„Trümmerlottens Vermächtnis“: Warum ich einem Eichhörnchen ähnle …

Kürzlich berichtete ich, dass meine erste Auffrisch-Fahrstunde anstände. Sie hat nicht stattgefunden. Warum? Nicht aus Feigheit vor dem Feind – das ist eher selten meine Art. Nur drohte überfrierende Nässe, und da die Fahrstunde bereits im Dunkeln stattfinden sollte, ich ergo ohnehin schon in zweifacher Hinsicht ins kalte Wasser hätte springen müssen, dachte ich mir, das kalte Wasser müsse wenigstens nicht unbedingt gefroren sein. Ich sagte nicht über Gebühr kurzfristig ab, sondern einige Tage vorher, da draußen Schneeregen fiel und die Temperaturen sich knapp unter oder um den Gefrierpunkt befanden. Und – ich gebe es zu – ich gab an, ich sei erkrankt. Ich wollte die Fahrlehrerin nicht sofort schocken, indem ich zugab, ein KFZ-technisches „Panikgirl“ zu sein. Sie wird es früh genug merken.

Die neue „erste Auffrisch-Fahrstunde“ wird sich am 03. Februar zutragen. Zwischenzeitlich kam ich auch auf die Idee, mal ernsthaft nach meinem Führerschein Ausschau zu halten, der sich stets in meiner dunkelblauen Brieftasche befindet, die ich zum 18. Geburtstag geschenkt bekam. Nur: Wo war die Brieftasche?

Es ist heutzutage so, dass Brieftaschen völlig aus der Mode gekommen sind. Wer hat so etwas noch? Ich habe meine in den letzten Jahren nie bei mir getragen, hatte sie irgendwo gut verstaut. Darin: der Führerschein, den ich ja nie brauchte. Und wenn ich etwas „gut verstaue“, braucht man eine SOKO, hier: die SOKO „Brieftasche“, das Objekt wiederzufinden.

Ich behaupte ja stets, und das aufgrund meiner Vorliebe für Glitzerndes und Glänzendes, Elstern oder sonstige Raben- und Krähenvögel unter meinen Vorfahren zu haben. Inzwischen musste ich feststellen, dass – wohl von der anderen Seite der Verwandtschaft – auch Eichhörnchen unter meinen Ahnen gewesen sein müssen. Nicht etwa, weil ich so gelenkig sei – nein! Eher, weil Eichhörnchen wie aufgezogen dauernd Nüsse akribisch vergraben, sich deren Aufenthaltsort jedoch nicht merken können, weswegen der Gemeine Nussbaum bis heute nicht auf der Liste der bedrohten Arten steht und dies – den Eichhörnchen sei Dank! – auch nie tun wird.

Auch ich verstaue stets mit Sorgfalt. Nur: Brauche ich dann irgendwann spontan eines der so sorgfältig verstauten Dinge, stehe ich hilflos da und frage mich stets: „Wann und wo hatte ich das/den/die […] zuletzt in der Hand?“ Auch hier. Ich hatte ein spannendes Wochenende, in dessen Verlauf ich nicht nur meinen halben Kleiderschrank ausmistete, sondern auch zwei Paar Ohrringe, an die ich mich kaum noch erinnerte, wiederfand. Die Freude war groß.

Ich fand auch meine Brieftasche, die sorgfältig in meiner Kommode in der hinterletzten Ecke deponiert war, auf dass sie niemals verlorenginge. Und ich atmete auf! Endlich! Da war der Führerschein!

Doch nach genauerer Inspektion des dunkelblauen atavistischen Objekts stellte ich fest, dass ich nun immerhin den Aufenthaltsort meines Impfpasses eruiert hatte. Und sogar ein schmachtender Liebesbrief meines ersten Freundes war drin! Was fehlte, war mein Führerschein.

Ich durchforstete sämtliche Taschen, die ich mein eigen nenne – und das sind nicht wenige -, aber alles ohne Erfolg. Was hatte ich nur mit dem Führerschein gemacht, den ich dringend für die Auffrisch-Fahrstunde brauche?

Irgendwann war ich so „um“, dass ich mich an meinen Rechner setzte und lieber googelte: „Führerschein verloren – was nun?“

Ich erfuhr, dass ich einen neuen beantragen müsse, nebst vorläufigem Führerschein. Dazu sei ein biometrisches Lichtbild vonnöten (super – ich sehe auf diesen Bildern immer aus, als hätte ich gerade Vater und Mutter erschlagen …), des Weiteren mein Personalausweis, eine eidesstattliche Versicherung, von mir selber geschrieben, dass ich den Führerschein verloren habe. Und im Falle, der auch auf mich zutrifft, dass ich die Fahrerlaubnis anderswo als an meinem jetzigen Wohnort erworben habe, auch eine Karteikartenabschrift der ausstellenden Behörde.

Flinken Fingers verfasste ich eine Mail an das Straßenverkehrsamt in Marl und erbat eine Abschrift, nachdem ich online einen Termin beim Straßenverkehrsamt hier an meinem Wohnort vereinbart hatte. Donnerstag um 08:30 h ist der Termin – ich bin jetzt schon gespannt, ob das wirklich zeitlich so klappt, wie versprochen. Immerhin verheißt das Straßenverkehrsamt hier am Ort auch, dass Schwangere bevorzugt drankämen. Bei meinem Glück schlagen am Donnerstagmorgen spontan zehn Schwangere im Straßenverkehrsamt auf … Wie auch seit Tagen just in meiner Straßenbahn morgens immer Kita-Gruppen in Warnwesten in die Stadt gekarrt werden, die vor allem durch die Erhöhung des ohnedies schon nicht geringen Geräuschpegels auffallen. Nichts gegen Kinder, die ich mag! Nur vielleicht nicht ganz so sehr morgens auf dem Weg zur Arbeit … 😉

Nachdem ich all dies erledigt hatte, atmete ich auf. Zum Glück rechtzeitig bei den Behörden gemeldet. Man weiß ja, wie langsam die arbeiten …

Umso überraschter war ich, als heute früh um 06:58 h mein Smartphone eine Mail registrierte: Das Straßenverkehrsamt in Marl hatte sich gemeldet! Und nicht nur das! Man schrieb, man werde sogleich eine Karteikartenabschrift ans Straßenverkehrsamt meines Wohnortes faxen! Ich war erschüttert und beschloss, nie wieder böse Worte über Beamte zu äußern, die Beamtenmikado spielen („Wer sich bewegt, hat verloren!“). Zumindest das Straßenverkehrsamt in Marl hat einen gut bei mir. Ich hoffe nur, das Straßenverkehrsamt hier wirft das Fax nicht weg, und das unter dem Motto: „Ali B.? Was soll der Mist – wer soll das sein?“ Denn ich habe ja erst am Donnerstag meinen Termin … 😉

Als ich meinem Chef heute sagte, ich käme am Donnerstag unbestimmt später, da ein Besuch beim Straßenverkehrsamt vonnöten sei, meinte der nur: „Nehmen Sie viel Geduld mit.“ Und dann meinte er: „Frau B., ich wollte Ihnen übrigens noch etwas sagen, und das schon länger: Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre gute Organisation.“ Ich starrte ihn an wie ein Auto und fragte, ob dies ernstgemeint sei. Er meinte: „Ja, sicher – Sie machen das klasse!“

Aha. War mir neu, dass ich so organisiert sei. Nicht umsonst habe ich den Termin am Donnerstag. Und ich wette, kaum, dass ich den Ersatzführerschein in meinen Händen halte und der neue Führerschein gedruckt wird, fällt mir der alte ganz sicher in die Hand. Und der lag dann an einer Stelle, an der ich dreimal täglich vorbeikomme … 😉

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