das man sich wieder gewöhnen muss … Auch eine „queen of the road“, wie ich gestern nach meinem bisherigen Höhenflug feststellen musste.

Denn gestern, auf der Heimfahrt nach Feierabend, hatte ich die wahnsinnig bahnbrechende Idee, doch am Nordring einfach mal links abzubiegen und zu „Penny“ zu fahren. Da war ich neulich schon mit Scotty gewesen. Und vor dessen Zeiten auch zu Fuß, um dann von dort entweder per pedes den Weg durch die Stadt oder eine der Buslinien zu nehmen, die gen Busbahnhof fahren.

Nie war mir dabei das Besondere des Kundenparkplatzes aufgefallen, das mir gestern zwangsläufig auffiel. Ich wurde quasi mit Nachdruck mit der Nase in die Eigenheiten dieses Parkplatzes gedrückt.

Doch alles nacheinander. Ich fuhr noch queenmäßig auf den Parkplatz, sah viele Parkplätze besetzt, aber nach einer Dreiviertelrunde fand ich eine freie Parklücke. Die daneben war auch frei. (Und das war auch gut so. 😉 ) Ich schlug ein und fuhr dynamisch-schwungvoll in die Lücke. Das ist so meine Art.

Aber – ach! Ich stand recht schief und blockierte auf diese Weise gleich zwei Parklücken! Eine Sache, die ich wie die Pest hasse. Nicht nur bei anderen, auch bei mir. Das ist unsozial. Und so dachte ich für mich hin: „Kein Problem. Rückwärtsgang rein und noch einmal raus aus der Parklücke, um geradezuziehen.“ Und so schaltete ich gekonnt in den Rückwärtsgang, ließ langsam die Kupplung kommen und gab sachte Gas.

Aber was um alles in der Welt war das? Monty schien sich eins zu grinsen und rollte sachte vorwärts. Und vor mir ein noch ziemlich neuer Mercedes der A-Klasse! So schnell war mein Fuß noch nie auf dem Bremspedal gewesen … Gleichzeitig fiel mir auf, dass alle Autos in meiner Reihe und auf meiner Seite rückwärts eingeparkt waren. Und mir war auch sofort klar, warum … 😉

Sofort tauchten vor meinem geistigen Auge bzw. Ohr die weisen Worte meines Vaters nach meiner Fahrprüfung vor vielen Jahren auf: „Ali, merk dir eines: Es ist immer Mist, wenn man einen Unfall hat. Aber noch viel schlimmer ist es, wenn man schuldhaft einem Mercedes, BMW oder Audi hineinfährt. Denk bitte immer daran!“

Ja, die Worte meines Vaters hatten gefruchtet. Ich dachte sofort daran. 😉 Und leise Hektik brach bei mir aus. Das hasse ich wie die Pest! Ich weiß, wie es geht, weiß auch, dass Hektik kontraproduktiv ist – und trotzdem reagiere ich so.

Ich versuchte es mit angezogener und gehaltener Handbremse. Aber der Versuch schlug fehl, und Monty entschied, ich solle noch ein bisschen darüber nachdenken. Das sei doch eine einer queen of the road unangemessene und alberne Hilfsmaßnahme! Jedenfalls ging er aus. (Ich war wohl zu zögerlich gewesen.) 😉 „Zu blöd zum Fahren!“ schimpfte ich mit mir selber, als ich die Handbremse ganz anzog, den Motor deaktivierte und den ersten Gang einlegte. In dem Moment war mir völlig egal, dass ich zwei Parklücken belegte – die kleine Hektikerin war zum Vorschein gekommen. Aber auch kein Wunder in der Eingewöhnungsphase, und dann stehen -zig Leute herum und glotzen wie die Ölgötzen! Ein Wunder, dass niemand sein Smartphone zückte, um ein Video zu machen …

Hier half nur die Devise: „Angriff ist die beste Verteidigung“! Und so stieg ich vermeintlich selbstbewusst aus, schloss den Wagen ab und schritt erhobenen Hauptes zum Eingang des Discounters. Mochte Monty auch noch so schief zwei Parklücken blockieren – man muss das Ganze per Selbstbewusstsein abfangen. Dann stellt keiner blöde Fragen. 😉

Dennoch beeilte ich mich im Geschäft sehr. Und fast hätte ich – nichtgläubig – mit dem Beten wieder angefangen. Denn mein innigster Wunsch war, dass der Mercedes zwischenzeitlich weggefahren sein möge und ich ganz einfach vorwärts aus der Parklücke fahren könne. 😉

Schnell packte ich jenseits der Kasse meine Sachen ein und verließ den Discounter. Und zunächst sah ich, dass alle Autos, die neben mir gestanden hatten – rückwärtig eingeparkt – nicht mehr da waren. Fast frohlockte ich. Aber dann sah ich das Grauen: Alle Autos waren weg. Bis auf den Mercedes, der mit meinem kleinen Fiesta so dicht Schnauze an Schnauze stand, als wollten die beiden alsbald knutschen. (Nein, es war noch genug Raum. Zumindest in dieser Position. Nur: Was würde werden, würde ich einen weiteren Ausparkversuch starten? 😉 )

Tapfer schritt ich an Montys linke Seite, schloss ihn auf. Dabei taxierte ich aus dem Augenwinkel die auf dem Parkplatz zahlreich vorhandenen Leute. Wenn alle Stricke rissen, würde ich einen von ihnen fragen …

Aber nein! Niemals! Jedenfalls nicht, bevor ich höchstselbst versucht hätte, den kleinen Monty aus der Parklücke zu befördern! Und so stieg ich ein, tat sehr beschäftigt, fixierte extra umständlich das Bedienteil meines CD-Radios an der richtigen Stelle, wurschtelte herum und gab mich ganz geschäftig. 😉

Doch irgendwann musste es ja sein … Ich atmete tief durch, und da fielen mir Jeannettes Worte wieder ein: „Du bist jahrelang nicht gefahren – gib dir selber die nötige Zeit, dich wieder einzugewöhnen, und achte nicht auf andere Leute! Manchmal lässt du die Kupplung zu schnell kommen. Das geht, wenn alles eben ist. Nicht aber an Steigungen, so minimal die auch sein mögen. Also: Cool bleiben, Kupplung und Bremse ganz durchtreten, dann die Kupplung gaaanz langsam kommen lassen, bis der Wagen zu knöttern anfängt. Dann runter von der Bremse und aufs Gas. Aber sachte.“

Und ich ließ den Motor an, mit echter Todesverachtung. Fast glaubte ich, das musikalische Hauptmotiv des 70er Italo-Westerns „Spiel mir das Lied vom Tod“ zu hören … Immerhin war ich so schlau, schon einmal ein bisschen das Lenkrad einzuschlagen. Jeannette hätte mich dafür gekillt oder mir zumindest die Ohren abgerissen, und ich konnte sie förmlich sagen hören: „Denk an die Reifen, Ali!“ Ich hingegen dachte: „Scheiß auf die Reifen!“ Nicht sonderlich klug, ich gestehe es. Half aber bei der Ruhefindung. 😉

Brems- und Kupplungspedal trat ich annähernd bis zum Bodenblech durch – niemand sollte mir nachsagen können, ich hätte es nicht wenigstens versucht, würde ich mit Schmackes den Mercedes rammen! 😉

Weiterhin die Bremse tretend, ließ ich die Kupplung so sachte kommen, als handelte es sich bei ihr um einen neugeborenen Säugling. Gut – Monty hat heute die 90-km-Kilometerzählergrenze überschritten. Ist also wirklich ganz neu …

Und da passierte es! Der Wagen fing leise zu vibrieren an, ich nahm den rechten Fuß von der Bremse und gab vorsichtig Gas. In einer perfekten Kurve parkte ich aus! Hurra!

Und gerührt wischte ich mir den Schweiß von der Stirn. Vielleicht weniger gerührt, aber doch erleichtert. 😉

Ich schaltete in den ersten Gang und gab sanft Gas. Aber was war das? Der Wagen motzte und rollte sachte rückwärts! Ich konnte es nicht fassen – schon wieder stand ich auf abschüssigem Gelände! War überhaupt irgendetwas an diesem Parkplatz eben? 😉 Zum Glück beherrsche ich vorwärtiges Anfahren an einer Steigung inzwischen wieder aus dem Effeff, und so fuhr ich lässig vom Hof, dem buckligen. Vorwärts ist das gar kein Problem! Rückwärts hingegen muss ich wohl noch etwas üben, um es wieder so zu können wie vor meiner Fahrpause und dem Intermezzo mit Automatikwagen … 😉

In jedem Falle ist der „Penny“-Parkplatz am Nordring ein echtes Berg-und-Tal-Areal. Freiwillig fahre ich erst wieder hin, wenn ich auch mit einem Schaltwagen wieder wie eine echte queen of the road fahre. Ich tendiere normalerweise zum Understatement, aber so gern, wie ich im Moment fahre, wird es nicht lange dauern. 😉

Ihr dürft gerne über mich lachen. Ich tue es auch. 11 Jahre lang nicht zu fahren, hinterlässt Spuren. Zum Glück erinnert man sich doch schnell, und vieles kommt dann intuitiv wieder. 😉

Und ein unvergleichlicher Vorteil, wenn ihr als Anfänger oder als ehemals panischer Wiedereinsteiger mit einem Schaltwagen fahrt: Niemand kennt die Bodenbeschaffenheit hinsichtlich Steigung und Gefälle in eurer Stadt besser als ihr! 😉

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