„Ich habe ein Frauenauto!“ oder: Warum es erstrebenswert ist, ein Bluthund zu sein … Und andere schräge Gedanken an einem schrägen Frühlingstag

Heute früh habe ich verschlafen. Kann passieren, wenn man abends vergisst, den Wecker zu stellen. Um Punkt 07:40 h wurde ich wach, erlitt eine spontane Blutdrucksteigerung, als ich auf die Uhr blickte, und dann sprang ich – ganz gegen meine Gewohnheit – zwar nicht so anmutig wie eine Gazelle, aber ähnlich schnell aus dem Bett und raste ins Bad unter die Dusche. Schnell-schnell musste alles gehen, und mich wundert noch jetzt, dass ich mir das Deo nicht in die Haare und das Haarspray nicht unter die Achseln gesprüht habe. Nein, das ist durchaus nicht übertrieben – das ist mir tatsächlich schon passiert –, wie gesagt: Ich bin kein Morgenmensch … 😉 Besonders unangenehm ist Haarspray unter den Achseln, da es die Mobilität der Arme ein wenig einschränkt. Klebt wunderbar. (Aber immerhin war es bei mir nicht ganz so schlimm wie bei meiner Mutter, die einst schlaftrunken ihre Zähne putzen wollte und – mit halbgeschlossenen Augen kann man zwei Tuben schon einmal verwechseln – dies dann versehentlich mit Rheumasalbe statt Zahnpasta tat. Gut, der Irrtum fiel schnell auf, und meine Mutter dürfte an diesem Tag besonders gut durchblutetes Zahnfleisch gehabt haben. 😉 )

Gegen 08:30 h verließ ich das Haus. Draußen zwitscherten die Vögel, alles war harmonisch. Aber dann … Scheiße! Wo war Scotty? Mein Auto – weg! Hier bei uns in der Straße? Eher unwahrscheinlich, dass jemand ihn entwendet hatte, da gibt es andere Objekte. Aber ich war aufgescheucht – die zweite spontane Blutdrucksteigerung dieses Tages. Wenigstens war ich nun richtig wach. Und da fiel mir auch wieder ein, dass der Kleine etwa 100 Meter weiter parkte, da gestern sämtliche Parkplätze vor dem Haus bereits besetzt waren, als ich gegen 19 h heimgekehrt war.

Die Sonne stand ungünstig und blendete mich, als ich losfahren wollte, und erstmalig, seit sich Scotty in meinem Besitz befindet, klappte ich die Sonnenblende herunter. Und da entfleuchte mir der Satz: „O nein – ich habe ein Frauenauto!“ Denn in die Sonnenblende integriert und mir bei sämtlichen Autos, auf deren Fahrersitz ich je saß, nie aufgefallen bzw. nicht vorhanden gewesen: ein Make-up-Spiegel! Rasch klappte ich auch die Sonnenblende am Beifahrersitz herunter, quasi zu Testzwecken: auch da ein Schminkspiegel … Scotty ist für jede Konstellation gewappnet und ein echter Frauenversteher … Und das mir, die ich immer protestiere, wenn Männer von „Frauenautos“ oder die Werbung von „Damenbier“ spricht, wie einst, vor vielen Jahren, „Binding Lager“. Habe ich schon aus Protest nie gekauft. „Damenbier“ – was soll das sein? So etwas wie „lättöl“ in Schweden? „Leichtbier“ mit nur 3,5 Volumenprozent Alkohol? Weil Frauen Weicheier seien, die nicht so viel vertragen? Ohne mich! 😉

Ich fuhr grinsend los – ausgerechnet ich gerate einmal in meinem Leben an einen echten Frauenversteher! 😉 Ganz ohne meinen Willen. Scotty schien zu spüren, dass ich ihn als „Frauenversteher“ sah, was ja in etwa gleichbedeutend mit „Warmduscher“, „Sitzpinkler“ und „Beckenrandschwimmer“ ist. Und er zeigte sich – möglicherweise aus Protest – heute früh von seiner wenig charmanten Seite. Vielleicht ist er aber auch eine „Eule“ und kein „Morgenauto“, denn er fuhr sich anfangs etwas sperrig. Wahrscheinlich beleidigt. Oder verletzt. 😉 Ähnlich wie manche Männer, die ich kennenlernte, die zwar meine bisweilen burschikose Art schätzten, wie sie sagten, begeistert mitfrotzelten, aber manchmal dann zu meiner Überraschung unerwartet empfindsam reagierten – dabei hätten sie doch wissen müssen, dass ich ab und an zwar übers Ziel hinausschieße, es aber nicht böse meine. Schon gar nicht bei Männern, mit denen man herumfrotzeln kann. 😉 Und dann wusste wiederum ich nie, wie ich dran war – so etwas führt nicht selten zu traurigen Missverständnissen und Frust.

Offenbar ist Scotty sensibler, als ich bisher annahm. Ich werde mich künftig danach richten. 🙂

Ich fand ganz hinten auf dem größeren Parkplatz meines Arbeitgebers einen Platz. Dort standen nur wenige Autos, und nachdem kürzlich der Wagen einer Kollegin demoliert worden war, weil ihr Nebenmann ihr wohl entweder die Tür in die Seite gehauen hat oder dagegen gefahren war, um dann Fahrerflucht zu begehen, ist mir das lieber so. Der kleine Frauenversteher soll ja nicht beschädigt werden. 😉

Bei der Arbeit war es heute recht hektisch. Eigentlich ein ziemlich irrer Tag. Da mein Arbeitgeber derzeit diverse Umstrukturierungsmaßnahmen durchführt, kamen einige Mitarbeiter zu Terminen vorbei. Die einen, um um gut‘ Wetter anzuhalten, den einen oder anderen Vorteil mitzunehmen – und es sind immer dieselben -, die anderen, um sich gegen die Tatsache, dass sie wie Schachfiguren, genauer: wie die Bauern auf einem Schachbrett, herumgeschoben werden, zu wehren. Und dauernd klingelte das Telefon! Speziell dann, wenn man, bis dato durch Telefonate an den Bürostuhl gefesselt, mal für zwei Sekunden aufstand, um sich in der Küche einen Kaffee zu holen … Manchmal glaube ich fast, die Brandalarmsirene in unserem Büro ist gar keine solche, sondern enthält eine Videokamera, denn es fällt auf, dass das Telefon bevorzugt dann klingelt, wenn ich gerade mal aufstehe, um in die Küche zu gehen. (Habe daher heute testhalber – ich liebe Tests! – bei geeigneter Gelegenheit den ausgestreckten Mittelfinger gen „Brandalarmsirene“ gehalten. Sollte ich morgen meine Kündigung erhalten, wissen wir wenigstens Bescheid … 😉 )

Gerade an Tagen, an denen es hektisch und irre zugeht, kommen mir bisweilen schräge Ideen. Heute, als es besonders stressig war, schoss mir durch den Kopf: „Was würde ich darum geben, ein Hund zu sein!“ Denn aus meinem Bürofenster hatte ich Luna gesehen, einen weißen Schäferhund, die mit ihrem Halter, einem sehr netten, älteren Herrn, unterwegs war. Luna ist ein sehr freundliches Tier, sehr ausgeglichen, freut sich immer einen Ast, wenn sie mich sieht, weil sie weiß, ich mag und streichle sie. Sie ist nur immer ein wenig traurig, wenn Janine dabei ist, denn die fürchtet sich vor großen Hunden, speziell Schäferhunden. Nicht ohne Grund, aber Luna ist dann immer ein wenig nachdenklich. 😉 Und um das sensible Tier von seinem Frust abzulenken, knuddle ich sie dann besonders intensiv, was zur Folge hat, dass sie mich neulich vor Begeisterung beinahe umgeworfen hätte, weil sie die Angewohnheit hat, sich voller Begeisterung volle Breitseite gegen meine Beine zu werfen, um mir möglichst nahe zu sein. 🙂

Ja, und heute beneidete ich sie. Muss nicht doof im Büro sitzen, bekommt zu fressen und zu trinken, einen schönen Schlafplatz und wird liebgehabt, ohne dafür telefonieren oder sonstige öde Dinge in einem Büro machen zu müssen.

Und dann fragte ich mich: „Was für ein Hund wäre ich wohl, wäre ich ein Hund?“ Ich kenne mich mit Hunden recht gut aus, und es gibt einige Rassen, die ich besonders mag. Darunter – man höre und staune! – der Bluthund. Klingt martialisch, dabei heißt er doch nur so, weil er „von edlem Blut“ ist, aber auch, weil er verwundetes Wild oder verwundete Menschen, die auf der Flucht sind, auf immense Entfernung wittern kann. Bekannt als bester Spürhund überhaupt. Von der Optik her nicht der Schönste. Erinnert an einen Basset Hound, nur eben viel größer. Aber der Kopf, die hängenden Augenlider, die Falten im Gesicht, die Schlappohren, die, tief angesetzt, eher wie Lappen aussehen und seine Stimme hat er mit dem Basset gemein, denn Bluthunde bellen nicht so wie andere Hunde – sie heulen eher. Ein riesiger Sympathieträger, zumal man ihm nachsagt, intelligent zu sein. Aber auch stur. Und er benötige eine konsequente Erziehung, lerne schnell, aber scheine jedes ihm gegebene Kommando erst einmal dahingehend zu überdenken, ob es auch sinnvoll sei, es zu befolgen. Ein Hinterfrager. Sehr sympathisch. 😉 Er benötige ein Haus mit Garten, aber der müsse gut und hoch genug eingezäunt sein, denn ansonsten würde der Gemeine Bluthund, einmal eine für ihn interessante Spur gewittert, sofort abhauen, um die Spur zu verfolgen. Außerdem möge er es nicht, bestraft oder gar angeschrien zu werden. Da würde er seinem Halter die kalte Schulter zeigen, und es bedürfe einiger Überzeugungskunst, ihn dem Halter wieder gewogen zu stimmen.

Wenn ich es so recht überlege, kommen mir einige Charaktereigenschaften irgendwoher bekannt vor … Woher nur? Ach, ja! Einige habe ich wohl mit diesem Hund gemein. Wohlgemerkt: die Charaktereigenschaften, nicht die Optik! 😉 Nur gelassener als ich scheint er zu sein, aber daran arbeite ich ja gerade. 😉 Von der Gelassenheit her ähnle ich im Moment eher einem Terrier … 😉 Genauer: einem Jack-Russell- oder Foxterrier, und wer sich etwas mit Hunden auskennt, weiß, dass die alles andere als gelassen sind. 😉 Aber ich bin mir sicher: Das wird schon. 😉

Schade, dass ich weder Haus, noch Garten, noch Zeit habe, denn ansonsten käme mir sofort ein Bluthund ins Haus … Zum Glück klingelte da das Telefon wieder, und ich wurde von meinen schrägen Gedanken weggerissen. 😉

Gegen kurz vor 5 ging ich mit Janine zum Parkplatz, und wir fuhren nach Hause. Ich freue mich jetzt schon auf den Sommer, wenn es richtig warm ist, denn kaum sind die Temperaturen frühlingshaft, fahren manche Leute wirklich irre. Ich bin ja nun, wie ihr wisst, keineswegs eine Meisterfahrerin, aber ich fahre sozialverträglich, bremse rechtzeitig, blinke, wenn ich abbiegen will, fahre nicht zu dicht auf, und weder rase, noch schleiche ich.

Heute war ich mehrfach versucht, kurz meine Bremse anzutippen, nachdem ich einen offenbar besonders „anhänglichen“ Opel hinter mir hatte, bei dem ich mich an jeder roten Ampel fragte, ob er wohl in meinen Kofferraum kriechen wolle, so dicht stand er hinter mir. Und fuhr ebenso dicht hinter mir auf einer zweispurigen Straße, auf der 70 gefahren werden darf. Ich fuhr schon etwas schneller, um den Verkehrsfluss nicht zu behindern, und der saß mir trotzdem auf der Stoßstange. Da war mir wirklich danach, kurz und pointiert auf die Bremse zu treten, um ihm einen Schrecken einzujagen. Nur: Würde ich so etwas machen, was -zig Leute gefahrlos machen würden, hätte ich hinterher den Ärger und ein kaputtes Auto. Ich unterdrückte daher das dringende Bedürfnis und dachte nur: „Dann überhol mich doch, Idiot!“ Aber er hatte es wohl darauf abgesehen, mich ein wenig zu erziehen. Ich sollte wohl schneller fahren. Gelang ihm nicht. Meine Eltern hätten ihm das gleich sagen können. Und nicht nur die … 😉

Kurz darauf war ich allerdings selber genervt, da ich inzwischen hinter einem Schleicher gelandet war. Fuhr nicht einmal 40 in einer Tempo-50-Zone, schlich dahin, dass man hätte denken können, er schliefe. Dann fuhren wir auf eine Ampel zu, die noch grün war, aber dann umschaltete. Da gab er auf einmal Gas! Ich verzögerte zwar, bremste dosiert, aber nicht ganz so drastisch, wie ich hätte bremsen müssen, hätte mein Vordermann deutliche Anzeichen gegeben, an der Ampel zu halten. Keine Ahnung, was sich in seinem Kopf abspielte – es scheinen interessante Vorgänge gewesen zu sein -, jedenfalls überlegte er es sich, als er die Haltelinie schon erreicht hatte, anders und bremste abrupt. Ich bremste noch abrupter … Er kam mit den Vorderreifen weit hinter der Haltelinie zum Stehen, ich fluchte, und ich fluchte nicht wirklich jugendgerecht. Als die Ampel erneut umschaltete, musste ich hupen, damit er mitbekam, dass wir Grün hatten. Dann raste er los, um kurz darauf wieder zu schleichen. Leider fuhr er meine Strecke, und so kamen annähernd sämtliche Flüche zum Tragen, die ich kenne. (Nicht aus Spaß, denn ich wollte wirklich zügig nach Hause, weil ich ganz dringend wohin musste … ;-)) Ich hoffe nur, der Schleicher hat nicht in den Rückspiegel geschaut, und ich hoffe, falls doch, er verfügte nicht über die Gabe des Lippenlesens … 😉 Nicht, dass er mich noch anzeigt! 😉

Als ich mich dem Kreisverkehr in Nähe meines Hauses näherte, fuhr gerade jemand hinein. Er hatte geblinkt, als er hineinfuhr (!), und er blinkte auch danach munter weiter. Zum Glück war ich vorsichtig, denn ansonsten wären wir kollidiert, wäre ich vertrauensvoll in den Kreisel hineingefahren, in der Annahme, er wolle wirklich die Ausfahrt nehmen, an deren Einfahrt ich gerade stand … Als er mich passiert hatte, gab ich Gas und fuhr in den Kreisel. Vor mir der Blinkfetischist, der jedoch auch die nächste Ausfahrt nicht nahm, sondern die aus seiner Sicht dritte … Und auch danach fuhr er munter blinkend weiter, wie ich aus dem Augenwinkel noch wahrnahm, meinerseits jedoch in die Straße abbog, aus der er gekommen war.

Vor dem Haus eine Fülle an Parkplätzen – immerhin etwas! 😉 So müsste es immer sein. 😉

Ihr seht schon, dass man es mir nicht recht machen kann: Da rege ich mich über einen Blinkfetischisten auf, der dauernd blinkt, während ich mich andererseits über Blinkmuffel aufrege, die nie blinken. Man kann es mir einfach nicht recht machen.

Und daher wäre es oft viel einfacher, wäre ich ein Hund, denn die müssen nicht nur nicht im Büro sitzen. Die fahren auch nicht selber Auto. Vielleicht versteht ihr mein komisches Ansinnen jetzt etwas besser. 😉

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